Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 1047/2021

Urteil vom 25. Juli 2022

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiber Clément.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel U. Walder,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ungetreue Geschäftsbesorgung, wirksame Verteidigung, staatliche Fürsorgepflicht,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 27. Mai 2021 (SB200466-O/U/cwo).

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 29. Juni 2020 erkannte das Bezirksgericht Dietikon den Beschuldigten A.________ der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

B.
Mit Datum vom 23. November 2020 reichte der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt B.________, die Berufungserklärung ein.
Zu Beginn der Berufungsverhandlung beschränkte der Beschuldigte seine Berufung und erklärte, der Schuldspruch betreffend grobe Verkehrsregelverletzung sei nicht mehr angefochten. Vorfragen wurden nicht aufgeworfen und abgesehen von der Einvernahme des Beschuldigten mangels entsprechender Anträge auch keine Beweise abgenommen, diverse Unterlagen hingegen noch ins Recht gereicht.
Mit Urteil vom 27. Mai 2021 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Berufung vollumfänglich ab und bestätigte die erstinstanzliche Verurteilung.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Daniel U. Walder, es sei das Berufungsurteil aufzuheben und der Beschwerdeführer sei vollumfänglich freizusprechen und die Kosten des Vorverfahrens sowie des erstinstanzlichen und vorinstanzlichen Verfahrens seien neu zu verteilen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurückzuweisen. Weiter sei dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines verfassungs- und konventionsrechtlichen Rechts auf wirksame Verteidigung und damit einhergehend auch der richterlichen Fürsorgepflicht. Der amtliche Verteidiger habe im vorinstanzlichen Verfahren ein "völlig unzureichendes Engagement" an den Tag gelegt und sein Mandat "offensichtlich unsorgfältig" ausgeübt. So habe er sich kaum auf die Berufungsverhandlung vorbereitet, unsachgemässe Beweisanträge gestellt, ein ebensolches Plädoyer gehalten und sei überhaupt weitgehend untätig geblieben. Daher sei das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich aufzuheben.

1.1.

1.1.1. Die Bestimmungen von Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV, Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK garantieren den Anspruch des Beschuldigten auf sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner Parteiinteressen. Mit den Bestimmungen von Art. 132
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 132 Amtliche Verteidigung - 1 Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
1    Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
a  bei notwendiger Verteidigung:
a1  die beschuldigte Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt,
a2  der Wahlverteidigung das Mandat entzogen wurde oder sie es niedergelegt hat und die beschuldigte Person nicht innert Frist eine neue Wahlverteidigung bestimmt;
b  die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist.
2    Zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person ist die Verteidigung namentlich geboten, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre.
3    Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist.64
und 133
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 133 Bestellung der amtlichen Verteidigung - 1 Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1    Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
1bis    Bund und Kantone können die Auswahl der amtlichen Verteidigung an eine andere Behörde oder an Dritte übertragen.65
2    Bei der Auswahl der amtlichen Verteidigung sind deren Eignung sowie nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person zu berücksichtigen.66
StPO wurde die bisherige Rechtsprechung zur Garantie auf eine wirksame Verteidigung kodifiziert (BGE 139 IV 113 E. 4.3; Urteile 6B 918/2021 vom 4. Mai 2022 E. 1.1; 6B 909/2018 vom 23. Januar 2019 E. 1.2).

