Urteilskopf

116 Ia 325

50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Mai 1990 i.S. H. gegen J., Gemeinde Landschaft Davos und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 326

BGE 116 Ia 325 S. 326

Am 13. Juni 1989 reichte J. ein Baugesuch für den Umbau seines Hauses und den Anbau einer Garage ein, nachdem er am 12. Juni 1989 ein früheres Baugesuch zurückgezogen hat. Gegen das Bauvorhaben erhob H. Einsprache. Der Kleine Landrat der Gemeinde Landschaft Davos erteilte am 26. Juli 1989 die Baubewilligung und wies die Einsprache ab. Dagegen erhob H. Rekurs beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses nahm in Anwesenheit der Parteien einen Augenschein vor und wies den Rekurs am 22. November 1989 ab, soweit es darauf eintrat. H. führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Ihr sei das Akteneinsichtsrecht in grundloser und willkürlicher Weise beschnitten worden, indem ihr die Originalpläne nicht zugesandt wurden, sondern sie sich auf das Bauamt habe bemühen müssen. Im weiteren habe man ihr, bzw. ihrem Anwalt, die Erstellung von Plankopien im Format A4 verweigert. Dieses Vorgehen verletze Art. 8
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 8 - Trotz der Anzeigepflichtverletzung (Art. 6) kann das Versicherungsunternehmen den Vertrag nicht kündigen:32
1  wenn die verschwiegene oder unrichtig angezeigte Tatsache vor Eintritt des befürchteten Ereignisses weggefallen ist;
2  wenn das Versicherungsunternehmen die Verschweigung oder unrichtige Angabe veranlasst hat;
3  wenn das Versicherungsunternehmen die verschwiegene Tatsache gekannt hat oder gekannt haben muss;
4  wenn das Versicherungsunternehmen die unrichtig angezeigte Tatsache richtig gekannt hat oder gekannt haben muss;
5  wenn das Versicherungsunternehmen auf das Kündigungsrecht verzichtet hat;
6  wenn der Anzeigepflichtige auf eine ihm vorgelegte Frage eine Antwort nicht erteilt, und das Versicherungsunternehmen den Vertrag gleichwohl abgeschlossen hat. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Frage, auf Grund der übrigen Mitteilungen des Anzeigepflichtigen, als in einem bestimmten Sinne beantwortet angesehen werden muss und wenn diese Antwort sich als Verschweigen oder unrichtige Mitteilung einer erheblichen Gefahrstatsache darstellt, die der Anzeigepflichtige kannte oder kennen musste.
des kantonalen Gesetzes über das Verfahren in Verwaltungs- und Verfassungssachen vom 3. Oktober 1982 (VVG), einen Regierungsbeschluss vom 13. Juni 1988 betreffend Akteneinsicht sowie Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. a) Das Recht auf Akteneinsicht ist Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Umfang dieses Anspruchs bestimmt sich in erster Linie nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo sich jedoch der kantonale Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV folgenden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz (BGE 115 Ia 10 E. 2a, BGE 108 Ia 6 E. 2a mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft dabei die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts lediglich unter dem Gesichtswinkel der Willkür (BGE 113 Ia 3 E. 2). Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre; das
BGE 116 Ia 325 S. 327

