Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2017.2-6

Beschluss vom 20. März 2017 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Andreas J. Keller und Tito Ponti, Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

A., vertreten durch Rechtsanwälte Laurent Moreillon und Miriam Mazou,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschlagnahme (Art. 263 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 263 Grundsatz - 1 Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich:
1    Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich:
a  als Beweismittel gebraucht werden;
b  zur Sicherstellung von Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen und Entschädigungen gebraucht werden;
c  den Geschädigten zurückzugeben sind;
d  einzuziehen sind;
e  zur Deckung von Ersatzforderungen des Staates gemäss Artikel 71 StGB145 gebraucht werden.
2    Die Beschlagnahme ist mit einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl anzuordnen. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
3    Ist Gefahr im Verzug, so können die Polizei oder Private Gegenstände und Vermögenswerte zuhanden der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte vorläufig sicherstellen.
. StPO)

Sachverhalt:

A. Die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA") führt ein Strafverfahren (SV.16.1896) gegen A. wegen des Verdachts der Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 322septies - Wer einem Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, einem Beamten, einem amtlich bestellten Sachverständigen, Übersetzer oder Dolmetscher, einem Schiedsrichter oder einem Angehörigen der Armee, die für einen fremden Staat oder eine internationale Organisation tätig sind, im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt,
StGB), der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 158 - 1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3    Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB), evtl. der Veruntreuung (Art. 138
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern,
1    Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern,
2    Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft.
StGB).

B. Die BA erliess am 22. Dezember 2016 mit "Auskunft, Edition, Kontosperre und Mitteilungsverbot" betitelte Verfügungen, mit der namentlich folgende Konten von A. gesperrt wurden (BB.2017.2-6 act. 1.1):

· Nr. 1 bei der Bank B.; Nr. 2 bei der Bank B.; Nr. 3 bei der Bank B.;

· Nr. 4 bei der Bank C.;

· Nr. 5 bei der Bank D.;

· Nr. 6 bei Bank E.; Nr. 7 bei Bank E.; Nr. 8 bei Bank E.;

· Nr. 9 bei Bank F.

C. Gegen diese Kontosperren liess A. am 5. Januar 2017 Beschwerden führen (act. 1 Verfahren BB.2017.2-6). Die Beschwerden beantragen im Hauptpunkt, die im Verfahren SV.16.1896 ergangenen Kontosperren seien aufzuheben (act. 1 S. 14).

Die Beschwerdeantworten der BA vom 3. Februar 2017 (BB.2017.2-6 act. 6) beantragen, die Beschwerden seien abzuweisen. Die Repliken vom 23. Februar 2017 (BB.2017.2-6 act. 12) halten an den gestellten Anträgen fest. Sie wurden der BA am 27. Februar 2017 zur Kenntnis zugestellt (BB.2017.2-6 act. 13).

D. Am 9. März 2017 hob die BA die Kontensperren teilweise auf. Dabei gab sie folgende Konten frei (BB.2017.2-6 act. 14.1, 14.2, 14.3, 14.4):

· Nr. 1 bei der Bank B.; Nr. 2 bei der Bank B.;

· Nr. 4 bei der Bank C.;

· Nr. 5 bei der Bank D.;

· Nr. 7 bei Bank E.

E. Mit Eingabe vom 10. März 2017 stellt der Beschwerdeführer zunächst fest, dass die Beschwerden nach den Freigaben der BA zum überwiegenden Teil gegenstandslos geworden seien. Er zieht, als Ergebnis seiner Darlegungen, die Beschwerden BB.2017.2-6 zurück. Bezüglich Kosten seien den Parteien keine Kosten aufzuerlegen. Subsidiär beantrage er, und dies in Übereinstimmung mit der BA, dass zwei Drittel der Staatskasse und ein Drittel dem Beschwerdeführer aufzuerlegen seien (BB.2017.2-6 act. 14). Auf Nachfrage vom 13. März 2017 präzisierte er am 15. März 2017, auf eine Prozessentschädigung zu verzichten (BB.2017.2-6 act. 15, 16).

Die Eingaben des Beschwerdeführers wurden der BA zur Kenntnis zugestellt (BB.2017.2-6 act. 15, 17: 13. und 16. März 2017).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Die Beschwerdeverfahren BB.2017.2-6 haben die gleichen Parteien und den gleichen Verfahrensgegenstand. Sie unterscheiden sich nur durch die beschlagnahmten Vermögenswerte und sind, wie auch von den Parteien übereinstimmend beantragt (BB.2017.2-6 act. 6 S. 2 Ziff. 2; act. 4 S. 1), zu vereinen.