1.1.2. Nach der in Art. 128
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 128 Stellung - Die Verteidigung ist in den Schranken von Gesetz und Standesregeln allein den Interessen der beschuldigten Person verpflichtet.
StPO kodifizierten Grundregel ist die Verteidigung in den Schranken von Gesetz und Standesregeln allein den Interessen der beschuldigten Person verpflichtet. Die Verteidigung muss die Interessen des Beschuldigten in ausreichender und wirksamer Weise wahrnehmen und die Notwendigkeit prozessualer Massnahmen im Interesse des Angeschuldigten sachgerecht und kritisch abwägen. Der Beschuldigte hat Anspruch auf eine sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner Parteiinteressen. Die Strafbehörden ihrerseits haben gemäss den in Art. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 3 Achtung der Menschenwürde und Fairnessgebot - 1 Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Würde der vom Verfahren betroffenen Menschen.
1    Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Würde der vom Verfahren betroffenen Menschen.
2    Sie beachten namentlich:
a  den Grundsatz von Treu und Glauben;
b  das Verbot des Rechtsmissbrauchs;
c  das Gebot, alle Verfahrensbeteiligten gleich und gerecht zu behandeln und ihnen rechtliches Gehör zu gewähren;
d  das Verbot, bei der Beweiserhebung Methoden anzuwenden, welche die Menschenwürde verletzen.
StPO festgeschriebenen Grundsätzen des Strafverfahrensrechts für ein faires Strafverfahren zu sorgen und eine genügende Verteidigung zu gewährleisten. Wird von den Behörden untätig geduldet, dass der amtliche Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und Standespflichten zum Nachteil der beschuldigten Person in schwerwiegender Weise vernachlässigt, kann darin eine Verletzung der von Verfassung und EMRK gewährleisteten Verteidigungsrechte liegen (BGE 143 I 284 E. 2.2.2; 138 IV 161 E. 2.4; 131 I 185 E. 3.2.3; 126 I 194 E. 3d; 120 Ia 48 E. 2b/bb; je mit Hinweisen).

1.1.3. Die richterliche Fürsorgepflicht gebietet dem Gericht im Falle einer offenkundig ungenügenden Verteidigung, den amtlichen Verteidiger zu ersetzen, und bei einer privaten Verteidigung einzuschreiten sowie nach der Aufklärung des Angeschuldigten über seine Verteidigungsrechte das zur Gewährleistung einer genügenden Verteidigung Erforderliche vorzukehren (BGE 131 I 350 E. 4.1 und 4.2; 124 I 185 E. 3b).
Der Behörde kann indes nicht die Verantwortung für jegliches Versäumnis auferlegt werden; die Verteidigungsführung obliegt im Wesentlichen der beschuldigten Person und ihrem Verteidiger. Diesem steht in der Ausgestaltung der Prozessführung ein erhebliches Ermessen zu (BGE 126 I 194 E. 3d; Urteile 6B 918/2021 vom 4. Mai 2022 E. 1.1; 6B 909/2018 vom 23. Januar 2019 E. 1.2; 6B 307/2016 vom 17. Juni 2016 E. 2.2 und 2.3.4; je mit Hinweisen). Dies gilt namentlich auch hinsichtlich der Frage, ob Verfahrens- und Beweisanträge im Interesse des Angeschuldigten zu stellen seien (Urteil 6B 100/2010 vom 22. April 2010 E. 2.1 mit Hinweis).
Erst eine Verteidigungsstrategie, die offensichtlich nicht zum gewünschten Ergebnis führen kann und damit den Interessen des Beschuldigten klarerweise zuwiderläuft, ist als ungenügend zu bezeichnen (so zutreffend Denise Weingart, Die richterliche Fürsorgepflicht im Strafverfahren, Justice - Justiz - Giustizia [Richterzeitung], 2022/1, Rz. 30).