Bundesgericht hebt einen Entscheid der kantonalen Behörde nur auf, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (114 Ia 27 f. E. 3b, 218 E. 2a, BGE 113 Ia 106 E. 2b). Dabei genügt es jedoch nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheides rechtfertigt sich nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 113 Ib 311 E. 2a, BGE 113 III 8 E. 1a). Mit freier Kognition prüft das Bundesgericht dagegen, ob die unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV abgeleiteten Grundsätze missachtet wurden (BGE 115 Ia 10 E. 2a mit Hinweisen). b) Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf einen Regierungsbeschluss vom 13. Juni 1988 betreffend Akteneinsicht. Dieser bezieht sich auf grössere Projekte, namentlich im Bereich des Kraftwerk- und Strassenbaus und richtet sich an die kantonalen Behörden (vgl. Einleitung und Ziffer 2 der Weisungen). Es ist daher nicht willkürlich, diesen Beschluss auf das vorliegende Bauvorhaben nicht anzuwenden. c) Art. 8
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 8 - Trotz der Anzeigepflichtverletzung (Art. 6) kann das Versicherungsunternehmen den Vertrag nicht kündigen:32
1  wenn die verschwiegene oder unrichtig angezeigte Tatsache vor Eintritt des befürchteten Ereignisses weggefallen ist;
2  wenn das Versicherungsunternehmen die Verschweigung oder unrichtige Angabe veranlasst hat;
3  wenn das Versicherungsunternehmen die verschwiegene Tatsache gekannt hat oder gekannt haben muss;
4  wenn das Versicherungsunternehmen die unrichtig angezeigte Tatsache richtig gekannt hat oder gekannt haben muss;
5  wenn das Versicherungsunternehmen auf das Kündigungsrecht verzichtet hat;
6  wenn der Anzeigepflichtige auf eine ihm vorgelegte Frage eine Antwort nicht erteilt, und das Versicherungsunternehmen den Vertrag gleichwohl abgeschlossen hat. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Frage, auf Grund der übrigen Mitteilungen des Anzeigepflichtigen, als in einem bestimmten Sinne beantwortet angesehen werden muss und wenn diese Antwort sich als Verschweigen oder unrichtige Mitteilung einer erheblichen Gefahrstatsache darstellt, die der Anzeigepflichtige kannte oder kennen musste.
VVG bestimmt, dass derjenige, der von einem Entscheid betroffen wird, das Recht hat, in die Akten Einsicht zu nehmen. Die Beschwerdeführerin macht selbst nicht geltend, sie habe in das Baugesuch nicht Einsicht nehmen können. Vielmehr hat der Anwalt der Beschwerdeführerin am 26. Juni 1989 in Davos in die Baugesuchsakten Einsicht genommen. Dem Wortlaut von Art. 8
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 8 - Trotz der Anzeigepflichtverletzung (Art. 6) kann das Versicherungsunternehmen den Vertrag nicht kündigen:32
1  wenn die verschwiegene oder unrichtig angezeigte Tatsache vor Eintritt des befürchteten Ereignisses weggefallen ist;
2  wenn das Versicherungsunternehmen die Verschweigung oder unrichtige Angabe veranlasst hat;
3  wenn das Versicherungsunternehmen die verschwiegene Tatsache gekannt hat oder gekannt haben muss;
4  wenn das Versicherungsunternehmen die unrichtig angezeigte Tatsache richtig gekannt hat oder gekannt haben muss;
5  wenn das Versicherungsunternehmen auf das Kündigungsrecht verzichtet hat;
6  wenn der Anzeigepflichtige auf eine ihm vorgelegte Frage eine Antwort nicht erteilt, und das Versicherungsunternehmen den Vertrag gleichwohl abgeschlossen hat. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Frage, auf Grund der übrigen Mitteilungen des Anzeigepflichtigen, als in einem bestimmten Sinne beantwortet angesehen werden muss und wenn diese Antwort sich als Verschweigen oder unrichtige Mitteilung einer erheblichen Gefahrstatsache darstellt, die der Anzeigepflichtige kannte oder kennen musste.
VVG wurde demnach Genüge getan. Dass dieser Bestimmung ein weiterer Sinn zukomme, und dass die gegenteilige Meinung willkürlich sei, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Damit erweist sich die Rüge insoweit als unbegründet. d) Es ist daher einzig und zwar mit freier Kognition zu prüfen, ob die unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV folgenden Regeln missachtet wurden. aa) Das Bundesgericht hat in BGE 108 Ia 7 E. 2b erkannt, dass aus dem Akteneinsichtsrecht kein Anspruch abgeleitet werden kann, die Akten, in die Einsicht gewährt werden muss, nach Hause mitzunehmen. Vielmehr umfasst dieses Recht den Anspruch, die Akten am Sitz der Behörde einzusehen und davon Notizen zu machen. Dieses Recht wurde der Beschwerdeführerin gewährt. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, es sei ihr verweigert worden, Kopien herzustellen. Ein solcher Anspruch, auf einem Kopiergerät der Verwaltung normalformatige Kopien oder solche, die ohne besonderen Aufwand erstellt werden können, gegen Gebühren
BGE 116 Ia 325 S. 328

selbst herzustellen, soweit es für die Verwaltung zu keinem unverhältnismässigen Aufwand führt, ergibt sich grundsätzlich aus dem Recht auf rechtliches Gehör (vgl. BGE 108 Ia 7 f. E. 2c, unveröffentlichtes Urteil vom 30. April 1982 i.S. W., ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, S. 146). Vorliegend wäre es für die Baupolizeibehörde von Davos ohne weiteres möglich gewesen, den Anwalt der Beschwerdeführerin die verlangten Kopien herstellen zu lassen; dabei kann offen bleiben, wer die Kosten zu tragen gehabt hätte. bb) Im vorliegenden Fall bedeutet indessen dieses Verhalten keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die Beschwerdeführerin auch ohne diese Kopien bereits genügend orientiert war. Es ist nicht bestritten, dass dem Anwalt der Beschwerdeführerin die Pläne des ersten Gesuchs zugestellt worden sind, und dass sie für das zweite Gesuch nicht wesentlich geändert haben. Das ist auch ohne weiteres aus den dem Bundesgericht zur Verfügung gestellten Plänen ersichtlich. Es war der Beschwerdeführerin daher ohne erheblichen Aufwand möglich und zumutbar, die von ihr angeblich beobachteten Änderungen des zweiten Gesuchs in die ihr zur Verfügung stehenden Pläne einzuzeichnen. Der Beschwerdeführerin entstand daher aus der Weigerung der Baupolizeibehörde von Davos kein Nachteil und sie konnte ihre Rechte in der Folge umfassend wahrnehmen. Die Rüge erweist sich deshalb als unbegründet.