Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2013.130 / BP.2013.70

Beschluss vom 23. Oktober 2013 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Andreas J. Keller und Cornelia Cova, Gerichtsschreiber Miro Dangubic

Parteien

A., vertreten durch Rechtsanwalt Claude Hentz,

Gesuchstellerin

gegen

1. Walter Wüthrich, Bundesstrafgericht, Strafkammer, 2. Giuseppe Muschietti, Bundesstrafgericht, Strafkammer, 3. David Glassey, Bundesstrafgericht, Strafkammer,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Ausstand des erstinstanzlichen Gerichts (Art. 59 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 56 StPO), unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV)

Die Beschwerdekammer hält fest, dass:

- A., B. und C. mit Urteil SK.2011.6 vom 22. Juli 2011 der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend "Strafkammer") der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Brandstiftung (Art. 260bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 260bis - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der folgenden strafbaren Handlungen auszuführen:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der folgenden strafbaren Handlungen auszuführen:
a  Vorsätzliche Tötung (Art. 111);
b  Mord (Art. 112);
c  Schwere Körperverletzung (Art. 122);
dbis  Raub (Art. 140);
e  Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183);
f  Geiselnahme (Art. 185);
gbis  Brandstiftung (Art. 221);
h  Völkermord (Art. 264);
i  Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 264a);
j  Kriegsverbrechen (Art. 264c-264h).325
2    Führt der Täter aus eigenem Antrieb die Vorbereitungshandlung nicht zu Ende, so bleibt er straflos.
3    Strafbar ist auch, wer die Vorbereitungshandlung im Ausland begeht, wenn die beabsichtigten strafbaren Handlungen in der Schweiz verübt werden sollen. Artikel 3 Absatz 2 ist anwendbar.326
StGB) und des Verbergens und Weiterschaffens von Sprengstoffen (Art. 226 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 226 - 1 Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
1    Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
2    Wer Sprengstoffe, giftige Gase oder Stoffe, die zu deren Herstellung geeignet sind, sich verschafft, einem andern übergibt, von einem andern übernimmt, aufbewahrt, verbirgt oder weiterschafft, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.288
3    Wer jemandem, der, wie er weiss oder annehmen muss, einen verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen oder giftigen Gasen plant, zu deren Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.289
StGB) schuldig gesprochen und entsprechend bestraft wurden (act. 2.1, S. 54 f.);

- das Bundesgericht mit Urteil 6B_721/2011 vom 12. November 2012 das Urteil der Strafkammer SK.2011.6 aufhob und die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafkammer zurückwies; die beim Bundesgericht erhobene Beschwerde nur teilweise gutheissen wurde; sie im Übrigen abgewiesen wurde, soweit darauf eingetreten wurde;

- im Rahmen der Neubefassung des Falles durch die Strafkammer die Verteidiger von A., B. und C. eine neue Hauptverhandlung verlangten; der vorsitzende Bundesstrafrichter Walter Wüthrich am 25. April 2013 u.a. verfügte, dass keine weiteren Beweiserhebungen erforderlich seien und ein schriftliches Verfahren durchgeführt werde (Verfahrensakten pag. 14.430.005); die Verteidiger gegen die Verfügung vom 25. April 2013 opponierten, weswegen die Strafkammer am 4. Juni 2013 Folgendes beschloss:

"1. Die Beweisanträge der Verteidiger werden abgewiesen.

2. Eine erneute Hauptverhandlung erweist sich derzeit nicht als notwendig.

3. Bei Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Beschuldigten seit dem aufgehobenen Urteil ist das beiliegende Formular ausgefüllt (mit allfälligen Belegen) bis 1. Juli 2013 einzureichen.

4. Die Parteien erhalten Gelegenheit, auf Basis der vorgenommenen Aktenergänzung ihre schriftlichen Parteivorträge bis 30. August 2013 einzureichen.

5. Die Verteidiger werden eingeladen, ihre vollständige und detaillierte Kostennote bis 30. August 2013 einzureichen. Im Unterlassungsfall wird die Entschädigung für die amtliche Verteidigung nach Ermessen festgesetzt.

6. Dieser Beschluss wird den Parteien mitgeteilt, den Verteidigern unter Beilage des Formulars betreffend Feststellung der persönlichen Verhältnisse."

