Urteilskopf

103 IV 80

22. Urteil des Kassationshofes vom 5. April 1977 i.S. F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 80

BGE 103 IV 80 S. 80

Der italienische Staatsangehörige F., geb. 1956, trieb in der Zeit von Oktober 1975 bis April 1976 in Amsterdam als Mitglied einer Bande gewerbsmässig Handel mit Heroin und erzielte erhebliche Gewinne, die er zum grössten Teil in der Schweiz anlegte. Am 29. April 1976 wurde er in Zürich verhaftet. Am 17. Januar 1977 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich F. wegen wiederholter und fortgesetzter Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel zu 5 Jahren Zuchthaus, abzüglich 184 Tage Untersuchungshaft, zu einer Busse von Fr. 50'000.-- und 15 Jahren Landesverweisung. Es beschloss, die beschlagnahmten Fr. 154'849.20 zugunsten des Kantons Zürich einzuziehen.
BGE 103 IV 80 S. 81

F. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Obergericht zu Recht schweizerisches, nicht niederländisches Strafrecht angewendet. Dazu war es nach dem klaren Wortlaut des Art. 19 Ziff. 4
SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz
BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b  Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c  Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d  Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e  den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
f  öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt;
g  zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft.
2    Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92
a  weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt;
d  in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht.
3    Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern:
a  bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g;
b  bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.
4    Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar.
BetmG berechtigt, der bestimmt, dass die schweizerischen Strafbestimmungen des BetmG auch dann Anwendung finden, wenn der Täter die Tat im Ausland begangen hat, in der Schweiz angehalten und nicht ausgeliefert wird und wenn die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Damit wird im Interesse einer umfassenden Bekämpfung des illegalen Betäubungsmittelhandels das Universalitätsprinzip anerkannt, das im Einheits-Übereinkommen von 1961 über die Betäubungsmittel (AS 1970, 802 ff., insbes. Art. 36 Ziff. 2, S. 827) vorgesehen ist. Darnach sind die Staaten, die wie die Niederlande und die Schweiz dem Abkommen beigetreten sind, befugt, Delikte dieser Art, unabhängig davon, wo sie begangen werden, nach ihrem Recht zu bestrafen. Es muss daher nicht geprüft werden, ob das Recht des ausländischen Begehungsortes milder wäre; es genügt, dass die Tat auch am Begehungsort strafbar ist.

2. Die Vorinstanz lehnte die Einweisung des Beschwerdeführers in eine Arbeitserziehungsanstalt ab mit der Begründung, die intensive deliktische Tätigkeit und die Einsichtslosigkeit des Beschwerdeführers ständen der Annahme entgegen, dass die Gefahr künftiger Verbrechen oder Vergehen durch diese Massnahme verhütet werden könne. Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung von Art. 100bis
SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz
BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b  Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c  Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d  Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e  den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
f  öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt;
g  zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft.
2    Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92
a  weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt;
d  in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht.
3    Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern:
a  bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g;
b  bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.
4    Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar.
StGB und macht geltend, er sei in seiner charakterlichen Entwicklung erheblich gestört.
Der Beschwerdeführer wuchs zwar in ärmlichen und unerfreulichen Familienverhältnissen auf, ist aber frühzeitig selbständig geworden und war nach seinen eigenen Angaben nie ein Müssiggänger, sondern hat sich in verschiedenen Berufen betätigt, bevor er mit 18 Jahren aus wirtschaftlichen und familiären Gründen Italien verliess. Es ist nicht festgestellt und ergibt sich auch nicht aus den Akten, dass er damals in seiner Charakterentwicklung in erheblichem Masse
BGE 103 IV 80 S. 82

gestört gewesen wäre. Nebst einer gewissen Charakterschwäche waren es denn auch vor allem äussere Umstände und das Streben, rasch zu einem hohen Einkommen zu gelangen, die ihn verleiteten, sich in Amsterdam einer Rauschgiftbande anzuschliessen und grosse Mengen von Heroin an Feinverteiler und Drogenkonsumenten zu verkaufen. Es steht auch fest, dass er den Drogenhandel ausschliesslich aus kaufmännischen Überlegungen, also aus gewinnsüchtigen Motiven betrieben hat. Angesichts der grossen Umsätze von Heroin hat er nicht nur eine beachtliche Geschäftstüchtigkeit entwickelt, sondern sich auch als ausgeprägt skrupellos erwiesen, war ihm doch bewusst, dass er die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr brachte. Abgesehen davon, dass der hemmungslose Heroinhandel des Beschwerdeführers für sich allein noch nicht auf eine erhebliche Störung seiner Charakterentwicklung schliessen lässt, kommt dazu, dass er ungeachtet der gegen ihn sprechenden Indizien und Zeugenaussagen von Beteiligten die Straftaten bis zuletzt, auch noch im Gerichtsverfahren, hartnäckig geleugnet und alles, was nicht restlos beweisbar war, beharrlich bestritten hat. Es fehlt ihm offensichtlich jede Reue und Einsicht in das Unrecht seiner Verbrechen. Diese völlige Einsichtslosigkeit begründet in der Tat ernsthafte Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer durch eine verhältnismässig kurze Nacherziehung in einer Arbeitserziehungsanstalt gebessert und von der Wiederaufnahme des Drogenhandels abgehalten werden könnte, zumal damit gerechnet werden muss, dass auch die getrübte Jugendzeit einen ungünstigen Einfluss auf die Besserungsfähigkeit haben wird. Die Vorinstanz hat unter diesen Umständen das ihr nach Art. 100bis Ziff. 1
SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz
BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b  Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c  Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d  Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e  den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
f  öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt;
g  zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft.
2    Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92
a  weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt;
d  in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht.
3    Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern:
a  bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g;
b  bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.
4    Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar.
StGB zustehende Ermessen nicht überschritten und Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie die Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt ablehnte.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.