Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 562/2020

Urteil vom 23. Juni 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiberin Schär.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Wiedererwägungsgesuch (Strafbefehl),

Beschwerde gegen den Zirkulationsentscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 23. April 2020 (AK.2020.118-AK, AK.2020.119-AP).

Sachverhalt:

A.
A.A.________ ist somalische Staatsangehörige und gelangte im Jahr 2009 nach Bulgarien, wo sie Aufnahme fand. Ende 2010 heiratete sie den in der Schweiz vorläufig aufgenommenen A.B.________. Mitte 2012 reiste sie sodann via Schweden, Dänemark und Deutschland in die Schweiz, wo sie für sich und ihr Kind Asyl beantragte. Das Asylgesuch wurde abgewiesen. A.A.________ wurde sodann - nach Rechtsmittelergreifung und zahlreichen verfahrensrechtlichen Weiterungen - Frist bis zum 17. März 2017 angesetzt, um die Schweiz zu verlassen.

Am 6. Mai 2018 ergab die Polizeikontrolle am Wohnort des Ehemannes von A.A.________, dass sich jene nach wie vor dort aufhielt und nicht aus der Schweiz ausgereist war. Sie wurde daher mit Strafbefehl vom 3. Juli 2018 wegen rechtswidrigen Aufenthalts schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 600.--verurteilt. Der Strafbefehl ist in Rechtskraft erwachsen.

Am 14. November 2018 wurde das Asylverfahren wiederaufgenommen. Mit Entscheid des Staatssekretariats für Migration vom 4. Juli 2019 wurde der Asylantrag von A.A.________ abgelehnt und es wurde deren Wegweisung aus der Schweiz verfügt. Da der Vollzug der Wegweisung nicht zumutbar ist, wurde A.A.________ mit Wirkung ab 4. Juli 2019 vorläufig in der Schweiz aufgenommen.

Im weiteren Verlauf gelangte A.A.________ zweimal mit einem "Wiedererwägungsgesuch" an das Untersuchungsamt St. Gallen. Dieses leitete beide Gesuche als Revisionsgesuche an die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen weiter, welche das erste mit Entscheid vom 14. Oktober 2019 abwies und das zweite mit Entscheid vom 28. Februar 2020 als erledigt abschrieb. Die Abschreibung erfolgte, weil A.A.________ erklärt hatte, kein Revisionsbegehren, sondern ein "Wiedererwägungsgesuch" gestellt zu haben. Über ein solches habe das Untersuchungsamt St. Gallen zu befinden.

Mit Verfügung vom 10. März 2020 trat das Untersuchungsamt auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein.

B.
Gegen den Entscheid des Untersuchungsamts St. Gallen vom 10. März 2020 erhob A.A.________ Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantonsgerichts St. Gallen. Die Anklagekammer wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. April 2020 ab.

C.
A.A.________ führt Beschwerde in Strafsachen sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer St. Gallen vom 23. April 2020. Sie beantragt, der Entscheid der Anklagekammer sei aufzuheben und es sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Wiedererwägungsgesuch an die Hand zu nehmen. Weiter sei der Strafvollzug vorsorglich auszusetzen. Für das bundesgerichtliche Verfahren beantragt A.A.________ die unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Die von der Beschwerdeführerin zusätzlich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (vgl. Art. 113
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 113 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist.
BGG; Urteil 6B 836/2019 vom 14. Mai 2020 E. 1).

