Urteilskopf

119 IV 164

28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. April 1993 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen gegen U. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 164

BGE 119 IV 164 S. 164

Der in S./D wohnhafte U. führte am 15. November 1990, gegen 20.30 Uhr, mit seinem Personenwagen drei albanische Staatsangehörige, die weder Pass noch Visum besassen, zum Zollamt Ramsen/SH, das sich ca. 60 Meter im Landesinnern auf schweizerischem Hoheitsgebiet befindet. Bei der Ausweiskontrolle wurden U. und seine drei Mitfahrer angehalten und, da sich die Albaner nicht ausweisen konnten, der Kantonspolizei Schaffhausen übergeben. Mit Strafbefehl vom 19. November 1990 erklärte das Untersuchungsrichteramt des Kantons Schaffhausen U. des Erleichterns der rechtswidrigen Einreise schuldig und verurteilte ihn zu 14 Tagen
BGE 119 IV 164 S. 165

Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und einer Busse von Fr. 80.--. Auf Einsprache hin sprach der 2. Präsident des Kantonsgerichts Schaffhausen als Einzelrichter in Strafsachen U. mit Urteil vom 20. November 1991 von Schuld und Strafe frei. In teilweiser Gutheissung einer gegen dieses Urteil von der Staatsanwaltschaft erklärten Berufung sprach das Obergericht des Kantons Schaffhausen U. am 6. November 1992 des versuchten Erleichterns der rechtswidrigen Einreise schuldig und verurteilte ihn zu 14 Tagen Gefängnis, unter Einrechnung von vier Tagen Untersuchungshaft, mit bedingtem Strafvollzug unter Gewährung einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 80.--. Die Staatsanwaltschaft führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei insoweit aufzuheben, als es den Angeklagten lediglich der versuchten Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer für schuldig erklärt, und die Sache sei zur Verurteilung wegen (vollendeten) Erleichterns der rechtswidrigen Einreise an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hat auf Gegenbemerkungen, U. auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. a) Gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG macht sich unter anderem strafbar, wer rechtswidrig das Land betritt oder darin verweilt (al. 4) und wer im In- oder Ausland die rechtswidrige Ein- oder Ausreise oder das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtern oder vorbereiten hilft (al. 5). Der französische und italienische Gesetzestext unterscheiden nicht zwischen "betreten" und "einreisen", sondern sprechen bei beiden Bestimmungen von "entrer" ("celui qui entre..."; "celui qui ... facilite ou aide à préparer une entrée...") bzw. "entrare" ("chiunque entra..."; "chiunque ... facilita od aiuta a preparare l'entrata..."; vgl. auch alt Art. 23 Abs. 1 al. 3 des BG über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931: "wer ... das Land betritt...", bzw. "celui qui entre...", AS/RO 1933, S. 286). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lässt sich aus einer grammatikalischen Auslegung somit nicht ein Bedeutungsunterschied der beiden Begriffe ableiten. Die Differenz ist rein redaktionell bedingt und dürfte davon herrühren, dass der Tatbestand gemäss Art. 23

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Abs. 1 al. 5 ANAG in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 1931 noch nicht enthalten war (vgl. ROSCHACHER, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG), Diss. Zürich 1991, S. 84 zu den Ungereimtheiten hinsichtlich der rechtswidrigen Ausreise). Die Einreise in die Schweiz und das Betreten des Schweizer Territoriums bedeuten somit das gleiche. Gemeint ist in beiden Fällen grundsätzlich die Überschreitung der politischen Landesgrenze. Unklar bleibt jedoch auch bei dieser Sachlage, ob in den Fällen, in denen der offizielle Grenzübergang nicht mit dem Überqueren der politischen Landesgrenze zusammenfällt, sondern sich innerhalb des schweizerischen Staatsgebietes befindet, die Einreise in die Schweiz im Sinne des Gesetzes schon beim Betreten schweizerischen Territoriums oder erst beim Passieren der Grenzkontrolle erfolgt.
b) Gemäss Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über Einreise und Anmeldung der Ausländer vom 10. April 1946 (SR 142.211) hat die Ein- und Ausreise über bestimmte, vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement für den grossen Grenzverkehr als offen bezeichnete Grenzübergangsstellen und Landungsplätze zu erfolgen. Jedes Überschreiten der Grenze ausserhalb einer für den grossen Grenzverkehr geöffneten Grenzübergangsstelle ist rechtswidrig. Das Betreten der Schweiz über die grüne Grenze, ausserhalb eines offiziellen Grenzübergangs ist somit immer rechtswidrig. Erfolgt die Einreise über eine Grenzstelle, liegt der wesentliche Gesichtspunkt im Passieren des offiziellen Grenzübergangs. Liegt der Grenzposten wie im zu beurteilenden Fall bereits innerhalb des schweizerischen Gebiets, so bedeutet das Überschreiten der politischen Landesgrenze allein noch keine rechtswidrige Einreise bzw. kein rechtswidriges Betreten der Schweiz. Die Einreise erfolgt erst beim Passieren des Grenzpostens oder aber bei der Umgehung der Grenzkontrolle. Dasselbe gilt im übrigen für die Einreise auf dem Luftweg. Auch in diesem Fall betritt der Ausländer die Schweiz erst nach der Passkontrolle (so ROSCHACHER, a.a.O., S. 28). Im umgekehrten Fall, bei dem die Grenzkontrolle etwa in einer Gemeinschaftsanlage im Ausland stattfindet, muss die Einreise denn auch bereits mit dem Passieren des Grenzpostens als erfolgt betrachtet werden (vgl. nicht publizierter Entscheid des Kassationshofs vom 10. Juni 1988 i. S. EZV gegen H. für die Feststellung des Verstosses gegen die Vignettenpflicht gemäss Art. 1 der Verordnung über die Abgabe für die Benützung von Nationalstrassen vom 12. September 1984 (NSAV; SR 741.72) ausserhalb der schweizerischen Landesgrenze).
BGE 119 IV 164 S. 167