2.

2.1 Beschwerdevoraussetzung ist, dass ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides besteht (Art. 382 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 382 Legitimation der übrigen Parteien - 1 Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen.
1    Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen.
2    Die Privatklägerschaft kann einen Entscheid hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion nicht anfechten.
3    Nach dem Tode der beschuldigten oder verurteilten Person oder der Privatklägerschaft können die Angehörigen im Sinne von Artikel 110 Absatz 1 StGB263 in der Reihenfolge der Erbberechtigung ein Rechtsmittel ergreifen oder das Rechtsmittelverfahren weiterführen, soweit sie in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind.
StPO; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Berner Diss., Zürich/ St. Gallen 2011, S. 100 N. 232, S. 109 N. 259). Soweit die BA die Kontosperren am 9. März 2017 aufgehoben hat (act. 14.1), fehlt es der Beschwerde an einem Anfechtungsobjekt und dem Beschwerdeführer an einer Beschwer: Das Verfahren ist insoweit gegenstandslos geworden und entsprechend von der Geschäftskontrolle als erledigt abzuschreiben.

2.2 Für den übrigen Verfahrensteil hat der Beschwerdeführer die Beschwerde zurückgezogen (act. 14). Diesbezüglich ist die Beschwerde zufolge Rückzugs abzuschreiben.

3.

3.1 In der StPO fehlt eine gesetzliche Grundlage, um bei einvernehmlichen Verfahrenserledigungen von Gerichtskosten Umgang zu nehmen. Dies wäre allenfalls unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person möglich (Art. 425
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 425 Stundung und Erlass - Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden.
StPO; Domeisen, Basler Kommentar, 2. Aufl., 2014, N. 3 zu Art. 425
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 425 Stundung und Erlass - Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden.
StPO), was vorliegend ausscheidet.

3.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer ein Drittel der Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 428 Kostentragung im Rechtsmittelverfahren - 1 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht.
1    Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht.
2    Erwirkt eine Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen hat, einen für sie günstigeren Entscheid, so können ihr die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn:
a  die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind; oder
b  der angefochtene Entscheid nur unwesentlich abgeändert wird.
3    Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung.
4    Hebt sie einen Entscheid auf und weist sie die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück, so trägt der Bund oder der Kanton die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und, nach Ermessen der Rechtsmittelinstanz, jene der Vorinstanz.
5    Wird ein Revisionsgesuch gutgeheissen, so entscheidet die Strafbehörde, die anschliessend über die Erledigung der Strafsache zu befinden hat, nach ihrem Ermessen über die Kosten des ersten Verfahrens.
StPO). Die volle Gerichtsgebühr wäre auf Fr. 600.-- festzusetzen (Art. 73
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz
StBOG Art. 73 Kosten und Entschädigung - 1 Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
1    Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement:
a  die Berechnung der Verfahrenskosten;
b  die Gebühren;
c  die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen.
2    Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand.
3    Es gilt ein Gebührenrahmen von 200-100 000 Franken für jedes der folgenden Verfahren:
a  Vorverfahren;
b  erstinstanzliches Verfahren;
c  Rechtsmittelverfahren.
StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]). Dem Beschwerdeführer ist somit eine entsprechend (auf einen Drittel) reduzierte Gebühr von Fr. 200.-- aufzuerlegen.

Vom Verzicht auf eine Prozessentschädigung ist Vormerk zu nehmen.

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Verfahren BB.2017.2, BB.2017.3, BB.2017.4, BB.2017.5 und BB.2017.6 werden vereinigt.

2. Soweit nicht gegenstandslos geworden, wird das Verfahren infolge Rückzugs der Beschwerde abgeschrieben.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. Vom Verzicht auf eine Prozessentschädigung wird Vormerk genommen.

Bellinzona, 21. März 2017

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Rechtsanwälte Laurent Moreillon und Miriam Mazou

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 103 Aufschiebende Wirkung - 1 Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
1    Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
2    Die Beschwerde hat im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung:
a  in Zivilsachen, wenn sie sich gegen ein Gestaltungsurteil richtet;
b  in Strafsachen, wenn sie sich gegen einen Entscheid richtet, der eine unbedingte Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme ausspricht; die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nicht auf den Entscheid über Zivilansprüche;
c  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie sich gegen eine Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung richtet, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt;
d  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen.
3    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen.
BGG).