Urteilskopf

102 V 38

10. Auszug aus dem Urteil vom 9. Februar 1976 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Wallertshauser und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
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Erwägungen ab Seite 38

BGE 102 V 38 S. 38

Aus den Erwägungen:

1. Nach der Praxis gelten im Hinblick auf Operationen bei Arthrosen die Gesundheitsverhältnisse vor dem Eingriff nicht mehr als labil, wenn im mehr oder weniger zerstörten Gelenk ein relativ stabilisierter Enddefekt erblickt werden kann, obschon, genau genommen, nicht immer bereits ein stabiler Defektzustand vorliegt. Solche Operationen sind
BGE 102 V 38 S. 39

daher gemäss der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts durch die Invalidenversicherung als medizinische Eingliederungsmassnahmen zu übernehmen, sofern sie den pathologisch-anatomischen Zustand des Skelettes als Ursache der unphysiologischen Beanspruchung und die sekundären Symptome dauerhaft sanieren (BGE 101 V 47 f.).
2. Im vorliegenden Fall steht auf Grund der ärztlichen Aussagen fest, dass das Leiden des Beschwerdegegners ein progredient pathologisches Geschehen darstellte; mit der am 1. Juli 1975 durchgeführten Entfernung des Os multangulum maius an der rechten Hand konnte eine Versteifung des rechten Daumengrundgelenkes, welche einen operativen Eingriff ausgeschlossen hätte, verhindert werden. Der evolutive Krankheitsprozess im Daumengrundgelenk kann indessen nicht als ein relativ stabilisierter Enddefekt im Sinne der in Erwägung 1 dargelegten Praxis bezeichnet werden. Unerheblich ist dabei, dass bei Eintritt des Defektzustandes dessen operative Behebung und damit die Weiterausübung des Arztberufes nicht mehr möglich gewesen wäre. Denn mit medizinischen Massnahmen der Invalidenversicherung wird bei Erwachsenen nicht bezweckt, den Eintritt stabiler Defektzustände zu verhindern, sondern bestehende Defektzustände zu korrigieren. Das IVG kennt - ausgenommen im Rahmen von Art. 13
SR 831.20 Legge federale del 19 giugno 1959 sull'assicurazione per l'invalidità (LAI)
LAI Art. 13 Diritto a provvedimenti sanitari per la cura delle infermità congenite - 1 Fino al compimento dei 20 anni gli assicurati hanno diritto a provvedimenti sanitari per la cura delle infermità congenite (art. 3 cpv. 2 LPGA117).
1    Fino al compimento dei 20 anni gli assicurati hanno diritto a provvedimenti sanitari per la cura delle infermità congenite (art. 3 cpv. 2 LPGA117).
2    I provvedimenti sanitari di cui al capoverso 1 sono concessi per la cura di malformazioni congenite, malattie genetiche e affezioni prenatali e perinatali che:
a  sono diagnosticate da un medico specialista;
b  compromettono la salute;
c  presentano una certa gravità;
d  richiedono cure di lunga durata o complesse; e
e  possono essere curate con i provvedimenti sanitari di cui all'articolo 14.
3    Il capoverso 2 lettera e non si applica ai provvedimenti sanitari per la cura della trisomia 21.
IVG - grundsätzlich keine umfassende Invaliditätsprophylaxe (nicht veröffentlichtes Urteil vom 4. September 1975 i.S. Di Virgilio). Erst wenn die labile Phase des pathologischen Geschehens insgesamt beendigt ist, kann sich - bei volljährigen Versicherten - die Rechtsfrage stellen, ob eine bestimmte therapeutische Vorkehr zu Lasten der Invalidenversicherung gehe. Das Bestehen einer (unmittelbar drohenden) Invalidität vermag die Voraussetzung des stabilisierten Zustandes im übrigen nicht zu ersetzen, weil sonst praktisch jede Operation einer Arthrose, die einem Versicherten schon in einem relativ frühen Stadium erhebliche Beschwerden verursacht, von der Invalidenversicherung zu übernehmen wäre (BGE 101 V 50).
3. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Invalidenversicherung die am 1. Juli 1975 vorgenommene operative Knochenentfernung nicht als medizinische Eingliederungsmassnahme zu übernehmen hat. Der vorinstanzliche Entscheid ist mithin aufzuheben.