Urteilskopf

106 IV 50

17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. Februar 1980 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 50

BGE 106 IV 50 S. 50

A.- Am 8. September 1978 vor 20 Uhr überholte S. mit seinem Personenwagen auf der Hauptstrasse Tägerschen-Tobel einen Radfahrer und fuhr dabei etwas über der Leitlinie. In diesem Augenblick kam nahe der Leitlinie O. mit seinem
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Motorrad entgegen. Beide fuhren mit ca. 60-70 km/h. Etwa in der Strassenmitte kam es zu einer heftigen Streifkollision, wodurch das Motorrad auf das Trottoir geschleudert wurde und dort noch das Mädchen C. berührte. O. erlitt lebensgefährliche Verletzungen, teilweise mit Dauerfolgen.
B.- Das Obergericht des Kantons Thurgau verurteilte S. am 22. November 1979 wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verletzung von Verkehrsregeln zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 450.--.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Nach dem angefochtenen Urteil fuhr der Radfahrer auf der breiten Strasse so weit rechts, dass der Beschwerdeführer ihn an der fraglichen Stelle gefahrlos hätte überholen können, ohne die rechte Fahrbahnhälfte zu verlassen. Wenn er statt dessen gemäss ebenfalls verbindlicher Feststellung etwas links über die Mittellinie geraten ist, hat er gegen das Gebot verstossen, rechts zu fahren. Gewiss war es ihm an sich erlaubt, die Leitlinie zu überfahren, wenn die Verkehrsverhältnisse dies erlaubten oder gar erforderten. Dass er wegen des zulässigen Überholmanövers nicht so weit links fahren musste, wurde bereits erwähnt. Die Verkehrslage stand zudem seiner Fahrweise entgegen. Er näherte sich einer unübersichtlichen Kurve. Wie die Vorinstanz richtig ausführt, musste er mit Gegenverkehr nahe der Mittellinie rechnen. Entgegen der Annahme der Beschwerde liegt darin kein Widerspruch zur allgemeinen Pflicht, rechts zu fahren, und auch kein Freibrief für Entgegenkommende im allgemeinen und O. im besonderen. Auch dieser wurde wegen seiner Fahrt nahe der Mittellinie bestraft, und zwar hat die erste Instanz ihm mit Recht ein schwereres Verschulden zugerechnet als dem Beschwerdeführer: Neigte dieser aus Rücksicht auf den Radfahrer zu einem eher zu grossen Abstand, so bestand für O. überhaupt kein sachlicher Grund, nicht gehörig rechts auf seiner Strassenseite zu fahren. Wie die Vorinstanz aber zutreffend erwähnt, ist bei unübersichtlichen Kurven von allen Beteiligten mit einem möglichen Fehlverhalten Entgegenkommender zu rechnen und darum genügend rechts der Mittellinie zu fahren.
Der Beschwerdeführer hätte bis zur oder sogar etwas über die Mittellinie nur dann fahren dürfen, wenn er die Gewissheit
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gehabt hätte, angesichts eines auftauchenden Fahrzeugs aus der Gegenrichtung rechtzeitig aus der Gefahrenzone wieder auf die rechte Fahrbahn zurücklenken zu können. Diese Möglichkeit bestand für ihn nicht. Dass ihm gemäss seiner Darstellung der vor ihm fahrende Personenwagen die Sicht noch verschlechterte, entlastet ihn nicht. Er wurde davon nicht überrascht, sondern führte sein Manöver in voller Kenntnis dieser Verkehrslage aus.