Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A 617/2012

Urteil vom 26. März 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte
X.________ Produkte AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Thürlemann,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________ Handelsgesellschaft mbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Claudio Stocker,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Kaufvertrag; Mängel,

Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________ Handelsgesellschaft mbH (Beschwerdegegnerin) mit Sitz in Deutschland widmet sich dem Import, Export und Handel mit Trockenfrüchten aller Art sowie deren Be- und Verarbeitung einschliesslich Verpackung. Die X.________ Produkte AG (Beschwerdeführerin) bezweckt den Handel mit Holunderrohstoffen und -produkten, Lebensmitteln, Weinen und weiteren alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken.
Die Beschwerdegegnerin als Verkäuferin und die Beschwerdeführerin als Käuferin schlossen am 4. und 9. Februar, 14. April und 18. Mai 2009 Verträge über den Verkauf und die Lieferung von Bio Suisse-zertifiziertem Grapefruit-, Zitronen- bzw. Orangensaft sowie Bio Suisse-zertifiziertem Orangen- und Zitronenöl. Die Ware wurde am 5., 6. und 11. Februar, am 15. April und am 18. Mai 2009 geliefert. Die Beschwerdeführerin lagerte die Ware in der Folge (teilweise) tiefgekühlt.
Im Zeitpunkt der Lieferung waren die Lebensmittel nicht Bio Suisse-zertifiziert, weil die Genehmigungen durch Bio Suisse in Form von Kontrollbescheinigungen an die Beschwerdeführerin fehlten. Die entsprechenden Kontrollbescheinigungen erhielt die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben erst am 25. August 2009, am 15. und 27. Oktober 2009 sowie am 11. August 2010 bzw. im November 2010 von Bio Suisse.
Am 13. März 2009 beglich die Beschwerdeführerin die Rechnungen Nrn. 31908, 31911 und 31914. Auf die Erkundigung der Beschwerdeführerin nach dem Stand der Rohstoffgenehmigungen durch Bio Suisse antwortete die Beschwerdegegnerin am 7. August 2009 per E-Mail und räumte hinsichtlich der von ihr zu beschaffenden Bio Suisse-Zertifizierungen für die Gesamtheit der gelieferten Waren teilweise ein Eigenverschulden ein.
Am 15. Oktober 2009 forderte die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin per E-Mail auf, die offenen Rechnungen Nrn. 32161 und 32261 in der Höhe von EUR 37'632.-- zu begleichen. Mit E-Mail vom 28. Oktober 2009 bat die Beschwerdegegnerin erneut um den dringenden Ausgleich der offenen Rechnungen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Beschwerdeführerin die Bio Suisse-Genehmigungen für die unbezahlten Lebensmittel bereits vor. Die Beschwerdeführerin antwortete auf die erneute Zahlungsaufforderung vom 28. Oktober 2009 gleichentags per E-Mail, sie werde die offenen Rechnungen begleichen, sobald die Kontrollbescheinigungen von Bio Suisse genehmigt seien.
Am 23. März 2010 liess die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin wissen, dass die offenen Rechnungen in der Höhe von EUR 37'632.-- nicht strittig seien, dass sie aber erst nach Erhalt von Spezifikationen zu den Waren/Rechnungen beglichen würden. Am 6. April 2010 bestätigte die Beschwerdeführerin den Erhalt der Spezifikationen und machte gleichzeitig das Fehlen von Nährwertangaben (gesamthaft) und von mikrobiologischen Kennzahlen beim Orangen- und Zitronenöl geltend.

B.
Am 20. Oktober 2010 erhob die Beschwerdegegnerin Klage beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen und beantragte, die Beschwerdeführerin sei zu verpflichten, ihr EUR 37'632.-- nebst Zins zu 5% seit 16. Oktober 2009 zu bezahlen.
In der Klageantwort trug die Beschwerdeführerin auf Abweisung der Klage an und machte geltend, die Beschwerdegegnerin sei ihren Leistungspflichten nicht vertragskonform nachgekommen. Sie erklärte Verrechnung mit einer behaupteten Schadenersatzforderung aus der verspäteten Lieferung der Kontrollbescheinigungen betreffend Bio-Zertifizierung (Lagerkosten).
Die Beschwerdegegnerin brachte in der Replik vor, die Beschwerdeführerin habe die Mängel erst lange nach Lieferung geltend gemacht und die gekauften Waren hätten deshalb wegen verspäteter Mängelrüge als genehmigt zu gelten.
Die Beschwerdeführerin machte in der Duplik geltend, das Verhalten der Beschwerdegegnerin sei rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich erst in der Replik auf eine verspätete Mängelrüge berufe.
Am 14. Juni 2012 hiess das Handelsgericht die Klage gut und verpflichtete die Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin EUR 37'632.-- nebst Zins zu 5% seit 16. Oktober 2009 zu bezahlen.

