Urteilskopf

112 III 88

22. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. September 1986 i.S. X. gegen Y. S.A. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 88

BGE 112 III 88 S. 88

Aus den Erwägungen:

2. a) Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass eine Schuldanerkennung auch dann einen gültigen Rechtsöffnungstitel darstellen kann, wenn sie nicht durch den betriebenen Schuldner persönlich, sondern durch einen Vertreter unterzeichnet worden ist. Indessen ist er der Ansicht, die Unterschrift des Schuldners müsse in einem solchen Fall wenigstens auf einer entsprechenden schriftlichen Vollmacht angebracht sein. b) Das dem schweizerischen Recht eigene Verfahren der provisorischen Rechtsöffnung schafft für den Betreibungsgläubiger insofern eine Erleichterung, als dieser, falls der Schuldner die Schuld anerkannt hat, zur Zwangsvollstreckung schreiten kann, ohne den Richter anrufen zu müssen, und der Schuldner, der sich dieser widersetzen will, seinerseits in die Rolle des Klägers (auf Aberkennung der Forderung) gedrängt wird. Der angeführte Weg steht dem Gläubiger allerdings nur unter der Voraussetzung offen, dass die Schuldanerkennung durch öffentliche Urkunde festgestellt oder "durch Unterschrift bekräftigt" wurde (Art. 82 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG). c) In der Praxis der kantonalen Rechtsöffnungsinstanzen wird die zur Beurteilung stehende Frage nicht einheitlich beantwortet.
BGE 112 III 88 S. 89

Während in gewissen Entscheiden mit dem Beschwerdeführer angenommen wird, die unterschriftliche Anerkennung einer Schuld durch einen Dritten bilde gegenüber dem nach dem Wortlaut der Urkunde Verpflichteten nur dann einen Rechtsöffnungstitel, wenn ein Auftrag an den Dritten zur Schuldanerkennung urkundlich ausgewiesen sei (vgl. PANCHAUD/CAPREZ, Die Rechtsöffnung 1980, § 5, Nrn. 2 und 16), wurde in andern Fällen ein konkludentes Verhalten des vertretenen Schuldners als ausreichend betrachtet (vgl. PANCHAUD/CAPREZ, § 5, Nrn. 1 und 17). Der zweiten, weniger strengen Auffassung ist auch JAEGER, der unter Hinweis auf die allgemeinen Bestimmungen über die Stellvertretung (Art. 32 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
1    Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
2    Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
3    Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
. OR) festhält, dass dort, wo durch ein vertragliches Stellvertretungsverhältnis oder sonstwie die Wirksamkeit der Unterschrift eines andern für den Betriebenen liquid ausgewiesen sei, auch die Unterschrift eines Dritten als Stellvertreter im Hinblick auf die provisorische Rechtsöffnung genüge (N. 3 zu Art. 82
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG). Es ist einzuräumen, dass namentlich die Strenge, die das Rechtsöffnungsverfahren in formeller Hinsicht an sich prägt, für die Betrachtungsweise des Beschwerdeführers spricht. Andererseits wird aber nirgends ausdrücklich vorgeschrieben, dass dort, wo eine Schuldanerkennung durch einen Vertreter unterschrieben wird (was auch der Beschwerdeführer nicht für unzulässig hält), das Vertretungsverhältnis durch eine vom Schuldner unterzeichnete schriftliche Vollmacht dargetan sein müsse. Die Auffassung des Appellationshofes ist jedenfalls nicht vollkommen unhaltbar; weder verstösst sie krass gegen eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz, noch läuft sie in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider (vgl. BGE 107 Ia 114 E. 2 mit Hinweisen). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf BGE 106 III 97 ff. vermag am Gesagten nichts zu ändern. Jenes Urteil hatte eine andere Frage zum Gegenstand, nämlich diejenige, ob die stillschweigende Genehmigung eines Kontokorrentauszuges in Verbindung mit dem vom Schuldner unterzeichneten Krediteröffnungsvertrag eine Anerkennung des passiven Kontosaldos darstelle. Die Verhältnisse liegen im zu beurteilenden Fall somit insofern wesentlich anders, als hier eine ausdrückliche schriftliche (wenn auch von einem Vertreter des Beschwerdeführers unterzeichnete) Anerkennung vorhanden ist. ...