Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

5A 918/2017

Urteil vom 24. November 2017

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Psychiatrie B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Behandlung ohne Zustimmung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 3. November 2017 (840 17 283).

Sachverhalt:
Nachdem der zuständige Sozialarbeiter mit A.________ über mehrere Tage keinen Kontakt hatte herstellen können, begab er sich nach Rücksprache mit der KESB zu deren Wohnung. In der Folge wurde polizeilich die Wohnung aufgebrochen und festgestellt, dass sich A.________ in der Toilette ihrer Wohnung eingeschlossen hatte. Sie befand sich in sichtlich unterernährtem Zustand und wurde ins Kantonsspital gebracht, wo der untersuchende Arzt bei der KESB die fürsorgerische Unterbringung beantragte.
Mit Entscheid vom 25. September 2017 ordnete die KESB Liestal eine bis zum 6. November 2017 befristete fürsorgerische Unterbringung an (vgl. dazu Verfahren 5A 913/2017).
Im Rahmen dieses Aufenthaltes ordnete der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, nachdem A.________ aus der Klinik entwichen war und erst am Flughafen hatte aufgefunden werden können, angesichts des allgemein kaum verbesserten Zustandsbildes und aufgrund positiver Ergebnisse der Pharmakotherapie während einer früheren fürsorgerischen Unterbringung mit Verfügung vom 20. Oktober 2017 gestützt auf Art. 434
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 434 - 1 Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person, so kann die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen, wenn:
1    Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person, so kann die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen, wenn:
1  ohne Behandlung der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht oder das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet ist;
2  die betroffene Person bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig ist; und
3  keine angemessene Massnahme zur Verfügung steht, die weniger einschneidend ist.
2    Die Anordnung wird der betroffenen Person und ihrer Vertrauensperson verbunden mit einer Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitgeteilt.
ZGB an, die Behandlung des psychischen Zustandsbildes ohne Zustimmung durchzuführen.
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft gestützt auf das erstellte Gutachten und die persönliche Anhörung mit Urteil vom 3. November 2017 ab. Ferner erteilte es die unentgeltliche Rechtspflege, unter Verzicht auf Gerichtsgebühren und unter Inaussichtstellung der Übernahme der separat zu verfügenden Kosten für ärztliche Berichte und Gutachten.
Gegen dieses Urteil hat A.________ am 17. November 2017 beim Bundesgericht eine Beschwerde erhoben.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend Zwangsbehandlung; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 72 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
2    Der Beschwerde in Zivilsachen unterliegen auch:
a  Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
b  öffentlich-rechtliche Entscheide, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht stehen, insbesondere Entscheide:
b1  über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheiden und über die Rechtshilfe in Zivilsachen,
b2  über die Führung des Grundbuchs, des Zivilstands- und des Handelsregisters sowie der Register für Marken, Muster und Modelle, Erfindungspatente, Pflanzensorten und Topografien,
b3  über die Bewilligung zur Namensänderung,
b4  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Stiftungen mit Ausnahme der Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen,
b5  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Willensvollstrecker und -vollstreckerinnen und andere erbrechtliche Vertreter und Vertreterinnen,
b6  auf dem Gebiet des Kindes- und Erwachsenenschutzes,
b7  ...
, Art. 75 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 75 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen; ausgenommen sind die Fälle, in denen:
a  ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
b  ein Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet;
c  eine Klage mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken mit Zustimmung aller Parteien direkt beim oberen Gericht eingereicht wurde.
und Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG).

2.
Soweit die Beschwerdeführerin (ohne weitere Begründung) ein öffentliches Verfahren wünscht, ist auf Art. 57
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 57 Parteiverhandlung - Der Abteilungspräsident oder die Abteilungspräsidentin kann eine mündliche Parteiverhandlung anordnen.
BGG zu verweisen, wonach das Verfahren vor Bundesgericht grundsätzlich ein schriftliches ist (vgl. Urteil 5A 880/2011 vom 20. Februar 2012 E. 1.5; letztmals Urteil 5A 780/2017 vom 19. Oktober 2017 E. 2); eine öffentliche Verhandlung ist vorliegend nicht angezeigt, weil der Entscheid aufgrund der Akten spruchreif ist und die Beschwerdeführerin sich bei der vorinstanzlichen Verhandlung vom 2. November 2017 mündlich äussern konnte.

3.
Die Beschwerdeführerin hält weiter fest, sie berufe sich darauf, dass sie gemäss Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
EMRK das Menschenrecht auf Privatleben und darin enthalten auf Selbstbestimmung habe, weshalb sie nicht verpflichtet sei, irgendwelche Medikamente zu schlucken. Sie beantrage die Übernahme der Verfahrenskosten und wolle Schadenersatz bzw. Genugtuung wegen aller in Fragen kommender Delikte geltend machen; sie möchte den höchstmöglichen Schadenersatz und Genugtuung.

4.
Gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 76 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Zivilsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Zivilsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.
2    Gegen Entscheide nach Artikel 72 Absatz 2 steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.40
BGG ist zur Beschwerde nur berechtigt, wer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der Gutheissung der Beschwerde voraus, das auch im Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Urteils noch vorhanden sein muss (vgl. BGE 131 I 153 E. 1.2 S. 157). Dies gilt auch für den Bereich der fürsorgerischen Unterbringung (letztmals Urteil 5A 118/2017 vom 7. März 2017 E. 3.1) und damit verbunden auch für eine in diesem Rahmen erfolgte Zwangsbehandlung.
Spätestens mit der tatsächlichen Entlassung aus der Klinik infolge Ablaufes der fürsorgerischen Unterbringung (vgl. dazu Urteil 5A 913/2017) hat die Zwangsbehandlung ein Ende gefunden. Weil das aktuelle Interesse an der Beschwerdeführung gegen den obergerichtlichen Entscheid bereits bei Einreichung der Beschwerde nicht mehr gegeben war, ist die Beschwerde diesbezüglich unzulässig (BGE 136 III 497 E. 2.1 S. 500).

5.
Soweit die Beschwerdeführerin Schadenersatz und Genugtuung geltend machen will, ist sie auf den Klageweg nach Art. 454
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 454 - 1 Wer im Rahmen der behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes durch widerrechtliches Handeln oder Unterlassen verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
1    Wer im Rahmen der behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes durch widerrechtliches Handeln oder Unterlassen verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
2    Der gleiche Anspruch besteht, wenn sich die Erwachsenenschutzbehörde oder die Aufsichtsbehörde in den anderen Bereichen des Erwachsenenschutzes widerrechtlich verhalten hat.
3    Haftbar ist der Kanton; gegen die Person, die den Schaden verursacht hat, steht der geschädigten Person kein Ersatzanspruch zu.
4    Für den Rückgriff des Kantons auf die Person, die den Schaden verursacht hat, ist das kantonale Recht massgebend.
ZGB zu verweisen, was selbst für eine allfällige Feststellung der Widerrechtlichkeit der Zwangsbehandlung als Form der Genugtuung gelten würde (vgl. BGE 140 III 93 E. 2.3 S. 96). Die Beschwerde erweist sich somit auch in diesem Punkt als unzulässig.

6.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG nicht einzutreten.

7.
Angesichts der konkreten Umstände wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. November 2017

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli