Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 574/2010

Urteil vom 31. Januar 2011
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Mathys,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Binz.

Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Valentin Landmann,
8033 Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Genugtuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 31. Mai 2010.

Sachverhalt:

A.
X.________ drohte am Abend des 19. Oktobers 2007 im Restaurant R.________ in S.________ in stark alkoholisiertem Zustand der Wirtin W.________, ihr Lokal zu demolieren. Zudem stiess er gegen seine - nicht anwesende - Ex-Freundin F.________ eine Todesdrohung aus. Anschliessend weigerte er sich, den ausgerückten Polizeibeamten zu folgen. X.________ wurde am 30. Oktober 2007 verhaftet. Am 24. Januar 2008 zog die Geschädigte W.________ ihren Strafantrag zurück. Die Geschädigte F.________ erteilte am 1. Februar 2008 die Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens im Sinne von Art. 55a
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 55a - 1 Bei einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 3-5), wiederholten Tätlichkeiten (Art. 126 Abs. 2 Bst. b, bbis und c), Drohung (Art. 180 Abs. 2) und Nötigung (Art. 181) kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren sistieren, wenn:47
1    Bei einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 3-5), wiederholten Tätlichkeiten (Art. 126 Abs. 2 Bst. b, bbis und c), Drohung (Art. 180 Abs. 2) und Nötigung (Art. 181) kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren sistieren, wenn:47
a  das Opfer:
a1  der Ehegatte des Täters ist und die Tat während der Ehe oder innerhalb eines Jahres nach deren Scheidung begangen wurde, oder
a2  die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Täters ist und die Tat während der Dauer der eingetragenen Partnerschaft oder innerhalb eines Jahres nach deren Auflösung begangen wurde, oder
a3  der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner beziehungsweise der noch nicht ein Jahr getrennt lebende Ex-Lebenspartner des Täters ist; und
b  das Opfer oder, falls dieses nicht handlungsfähig ist, sein gesetzlicher Vertreter darum ersucht; und
c  die Sistierung geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern.
2    Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht kann für die Zeit der Sistierung die beschuldigte Person dazu verpflichten, ein Lernprogramm gegen Gewalt zu besuchen. Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht informiert die nach kantonalem Recht für Fälle häuslicher Gewalt zuständige Stelle über die getroffenen Massnahmen.51
3    Die Sistierung ist nicht zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität verurteilt wurde;
b  gegen sie eine Strafe verhängt oder eine Massnahme angeordnet wurde; und
c  sich die strafbare Handlung gegen ein Opfer nach Absatz 1 Buchstabe a richtete.52
4    Die Sistierung ist auf sechs Monate befristet. Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht nimmt das Verfahren wieder an die Hand, wenn das Opfer oder, falls dieses nicht handlungsfähig ist, sein gesetzlicher Vertreter dies verlangt oder sich herausstellt, dass die Sistierung die Situation des Opfers weder stabilisiert noch verbessert.53
5    Vor Ende der Sistierung nimmt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht eine Beurteilung vor. Hat sich die Situation des Opfers stabilisiert oder verbessert, so wird die Einstellung des Verfahrens verfügt.54
StGB.

B.
Das Bezirksgericht Bülach sprach X.________ am 25. August 2008 der Drohung sowie der Hinderung einer Amtshandlung schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten. Es nahm davon Vormerk, dass die Strafe durch die erstandene Polizeiverhaft, Untersuchungs- und Sicherheitshaft von insgesamt 301 Tagen vollumfänglich erstanden war.

C.
X.________ erhob Berufung ans Obergericht des Kantons Zürich, wobei er den Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung ausdrücklich akzeptierte. Das Obergericht stellte mit Beschluss vom 31. Mai 2010 das Strafverfahren wegen Drohung definitiv ein. Mit Urteil des gleichen Tages bestrafte es X.________ mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen. Es legte die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens zu 1/10 X.________ auf und nahm sie zu 9/10 auf die Gerichtskasse. Das Obergericht sprach X.________ Fr. 26'600.-- Schadenersatz sowie Fr. 45'000.-- Genugtuung zu, je nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Mai 2008.

D.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und kassatorisch zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

E.
X.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Zudem stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Die Vorinstanz verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Anwendung des kantonalen Prozessrechts bei der Bemessung der Genugtuungssumme.

