Urteilskopf

105 IV 70

18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Februar 1979 i.S. Sch. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 70

BGE 105 IV 70 S. 70

Aus den Erwägungen:

2. Der Beschwerdeführer macht hinsichtlich des fortgesetzten Führens trotz entzogenem Führerausweis geltend, die schweizerischen Behörden seien aufgrund eines Staatsvertrages zwischen der Schweiz und der BRD nicht berechtigt, die Gültigkeit eines deutschen Führerausweises einzuschränken, wenn der Inhaber in der Schweiz keinen Wohnsitz habe. Diese Voraussetzung habe bei ihm zugetroffen, weshalb er befugt gewesen sei, mit seinem deutschen Ausweis weiterhin ein Motorfahrzeug zu führen.
a) Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Einschränkung der Gültigkeit seines deutschen Ausweises verstosse gegen einen Staatsvertrag, geht offensichtlich fehl. Nach Art. 45 Abs. 1 der Verordnung des Bundesrates über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976
BGE 105 IV 70 S. 71

(VZV, SR 741.51) können ausländische Führerausweise nach den gleichen Bestimmungen aberkannt werden, die für den Entzug des schweizerischen Führerausweises gelten. Inwiefern sich diese Bestimmung mit einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht vertragen soll, vermag der Beschwerdeführer selber nicht darzutun. Tatsächlich besteht auch keine abweichende staatsvertragliche Regelung zwischen der Schweiz und der BRD. Das internationale Abkommen über den Kraftfahrzeugverkehr vom 24. April 1926, das von der Schweiz und Deutschland ratifiziert worden ist, enthält keine Bestimmungen über nationale Führerausweise, sondern nur über den internationalen Führerausweis und erklärt in Art. 7, dass ein solcher Ausweis von jedem Vertragsstaat aberkannt werden kann (BG 13 S. 549). Ferner sieht das noch nicht ratifizierte Übereinkommen über den Strassenverkehr vom 8. November 1968, dessen deutscher Text von der Schweiz, der BRD und Österreich ausgearbeitet wurde, in Art. 42 ausdrücklich vor, dass ausländische Führerausweise von den Vertragsstaaten für ihr Hoheitsgebiet aberkannt werden können. b) Der Beschwerdeführer bestreitet sodann, dass der Kanton Zürich zur Aberkennung seines deutschen Führerausweises zuständig gewesen sei mit der Begründung, er habe in der Schweiz keinen Wohnsitz gehabt. Der Einwand hält nicht stand. Massgebend ist der Wohnsitzbegriff des Art. 22
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 22 - 1 Die Ausweise werden von den Verwaltungsbehörden erteilt und entzogen. Zuständig ist für Fahrzeuge der Standortkanton, für Führer der Wohnsitzkanton. Der Bundesrat kann auf den Umtausch des Führerausweises bei Wohnsitzwechsel verzichten und für Militärfahrzeuge und ihre Führer eidgenössische Ausweise vorsehen.90
1    Die Ausweise werden von den Verwaltungsbehörden erteilt und entzogen. Zuständig ist für Fahrzeuge der Standortkanton, für Führer der Wohnsitzkanton. Der Bundesrat kann auf den Umtausch des Führerausweises bei Wohnsitzwechsel verzichten und für Militärfahrzeuge und ihre Führer eidgenössische Ausweise vorsehen.90
2    Die gleichen Regeln gelten für Fahrzeug- und Führerprüfungen und die übrigen in diesem Titel vorgesehenen Massnahmen.
3    Für Fahrzeuge ohne festen Standort und Führer ohne Wohnsitz in der Schweiz ist der Ort massgebend, an dem sie sich vorwiegend befinden. Im Zweifelsfall ist der Kanton zuständig, der das Verfahren zuerst einleitet.
SVG. Danach ist auch dem Führer, der keinen Wohnsitz in der Schweiz besitzt, der Führerausweis an dem Ort zu entziehen bzw. abzuerkennen, an dem er sich vorwiegend aufhält (Abs. 2). Nach den Akten steht einwandfrei fest, dass der Beschwerdeführer seit Jahren in der Schweiz lebt und mit seiner Familie in Thalwil wohnt, wo sich auch der Standort des Fahrzeuges befindet. Damit war die Zuständigkeit des Kantons Zürich gegeben, der zudem auch das Administrativverfahren eingeleitet hat (Abs. 3). Durch den Entzug des schweizerischen Führerausweises vom 25. April 1977 wurde dem Beschwerdeführer die zum Führen eines Motorfahrzeuges erteilte Polizeibewilligung widerrufen und damit das Recht abgesprochen, von seinem Führerausweis in der Schweiz Gebrauch zu machen (STAUFFER, Der Entzug des Führerausweises, S. 13, 85, 142). Das Verbot, ein Motorfahrzeug zu führen, erstreckte sich ausdrücklich auf das ganze Gebiet der Schweiz und galt für alle Motorfahrzeugkategorien, war somit umfassend. Solche generelle Fahrverbote
BGE 105 IV 70 S. 72