1.1.4. Als schwere Pflichtverletzung fällt sodann nur sachlich nicht vertretbares bzw. offensichtlich fehlerhaftes Prozessverhalten der Verteidigung in Betracht, sofern die beschuldigte Person dadurch in ihren Verteidigungsrechten substanziell eingeschränkt wird. Ein solcher eklatanter Verstoss gegen allgemein anerkannte Verteidigerpflichten liegt etwa vor bei krassen Frist- und Terminversäumnissen, Fernbleiben an wichtigen Zeugeneinvernahmen, mangelnder Sorgfalt bei der Vorbereitung von Einvernahmen und anderen Prozesshandlungen oder fehlender Vorsorge für Stellvertretungen (BGE 143 I 284 E. 2.2.2 f.; 120 Ia 48 E. 2c/d; Urteile 6B 918/2021 vom 4. Mai 2022 E. 1.1; 6B 4/2021 vom 2. Juni 2021 E. 4.2; 6B 1447/2020 vom 13. April 2021 E. 3.2; je mit Hinweisen). Aus dem blossen Umstand, dass das angefochtene Urteil nicht den Erwartungen des Beschwerdeführers bzw. seines neuen Rechtsvertreters entspricht und Letzterer gegebenenfalls eine andere Verteidigungsstrategie als sein Vorgänger gewählt hätte, lässt sich für sich allein freilich kein offensichtlich fehlerhaftes Verhalten der früheren Verteidigung ableiten, welches unter Berufung auf eine Verletzung der richterlichen Fürsorgepflicht zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen
könnte (vgl. Urteile 6B 918/2021 vom 4. Mai 2022 E. 1.2; 6B 4/2021 vom 2. Juni 2021 E. 4.3; 6B 909/2018 vom 23. Januar 2019 E. 1.3.3).

1.2. Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, ein Fehlverhalten seines früheren amtlichen Verteidigers aufzuzeigen, das die Aufhebung des Berufungsurteils rechtfertigen würde:

1.2.1. So unterlegt er den Vorwurf, sein Verteidiger habe sich auf die Berufungsverhandlung nur ungenügend vorbereitet, einzig mit dessen Honorarnote vom 26. Mai 2021 bzw. der darin enthaltenen Leistungsübersicht. Die dort ausgewiesene Vorbereitung von 2 Stunden und 40 Minuten hält er für ungenügend und einen Beleg für ein "unzureichendes Engagement". Der Beschwerdeführer zeigt damit aber nicht auf, inwiefern eine längere Vorbereitung notwendig gewesen wäre, und schon gar nicht substanziiert er, inwiefern eine längere Vorbereitung zu einem für ihn günstigeren Berufungsurteil hätte führen können. Gewiss, der strafrechtliche Vorwurf gegen den Beschwerdeführer wog schwer. Relevanter als die Schwere des Vorwurfs ist jedoch insbesondere die Komplexität des Sachverhalts. Der Beschwerdeführer zeigt aber diesbezüglich nicht auf, dass dieser verwickelt und eine längere Vorbereitung zwingend gewesen wäre. Das gilt auch hinsichtlich der Plädoyernotizen: Dass sich solche nicht in den Akten befinden, vermag für sich keine schwerwiegende Pflichtverletzung des früheren Verteidigers zu belegen.

1.2.2. Nichts anderes gibt es zu den Vorwürfen der "Untätigkeit" und des "unsachgemässen" Plädoyers zu sagen: Dem Beschwerdeführer gelingt es auch damit nicht aufzuzeigen, dass die Verteidigungsstrategie seines früheren Verteidigers offensichtlich nicht zum gewünschten Ergebnis führen konnte und damit seinen Interessen klarerweise zuwiderlief. Die entsprechende Offensichtlichkeit ist nicht gegeben - sachlich nicht vertretbares bzw. klarerweise fehlerhaftes Prozessverhalten der Verteidigung ist nicht ersichtlich.

1.2.3. Was schliesslich die Schelte anbelangt, der amtliche Verteidiger habe den Beschwerdeführer auch während der Berufungsverhandlung mangelhaft verteidigt, ist auf das erhebliche Ermessen bei der Verteidigungsstrategie zu verweisen. So mögen dem neuen Rechtsvertreter die Ausführungen seines Kollegen nun zwar "völlig unstrukturiert, wenig nachvollziehbar und noch weniger sachdienlich" erscheinen; ein offensichtlich fehlerhaftes Verhalten der früheren Verteidigung vermag der Beschwerdeführer aber nicht konkret aufzuzeigen. Auch mit Blick auf den Vorwurf, es seien "unsachgemässe Beweisanträge" gestellt worden, ist auf das entsprechende Ermessen des früheren Verteidigers und ganz besonders darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit keinem Wort darauf eingeht, welche konkreten Beweisanträge stattdessen hätten gestellt werden sollen.

1.2.4.

