Urteilskopf

114 IV 81

25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1988 i.S. T. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 81

BGE 114 IV 81 S. 81

Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden verurteilte T. am 17. August 1988 wegen wiederholten vorsätzlichen Erlegens geschützten Gems- und Rehwilds zu einer Busse von Fr. 600.-- und schloss ihn für die Dauer von fünf Jahren von der Jagdberechtigung aus.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. a) Der Beschwerdeführer bringt vor, auf den 1. April 1988 sei das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender
BGE 114 IV 81 S. 82

Säugetiere und Vögel (nJVG) vom 20. Juni 1986 in Kraft getreten, dessen Art. 20
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an.
im Vergleich zu Art. 58 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 58 - 1 ...56
1    ...56
2    Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen.
(recte: Abs. 1) aJVG milder sei. Die Vorinstanz habe Art. 2 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.
StGB verletzt, indem sie hinsichtlich des Ausschlusses von der Jagdberechtigung nicht Art. 20 nJVG angewandt habe. b) Nach dem Grundsatz der lex mitior ist auf die Tat sowohl das alte als auch das neue Recht anzuwenden und durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem Recht der Täter besser wegkommt (BGE 68 IV 130f. E. 1 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall drohte das alte Recht mit einer Busse von 300 bis 800 Franken (Art. 39 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.
aJVG), während das neue Busse bis zu 40'000 Franken oder Gefängnis bis zu einem Jahr vorsieht (Art. 17 Abs. 1 lit. a
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 17 - Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten, handelt rechtmässig, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt.
nJVG i.V.m. Art. 48 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn:
a  der Täter gehandelt hat:
a1  aus achtenswerten Beweggründen,
a2  in schwerer Bedrängnis,
a3  unter dem Eindruck einer schweren Drohung,
a4  auf Veranlassung einer Person, der er Gehorsam schuldet oder von der er abhängig ist;
b  der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt worden ist;
c  der Täter in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung gehandelt hat;
d  der Täter aufrichtige Reue betätigt, namentlich den Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat;
e  das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat.
StGB). Demgegenüber wurde der Strafrahmen hinsichtlich des Ausschlusses von der Jagdberechtigung von 3 bis 10 Jahren (Art. 58 Abs. 1 aJVG) auf 1 bis 10 Jahre gemildert (Art. 20 Abs. 1 nJVG). Bei der Bestimmung des milderen Rechts ist in erster Linie auf die Hauptstrafen abzustellen, und allfällige Nebenstrafen sind nur bei Gleichheit der Hauptstrafen zu berücksichtigen (h.M. in Deutschland, vgl. RUDOLPHI, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, Allg. T., § 2 N 12; SCHÖNKE/SCHRÖDER/ESER, 22. Aufl., § 2 N 30). Diese klare und einfache Lösung verträgt sich auch mit dem Sanktionensystem des Strafgesetzbuches, wonach zunächst eine Hauptstrafe oder eine Massnahme auszusprechen ist und nur in Ausnahmefällen zusätzlich eine Nebenstrafe mit besonderer Zielsetzung (z.B. Schutz der Gemeinschaft (Landesverweisung), des einzelnen (Entziehung der elterlichen Gewalt und der Vormundschaft) oder des Täters vor sich selbst (Wirtshausverbot)) verhängt wird. c) Gemäss Art. 39 Abs. 2 aJVG wird mit Busse von 300 bis 800 Franken bestraft, wer geschütztes Reh- oder Gemswild widerrechtlich erlegt. Art. 17 Abs. 1 lit. a des neuen Jagdgesetzes bedroht das vorsätzliche Töten geschützter Tiere mit Busse oder Gefängnis bis zu einem Jahr. Da das aJVG hinsichtlich der Hauptstrafe für den Beschwerdeführer das mildere Recht darstellt, ist es vorliegend zu Recht angewandt worden. Damit folgt auch die Nebenstrafe dem alten Recht (siehe E. b hievor). Dem Antrag des Beschwerdeführers, die Hauptstrafe nach altem und die Nebenstrafe nach neuem Recht festzulegen, kann nicht stattgegeben werden, weil die kombinierte Anwendung beider Gesetze dem Sinn des Art. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.
StGB widerspricht (BGE 68 IV 130f. E. 1 mit Hinweis).