schliessen notwendig auch die Aberkennung ausländischer Führerausweise ein, insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, wo die kantonale Behörde zufolge Unkenntnis des deutschen Führerausweises keine Veranlassung hatte, eine besondere Aberkennungsverfügung zu erlassen. Bliebe ein ausländischer Führerschein trotz dem Entzug der schweizerischen Bewilligung dennoch gültig, so wäre der Zweck des angeordneten Fahrverbots nicht nur unerreichbar und damit illusorisch, sondern es verstiesse auch gegen den Sinn des Art. 45 Abs. 2
SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung
VZV Art. 45 Aberkennung; Entzug - 1 Ausländische Führerausweise können nach den gleichen Bestimmungen aberkannt werden, die für den Entzug des schweizerischen Führerausweises gelten. Sie sind ausserdem auf unbestimmte Zeit abzuerkennen, wenn sie in Umgehung der schweizerischen oder ausländischen Zuständigkeitsbestimmungen im Ausland erworben worden sind. Die Aberkennung eines ausländischen Führerausweises ist der zuständigen ausländischen Behörde direkt oder durch Vermittlung des ASTRA mitzuteilen.
1    Ausländische Führerausweise können nach den gleichen Bestimmungen aberkannt werden, die für den Entzug des schweizerischen Führerausweises gelten. Sie sind ausserdem auf unbestimmte Zeit abzuerkennen, wenn sie in Umgehung der schweizerischen oder ausländischen Zuständigkeitsbestimmungen im Ausland erworben worden sind. Die Aberkennung eines ausländischen Führerausweises ist der zuständigen ausländischen Behörde direkt oder durch Vermittlung des ASTRA mitzuteilen.
2    Mit dem Entzug des schweizerischen Führerausweises ist immer auch die Aberkennung allfälliger ausländischer Führerausweise zu verfügen.
3    Bei internationalen Führerausweisen ist die Aberkennung an der dafür vorgesehenen Stelle einzutragen. Der Eintrag ist mit dem Amtsstempel zu versehen.
4    Aberkannte ausländische Führerausweise werden bei der Behörde hinterlegt, sofern der Inhaber in der Schweiz Wohnsitz hat. Sie werden dem Berechtigten ausgehändigt:233
a  nach Ablauf der Aberkennungsfrist oder Aufhebung der Aberkennung;
b  auf Verlangen, wenn er den Wohnsitz in der Schweiz aufgibt.235
4bis    Unbefristet aberkannte ausländische Führerausweise werden mit einer Kopie der Aberkennungsverfügung an die Ausstellungsbehörde zurückgesendet, sofern der Inhaber in der Schweiz keinen Wohnsitz hat.236
5    Kann die Aberkennung dem Betroffenen in der Schweiz nicht eröffnet werden, so ist sie durch das ASTRA auf dem Rechtshilfeweg eröffnen zu lassen.
6    Aberkennungen, die wegen Umgehung der schweizerischen oder ausländischen Zuständigkeitsbestimmungen verfügt wurden, erlöschen, wenn der Inhaber nachweist, dass er seither:
a  während mindestens drei Monaten Wohnsitz in dem Staat begründet hat, der den aberkannten Ausweis ausgestellt hat; oder
b  einen gültigen Ausweis im neuen Wohnsitzstaat erworben hat.237
7    Die von ausländischen Behörden verfügten Entzüge von ausländischen Führerausweisen sind zu vollziehen, wenn das ASTRA dies anordnet.
VZV, der zwingend vorschreibt, dass mit dem Entzug des schweizerischen Führerausweises immer auch ein ausländischer Ausweis des Betroffenen aberkannt werden muss.