Urteilskopf

105 IV 339

86. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. November 1979 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 339

BGE 105 IV 339 S. 339

Aus den Erwägungen:

3. Der Beschwerdeführer macht in zweiter Linie geltend, er habe sich in zulässiger Weise in die Einmündung hineingetastet. Vorher habe er den Vortrittsberechtigten nicht sehen können. Er sei während dieser korrekten Einfahrt von diesem angefahren worden. Es ist richtig, dass die Sicht für einen Wartepflichtigen bei einer Einmündung durch Mauern oder Hecken so beschränkt sein kann, dass er zwangsläufig mit dem Vorderteil seines Wagens in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche gelangt, bevor er von seinem Fahrersitz aus überhaupt Einblick in diese erhält. Für solche Fälle lässt die Praxis des Kassationshofes (z.B. BGE 93 IV 34 /35, 36) ein sehr vorsichtiges Hineintasten zu mit der Wirkung, dass ein Vortrittsberechtigter das ohne Sicht langsam einmündende Fahrzeug rechtzeitig genug sehen kann, um entweder selbst auszuweichen oder den Wartepflichtigen durch ein Signal zu warnen. In solchen Ausnahmesituationen trifft den Wartepflichtigen kein Vorwurf, wenn er sich entsprechend verhält und nötigenfalls augenblicklich anhalten kann. Der Beschwerdeführer beruft sich zu Unrecht auf diese Praxis. Aus dem Situationsplan und der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz ergibt sich unzweideutig, dass von einer derart unübersichtlichen Einmündung keine Rede war, selbst bei Berücksichtigung der parkierten Fahrzeuge. Die beteiligten Führer sahen sich auf mindestens 15-20 m. Eine normale Fahrt im Schrittempo und rechtzeitiges Anhalten angesichts des herannahenden Vortrittsberechtigten hätten dem Beschwerdeführer ohne weiteres erlaubt, diesen unbehindert vorbeifahren zu lassen. Tatsächlich ist der Beschwerdeführer aber einfach weitergefahren, bis es ungefähr in der Strassenmitte zur Kollision kam.