1.1 Das angefochtene Urteil ist vor dem Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO; SR 312.0) am 1. Januar 2011 ergangen. Die vorliegende Beschwerde ist deshalb nach bisherigem Recht zu beurteilen (Art. 453 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 453 Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällte Entscheide - 1 Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt.
1    Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt.
2    Wird ein Verfahren von der Rechtsmittelinstanz oder vom Bundesgericht zur neuen Beurteilung zurückgewiesen, so ist neues Recht anwendbar. Die neue Beurteilung erfolgt durch die Behörde, die nach diesem Gesetz für den aufgehobenen Entscheid zuständig gewesen wäre.
StPO).
Gemäss § 191 Satz 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich vom 4. Mai 1919 (StPO/ZH; LS 321) ist darüber zu entscheiden, ob einem freigesprochenen Angeklagten, welchem die Kosten nicht auferlegt werden, eine Entschädigung für die durch die Untersuchung verursachten Kosten und Umtriebe sowie eine Genugtuung auszurichten ist. Laut § 43 Abs. 3 StPO/ZH hat ein Angeschuldigter, der durch das Verfahren in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt worden ist, Anspruch auf Ausrichtung einer angemessenen Geldsumme als Genugtuung.

1.2 Die Genugtuungsforderung hat insoweit einen Zusammenhang mit dem Strafverfahren, als sie ihren Rechtsgrund in einem (rechtmässigen oder rechtswidrigen) Verhalten der Strafverfolgungsbehörden und der dadurch bewirkten seelischen Unbill hat. Der Sache nach handelt es sich um einen Haftungsanspruch gegen den Kanton Zürich, mithin um ein auf kantonales öffentliches Recht gestützter vermögensrechtlicher Anspruch. Sie unterliegt daher grundsätzlich der dafür vorgesehenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne der Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG. Für deren Behandlung ist die Strafrechtliche Abteilung zuständig (Art. 30 Abs. 1 lit. c Ziff. 1
SR 173.110.131 Reglement vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (BGerR)
BGerR Art. 30 Zweite öffentlich-rechtliche Abteilung - (Art. 22 BGG)
1    Die Zweite öffentlich-rechtliche Abteilung behandelt die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und die subsidiären Verfassungsbeschwerden, die folgende Rechtsgebiete betreffen:
a  Ausländerrecht;
b  internationale Amtshilfe in Steuersachen;
c  öffentliches Wirtschaftsrecht und sonstiges Verwaltungsrecht, soweit es nicht einer anderen Abteilung zugewiesen ist, namentlich:
c1  Staatshaftung (ohne medizinische Tätigkeit und ohne Ansprüche nach strafprozessualen Normen über Entschädigungen),
c10  Verkehrsbetriebsbewilligungen,
c11  Transport: Strassen, Eisenbahn, Luftverkehr, Schifffahrt (alle ausgenommen Planung, Enteignung oder Bau von Anlagen)
c12  Post,
c13  Radio und Fernsehen,
c14  Gesundheit und Lebensmittelpolizei,
c15  öffentliches Arbeitsrecht,
c16  Landwirtschaft,
c17  Jagd und Fischerei,
c18  Lotterie und Glücksspiele,
c19  Aufsicht über Banken, Versicherungen, Börsen, Kartelle und Preisüberwachung,
c2  Bildungsrecht,
c20  Aussenhandel,
c21  freie Berufe.
c3  Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland,
c4  Filmwesen,
c5  Tierschutz,
c6  Subventionen,
c7  Konzessionen und Monopole,
c8  öffentliches Beschaffungswesen,
c9  Energie (Lieferung von Wasser und Elektrizität),
2    Sofern die Streitsache keinem anderen Rechtsgebiet zugeordnet werden kann, behandelt die Zweite öffentlich-rechtliche Abteilung die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiären Verfassungsbeschwerden, die folgende Grundrechte betreffen:
a  Schutz der Kinder und Jugendlichen (Art. 11 BV24);
b  Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV);
c  Sprachenfreiheit (Art. 18 BV);
d  Anspruch auf Grundschulunterricht (Art. 19 BV);
e  Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV);
f  Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV);
g  Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV);
h  Koalitionsfreiheit (Art. 28 BV).
3    Die Zweite öffentlich-rechtliche Abteilung behandelt auf Klage Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung aus der Amtstätigkeit von Personen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a-c des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 195825 (Art. 120 Abs. 1 Bst. c BGG).
und Art. 33
SR 173.110.131 Reglement vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (BGerR)
BGerR Art. 33 Erste zivilrechtliche Abteilung - (Art. 22 BGG)
1    Die Erste zivilrechtliche Abteilung behandelt die Beschwerden in Zivilsachen und die subsidiären Verfassungsbeschwerden, welche folgende Rechtsgebiete betreffen:
a  Schuldrecht;
b  Versicherungsvertrag;
c  ausservertragliches Haftpflichtrecht (auch nach Spezialgesetzen);
d  medizinische Staatshaftung;
e  privates Wettbewerbsrecht;
f  Immaterialgüterrecht;
g  nationale und internationale Schiedsgerichtsbarkeit;
h  Registersachen und Entscheide über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheiden sowie über die Rechtshilfe in Zivilsachen gemäss Artikel 72 Absatz 2 Buchstabe b Ziffern 1 und 2 BGG in den Rechtsgebieten nach den Buchstaben a-g;
i  provisorische und definitive Rechtsöffnungen.
2    Die Erste zivilrechtliche Abteilung behandelt auf Klage die zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen (Art. 120 Abs. 1 Bst. b BGG) sowie in ihrem sachlichen Zuständigkeitsbereich Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen kantonale Erlasse (Art. 82 Bst. b BGG).39
des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR; SR 173.110.131]; BGE 135 IV 43 E. 1.1.2 S. 46 mit Hinweisen).

