Urteilskopf

114 V 143

30. Auszug aus dem Urteil vom 17. August 1988 i.S. C. gegen Ausgleichskasse des Kantons Basel-Landschaft und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
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Erwägungen ab Seite 144

BGE 114 V 143 S. 144

Aus den Erwägungen:

2. Nach der bis Dezember 1987 geltenden Rechtsprechung war die Invalidenrente eines Versicherten, dessen Invalidität durch einen Einkommensvergleich im Sinne von Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG ermittelt worden ist, gestützt auf Art. 41
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 41
IVG zu revidieren, wenn er sich für eine gewisse Dauer in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug befindet, weil dieser Freiheitsentzug eine Änderung des rechtlichen Status des Versicherten bewirke. Der Versicherte sei alsdann als Nichterwerbstätiger zu betrachten, da er in der Regel keine Erwerbstätigkeit ausüben könne. In seinem üblichen Aufgabenbereich, der in der Strafverbüssung bestehe, sei er aber nicht behindert, so dass er keine Rente beanspruchen könne. Müsse in diesem Sinne die Rente eines Versicherten revidiert bzw. aufgehoben werden, so ziehe das auch die Aufhebung der Zusatzrente für die Ehefrau und der Kinderrente (Art. 34
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 34 Überprüfung des Invaliditätsgrades und Anpassung der Rente - 1 Gleichzeitig mit der Gewährung einer Übergangsleistung nach Artikel 32 leitet die IV-Stelle die Überprüfung des Invaliditätsgrades ein.
1    Gleichzeitig mit der Gewährung einer Übergangsleistung nach Artikel 32 leitet die IV-Stelle die Überprüfung des Invaliditätsgrades ein.
2    Am ersten Tag des Monats, der dem Entscheid der IV-Stelle über den Invaliditätsgrad folgt:
a  entsteht in Abweichung von Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b ein Rentenanspruch, sofern der Invaliditätsgrad erneut ein rentenbegründendes Ausmass erreicht;
b  wird eine bestehende Rente für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, sofern sich der Invaliditätsgrad erheblich geändert hat.
und 35
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 35 Kinderrente - 1 Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente.
1    Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente.
2    ...225
3    Für Pflegekinder, die erst nach Eintritt der Invalidität in Pflege genommen werden, besteht kein Anspruch auf Kinderrente, es sei denn, es handle sich um Kinder des andern Ehegatten.226
4    Die Kinderrente wird wie die Rente ausbezahlt, zu der sie gehört. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die zweckgemässe Verwendung (Art. 20 ATSG227) und abweichende zivilrichterliche Anordnungen. Der Bundesrat kann die Auszahlung für Sonderfälle in Abweichung von Artikel 20 ATSG regeln, namentlich für Kinder aus getrennter oder geschiedener Ehe.228
IVG) nach sich (BGE 110 V 284 und BGE 107 V 219). In seinem Urteil R. vom 18. Dezember 1987 (BGE 113 V 273) hat das Eidg. Versicherungsgericht die dargelegte Rechtsprechung überprüft und befunden, der Umstand, dass ein Versicherter sich im Strafvollzug befinde, sei kein Grund, um seine Rente in Anwendung von Art. 41
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 41
IVG zu revidieren. Einerseits werde der Gesundheitszustand durch den Freiheitsentzug offensichtlich nicht geändert und anderseits könne auch nicht von einer wirklichen Änderung des rechtlichen Status des Versicherten gesprochen werden. Im übrigen sei der Verurteilte während des Vollzugs einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe zu einer Arbeit verpflichtet, die seinen Fähigkeiten entspreche und ihm ermögliche, nach Beendigung des Freiheitsentzugs für seinen Unterhalt aufzukommen (Art. 37 Ziff. 1 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 41
StGB). Aus dieser Sicht sei die Auffassung, dass ein Gefangener als Nichterwerbstätiger behandelt werden müsse, dessen üblicher Aufgabenbereich nur in der Strafverbüssung bestehe, mit der erzieherischen Wirkung, welche die Massnahme ebenfalls bezwecke, nicht vereinbar. Daraus hat das Eidg. Versicherungsgericht den Schluss gezogen, dass die Inhaftierung oder jede andere Art eines von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzugs
BGE 114 V 143 S. 145