C.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, den Entscheid des Handelsgerichts vom 14. Juni 2012 aufzuheben und die Klage der Beschwerdegegnerin abzuweisen. Die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin EUR 51'632.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Oktober 2012 zurückzubezahlen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts und Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen und den Entscheid des Handelsgerichts vollumfänglich zu bestätigen. Die Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung.
Die Parteien reichten Replik und Duplik ein.

Erwägungen:

1.
Das Handelsgericht hat als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 75 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen; ausgenommen sind die Fälle, in denen:
a  ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
b  ein Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet;
c  eine Klage mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken mit Zustimmung aller Parteien direkt beim oberen Gericht eingereicht wurde.
BGG einen verfahrensabschliessenden Entscheid gefällt. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig (Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde unter Vorbehalt einer rechtsgenügenden Begründung (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
und Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG) grundsätzlich einzutreten.
Das gilt allerdings nicht für das Rechtsbegehren, wonach die Beschwerdegegnerin zu verpflichten sei, der Beschwerdeführerin EUR 51'632.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Oktober 2012 zurückzubezahlen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Beschwerdegegnerin in Nachachtung des angefochtenen Entscheids mit Valuta 1. Oktober 2012 den Betrag von EUR 51'632.-- (EUR 37'632.-- Klageforderung + EUR 14'000.-- Parteientschädigung) bezahlt zu haben, und verlangt nun die Rückzahlung. Dieses Rechtsbegehren ist indessen neu und daher unzulässig (Art. 99 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG). Was bei Gutheissung der Beschwerde und Aufhebung des angefochtenen Entscheids mit dem bereits überwiesenen Betrag zu erfolgen hätte, ist nicht in diesem Verfahren zu entscheiden (vgl. Urteil 4A 89/2012 vom 17. Juli 2012 E. 1.2).

2.
Die Vorinstanz beurteilte den vorliegenden Sachverhalt nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf, abgeschlossen in Wien am 11. April 1980 (SR 0.221.211.1; nachfolgend: CISG). Die Anwendbarkeit des CISG ist unter den Parteien, die ihre Niederlassung in unterschiedlichen Vertragsstaaten haben, unbestritten und zu bestätigen (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG).
Die Vorinstanz stellte fest, dass das Fehlen der Kontrollbescheinigungen durch Bio Suisse angesichts der Parteiabreden eine Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware im Sinne von Art. 35 Abs. 1 CISG dargestellt habe. Demgegenüber sei die Beschwerdegegnerin nicht verpflichtet gewesen, über die Bio-Zertifizierung hinaus weitere zusätzliche Dokumente zur Warenspezifikation beizubringen. Nach dem Vorliegen der Kontrollbescheinigungen von Bio Suisse sei die in der Höhe unbestrittene Kaufpreisforderung fällig geworden und folglich zuzusprechen. Insoweit ist das Urteil nicht angefochten.
Die Vorinstanz bejahte sodann die grundsätzliche Verrechenbarkeit der Schadenersatzforderung der Beschwerdeführerin mit der Kaufpreisforderung.
Sie erachtete die Schadenersatzforderung aber zufolge verspäteter Mängelrüge als verwirkt. Dabei ging sie davon aus, dass die Beschwerdeführerin eine rechtzeitige Mängelrüge, die innert sechs Wochen hätte erhoben werden müssen, nicht nachgewiesen habe. Auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge könne zwar verzichtet werden, und zwar auch konkludent. Vorliegend habe sich die Beschwerdegegnerin tatsächlich bereit erklärt, die notwendigen Bio-Zertifikate nachzuliefern, ohne sich auf die verspätete Rüge zu berufen. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, sie habe sich auch bereit erklärt, in Bezug auf allfällige Schadenersatzansprüche wegen Lagerkosten auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge zu verzichten. Bis zur Erklärung der Beschwerdegegnerin vom 7. August 2009 habe die Beschwerdeführerin nämlich bloss die Bio-Zertifikate verlangt. Als die Beschwerdegegnerin die Verpflichtung akzeptiert habe, die Bio-Zertifikate nachzuliefern, mithin den Mangel zu beheben, sei sie offensichtlich davon ausgegangen, die Angelegenheit sei mit der Lieferung der Zertifikate erledigt. Der Verzicht der Beschwerdegegnerin auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge habe somit von Anfang an unter dem konkludent erklärten Vorbehalt gestanden, dass die
Beschwerdeführerin nach Erhalt der Bio-Zertifikate den Kaufpreis begleiche und keine weiteren Ansprüche geltend mache. Dies sei auch das Verständnis der Beschwerdeführerin gewesen, habe sie der Beschwerdegegnerin doch in der E-Mail vom 28. Oktober 2009 versprochen, die Rechnungen zu begleichen, sobald die Genehmigungen von Bio Suisse vorlägen. Aufgrund des Verhaltens beider Parteien müsse somit davon ausgegangen werden, dass sich die Parteien darüber einig gewesen seien, dass die Kaufpreisforderung vorbehaltlos bezahlt würde, wenn die Bio-Zertifikate vorlägen.

