Urteilskopf

111 IV 188

47. Urteil der Anklagekammer vom 21. Oktober 1985 i.S. B. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 188

BGE 111 IV 188 S. 188

Am 19. September 1985 erliess die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) gegen B. einen Strafbescheid, mit welchem sie ihn gemäss Art. 6
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 6 - 1 Wird eine Widerhandlung beim Besorgen der Angelegenheiten einer juristischen Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit oder sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen andern begangen, so sind die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen anwendbar, welche die Tat verübt haben.
1    Wird eine Widerhandlung beim Besorgen der Angelegenheiten einer juristischen Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit oder sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen andern begangen, so sind die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen anwendbar, welche die Tat verübt haben.
2    Der Geschäftsherr, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretene, der es vorsätzlich oder fahrlässig in Verletzung einer Rechtspflicht unterlässt, eine Widerhandlung des Untergebenen, Beauftragten oder Vertreters abzuwenden oder in ihren Wirkungen aufzuheben, untersteht den Strafbestimmungen, die für den entsprechend handelnden Täter gelten.
3    Ist der Geschäftsherr, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretene eine juristische Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit, so wird Absatz 2 auf die schuldigen Organe, Organmitglieder, geschäftsführenden Gesellschafter, tatsächlich leitenden Personen oder Liquidatoren angewendet.
VStrR zu einer Busse von Fr. 1000.-- verurteilte und ihm die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 26.-- auferlegte. Gegen diesen Strafbescheid erhob B. am 13. Oktober 1985 bei der EStV Einsprache, und gleichzeitig legte er bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde ein.
Erwägungen

Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

1. Gegen den Strafbescheid der Verwaltung gibt es grundsätzlich keine Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts, sondern einzig die Einsprache bei der Verwaltung (Art. 67 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 67 - 1 Gegen den Straf- oder Einziehungsbescheid kann der Betroffene innert 30 Tagen seit der Eröffnung Einsprache erheben.
1    Gegen den Straf- oder Einziehungsbescheid kann der Betroffene innert 30 Tagen seit der Eröffnung Einsprache erheben.
2    Wird innert der gesetzlichen Frist nicht Einsprache erhoben, so steht der Straf- oder Einziehungsbescheid einem rechtskräftigen Urteil gleich.
und 68 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 68 - 1 Die Einsprache ist schriftlich bei der Verwaltung einzureichen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
1    Die Einsprache ist schriftlich bei der Verwaltung einzureichen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
2    Die Einsprache hat einen bestimmten Antrag zu enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen anzugeben; die Beweismittel sollen bezeichnet und, soweit möglich, beigelegt werden.
3    Genügt die Einsprache den in Absatz 2 umschriebenen Anforderungen nicht, oder lassen die Begehren des Einsprechers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Einsprache nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so wird dem Einsprecher eine kurze Nachfrist zur Verbesserung eingeräumt.
4    Die Verwaltung verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Einsprache nicht einzutreten.
VStrR), die auf Antrag oder mit Zustimmung des Einsprechers als Begehren um gerichtliche Beurteilung behandelt werden kann (Art. 71
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 71 - Auf Antrag oder mit Zustimmung des Einsprechers kann die Verwaltung eine Einsprache als Begehren um Beurteilung durch das Strafgericht behandeln.
VStrR). Eine Ausnahme von der Regel
BGE 111 IV 188 S. 189

besteht nur hinsichtlich des Kostenerkenntnisses, indem dieses auf dem Beschwerdeweg beim Bundesgericht angefochten werden kann, soweit das Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wurde oder wenn dieser die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt hat (Art. 96 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 96 - 1 Der mit Kosten beschwerte Beschuldigte kann, wenn das Verfahren eingestellt wurde oder wenn er die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt, gegen das Kostenerkenntnis innert 30 Tagen seit Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde führen (Art. 25 Abs. 1); die Verfahrensvorschriften von Artikel 28 Absätze 2-5 gelten sinngemäss.
1    Der mit Kosten beschwerte Beschuldigte kann, wenn das Verfahren eingestellt wurde oder wenn er die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt, gegen das Kostenerkenntnis innert 30 Tagen seit Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde führen (Art. 25 Abs. 1); die Verfahrensvorschriften von Artikel 28 Absätze 2-5 gelten sinngemäss.
2    Wird innert der gesetzlichen Frist keine Beschwerde eingereicht oder eine Beschwerde abgewiesen, so steht das Kostenerkenntnis einem gerichtlichen Urteil gleich.
VStrR), mit anderen Worten, wenn im letzteren Fall die auf Einsprache hin ergangene Strafverfügung der Verwaltung (Art. 70
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 70 - 1 Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
1    Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
2    Die Verfügung ist zu begründen; im Übrigen gelten die Vorschriften von Artikel 64 über Inhalt und Eröffnung des Strafbescheides sinngemäss.
VStrR) im Hauptpunkt in Rechtskraft erwachsen ist. Solange der Kostenentscheid im Einspracheverfahren von der Verwaltung selber noch geändert werden kann oder wegen des gegen die Strafverfügung gerichteten Begehrens um gerichtliche Beurteilung weggefallen ist, ist die Beschwerde an die Anklagekammer nicht gegeben, bzw. fehlt es am Anfechtungsgegenstand.
2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer gegen den Strafbescheid der EStV Einsprache erhoben mit der Folge, dass die genannte Verwaltung ihren Strafbescheid einschliesslich des Kostenpunktes nochmals überprüfen muss (Art. 69 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 69 - 1 Ist Einsprache erhoben, so hat die Verwaltung den angefochtenen Bescheid mit Wirkung für alle durch ihn Betroffenen zu überprüfen; sie kann eine mündliche Verhandlung anordnen und die Untersuchung ergänzen.
1    Ist Einsprache erhoben, so hat die Verwaltung den angefochtenen Bescheid mit Wirkung für alle durch ihn Betroffenen zu überprüfen; sie kann eine mündliche Verhandlung anordnen und die Untersuchung ergänzen.
2    Fusst der angefochtene Bescheid auf einem Entscheid über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht und ist dieser angefochten worden, so wird, bis darüber rechtskräftig entschieden ist, das Einspracheverfahren ausgesetzt.
VStrR). Damit hat er von dem verwaltungsinternen Rechtsbehelf gegen den Strafbescheid Gebrauch gemacht und kann er deshalb nicht gleichzeitig beim Bundesgericht Beschwerde führen. Auf diese ist nicht einzutreten.
Dispositiv

Demnach erkennt die Anklagekammer:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.