Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

9F 5/2016

Urteil vom 23. September 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiberin Huber.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Luzius Hafen,
Gesuchstellerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Gesuchsgegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 9C 850/2015 vom
21. Dezember 2015.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 21. Januar 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich nach medizinischen und (haus-) wirtschaftlichen Abklärungen den Anspruch der zu 50 % als Teilerwerbstätige eingestuften A.________ (geb. 1959) mangels rentenbegründenden Invaliditätsgrades. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. September 2015 ab. A.________ legte beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein, welches den vorinstanzlichen Entscheid mit Urteil 9C 850/2015 vom 21. Dezember 2015 bestätigte.

B.
Mit Eingabe vom 4. August 2016 stellt A.________ beim Bundesgericht ein Revisionsgesuch mit den Anträgen, das Urteil 9C 850/2015 vom 21. Dezember 2015 sei revisionsweise aufzuheben und ihr Anspruch im Lichte des Entscheides 7186/09 des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. Februar 2016 (Angelegenheit di Trizio gegen die Schweiz) neu zu prüfen. Konkret sei ihr eine ganze Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen, eventuell eine Viertelsrente und subeventuell die Angelegenheit zur rechtsgenüglichen Abklärung und anschliessenden Neuverfügung an die Verwaltung zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 61
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 61 Rechtskraft - Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft.
BGG erwachsen Entscheide des Bundesgerichts am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen (Urteil 8F 9/2009 vom 17. November 2009 E. 1.1 mit Hinweis auf 8F 2/2008 vom 4. September 2008 E. 3.1). Mit dem ausserordentlichen Rechtsmittel der Revision wird die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens in engen Grenzen ermöglicht. Das Gericht kann auf seine Urteile zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 bis
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 61 Rechtskraft - Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft.
123 BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt (ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 121
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
BGG). Ein solcher Revisionsgrund ist ausdrücklich geltend zu machen, wobei es nicht genügt, das Vorliegen eines solchen zu behaupten (bereits zitierte Urteile 8F 9/2009 E. 1.1 und 8F 2/2008 E. 3.1).

2.

2.1. Gestützt auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) di Trizio gegen Schweiz vom 2. Februar 2016 ruft die Gesuchstellerin den Revisionsgrund nach Art. 122
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 122 Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention - Die Revision wegen Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950105 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
BGG an. Danach kann die Revision eines bundesgerichtlichen Entscheides infolge einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) verlangt werden, wenn der EGMR in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind (lit. a); eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen (lit. b); und die Revision notwendig erscheint, um die Verletzung zu beseitigen (lit. c; vgl. BGE 136 I 158 E. 2.1 S. 162 f. mit Hinweisen auf die Literatur). Die drei Voraussetzungen in lit. a bis c müssen kumulativ erfüllt sein (BGE 137 III 332 E. 2.3 S. 335). Das Gesuch ist beim Bundesgericht innert 90 Tagen einzureichen, nachdem das Urteil des EGMR endgültig (vgl. Art. 44
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 44 Endgültige Urteile - (1) Das Urteil der Grossen Kammer ist endgültig.
a  wenn die Parteien erklären, dass sie die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer nicht beantragen werden,
b  drei Monate nach dem Datum des Urteils, wenn nicht die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer beantragt worden ist, oder
c  wenn der Ausschuss der Grossen Kammer den Antrag auf Verweisung nach Artikel 43 abgelehnt hat.
EMRK) geworden ist (Art. 124 Abs. 1 lit. c
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 124 Frist - 1 Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
1    Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
a  wegen Verletzung der Ausstandsvorschriften: innert 30 Tagen nach der Entdeckung des Ausstandsgrundes;
b  wegen Verletzung anderer Verfahrensvorschriften: innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids;
c  wegen Verletzung der EMRK111: innert 90 Tagen, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Artikel 44 EMRK endgültig geworden ist;
d  aus anderen Gründen: innert 90 Tagen nach deren Entdeckung, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids oder nach dem Abschluss des Strafverfahrens.
2    Nach Ablauf von zehn Jahren nach der Ausfällung des Entscheids kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser:
a  in Strafsachen aus den Gründen nach Artikel 123 Absatz 1 und 2 Buchstabe b;
b  in den übrigen Fällen aus dem Grund nach Artikel 123 Absatz 1.
3    Die besonderen Fristen nach Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008112 bleiben vorbehalten.113
BGG). Findet das Bundesgericht, dass der Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet neu (Art. 128 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 128 Entscheid - 1 Findet das Bundesgericht, dass der Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet neu.
1    Findet das Bundesgericht, dass der Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet neu.
2    Wenn das Gericht einen Rückweisungsentscheid aufhebt, bestimmt es gleichzeitig die Wirkung dieser Aufhebung auf einen neuen Entscheid der Vorinstanz, falls in der Zwischenzeit ein solcher ergangen ist.
3    Entscheidet das Bundesgericht in einer Strafsache neu, so ist Artikel 415 StPO114 sinngemäss anwendbar.115
BGG).

2.2. Voraussetzung der Revision nach Art. 121 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
. BGG ist eine entsprechende Legitimation der Gesuchstellerin. Grundsätzlich verlangt ist die Teilnahme am vorausgegangenen Verfahren als Partei. Mit anderen Worten knüpft die Legitimation zum Revisionsgesuch an die Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation an resp. ist mit dieser identisch (BGE 138 V 161 E. 2.5.2 S. 167). Im Lichte dieser Rechtsprechung ist im Rahmen von Art. 122 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 122 Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention - Die Revision wegen Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950105 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
BGG zur Einreichung eines Revisionsgesuchs legitimiert, wer im Verfahren, das zum konventionswidrigen Entscheid geführt hat, Parteistellung hatte und deshalb an der Wiederaufnahme ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann (Urteil 5F 6/2008 vom 18. Juli 2008 E. 1, in: SJ 2009 I S. 53; HEINZ AEMISEGGER, Zur Umsetzung der EMRK in der Schweiz, Jusletter vom 20. Juli 2009, S. 6; a.M. MARTIN E. LOOSER, Verfassungsgerichtliche Rechtskontrolle gegenüber schweizerischen Bundesgesetzen, Eine Bestandesaufnahme unter Berücksichtigung der amerikanischen und deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit sowie der heutigen bundesgerichtlichen Praxis, St. Galler Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 21, Zürich 2011, S. 1011).

2.3. Nach dem Gesagten ist die Gesuchstellerin zur Einreichung des Revisionsgesuchs gestützt auf das Urteil des EGMR di Trizio gegen Schweiz vom 2. Februar 2016 nicht legitimiert, da sie im Verfahren, welches zum konventionswidrigen Entscheid geführt hat, keine Parteistellung hatte. Auf das Gesuch ist daher nicht einzutreten.

3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Gesuchstellerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Gesuchstellerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. September 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Huber