Urteilskopf

106 IV 93

31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Januar 1980 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 93

BGE 106 IV 93 S. 93

Aus den Erwägungen:

2. In zweiter Linie wird mit der Nichtigkeitsbeschwerde sinngemäss geltend gemacht, in Anwendung von Art. 346 Abs. 1 StGB seien zur Beurteilung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen die Behörden des Bezirks Bülach zuständig; der angefochtene Entscheid verletze diese bundesrechtliche Gerichtsstandsnorm. a) Die Gerichtsstandsregeln der Art. 346 ff . StGB gelten nach herrschender Auffassung nicht nur im interkantonalen Verhältnis, sondern auch innerkantonal (so ausdrücklich B. FRANK, Die Gerichtsstandsordnung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und das Gerichtsstandsfestsetzungsverfahren,
BGE 106 IV 93 S. 94

Berner Diss. 1956, S. 8). Soweit also die Kantone für die Beurteilung der in ihre Gerichtsbarkeit fallenden bundesrechtlichen Delikte eine räumliche Aufteilung der Kompetenz (Bezirksgerichte, Kreisgerichte) vornehmen, gelten für die innerkantonale Zuständigkeit die Art. 346 ff.; nur im Bereich des kantonalen Strafrechts (Art. 335
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
1    Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
2    Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen.
StGB) ist an sich eine andere Regelung der örtlichen Zuständigkeit bundesrechtlich zulässig (vgl. PANCHAUD, SJK 899, S. 2, HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, S. 62 ff., insbesondere S. 67 oben), aber aus praktischen Gründen kaum empfehlenswert.
b) Trotz dieser Geltung der bundesrechtlichen Gerichtsstandsvorschriften auch für Fragen der innerkantonalen örtlichen Zuständigkeit können gemäss Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB nur interkantonale Gerichtsstandsstreitigkeiten dem Bundesgericht unterbreitet werden. Innerkantonale Kompetenzkonflikte sind von der nach kantonalem Recht zuständigen Instanz zu entscheiden; ein ordentliches eidgenössisches Rechtsmittel fehlt (BGE 91 IV 52 mit Literaturangaben). Dass die Anklagekammer, welche Gerichtsstandsstreitigkeiten zwischen den Behörden verschiedener Kantone entscheidet, für die Regelung innerkantonaler Kompetenzkonflikte nicht zuständig ist, ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 264
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP. Der Gesetzgeber hat aber auch die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof bewusst ausgeschlossen (vgl. die Ausführungen über die Entstehungsgeschichte von Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB in BGE 91 IV 52); Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB ist als umfassende Regelung der bundesgerichtlichen Zuständigkeit auf dem Gebiet der Gerichtsstandsstreitigkeiten zu verstehen. Es wäre übrigens sehr unzweckmässig, dem Kassationshof die Kontrolle der innerkantonalen Anwendung von Art. 346 ff . StGB zu übertragen, während die Auslegung derselben Vorschriften im bedeutsameren interkantonalen Verhältnis Aufgabe der Anklagekammer ist. Auch die Umschreibung des Anfechtungsobjektes der Nichtigkeitsbeschwerde in Art. 268 BStP zeigt, dass der Kassationshof sich nicht mit Zuständigkeitsfragen befassen soll, die ja richtigerweise im Anschluss an einen Vor- oder - Zwischenentscheid definitiv gelöst werden müssen, nicht erst im Anschluss an mit Nichtigkeitsbeschwerde anfechtbare Endurteile oder Einstellungsbeschlüsse.
BGE 106 IV 93 S. 95

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.