1.3 Nach dem Gesagten ist nicht die Beschwerde in Strafsachen (Art. 78 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
. BGG) gegeben, sondern jene in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG). Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht, sofern die Eintretensvoraussetzungen des Rechtsmittels, das hätte eingereicht werden müssen, erfüllt sind (BGE 134 III 379 E. 1.2 S. 382 mit Hinweisen). Die Ergreifung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten setzt einen Streitwert von mindestens Fr. 30'000.-- voraus (Art. 85 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 85 Streitwertgrenzen - 1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde unzulässig:
1    In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde unzulässig:
a  auf dem Gebiet der Staatshaftung, wenn der Streitwert weniger als 30 000 Franken beträgt;
b  auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn der Streitwert weniger als 15 000 Franken beträgt.
2    Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nach Absatz 1 nicht, so ist die Beschwerde dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
BGG), der hier erreicht ist.

2.
2.1 Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdegegner habe die Einleitung des Strafverfahrens durch sein verwerfliches Benehmen verursacht. Insoweit seien ihm grundsätzlich die bis zum 24. Januar 2008 (Rückzug des Strafantrags der Geschädigten W.________) bzw. 1. Februar 2008 (Zustimmung der Geschädigten F.________ zur Einstellung des Verfahrens) aufgelaufenen Kosten aufzuerlegen. Da es im Nachhinein als vertretbar und insofern gerechtfertigt erscheine, dass der Beschwerdegegner Ende Oktober 2007 in Untersuchungshaft versetzt worden sei, habe er für die entsprechenden Kosten selber aufzukommen. Indessen hätte nach dem 1. Februar 2008 das Strafverfahren - mit Ausnahme der Hinderung einer Amtshandlung - eingestellt werden können. Ab da an habe weder ein Haftgrund noch die Notwendigkeit einer amtlichen Verteidigung bestanden. Vor diesem Hintergrund seien die Kosten der Untersuchung und der amtlichen Verteidigung nur zu 1/10 dem Beschwerdegegner aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Bei einer teilweisen Kostenauflage stelle sich die Frage, ob dem Beschwerdegegner Anspruch auf Schadenersatz und Genugtuung zustehe. Beim Anspruch auf Haftentschädigung komme sowohl Ersatz von Vermögensschaden als auch Genugtuung für
schwerwiegende immaterielle Nachteile in Frage. Nach Abzug der Geldstrafe wegen Hinderung einer Amtshandlung resultiere eine Überhaft von 286 Tagen bzw. von rund 9½ Monaten. Da es gute Gründe gegeben habe, den Beschwerdegegner zu inhaftieren, habe er einen daraus erwachsenen Schaden primär selber zu vertreten. Zu prüfen sei, welchen Einkommensverlust er infolge der unrechtmässig erlittenen Überhaft ab 1. Februar 2008 von knapp 7 Monaten erlitten habe. Dafür ergebe sich ein Schadenersatz von Fr. 26'600.--. Bei der Bemessung der Genugtuung sei zu berücksichtigen, dass die Fortsetzung der Untersuchungshaft nach dem 1. Februar 2008 gesetzeswidrig gewesen sei. Dem Beschwerdegegner seien nur Drohungen vorgeworfen worden. Die Inhaftierung habe er durch verwerfliches und zugleich rechtswidriges Verhalten selber verursacht. Es erscheine angemessen, für die gesamte Überhaft von 286 Tagen - unter Berücksichtigung der ab 1. Februar 2008 rechtswidrigen Haft und sämtlicher mit dem Verfahren verbundenen Unbill - eine Genugtuung von Fr. 45'000.-- zuzusprechen (angefochtenes Urteil E. IV. 2 und 3 S. 12 ff.).

