Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

6B 1/2015

Urteil vom 25. März 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Entschädigung, Genugtuung; Kosten des Beschwerdeverfahrens bei Verletzung des rechtlichen Gehörs,

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, Präsident der III. Strafkammer, vom 27. November 2014.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.

Der Beschwerdeführer geriet am 4. Mai 2014 anlässlich einer allgemeinen polizeilichen Kontrolle in Verdacht, einen Personenwagen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gelenkt zu haben. Der vom Institut für Rechtsmedizin errechnete Blutalkoholwert lag jedoch nur bei 0,12 bis 0,22 Gewichtspromillen. Es gab Hinweise für Kokainkonsum, doch war die Fahrfähigkeit gemäss dem Institut für Rechtsmedizin dadurch nicht beeinträchtigt.

Am 1. Oktober 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat das Strafverfahren ein. Die Kosten wurden auf die Staatskasse genommen. Dem Beschwerdeführer wurden eine Entschädigung und eine Genugtuung von je Fr. 50.-- zugesprochen.

Der Beschwerdeführer reichte Beschwerde ein und beantragte, es sei ihm das rechtliche Gehör zu gewähren und eine angemessene Entschädigung für seine Umtriebe und Aufwendungen zur Wahrung seiner Rechte sowie eine angemessene Genugtuung zu zahlen. Auf eine entsprechende Präsidialverfügung der Beschwerdeinstanz hin bezifferte er seinen Anspruch auf insgesamt Fr. 1'662.--, nämlich Kosten von Fr. 1'162 und eine Genugtuung von Fr. 500.--. Der Präsident der dritten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich wies die Beschwerde am 27. November 2014 ab. Die Gerichtsgebühr von Fr. 200.-- wurde dem Beschwerdeführer auferlegt. Eine Entschädigung wurde ihm nicht zugesprochen.

Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, die Verfügung des Obergerichts vom 27. November 2014 sei aufzuheben. Es sei ihm eine angemessene Entschädigung für seine Aufwendungen zur Wahrung seiner Rechte vor den Vorinstanzen zu zahlen.

Vorinstanz und Oberstaatsanwaltschaft haben auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet.

2.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte nicht der Präsident der III. Strafkammer des Obergerichts allein entscheiden dürfen, da dies in der Kompetenz des Kollegialgerichts gelegen hätte (Beschwerde Ziff. B/3). Indessen beurteilt die Verfahrensleitung eine Beschwerde allein, wenn diese die wirtschaftlichen Nebenfolgen bei einem strittigen Betrag von nicht mehr als Fr. 5'000.-- zum Gegenstand hat (Art. 395 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 395 Kollegialgericht als Beschwerdeinstanz - Ist die Beschwerdeinstanz ein Kollegialgericht, so beurteilt deren Verfahrensleitung die Beschwerde allein, wenn diese zum Gegenstand hat:
a  ausschliesslich Übertretungen;
b  die wirtschaftlichen Nebenfolgen eines Entscheides bei einem strittigen Betrag von nicht mehr als 5000 Franken.
StPO). Dies gilt auch, wenn in der Beschwerde eine Gehörsverletzung gerügt wird.

3.

In Bezug auf die Höhe der Entschädigung kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. Verfügung S. 2-6 E. 3 und 4).

Was der Beschwerdeführer vorbringt (vgl. Beschwerde Ziff. B/4), dringt nicht durch. Zunächst behauptet er selber nicht, dass er sich durch eine rechtskundige Person beraten liess. Inwieweit der Beizug eines Vermögensverwalters im Zusammenhang mit dem Verdacht, einen Personenwagen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gelenkt zu haben, nötig oder auch nur sinnvoll gewesen wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. Beschwerde Ziff. B/4b). In Bezug auf die Portokosten von Fr. 12.-- stellt die Vorinstanz fest, diese hätten gar nicht die Strafuntersuchung betroffen. Aus welchem Grund sie dennoch im Rahmen des Strafverfahrens hätten ersetzt werden müssen, vermag der Beschwerdeführer nicht zu sagen (vgl. Beschwerde Ziff. B/4d).

4.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die Staatsanwaltschaft habe eine Gehörsverletzung begangen, die in der Folge erst durch die Vorinstanz geheilt worden sei, indem diese ihn im Beschwerdeverfahren dazu aufgefordert habe, seine Ansprüche zu beziffern. Da er nur wegen des mangelhaften Entscheids der Staatsanwaltschaft den Beschwerdeweg habe beschreiten müssen, hätten ihm für das Beschwerdeverfahren keine Kosten auferlegt werden dürfen (Beschwerde Ziff. B/1 und B/2).

Gemäss Art. 429 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
Satz 1 StPO hatte die Staatsanwaltschaft den Anspruch des zu Unrecht beschuldigten Beschwerdeführers auf Entschädigung und Genugtuung von Amtes wegen zu prüfen. Daraus folgt, dass sie ihn zu der Frage mindestens hätte anhören und gegebenenfalls gemäss Art. 429 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
Satz 2 StPO auffordern müssen, seine Ansprüche zu beziffern und zu belegen (Urteil 6B 661/2013 vom 10. Juni 2014 E. 3.1). Nachdem die Staatsanwaltschaft dies unterliess und erst die Vorinstanz den Verfahrensfehler im Beschwerdeverfahren heilte, musste diesem Umstand nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bei der Kostenregelung für das Beschwerdeverfahren Rechnung getragen werden (Urteil 1C 41/2014 vom 24. Juli 2014 E. 7.3). Dies kann durch eine angemessene Reduktion der Gerichtskosten oder allenfalls durch den Verzicht auf die Erhebung von Kosten geschehen.

Die Vorinstanz stellt im vorliegenden Zusammenhang nur fest, da die Beschwerde abzuweisen sei, seien die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Verfügung S. 6 E. 5). Den Umstand, dass sie die Gehörsverletzung der Staatsanwaltschaft im Beschwerdeverfahren heilte, berücksichtigte die Vorinstanz entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der Kostenauflage nicht. Folglich ist Ziff. 2 der Verfügung vom 27. November 2014 aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Entscheidung zurückzuweisen.

5.

Da der Beschwerdeführer nur teilweise obsiegt und im Übrigen unterliegt, sind ihm für das bundesgerichtliche Verfahren reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Eine Parteientschädigung ist ihm nicht zuzusprechen, weil er nicht anwaltlich vertreten ist und besondere Umstände, welche die Vergütung eigener Auslagen rechtfertigen könnten, nicht vorliegen (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG; Art. 11 des Parteientschädigungsreglementes vom 31. März 2006).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, Ziff. 2 der Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. November 2014 aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. März 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Monn