3.
Die Beschwerdeführerin richtet ihre Rügen einzig gegen die Annahme der Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin habe lediglich unter dem Vorbehalt, dass die Beschwerdeführerin nach Erhalt der Bio-Zertifikate den Kaufpreis begleiche und keine weiteren Ansprüche geltend mache, auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge verzichtet.

3.1 Sie rügt zunächst, die Vorinstanz habe damit einen Sachverhalt angenommen, der weder in den Parteivorbringen noch in den Akten eine Stütze finde. Die Beschwerdegegnerin habe dies gar nie so behauptet. Die Vorinstanz treffe daher eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und verletze den Verhandlungsgrundsatz nach Art. 56 Abs. 1 des noch anwendbaren Zivilprozessgesetzes des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 1990 (aZPO/SG).
Die Rüge geht fehl. Die Beschwerdegegnerin hat in der Replik bezüglich der mit der Klageantwort erstmals zur Verrechnung gestellten Schadenersatzforderung der Beschwerdeführerin unbestrittenermassen den Einwand der verspäteten Mängelrüge erhoben. Diesen Einwand hielt die Vorinstanz grundsätzlich für berechtigt, nachdem die Beschwerdeführerin nicht nachzuweisen vermochte, das Fehlen der Bio-Zertifikate rechtzeitig moniert zu haben. Damit wäre an sich die Schadenersatzforderung bereits gescheitert, verliert der Käufer doch das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in der er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und er dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet (Art. 39 Abs. 1 CISG). Dabei geht er sämtlicher Rechtsbehelfe nach Art. 45 ff. CISG verlustig, mithin auch des - grundsätzlich kumulativ zu den anderen Rechtsbehelfen bestehenden - Rechts auf Schadenersatz nach Art. 45 Abs. 1 lit. b CISG (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht - CISG, Kommentar zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf von 1980, 2004, N. 2 zu Art. 39 CISG und N. 1 zu Art. 45
CISG; INGEBORG SCHWENZER, in: Schlechtriem/Schwenzer (Hrsg.), Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2008, N. 30 zu Art. 39 CISG).
Die Vorinstanz blieb an diesem Punkt aber nicht stehen, sondern prüfte - zugunsten der Beschwerdeführerin -, ob aus dem aktenkundigen Verhalten der Beschwerdegegnerin allenfalls auf einen Verzicht geschlossen werden könnte, sich auf die verspätete Mängelrüge zu berufen. Dabei war es selbstverständlich nicht an der Beschwerdegegnerin zu behaupten, sie habe auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge verzichtet. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin, die aus diesem Umstand Rechte ableitet, den angeblichen Verzicht auf die Mängelrüge behaupten und substanziieren müssen. Erst dann wiederum hätte die Beschwerdegegnerin entsprechende Bestreitungen anbringen können. Indem sich die Beschwerdegegnerin in Bezug auf die in der Klageantwort geltend gemachte Schadenersatzforderung ausdrücklich auf die fehlende rechtzeitige Mängelrüge berief, brachte sie deutlich zum Ausdruck, dass sie auf diesen Einwand gerade nicht verzichtet habe, jedenfalls nicht gegenüber der erstmals geltend gemachten Schadenersatzforderung. Gestützt darauf durfte die Vorinstanz annehmen, die Beschwerdegegnerin bestreite, dass sie auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge (insgesamt) verzichtet haben soll. Von einem Verstoss gegen den Verhandlungsgrundsatz kann daher
keine Rede sein. Ebenso wenig vermag die Beschwerdeführerin in diesem Punkt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung aufzuzeigen.