1.2.4.1. Immerhin wird in der Beschwerde der folgende Vorwurf etwas substanziierter ausgeführt: Vorliegend habe es sich von Anfang an um einen Fall einer notwendigen Verteidigung gehandelt und dennoch sei der Beschwerdeführer zu Beginn des Strafverfahrens mehrfach ohne Beisein seines Anwalts einvernommen worden. Damit hätte sich die Frage der Verwertbarkeit dieser Einvernahmen gestellt, was der frühere Verteidiger jedoch während des gesamten Verfahrens mit keinem Wort thematisiert habe. So habe er "insbesondere anlässlich seiner ersten Einvernahme vom 27. Februar 2018 - ohne Beisein eines Anwalts - [relevante Aussagen] zu Protokoll" gegeben. Dieser ersten Aussage sei "entscheidende Bedeutung" zugekommen, womit es "umso mehr angebracht gewesen wäre, die Unverwertbarkeit der damaligen Einvernahme zu thematisieren".

1.2.4.2. Es trifft zwar zu, dass die polizeiliche Einvernahme vom 27. Februar 2018 gestützt auf einen staatsanwaltlichen Auftrag nach Art. 312 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 312 Aufträge der Staatsanwaltschaft an die Polizei - 1 Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu schriftliche, in dringenden Fällen mündliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken.
1    Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu schriftliche, in dringenden Fällen mündliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken.
2    Bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, haben die Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen.
StPO erfolgt ist, womit dem Beschwerdeführer bereits die Verfahrensrechte zustanden, die ihm bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen (Art. 312 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 312 Aufträge der Staatsanwaltschaft an die Polizei - 1 Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu schriftliche, in dringenden Fällen mündliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken.
1    Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu schriftliche, in dringenden Fällen mündliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken.
2    Bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, haben die Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen.
StPO). Insoweit ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass es nahe gelegen wäre, die mangelnde Verteidigung anlässlich dieser Einvernahme unter Verwertungsgesichtspunkten zu thematisieren. Der Beschwerdeführer vermag jedoch nicht aufzuzeigen und es ist auch nicht ersichtlich, dass - mit Blick auf die zahlreichen weiteren Beweismittel (staatsanwaltlichen Einvernahmen, Zeugenaussagen, Aussagen der Privatklägerschaft und Gutachten) - die vorinstanzlichen Beweisschlüsse massgeblich von der ersten Einvernahme bei der Polizei abhängen. Insoweit wäre hinsichtlich der Beweisverwertungsproblematik eine andere Verteidigungsstrategie zwar durchaus vorzuziehen gewesen, von einem sachlich nicht mehr vertretbarem bzw. offensichtlich fehlerhaftem Prozessverhalten der Verteidigung kann jedoch auch hinsichtlich dieses Vorwurfs noch nicht gesprochen werden.

1.3. Zusammenfassend liegt keine Verletzung des verfassungs- und konventionsrechtlichen Rechts auf wirksame Verteidigung des Beschwerdeführers und damit einhergehend auch der richterlichen Fürsorgepflicht vor. Der Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils ist abzuweisen.

2.
Die Anträge auf Neuverlegung der Kosten des Vorverfahrens sowie des erstinstanzlichen und vorinstanzlichen Verfahrens begründet der Beschwerdeführer einzig damit, dass das vorinstanzliche Urteil aufzuheben sei. Da er mit seinem Hauptantrag nicht durchdringt (siehe E. 1 oben), sind diese Anträge abzuweisen, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann. Weiterungen dazu erübrigen sich.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Indes ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Blick auf die nicht ohne Weiteres aussichtslose Rüge, die Beweisverwertungsproblematik hätte vom vorinstanzlichen Verteidiger thematisiert werden müssen, gutzuheissen und es sind keine Kosten zu erheben. Rechtsanwalt Daniel U. Walder ist dem Beschwerdeführer als unentgeltlicher Rechtsbeistand beizuordnen und aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
und Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Daniel U. Walder, wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juli 2022

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari

Der Gerichtsschreiber: Clément