Urteilskopf

104 V 148

34. Auszug aus dem Urteil vom 24. Oktober 1978 i.S. Häberli gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV
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Erwägungen ab Seite 148

BGE 104 V 148 S. 148

Aus den Erwägungen:

1. Nach Art. 28 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu zwei Dritteln, oder auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte (im Fall wirtschaftlicher Härte mindestens zu einem Drittel) invalid ist. Die gesetzlichen Grundlagen der Invaliditätsschätzung sind verschieden, je nachdem ob sie Personen betrifft, die vor dem Eintritt der Invalidität erwerbstätig oder nicht erwerbstätig waren. Während sich der Invaliditätsgrad eines Erwerbstätigen nach dem in Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG vorgesehenen Einkommensvergleich, also wesentlich nach erwerblichen Gesichtspunkten bestimmt, wird für die Bemessung der Invalidität Nichterwerbstätiger, insbesondere von Hausfrauen, darauf abgestellt, in welchem Umfang sie behindert sind, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen (Art. 27 Abs. 1
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 27 - 1 Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen.
1    Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen.
2    ...171
IVV in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG). Als Aufgabenbereich der Hausfrau gilt nach Art. 27 Abs. 2
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 27 - 1 Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen.
1    Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen.
2    ...171
IVV die übliche Tätigkeit