Würde aber der Auffassung der Beschwerdeführerin gefolgt, wäre in einem solchen Fall trotz Passierens des Grenzpostens eine rechtswidrige Einreise ausgeschlossen. Zum selben Ergebnis führt Art. 13a AsylG (SR 142.31), nach welcher Bestimmung der Flüchtling sein Asylgesuch bei der Einreise an einem geöffneten Grenzübergang stellen muss, was voraussetzt, dass die Einreise erst beim Passieren des Grenzübergangs erfolgt (vgl. auch Art. 13d AsylG und Art. 5 Asylverordnung 1, SR 142.311). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zollgesetz (ZG; SR 631.0). Zwar fällt nach Art. 2 Abs. 1
SR 631.0 Legge del 18 marzo 2005 sulle dogane (LD)
LD Art. 2 Diritto internazionale - 1 Rimangono salvi i trattati internazionali.
1    Rimangono salvi i trattati internazionali.
2    Il Consiglio federale emana le disposizioni necessarie all'esecuzione di trattati, decisioni e raccomandazioni internazionali che concernono campi normativi della presente legge, sempre che non si tratti di disposizioni importanti che contengono norme di diritto secondo l'articolo 164 capoverso 1 della Costituzione federale.
ZG die Zollgrenze grundsätzlich mit der politischen Landesgrenze zusammen. Eine Zollwiderhandlung begeht aber, wer die Zollkontrolle zu umgehen sucht (vgl. Art. 74
SR 631.0 Legge del 18 marzo 2005 sulle dogane (LD)
LD Art. 74 Interessi - 1 Se l'obbligazione doganale non viene pagata entro il termine stabilito, a partire dall'esigibilità è riscosso un interesse di mora.
1    Se l'obbligazione doganale non viene pagata entro il termine stabilito, a partire dall'esigibilità è riscosso un interesse di mora.
2    L'interesse di mora non è dovuto:
a  nei casi particolari previsti dal Consiglio federale;
b  fintanto che l'obbligazione doganale è garantita mediante deposito in contanti.
3    A contare dal momento del pagamento, l'UDSC corrisponde gli interessi sugli importi indebitamente riscossi o indebitamente non restituiti.
4    Il DFF stabilisce i saggi d'interesse.
und 76
SR 631.0 Legge del 18 marzo 2005 sulle dogane (LD)
LD Art. 76 - 1 Se un credito doganale sorge solo condizionatamente oppure se l'UDSC accorda agevolazioni di pagamento, il debitore doganale deve garantire il credito doganale mediante deposito in contanti, deposito di titoli sicuri e negoziabili o mediante fideiussione doganale.
1    Se un credito doganale sorge solo condizionatamente oppure se l'UDSC accorda agevolazioni di pagamento, il debitore doganale deve garantire il credito doganale mediante deposito in contanti, deposito di titoli sicuri e negoziabili o mediante fideiussione doganale.
2    Se non è prestata una garanzia oppure se il pagamento appare compromesso, l'UDSC può ordinare, anche se il credito doganale non è ancora esigibile, che sia prestata una garanzia o far valere il diritto di pegno doganale.
3    Il pagamento può risultare compromesso in particolare se il debitore doganale:
a  è in mora con il pagamento; oppure
b  non è domiciliato in Svizzera o compie atti per rinunciare al domicilio, alla sede o allo stabilimento d'impresa in Svizzera o per farsi cancellare dal registro di commercio svizzero.
4    Il Consiglio federale stabilisce i casi in cui non è richiesta una garanzia o ne è richiesta soltanto una parziale.
ZG).