2.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, aus dem klaren Wortlaut der §§ 191 und 43 StPO/ZH ergebe sich, dass einer beschuldigten Person nur für jenen Zeitraum des Verfahrens ein Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung zustehe, für welchen ihr keine Kosten auferlegt würden. Die Vorinstanz sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschwerdegegner aufgrund seines verwerflichen Benehmens die bis zum 1. Februar 2008 aufgelaufenen Kosten aufzuerlegen seien. Sie habe deshalb nur Schadenersatz für die unrechtmässig erlittene Haft ab dem 1. Februar 2008 zugesprochen. In Widerspruch zu diesen Erwägungen habe die Vorinstanz die Genugtuung für die gesamte Überhaft von 286 Tagen bemessen. Indem die Vorinstanz die Genugtuungssumme nicht massiv reduziert habe, habe sie den Beschwerdegegner in unzulässiger Weise begünstigt. Der Betrag sei krass zu hoch festgesetzt und stütze sich auf eine willkürliche Anwendung des kantonalen Prozessrechts. Die Strafsache sei an die Vorinstanz zur willkürfreien Festsetzung der Genugtuungssumme zurückzuweisen.

2.3 Aus der Praxis des Bundesgerichtes lässt sich der Grundsatz ableiten, dass demjenigen, der zu Unrecht einer schweren Straftat verdächtigt und deshalb ungerechtfertigt inhaftiert worden ist, ein gewisser Mindestbetrag als Genugtuung zustehen muss, sofern eine Gesetzesgrundlage für eine entsprechende Entschädigung für rechtmässige aber unverschuldete Haft besteht. Dieser Mindestbetrag ist nach Massgabe der Dauer der vollzogenen Haft zu erhöhen. Da die Tatsache der schweren strafrechtlichen Verdächtigung einen Hauptbestandteil des erlittenen "tort moral" ausmacht, wäre jedoch eine lineare Erhöhung des erwähnten Grundbetrages nicht gerechtfertigt. Im Sinne dieser Praxis ist für die Tatsache der Inhaftierung wegen Verdachts einer schweren Straftat ein gewisser minimaler Grundbetrag von jedenfalls einigen tausend Franken zuzusprechen, der aufgrund der erlittenen Haft und der damit zusätzlich verbundenen immateriellen Beeinträchtigungen heraufzusetzen ist. Dabei ist jedoch keine "lineare" Multiplikation mit der Anzahl der Hafttage vorzunehmen (BGE 113 Ib 155 E. 3b S. 156; Urteil 8G.122/2002 vom 9. September 2003 E. 6.1.4 und 6.1.5 mit Hinweisen).
Die Festlegung der Höhe der Genugtuung beruht auf richterlichem Ermessen. Bei dessen Ausübung kommt den Besonderheiten des Einzelfalles entscheidendes Gewicht zu. Das schliesst allerdings nicht aus, dass sich das Gericht an Präjudizien orientiert, die nach Art und Schwere der beurteilten Verletzungen zum Vergleich geeignet sind. Aufgrund der Art und der Schwere der Verletzung ist zunächst die Grössenordnung der in Frage kommenden Genugtuung zu ermitteln. In einem zweiten Schritt sind die Besonderheiten des Einzelfalles, die eine Verminderung oder Erhöhung der zuzusprechenden Summe nahelegen, zu würdigen. Das Bundesgericht erachtet bei kürzeren Freiheitsentzügen Fr. 200.-- pro Tag als angemessene Genugtuung, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine höhere oder eine geringere Entschädigung zu rechtfertigen vermögen. Bei längerer Untersuchungshaft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Tagessatz nach der dargelegten Praxis in der Regel zu senken, da die erste Haftzeit besonders erschwerend ins Gewicht fällt (vgl. BGE 113 Ib 155 E. 3b S. 156; Urteil 6B 745/2009 vom 12. November 2009 E. 7.1; Urteil 6C 2/2008 vom 24. März 2009 E. 2.3; Urteil 8G.122/2002 vom 9. September 2003 E. 6.1.6; je mit Hinweisen).