BGE 104 V 148 S. 149

im Haushalt und allenfalls im Betrieb des Ehemannes sowie die Erziehung der Kinder. Nach dem seit 1. Januar 1977 in Kraft stehenden Art. 27bis
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 27bis Bemessung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen - 1 Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen werden folgende Invaliditätsgrade zusammengezählt:
1    Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen werden folgende Invaliditätsgrade zusammengezählt:
a  der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Erwerbstätigkeit;
b  der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich.
2    Für die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Erwerbstätigkeit wird:
a  das Einkommen ohne Invalidität auf eine Erwerbstätigkeit, die einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent entspricht, hochgerechnet;
b  das Einkommen mit Invalidität auf der Basis einer Erwerbstätigkeit, die einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent entspricht, berechnet und entsprechend an die massgebliche funktionelle Leistungsfähigkeit angepasst;
c  die prozentuale Erwerbseinbusse anhand des Beschäftigungsgrades, den die Person hätte, wenn sie nicht invalid geworden wäre, gewichtet.
3    Für die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich wird:
a  der prozentuale Anteil der Einschränkungen bei der Betätigung im Aufgabenbereich im Vergleich zur Situation, wenn die versicherte Person nicht invalid geworden wäre, ermittelt;
b  der Anteil nach Buchstabe a anhand der Differenz zwischen dem Beschäftigungsgrad nach Absatz 2 Buchstabe c und einer Vollerwerbstätigkeit gewichtet.
IVV ist bei Hausfrauen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben, die Invalidität ausschliesslich nach den Grundsätzen der Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen zu bemessen, wenn sie vor Eintritt des Gesundheitsschadens ganztägig erwerbstätig waren. In den übrigen Fällen ist der Anteil der Erwerbstätigkeit und der üblichen Tätigkeit im Haushalt festzustellen und die Invalidität entsprechend der Behinderung in diesen Bereichen nach den dafür geltenden Grundsätzen zu bemessen (sogenannte gemischte Methode).
2. Nach Art. 41
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 41
IVG ist die Rente für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert. Ein Revisionsgrund ist unter Umständen auch dann gegeben, wenn sich die anzuwendende Art der Bemessung der Invalidität ändert, wobei allerdings nicht ohne zwingende Notwendigkeit von den der ursprünglichen Invaliditätsschätzung zu Grunde gelegten Bemessungskriterien abgewichen werden soll (ZAK 1969 S. 743). So hat das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt entschieden, dass die in einem bestimmten Zeitpunkt massgebende Methode der Invaliditätsschätzung die künftige Rechtsstellung der Versicherten nicht präjudiziert, sondern dass die alternativen Kriterien der Erwerbsunfähigkeit einerseits und der Unmöglichkeit der Betätigung im nichterwerblichen Aufgabenbereich anderseits (Art. 5 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 5 Sonderfälle - 1 Bei Versicherten mit vollendetem 20. Altersjahr, die vor der Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit nicht erwerbstätig waren und denen eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, bestimmt sich die Invalidität nach Artikel 8 Absatz 3 ATSG50.51
1    Bei Versicherten mit vollendetem 20. Altersjahr, die vor der Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit nicht erwerbstätig waren und denen eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, bestimmt sich die Invalidität nach Artikel 8 Absatz 3 ATSG50.51
2    Bei nicht erwerbstätigen Personen vor dem vollendeten 20. Altersjahr bestimmt sich die Invalidität nach Artikel 8 Absatz 2 ATSG.
und 28
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG) im Einzelfall einander ablösen können (BGE 98 V 262 und 265, BGE 97 V 241).
3. Verwaltung und Vorinstanz erblickten den Grund für die Rentenrevision nicht im Umstand einer Verbesserung des Gesundheitszustandes, sondern in der Wiederverheiratung der Beschwerdeführerin am 2. August 1974. Die Annahme, dass sich die Beschwerdeführerin zufolge ihrer Heirat auch ohne Invalidität auf die Haushaltführung beschränkt hätte, ist nicht zum vornherein von der Hand zu weisen. Indessen ist die Situation nicht mit jener zur Zeit ihrer ersten Ehe zu vergleichen. Damals war die Beschwerdeführerin an einer Erwerbstätigkeit verhindert, weil sie für Pflege und Erziehung ihrer beiden Kinder besorgt sein musste. Solche Hindernisse bestehen heute nicht mehr. Vor allem lassen aber die jetzigen finanziellen Verhältnisse den Schluss nicht zu, dass die Beschwerdeführerin
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freiwillig darauf verzichtete, einem Verdienst nachzugehen... Es ist daher anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin wenigstens teilweise wieder erwerbstätig wäre, wenn ihr dies möglich wäre. Auch für die hier anwendbare neurechtliche Bestimmung von Art. 27bis
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 27bis Bemessung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen - 1 Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen werden folgende Invaliditätsgrade zusammengezählt:
1    Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen werden folgende Invaliditätsgrade zusammengezählt:
a  der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Erwerbstätigkeit;
b  der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich.
2    Für die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Erwerbstätigkeit wird:
a  das Einkommen ohne Invalidität auf eine Erwerbstätigkeit, die einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent entspricht, hochgerechnet;
b  das Einkommen mit Invalidität auf der Basis einer Erwerbstätigkeit, die einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent entspricht, berechnet und entsprechend an die massgebliche funktionelle Leistungsfähigkeit angepasst;
c  die prozentuale Erwerbseinbusse anhand des Beschäftigungsgrades, den die Person hätte, wenn sie nicht invalid geworden wäre, gewichtet.
3    Für die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich wird:
a  der prozentuale Anteil der Einschränkungen bei der Betätigung im Aufgabenbereich im Vergleich zur Situation, wenn die versicherte Person nicht invalid geworden wäre, ermittelt;
b  der Anteil nach Buchstabe a anhand der Differenz zwischen dem Beschäftigungsgrad nach Absatz 2 Buchstabe c und einer Vollerwerbstätigkeit gewichtet.
IVV gilt die schon unter der altrechtlichen Regelung entwickelte Praxis, dass diejenige Methode der Invaliditätsschätzung anzuwenden ist, die der Tätigkeit entspricht, welche die Versicherte zur Zeit der Rentenrevision ausüben würde, wenn sie nicht invalid wäre. Entgegen der Argumentation der Vorinstanz ist daher im vorliegenden Fall nicht massgebend, dass die Beschwerdeführerin vor Eintritt des Gesundheitsschadens nie voll erwerbstätig gewesen ist, sondern es ist davon auszugehen, dass sie unter den heutigen Umständen ohne Invalidität nebst der Haushaltführung auch noch teilweise erwerbstätig wäre. Laut Unfallanzeige vom 5. Oktober 1971 arbeitete die Beschwerdeführerin vor der Invalidierung 30-35 Stunden pro Woche und nach dem Bericht der Regionalstelle vom 13. November 1972 betrug die Arbeitszeit 4/5 einer Vollbeschäftigung. Es darf angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin heute ohne Invalidität im gleichen Rahmen erwerbstätig wäre. Demnach ist von einer durchschnittlichen wöchentlichen Erwerbstätigkeit von 33 Stunden bei einer üblichen Arbeitszeit von 44 Stunden auszugehen, d.h. die Erwerbstätigkeit wäre mit 75% und die Haushalttätigkeit demzufolge mit 25% der ohne Invalidität ausgeübten Tätigkeit einzustufen.
Nach dem Bericht der Invalidenversicherungs-Kommission vom 19. Februar 1976 ist die Beschwerdeführerin im Haushalt zu 2/3 arbeitsfähig, wogegen in Bezug auf eine erwerbliche Tätigkeit praktisch eine vollständige Arbeitsunfähigkeit angenommen werden muss. Sodann lassen auch die Angaben des Dr. W. auf Unzumutbarkeit weiterer erwerblicher Arbeitsleistung schliessen. Besteht somit in der erwerblichen Tätigkeit, die ihrerseits 75% der Gesamttätigkeit ausmacht, gänzliche Arbeitsunfähigkeit, so würde gesamthaft der Invaliditätsgrad selbst bei Annahme voller Arbeitsfähigkeit im Haushalt 2/3 übersteigen. Da aber die Arbeitsfähigkeit im Haushalt ebenfalls um 1/3 reduziert ist, beträgt der Invaliditätsgrad selbst dann noch mehr als 2/3, wenn noch eine geringe Leistungsfähigkeit in Bezug auf eine erwerbliche Tätigkeit angenommen
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würde. Damit steht aber fest, dass sich der Invaliditätsgrad nicht in der für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Die Revision wurde daher zu Unrecht vorgenommen. Demzufolge steht der Beschwerdeführerin ab 1. August 1977 weiterhin eine ganze Rente zu.