3.2 Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 39 CISG. Sie hält es für unzulässig, dass die Vorinstanz lediglich teilweise, namentlich nicht in Bezug auf die Schadenersatzforderung, einen Verzicht auf die verspätete Rüge der Vertragswidrigkeit angenommen habe. Der Verzicht auf die Einrede der verspäteten Mängelrüge sei unteilbar und umfasse zwingend sämtliche Ansprüche bzw. Mängelrechte, also auch eine Schadenersatzforderung. Die Beschwerdegegnerin habe mit ihrem Verhalten in konkludenter Weise zum Ausdruck gebracht, die Beanstandung der Beschwerdeführerin zu akzeptieren und darauf zu verzichten, eine Verspätung der Mängelrüge einzuwenden. Die Annahme der Vorinstanz, der Verzicht sei nur unter Vorbehalt erfolgt, verletze den Vertrauensgrundsatz nach Art. 8 Abs. 2 und 3 CISG.
3.2.1 Art. 39 Abs. 1 CISG ist dispositives Recht. Der Verkäufer kann auf den Einwand, die Anzeige der Vertragswidrigkeit sei nicht rechtzeitig oder nicht gehörig erfolgt, verzichten. Ein Verzicht ist bei Vorliegen eindeutiger Anhaltspunkte auch konkludent möglich. So kann ein solcher etwa angenommen werden, wenn der Verkäufer vorbehaltlos die Vertragswidrigkeit anerkennt, vorbehaltlos die Ware zurücknimmt, sich zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung bereit erklärt oder sich vorbehaltlos auf die sachliche Prüfung der gerügten Mängel einlässt (SCHWENZER, a.a.O., N. 33 zu Art. 39 CISG; BRUNNER, a.a.O., N. 20 zu Art. 39 CISG; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 4C.314/2006 vom 20. Dezember 2006 E. 2.2.3; zum internen Recht/OR vgl. etwa Urteile des Bundesgerichts 4C.347/2005 vom 13. Februar 2006 E. 2; 4C.149/2001 vom 19. Dezember 2001 E. 5 [stillschweigender Verzicht auf den Einwand zufolge vorbehaltloser Nachbesserung] und PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 5. Aufl. 2011, Rz. 2163 S. 781). In der blossen Aufnahme von Verhandlungen über die gerügten Mängel oder in der Zusage einer Nachbesserung bei gleichzeitigem Verlangen vollständiger Zahlung sowie Geltendmachung des Verspätungseinwands erstmals vor Gericht ist noch kein Verzicht zu sehen
(SCHWENZER, a.a.O., N. 33 zu Art. 39 CISG).
3.2.2 Vorliegend stellte die Vorinstanz fest, die Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass die Kaufpreisforderung vorbehaltlos bezahlt würde, wenn die Bio-Zertifikate vorlägen. Die Vorinstanz gelangte zu diesem Schluss in Würdigung der Beweise, namentlich der E-Mail-Korrespondenz der Parteien und deren diesbezüglichem Verhalten. Sie zog mithin gerade nicht das Vertrauensprinzip heran. Die Rüge einer falschen Anwendung des Grundsatzes der objektivierten Auslegung nach Art. 8 Abs. 2 CISG geht daher ins Leere.
Ebenso wenig ist die Beweiswürdigung der Vorinstanz unhaltbar. Die Beschwerdegegnerin gestand zwar mittels E-Mail vom 7. August 2009 bezüglich der Beibringung der Bio-Zertifikate eigenes Versagen zu. Sie bemühte sich sodann, den Mangel zu beheben. Mit E-Mail vom 15. Oktober 2009 und vom 28. Oktober 2009 forderte sie aber auch die vollständige Bezahlung des Kaufpreises. Sodann hatte die Beschwerdeführerin zuvor nie von einer Ersatzpflicht für entstandene Lagerkosten gesprochen. Angesichts dieser Umstände ist es durchaus vertretbar, wenn die Vorinstanz jedenfalls in Bezug auf die streitgegenständliche - bis zur Klageantwort nie thematisierte - Schadenersatzforderung keinen Verzicht auf den Verspätungseinwand erkennen konnte. Aufgrund der E-Mail der Beschwerdeführerin vom 28. Oktober 2009, in der diese schrieb, sie werde die Rechnungen begleichen, sobald die Kontrollbescheinigungen von Bio Suisse genehmigt seien, und des Umstands, dass sie bis zur Klageantwort das Thema Schadenersatz nie erwähnte, geschweige denn solchen forderte, ist es vielmehr nachvollziehbar, wenn die Vorinstanz folgerte, dass es auch das Verständnis der Beschwerdeführerin gewesen sei, dass die Sache mit der Lieferung der Bio-Zertifikate erledigt sei und sie den
Kaufpreis bezahlen werde, ohne weitere Forderungen zu stellen. In der Replik bringt die Beschwerdeführerin vor, in ihrer E-Mail vom 28. Oktober 2009 habe sie zugesagt, die Rechnungen zu "begleichen". Das sei nicht das Gleiche wie "bezahlen". Begleichen könne man auch durch Verrechnung. Dieses Argument ist gesucht und muss ohnehin ungehört bleiben, da es in unzulässiger Ergänzung der Beschwerde erst in der Replik vorgebracht wurde.