2.4 Gemäss Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG kann die Anwendung einfachen kantonalen Rechts mit Beschwerde an das Bundesgericht nur gerügt werden, wenn geltend gemacht wird, sie verletze gleichzeitig das Willkürverbot von Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV. Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 135 I 313 E. 1.3 S. 316; 135 II 356 E. 4.2.1 S. 362; je mit Hinweisen). Dabei genügt es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung des Entscheids rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).

2.5 Der Anspruch des Beschwerdegegners auf Genugtuung für erlittene Überhaft gemäss § 43 Abs. 3 StPO/ZH besteht nur für diejenigen Verfahrensabschnitte, in welchem ihm keine Kosten auferlegt werden (vgl. DONATSCH/SCHMID, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, N. 2 und 26 zu § 43 StPO/ZH). Die Vorinstanz berücksichtigt bei der Kostenausscheidung, dass der Beschwerdegegner die Einleitung des Verfahrens durch sein verwerfliches Verhalten verursacht hat. Sie qualifiziert die Haft vom 30. Oktober 2007 bis zum 1. Februar 2008 als rechtmässig. In zutreffender Anwendung des kantonalen Prozessrechts legt sie dem Beschwerdegegner die bis zum 1. Februar 2008 anfallenden Kosten auf und verneint für diesen Verfahrensabschnitt den Anspruch auf Entschädigung. Eine Entschädigung für "Unbill der erstandenen Überhaft" behält sie jedoch ausdrücklich vor (angefochtenes Urteil E. V. 2 S. 13). Dieser Vorbehalt deutet darauf hin, dass die Vorinstanz die Genugtuung hypothetisch für die gesamte Dauer der Überhaft festgelegt und anschliessend den Betrag um das Mitverschulden des Beschwerdegegners herabgesetzt haben könnte. Dies ergibt sich aus den knappen vorinstanzlichen Erwägungen nicht, kann vorliegend aber offen gelassen werden. Denn der
zugesprochene Genugtuungsbetrag von Fr. 45'000.-- fällt im Vergleich zur Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Bemessung von Entschädigungen unhaltbar hoch und deshalb zumindest im Ergebnis willkürlich aus (vgl. Urteil 8G.122/2002 a.a.O. E. 6.1.4 mit zahlreichen Hinweisen). Nach Abzug der bis zum 1. Februar 2008 dauernden rechtmässigen Haft beträgt die Überhaft knapp 7 Monate. Dies ergibt einen Tagessatz von ungefähr Fr. 215.--. Dabei ist zu beachten, dass die Haft mehrere Monate dauerte, weshalb der Tagessatz mangels aussergewöhnlicher Umstände zu senken wäre. Zudem wiegen die vorgeworfenen Drohungen nicht derart schwer, dass sie besonders belastende Begleiterscheinungen der Haft und somit eine Erhöhung der Genugtuung begründen würden (vgl. Urteil 8G.122/2002 a.a.O. E. 6.1.8). Die Rüge der willkürlich festgesetzten Genugtuung erweist sich als begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Bemessung der Genugtuung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der unterliegende Beschwerdegegner kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann indes gutgeheissen werden. Es sind daher keine Kosten zu erheben. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners ist aus der Bundesgerichtskasse eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 64 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG). Der obsiegenden Beschwerdeführerin ist keine Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 31. Mai 2010 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Dr. iur. Valentin Landmann, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Januar 2011

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Favre Binz