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz stelle den Sachverhalt unrichtig fest. In der Verfügung des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom 14. November 2018 werde ausdrücklich festgehalten, dass der negative Asylentscheid des ehemaligen Bundesamts für Migration (BFM) vom 5. März 2013 aufgehoben werde. Damit sei auch die Ausreisepflicht aufgehoben worden und sie könne sich durchgehend auf ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht gemäss Art. 42
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) berufen. Mit dem Wegfall der Ausreisepflicht sei eine Strafbarkeitsvoraussetzung entfallen. Die Beschwerdeführerin habe sich daher nicht des rechtswidrigen Aufenthalts schuldig gemacht. Dass sie erst mit Eröffnung der Verfügung vom 4. Juli 2019 vorläufig aufgenommen sei und damit das asylrechtliche durch ein ausländergesetzliches Anwesenheitsrecht abgelöst worden sei, sei entgegen der Ansicht der Vorinstanz strafrechtlich unerheblich. Gestützt auf diesen Sachverhalt habe sie beantragt, dass der Strafbefehl vom 3. Juli 2018 in Wiedererwägung gezogen werde. Die Wiedererwägung sei zwar in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen. Es sei aber die einzige in Frage kommende Möglichkeit, um die durch den Strafvollzug drohende
Grund- und Menschenrechtsverletzung zur amtlichen Beurteilung zu bringen. Die Wiedererwägung müsse daher im vorliegenden Fall ausnahmsweise zulässig sein. Der vorinstanzliche Entscheid sei daher aufzuheben und die Sache zur Durchführung eines Wiedererwägungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, gegen einen rechtskräftigen Strafbefehl stehe einzig die Revision im Sinne von Art. 410 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
1    Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
a  neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen;
b  der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht;
c  sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden.
2    Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4    Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
. StPO offen. Die Wiedererwägung rechtskräftiger Strafentscheide sei hingegen in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen. Verfassungs- und völkerrechtliche Rügen könnten ohne Weiteres auf dem ordentlichen und ausserordentlichen Rechtsmittelweg geltend gemacht werden. Dafür bedürfe es keiner übergesetzlicher Rechtsmittel. Entsprechend bestehe in der Strafprozessordnung auch keine Lücke, welche durch die Strafjustizbehörden zu schliessen wäre.

Die Beschwerdeführerin beabsichtige die Durchbrechung der Rechtskraft des gegen sie ergangenen Strafbefehls vom 3. Juli 2018. Solches wäre aber einzig mittels Revision möglich. Die Strafkammer des Kantonsgerichts habe ein solches Revisionsgesuch am 14. Oktober 2019 abgewiesen. Darin habe sie ergänzend erwogen, dass die Beschwerdeführerin erst mit Wirkung ab dem 4. Juli 2019 und nicht etwa rückwirkend, vorläufig in der Schweiz aufgenommen worden sei. Sie sei indessen wegen eines Sachverhalts verurteilt worden, der sich in den Jahren 2017 und 2018 und damit früher ereignet habe. In Bezug auf die nun zu vollziehende Freiheitsstrafe könne die Beschwerdeführerin aus der migrationsrechtlichen Verfügung des SEM folglich nichts zu ihren Gunsten ableiten. Der in Rechtskraft erwachsene Strafbefehl erscheine daher auch in der Sache weiterhin begründet, weshalb erst recht kein Anlass bestehe, der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf ein übergesetzliches Rechtsmittel zuzuerkennen.

2.3. Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesstrafgerichts (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG). Anfechtungsobjekt bildet der Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 23. April 2020. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde die Asylentscheide, den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen betreffend Revisionsgesuch vom 14. Oktober 2019, den Nichteintretensentscheid des Untersuchungsamts St. Gallen vom 10. März 2020 oder das Strafbefehlsverfahren kritisiert, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.4. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, stellt die Revision die einzige Rechtsmittelmöglichkeit in Bezug auf rechtskräftige Strafentscheide dar. Sie ist in Art. 410 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
1    Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
a  neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen;
b  der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht;
c  sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden.
2    Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4    Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
. StPO geregelt. Die Wiedererwägung ist in der Strafprozessordnung hingegen nicht vorgesehen. Nach Art. 410 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
1    Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
a  neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen;
b  der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht;
c  sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden.
2    Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4    Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
StPO kann die Revision eines rechtskräftigen Strafbefehls verlangt werden, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen. Nach dem Urteil eingetretene Umstände oder eine nachträgliche Entwicklung sind nicht neu und daher nicht geeignet, eine Revision zu begründen (Urteil 6B 836/2016 vom 7. März 2017 E. 1.3.2 mit Hinweis).