3.3 Schliesslich wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, zu Unrecht nicht geprüft zu haben, ob die Beschwerdegegnerin durch ihre Handlungsweise das Recht verwirkt habe, sich auf die Verspätung der Mängelrüge zu berufen. Sie (die Beschwerdeführerin) habe in der Duplik im kantonalen Verfahren geltend gemacht, die Beschwerdegegnerin verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich in der Replik auf den Standpunkt stelle, dass die Mängelrüge betreffend die Kontrollbescheinigungen verspätet erfolgt sei. Die Beschwerdegegnerin habe diesen Standpunkt vorher nie eingenommen. Im Gegenteil habe sie zu verstehen gegeben, bezüglich Kontrollbescheinigungen Fehler gemacht zu haben und den Mangel beheben zu wollen.
Die Vorinstanz hat dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht etwa übersehen, sondern ausdrücklich erwähnt. Sie begründete auch, weshalb es zulässig sei, dass die Beschwerdegegnerin diesen Einwand erst in der Replik vorbrachte. Eine materielle Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen kann in ihren Erwägungen zur Frage eines Verzichts auf den Verspätungseinwand erblickt werden. Denn sie würdigte unter diesem Titel den von der Beschwerdeführerin in der Duplik zum behaupteten rechtsmissbräuchlichen Verhalten einzig vorgebrachten Umstand, die Beschwerdegegnerin habe in ihrer E-Mail vom 7. August 2009 betreffend Kontrollbescheinigungen ihr Versagen zugegeben und die Behebung des Mangels in Aussicht gestellt. In der Tat kann statt der Annahme eines Verzichts gegebenenfalls geschlossen werden, dass der Verkäufer das Recht, sich auf eine verspätete Mängelrüge zu berufen, durch sein Verhalten verwirkt hat (BRUNNER, a.a.O., N. 20 zu Art. 39 CISG in fine). Der von der Beschwerdeführerin angerufene Umstand erlaubt indessen ebenso wenig den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beschwerdegegnerin, wie er nicht zu begründen vermag, dass die Beschwerdegegnerin (betreffend die Schadenersatzforderung) vorbehaltlos auf den
Verspätungseinwand verzichtet hat.

4.
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Kölz