Urteilskopf

119 II 93

21. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. März 1993 i.S. L. gegen Bankhaus D. (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 93

BGE 119 II 93 S. 93

Aus den Erwägungen:

2. c) Der Beklagte rügt, das Obergericht des Kantons Zug habe Bundesrecht dadurch verletzt, dass es bezüglich der Frage, ob ein Darlehensvertrag zustande gekommen und ob die Darlehensvaluta dem Darlehensnehmer zugeführt worden sei, deutsches Recht nicht angewandt bzw. dem Beklagten vorgeworfen habe, er habe das deutsche Recht nicht nachgewiesen. aa) Die durch das IPRG geänderten Bestimmungen des OG finden Anwendung auf Rechtsmittel gegen Entscheide, die nach dem 1. Januar 1989 ergangen sind (BGE 115 II 301 E. 1). Gegen das Urteil
BGE 119 II 93 S. 94

vom 12. November 1991 kann somit gemäss der neuen Vorschrift von Art. 43a Abs. 1
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 16 - 1 Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
1    Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
2    Le droit suisse s'applique si le contenu du droit étranger ne peut pas être établi.
OG mit Berufung vorgebracht werden, es sei nicht ausländisches Recht angewandt worden, wie es das schweizerische internationale Privatrecht vorschreibe (lit. a) bzw. es sei zu Unrecht festgestellt worden, die Ermittlung des ausländischen Rechts sei nicht möglich (lit. b). Darunter fällt auch die Rüge, die Vorinstanz habe offensichtlich zu Unrecht festgestellt, der Inhalt des ausländischen Rechts sei nicht nachgewiesen worden (POUDRET, N. 4 zu Art. 43a OG).
bb) Handelt es sich wie hier um vermögensrechtliche Ansprüche, so kann der Nachweis des ausländischen Rechtsinhaltes den Parteien überbunden werden (Art. 16 Abs. 1
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 16 - 1 Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
1    Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
2    Le droit suisse s'applique si le contenu du droit étranger ne peut pas être établi.
Satz 3 IPRG). Dabei geht es um den Nachweis, nicht um einen Beweis im eigentlichen Sinn, so dass die gewöhnlichen Beweisregeln nicht anwendbar sind. Hingegen ist das rechtliche Gehör zu beachten und zu vermeiden, dass eine Partei durch die Anwendung fremden Rechts überrascht wird (VON OVERBECK, Die Ermittlung, Anwendung und Überprüfung der richtigen Anwendung des anwendbaren Rechts, in: Die allgemeinen Bestimmungen des IPRG, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der HSG, St. Gallen 1988, S. 101 und 104; SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage 1990, S. 192 Fn. 11). Die Zuger Zivilprozessordnung kennt in § 55 Abs. 2 eine entsprechende Bestimmung. Die kantonalen Instanzen scheinen indes Sinn und Tragweite dieser Vorschriften verkannt zu haben. Es geht nicht um die Schlüssigkeit allfälliger Parteigutachten, sondern allein darum, dass die ausländischen Rechtsquellen (einschlägige Gesetzesbestimmungen) und allenfalls ausländische Literatur (insbesondere Kommentare) oder Urteile aufgezeigt werden. Dies jedoch wurde in dem vom Beklagten eingereichten Gutachten, im klägerischen Gegengutachten sowie in einer weiteren Stellungnahme seitens des Beklagten zur Genüge getan. Der Einwand der Vorinstanz, dieser hätte aufgrund der den Prozess beherrschenden Eventualmaxime noch ein gerichtliches Gutachten beantragen oder vom Gericht die Einholung von Auskünften im Sinne des Europäischen Übereinkommens vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht verlangen müssen, ist angesichts der Tatsache, dass es um den Inhalt des Rechts eines Nachbarlandes geht, unverständlich. Die Rechtsanwendung auf den konkreten Fall aber ist, ob nun deutsches Recht oder schweizerisches als Ersatzrecht angewandt wird, ohnehin nicht Aufgabe eines Gutachters, sondern allein jene des Richters. Schliesslich
BGE 119 II 93 S. 95

kann ganz allgemein wohl kaum behauptet werden, die Ermittlung des deutschen Darlehensrechts sei für ein schweizerisches Gericht nicht möglich, so dass im Sinne von Art. 16 Abs. 2
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 16 - 1 Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
1    Le contenu du droit étranger est établi d'office. À cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
2    Le droit suisse s'applique si le contenu du droit étranger ne peut pas être établi.
IPRG als ultima ratio zur lex fori zurückzukehren sei. Es ergibt sich somit, dass die Rüge des Beklagten insofern begründet ist, als die kantonalen Instanzen in bezug auf das Zustandekommen und die Wirkungen des behaupteten Darlehensvertrags nicht deutsches Recht angewandt haben. cc) Gemäss Art. 65 OG kann das Bundesgericht ausländisches Recht im Berufungsverfahren selbst anwenden, wenn dieses neben dem Bundesrecht zur Anwendung gelangt, durch die Vorinstanz nicht angewandt worden ist und sich inhaltlich ohne Weiterungen, insbesondere nach dem Schrifttum, ermitteln lässt (POUDRET, N. 3 zu Art. 65 OG; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 111; KNOEPFLER/SCHWEIZER, Précis de droit international privé suisse, Bern 1990, S. 180 Rz. 554). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn einerseits ist eine zentrale Frage nach schweizerischem Recht zu beurteilen, nämlich jene, ob A. gültig für die X. AG gehandelt hat bzw. ob ein allfälliger Missbrauch seiner Vertretungsmacht der Klägerin entgegengehalten werden kann. Das einschlägige deutsche Recht anderseits lässt sich ohne Weiterungen bestimmen.