Das Kantonsgericht hat in seinem Entscheid vom 14. Oktober 2019 betreffend das Revisionsgesuch geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Revision gegeben sind und hat dies verneint. Es hielt fest, dass die Verfügung des SEM vom 14. November 2018 sowie der Asylentscheid vom 4. Juli 2019 erst nach Erlass des Strafbefehls ergangen seien, weshalb es sich dabei um eine nachträgliche Entwicklung handle. Dies vermöge keine Revision des Strafbefehls zu begründen.
Die Vorschriften der Revision können nicht auf dem Wege der Wiedererwägung umgangen werden. Vielmehr ist die Revision rechtskräftiger Entscheide nur unter eingeschränkten, gesetzlich klar definierten Voraussetzungen zulässig. Diesbezüglich liegt weder eine Gesetzeslücke vor noch verletzt die Beschränkung des Zugangs zum Revisions verfahren die Rechtsweggarantie gemäss Bundesverfassung und EMRK oder die zahlreichen weiteren, von der Beschwerdeführerin angerufenen Verfassungs- und Konventionsbestimmungen (Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
, Art. 10
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
, Art. 26
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 26 Eigentumsgarantie - 1 Das Eigentum ist gewährleistet.
1    Das Eigentum ist gewährleistet.
2    Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt.
und Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
1    Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
2    Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.
3    Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.
4    Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.
BV, Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
und Art. 5
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK, Art. 7
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 7 - Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Insbesondere darf niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden.
und Art. 9
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 9 - (1) Jedermann hat ein Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit. Niemand darf willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden. Niemand darf seine Freiheit entzogen werden, es sei denn aus gesetzlich bestimmten Gründen und unter Beachtung des im Gesetz vorgeschriebenen Verfahrens.
UNO-Pakt II). Die Rechtsweggarantie verbürgt nämlich keinen schrankenlosen Zugang zum Gericht. Ein Rechtsweg besteht nur im Rahmen der jeweils geltenden Prozessordnung, und die Garantie verbietet insbesondere auch nicht, das Eintreten auf ein Rechtsmittel von den üblichen Sachurteilsvoraussetzungen abhängig zu machen (vgl. BGE 137 II 409 E. 4.2 S. 411 mit Hinweisen; Urteil 6B 103/2016 vom 13. Mai 2016 E. 2.4.1). Ebenfalls nicht ersichtlich ist, inwiefern die Vorinstanz ihre Begründungspflicht verletzt haben sollte. Aus dem vorinstanzlichen Entscheid geht hervor, von welchen Überlegungen sich die Vorinstanz hat leiten lassen und worauf sie ihren
Entscheid stützt. Die Vorinstanz hat den Nichteintretensentscheid des Untersuchungsamts St. Gallen vom 10. März 2020 zu Recht bestätigt. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zur behaupteten Verletzung von Art. 9
IR 0.107 Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes
KRK Art. 9 - (1) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei denn, dass die zuständigen Behörden in einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese Trennung zum Wohl des Kindes notwendig ist. Eine solche Entscheidung kann im Einzelfall notwendig werden, wie etwa wenn das Kind durch die Eltern misshandelt oder vernachlässigt wird oder wenn bei getrennt lebenden Eltern eine Entscheidung über den Aufenthaltsort des Kindes zu treffen ist.
der Kinderrechtskonvention (KRK; SR 0.107) aufgrund des Verzichts der Anhörung der minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin im Strafverfahren.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG). Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Ihren angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
1    Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
2    Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien.
3    Sie beträgt in der Regel:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken.
4    Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten:
a  über Sozialversicherungsleistungen;
b  über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts;
c  aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken;
d  nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223.
5    Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4.
BGG). Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Der Beschwerdeführerin werden die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juni 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Schär