Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess
{T 7}
I 200/04

Urteil vom 22. September 2004
IV. Kammer

Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hadorn

Parteien
C.________, 1994, Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter M.________ und diese vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin

Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 25. Februar 2004)

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 15. Juli 2003 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein Gesuch von C.________ (geb. am 27. Januar 1994) um medizinische Massnahmen zur Behandlung eines angeborenen Psychoorganischen Syndroms (POS) ab. Diese Verfügung bestätigte die IV-Stelle mit Einspracheentscheid vom 6. Oktober 2003.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. Februar 2004 ab.
C.________, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Gewährung medizinischer Massnahmen beantragen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zum Anspruch Minderjähriger auf medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen im Allgemeinen (Art. 3 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 3 Krankheit - 1 Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
1    Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
2    Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen.
ATSG, Art. 13 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
IVG, Art. 1 Abs. 1
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff - 1 Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich.
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
und 2
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff - 1 Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich.
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
GgV, Art. 2 Abs. 3
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 2 Beginn und Umfang des Anspruchs - 1 Der Anspruch beginnt mit der Einleitung von medizinischen Massnahmen, frühestens jedoch nach vollendeter Geburt.
1    Der Anspruch beginnt mit der Einleitung von medizinischen Massnahmen, frühestens jedoch nach vollendeter Geburt.
2    Wird die Behandlung eines Geburtsgebrechens nur übernommen, weil eine im Anhang festgelegte Therapie notwendig ist, so beginnt der Anspruch mit der Einleitung dieser Massnahme; er umfasst alle medizinischen Massnahmen, die in der Folge zur Behandlung des Geburtsgebrechens notwendig sind.
3    Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben.
GgV) und bei einem POS im Besonderen (Ziff. 404 GgV Anhang) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 122 V 113) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob medizinische Massnahmen gestützt auf Ziff. 404 GgV Anhang zuzusprechen sind. Dabei geht es um die Frage, ob die Diagnose und der Behandlungsbeginn rechtzeitig, d.h. vor Vollendung des 9. Altersjahres erfolgt sind.
2.1 Der Sachverhalt ist unbestritten: Am 10. Januar 2003 fand ein Erstgespräch des Versicherten und seiner Mutter mit Dr. med. W.________, FMH Kinder- und Jugendpsychiatrie, statt. Dabei wurde die Verdachtsdiagnose eines ADHD (attention deficit hyperactivity disorder; vgl. Urteil B. vom 3. Mai 2004, I 756/03) resp. POS gestellt. Am 17.Januar 2003 fand eine weitere Abklärungssitzung statt. Am 24. Januar 2003 bestätigte sich die Diagnose eines ADHD. Am 27. Januar 2003 vollendete der Versicherte das 9. Altersjahr. Am 31. Januar 2003 fand eine Sitzung mit der Mutter statt, bei welcher Dr. W.________ Informationen über die Diagnose abgab und Fragebogenresultate besprach. Am 7. Februar 2003 führte Dr. W.________ erstmals eine Spieltherapiesitzung mit dem Versicherten durch. Derartige Sitzungen fanden in der Folge regelmässig statt.
2.2 Auf Grund dieser Krankengeschichte steht fest, dass die Diagnose nicht schon am 10. Januar 2003 gestellt wurde. Denn rechtsprechungsgemäss genügt eine Verdachtsdiagnose nicht (Urteil G. vom 5. September 2001, I 554/00). Hingegen könnte die Diagnose als am 24. Januar 2003, somit gerade noch rechtzeitig, gestellt gelten, wenn das ADHD einem POS gleichgestellt würde. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben. Denn die Behandlung wurde jedenfalls nicht vor dem 9. Altersjahr begonnen. Nach der Rechtsprechung genügen Beratungen der Eltern nicht, um den Begriff des Behandlungsbeginns zu erfüllen (Urteile F. vom 7. September 2001, 37/01, und R. vom 6. Juli 2001, I 569/00). Die Behandlung hat erst mit der eigentlichen Therapie des Versicherten selbst begonnen. Dies war vorliegend an der ersten Spieltherapiesitzung vom 7. Februar 2003, somit nach Vollendung des 9. Altersjahres, der Fall. Was der Beschwerdeführer dagegen vorträgt, läuft im Ergebnis darauf hinaus, die beiden klaren Anspruchsvoraussetzungen der rechtzeitigen Diagnose und des rechtzeitigen Behandlungsbeginns zu vermengen, was aus Gründen der Rechtssicherheit nicht angeht.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 22. September 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: