Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 334/2012

Urteil vom 30. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
H.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (unentgeltlicher Rechtsbeistand),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 29. Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 20. Juli 2011 setzte die IV-Stelle des Kantons Zürich Rechtsanwalt H.________ mit Wirkung ab 20. Dezember 2010 bis zum Erlass der materiellen Verwaltungsverfügung als unentgeltlichen Rechtsbeistand von Y.________ im invalidenversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren ein. Die Höhe der Entschädigung legte sie unter Berücksichtigung eines Aufwandes von 7 Stunden à Fr. 200.-, zuzüglich Barauslagen von Fr. 80.- und 8 % MWST, auf Fr. 1'598.40 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. Februar 2012 gut und verpflichtete die IV-Stelle, H.________ eine Entschädigung von Fr. 2'073.60 (inkl. Barauslagen und MWST) zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 1). Eine Prozessentschädigung vor kantonaler Instanz sprach sie ihm nicht zu (Dispositiv-Ziffer 3).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt H.________, der kantonale Entscheid sei in Dispositiv-Ziffer 3 aufzuheben. Die Vorinstanz sei zu verpflichten, ihm eine angemessene Prozessentschädigung zuzusprechen und für deren Bemessung vom gerichtsüblichen Stundenansatz von Fr. 200.- auszugehen; sie habe sie nach dem angemessenen Aufwand und ohne Berücksichtigung des Streitwertes festzulegen. Es sei ihm für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren eine angemessene Prozessentschädigung zuzusprechen.
Die Vorinstanz verzichtet auf Vernehmlassung, die IV-Stelle schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Strittig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Parteientschädigung im vorinstanzlichen Verfahren. Gegenstand dieses Verfahrens war die Höhe der dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als unentgeltlicher Rechtsbeistand im Verwaltungsverfahren der Invalidenversicherung auszurichtenden Entschädigung.

2.
Die Vorinstanz begründete die Verweigerung der Prozessentschädigung im kantonalen Verfahren damit, gemäss ihrer Praxis werde grundsätzlich dann keine Prozessentschädigung gesprochen, wenn jemand seine Interessen im Beschwerdeverfahren selber wahrnehme, unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Anwalt oder um einen juristischen Laien handle (ZÜND/PFIFFNER RAUBER, Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich 2009, S. 338 Rz. 5 mit Hinweisen). Die vom Beschwerdeführer zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffe Fälle von Pflichtverteidigern in Strafverfahren. Zudem trage der Beschwerdeführer hier kein Prozessrisiko, weil das Verfahren kostenlos sei; auch könne der Aufwand zur Beschwerdebegründung in Grenzen gehalten werden, weil die Untersuchungsmaxime gelte. Bei einem Streitwert von Fr. 475.20 würde bei Obsiegen im Zivilprozess die Prozessentschädigung weit unter Fr. 100.- liegen. Es bestehe demnach kein Grund, von der bisherigen Praxis abzuweichen (vorinstanzliche E. 6.2).

3.
Die Verweigerung einer Prozessentschädigung unter den vorliegend gegebenen Umständen verstösst gegen das Willkürverbot (Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV). Wie sich der Beschwerdeführer mit Recht darauf beruft, hat zwar nach der Rechtsprechung eine in eigener Sache prozessierende Partei grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (BGE 110 V 72 E. 7 S. 81 f.). Macht allerdings der um sein Honorar streitende unentgeltliche Rechtsvertreter den Anspruch auf eine Entschädigung für die Erfüllung einer Aufgabe geltend, die er im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses wahrnimmt, steht ihm sowohl im bundesgerichtlichen (BGE 125 II 518 E. 5.5 S. 519) als auch im kantonalen Beschwerdeverfahren, im Rahmen des erforderlichen Aufwandes und des Obsiegens, eine Parteientschädigung zu (Urteil 8C 676/2010 vom 11. Februar 2011 E. 6 [Plädoyer, 2011 5 55] mit Hinweisen auf weitere Urteile). Würde der Beschwerdeführer für seinen Aufwand im Rechtsmittelverfahren, das zur Erlangung der ihm von der Vorinstanz zugesprochenen Erhöhung des Honorars notwendig war, überhaupt nicht entschädigt, würde nämlich das ihm für die Tätigkeit als unentgeltlicher Rechtsanwalt unbestrittenermassen zustehende Honorar faktisch geschmälert (Urteil 5D 145/2007 vom
5. Februar 2008).

4.
Die Rüge ist darum begründet und damit die Beschwerde gutzuheissen. Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie wird dem vor ihr obsiegenden Beschwerdeführer eine angemessene Prozessentschädigung zusprechen. Für deren Bemessung wird sie vom gerichtsüblichen Stundenansatz ausgehen und sie nach dem angemessenen Aufwand (ohne Berücksichtigung eines Streitwertes) festlegen.

5.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Hingegen hat der Beschwerdeführer, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, Anspruch auf eine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheids des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Februar 2012 wird aufgehoben. Die Sache wird an das Sozialversicherungsgericht zurückgewiesen, damit es über den Anspruch auf Parteienschädigung im Sinne der Erwägungen neu entscheide.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'800.- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. Juli 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Schmutz