- der Beschluss vom 4. Juni 2012 dem Verteidiger von A., Rechtsanwalt Claude Hentz, am 20. Juni 2013 zugestellt wurde (Verfahrensakten pag. 14 430 025);

- mit Eingabe an die Strafkammer vom 9. September 2013 Rechtsanwalt Claude Hentz im Namen von A. u.a. folgenden Antrag stellt: "Die bisherigen Richter haben wegen Voreingenommenheit, bzw. dem Anschein der Befangenheit in den Ausstand zu treten" (act.1, S. 2);

- der sich dem Ausstandsgesuch widersetzende Bundesstrafrichter Walter Wüthrich am 13. September 2013 das Ausstandsgesuch mitsamt Stellungnahme im Sinne von Art. 58 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 226 - 1 Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
1    Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
2    Wer Sprengstoffe, giftige Gase oder Stoffe, die zu deren Herstellung geeignet sind, sich verschafft, einem andern übergibt, von einem andern übernimmt, aufbewahrt, verbirgt oder weiterschafft, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.288
3    Wer jemandem, der, wie er weiss oder annehmen muss, einen verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen oder giftigen Gasen plant, zu deren Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.289
StPO bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts einreichte (act. 2); die sich ebenfalls dem Ausstandsgesuch widersetzenden Bundesstrafrichter Giuseppe Muschietti und David Glassey ihre jeweiligen Stellungnahmen am 13. September 2013 bzw. am 24. September 2013 einreichten (act. 3 und 5);

- die Gesuchstellerin mit Replik vom 7. Oktober 2013 am Ausstandsgesuch festhält und ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellt (act. 7); die Replik den Gesuchsgegnern am 11. Oktober 2013 zur Kenntnis zugestellt wurde.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass:

- gemäss Art. 58 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 226 - 1 Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
1    Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
2    Wer Sprengstoffe, giftige Gase oder Stoffe, die zu deren Herstellung geeignet sind, sich verschafft, einem andern übergibt, von einem andern übernimmt, aufbewahrt, verbirgt oder weiterschafft, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.288
3    Wer jemandem, der, wie er weiss oder annehmen muss, einen verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen oder giftigen Gasen plant, zu deren Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.289
StPO eine Partei, die den Ausstand einer in einer Strafbehörden tätigen Person verlangen will, der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen hat, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat;

- die Gesuchstellerin die Befangenheit der Gesuchsgegner durch den Beschluss vom 4. Juni 2013 begründet sieht (act. 1, S. 8); der Beschluss vom 4. Juni 2013 dem Verteidiger der Gesuchstellerin am 20. Juni 2013 zugestellt wurde; die Gesuchstellerin ihr Ausstandsgesuch am 9. September 2013 stellte;

- das Ausstandsgesuch so früh wie möglich, d.h. in den nächsten Tagen nach Kenntnisnahme des Ausstandsgrundes, zu stellen ist (Boog, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 58 N.5 mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1B_689/2012 vom 20. Dezember 2012, E. 3; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.23 vom 14. März 2011, E. 1.4);

- vorliegend das Ausstandsgesuch erst mehrere Wochen nach Kenntnisnahme des Beschlusses vom 4. Juni 2013 erfolgte und deswegen als verspätet zu qualifizieren ist;

- nach dem Gesagten auf das Gesuch nicht einzutreten ist;

- gemäss obiger Ausführungen das Ausstandsgesuch sich zum Vornherein als aussichtslos erweist, infolgedessen das Gesuch der Gesuchstellerin um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist;

- bei diesem Ausgang des Verfahrens die Gerichtskosten der Gesuchstellerin aufzuerlegen sind (Art. 428 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 226 - 1 Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
1    Wer Sprengstoffe oder giftige Gase herstellt, die, wie er weiss oder annehmen muss, zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.287
2    Wer Sprengstoffe, giftige Gase oder Stoffe, die zu deren Herstellung geeignet sind, sich verschafft, einem andern übergibt, von einem andern übernimmt, aufbewahrt, verbirgt oder weiterschafft, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu verbrecherischem Gebrauche bestimmt sind, mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.288
3    Wer jemandem, der, wie er weiss oder annehmen muss, einen verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen oder giftigen Gasen plant, zu deren Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.289
StPO);

- die Gerichtsgebühr auf Fr. 500.-- festzusetzen ist (Art. 73
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 73 Kosten und Entschädigung - 1 Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
1    Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
a  die Berechnung der Verfahrenskosten;
b  die Gebühren;
c  die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen.
2    Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand.
3    Es gilt ein Gebührenrahmen von 200-100 000 Franken für jedes der folgenden Verfahren:
a  Vorverfahren;
b  erstinstanzliches Verfahren;
c  Rechtsmittelverfahren.
StBOG sowie Art. 5 und Art. 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren, BStKR; SR 173.713.162).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. Die Gerichtsgebühr in Höhe von Fr. 500.-- wird der Gesuchstellerin auferlegt.

Bellinzona, 23. Oktober 2013

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Rechtsanwalt Claude Hentz

- Walter Wüthrich, Bundesstrafgericht, Strafkammer

- Giuseppe Muschietti, Bundesstrafgericht, Strafkammer

- David Glassey, Bundesstrafgericht, Strafkammer

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.