- einschliesslich Aufenthalt in einer Arbeitserziehungsanstalt - nicht einen Grund zur Revision des Rentenanspruchs, sondern lediglich einen Sistierungsgrund darstellt. Aus dem Umstand, dass der Rentenanspruch als solcher bestehen bleibt, hat das Gericht ferner gefolgert, dass der Strafantritt nicht mehr wie bisher zu einer Einstellung der Zusatzrenten führt, sondern dass diese im Gegenteil weiter ausgerichtet werden müssen (BGE 113 V 273, unveröffentlichte Urteile N. vom 2. Februar 1988 und B. vom 20. Januar 1988; vgl. auch ZAK 1988 S. 224 ff.).
3. Ebenfalls in BGE 113 V 273 (vgl. auch die bereits zitierten Urteile N. und B.) hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass die Verordnungsbestimmungen betreffend die Rentenrevision (Art. 87 ff
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 87 Revisionsgründe - 1 Eine Revision wird von Amtes wegen durchgeführt, wenn:
1    Eine Revision wird von Amtes wegen durchgeführt, wenn:
a  sie im Hinblick auf eine mögliche erhebliche Änderung des Invaliditäts- oder Hilflosigkeitsgrades oder des invaliditätsbedingten Betreuungsaufwandes oder Hilfebedarfs bei der Festsetzung der Rente, der Hilflosenentschädigung oder des Assistenzbeitrages auf einen bestimmten Termin in Aussicht genommen worden ist; oder
b  Tatsachen bekannt oder Massnahmen angeordnet werden, die eine erhebliche Änderung des Grades der Invalidität, der Hilflosigkeit, des invaliditätsbedingten Betreuungsaufwandes oder Hilfebedarfs als möglich erscheinen lassen.
2    Wird ein Gesuch um Revision eingereicht, so ist darin glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität oder Hilflosigkeit oder die Höhe des invaliditätsbedingten Betreuungsaufwandes oder Hilfebedarfs des Versicherten in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat.
3    Wurde eine Rente, eine Hilflosenentschädigung oder ein Assistenzbeitrag wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades, wegen fehlender Hilflosigkeit oder weil aufgrund des zu geringen Hilfebedarfs kein Anspruch auf einen Assistenzbeitrag entsteht, verweigert, so wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind.
. und 29bis IVV) nicht mehr ohne weiteres angewendet werden können, wenn der Versicherte die Strafe antritt oder aus dem Strafvollzug entlassen wird. Um den Beginn der Sistierung festzulegen, müssen - mangels anderer Bestimmungen - die Art. 29 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 29 Beginn des Anspruchs und Auszahlung der Rente - 1 Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG217, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
1    Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG217, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
2    Der Anspruch entsteht nicht, solange die versicherte Person ein Taggeld nach Artikel 22 beanspruchen kann.
3    Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht.
4    Beträgt der Invaliditätsgrad weniger als 50 Prozent, so werden die entsprechenden Renten nur an Versicherte ausbezahlt, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben. Diese Voraussetzung ist auch von Angehörigen zu erfüllen, für die eine Leistung beansprucht wird.
Satz 1 und Art. 30 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 30 Erlöschen des Anspruchs - Der Rentenanspruch erlischt:
a  mit dem Vorbezug einer ganzen Altersrente nach Artikel 40 Absatz 1 AHVG219, ausser die Altersrente wurde nach der Anmeldung bei der Invalidenversicherung und vor der Zusprache einer Invalidenrente vorbezogen;
b  mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Altersrente bei Erreichen des Referenzalters nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG;
c  mit dem Tod der anspruchsberechtigten Person.
IVG sinngemäss angewandt werden. Das bedeutet, dass die Rente für jenen Monat noch ausgezahlt wird, in welchem der Versicherte die Strafe oder Massnahme angetreten hat; nach dem Ende des Freiheitsentzugs wird sie für den ganzen Monat, in welchem die Entlassung aus der Haftanstalt erfolgt, ausgerichtet.