Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C 718/2013 {T 0/2}

Urteil vom 12. August 2014

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Fürsprecherin Daniela Mathys,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 21. August 2013.

Sachverhalt:

A.
A.________ bezieht wegen Beeinträchtigungen an Rücken, Schulter und Hüfte seit Juli 2005 eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung (Verfügung vom 4. Februar 2009). Im Rahmen einer Überprüfung der Invalidenrente ordnete die IV-Stelle des Kantons Bern am 5. April 2013 eine orthopädische und psychiatrische Untersuchung im Medizinischen Gutachtenzentrum D.________ an. A.________ erhob gegen die dort tätigen Dres. med. B.________ und C.________ Einwände und machte Gegenvorschläge. Die IV-Stelle hielt am vorgesehenen Begutachtungsauftrag fest (Verfügung vom 30. April 2013).

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 21. August 2013).

C.
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die IV-Stelle, eventualiter das kantonale Gericht, zu verpflichten, ihm "die Mitwirkungsrechte gemäss BGE 137 V 210 einzuräumen und ein Einigungsverfahren durchzuführen zur Bestellung von fachkompetenten, unabhängigen und unparteilichen, im Kanton U.________ tätigen Gutachtern der Fachrichtungen Orthopädie und Psychiatrie". Die Ablehnungsgesuche gegen Dres. med. B.________ und C.________ seien gutzuheissen.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht nimmt ebenfalls Stellung. Die IV-Stelle verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 f
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
. BGG. In diesem Rahmen kann ein Entscheid betreffend Fragen der Anordnung einer Administrativbegutachtung nur an das Bundesgericht weitergezogen werden, sofern der angefochtene Entscheid den Ausstand einer sachverständigen Person im konkreten Fall betrifft (vgl. Art. 92 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
BGG; BGE 138 V 271). Hinsichtlich anderer Aspekte prüft das Bundesgericht die Bundesrechtskonformität der Gutachtenanordnung gegebenenfalls zusammen mit dem Endentscheid (vgl. Art. 93 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG).

Diese Eintretensordnung gilt auch im Zusammenhang mit der Einholung einer mono- oder, wie hier, bidisziplinären Expertise (in BGE 139 V 349 nicht publizierte E. 1.2.2 des Urteils 9C 207/2012 vom 3. Juli 2013). Auf die Beschwerde ist demzufolge nur insoweit einzutreten, als formelle Ablehnungsgründe im Raum stehen.

2.
Auszugehen ist von folgendem Verfahrensablauf: Mit Schreiben vom 5. April 2013 teilte die IV-Stelle dem Beschwerdeführer mit, zur Klärung des Leistungsanspruchs sei eine orthopädische und psychiatrische Untersuchung notwendig. Der Auftrag gehe an das Medizinische Gutachtenzentrum D.________ und dort an den Orthopäden Dr. B.________ sowie den Psychiater Dr. C.________. Durch seine Rechtsvertreterin liess der Beschwerdeführer um Akteneinsicht sowie um Auskunft über die Gründe für eine medizinische Abklärung ersuchen. Vorab rügte er, seine gesundheitliche Beeinträchtigung mache eine Begutachtung in V.________ unzumutbar. Für eine bidisziplinäre Begutachtung seien Sachverständige aus der Wohnregion der versicherten Person beizuziehen. Zudem seien die Gutachten der benannten Ärzte von bekannt mangelhafter Qualität (Schreiben vom 16. April 2013).

Die Verwaltung begründete die Abklärungsmassnahme damit, der Versicherte habe anlässlich einer Überprüfung des Rentenanspruchs eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht. Diese sei im Hinblick auf die angestammte Tätigkeit des Goldschmieds nicht gänzlich nachvollziehbar, wie sich aus einer Beurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 3. April 2013 ergebe (Schreiben vom 18. April 2013). Mit Zuschrift vom 25. April 2013 berief sich der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung, wonach sich die IV-Stelle um eine einvernehmliche Gutachtenseinholung zu bemühen habe, wenn materielle Einwendungen erhoben würden oder der Ausstand von Gutachtern verlangt werde. Zugleich schlug er verschiedene Sachverständige vor. Im Übrigen begründete er die Ablehnung der Dres. med. B.________ und C.________ mit einem Schreiben, worin sich die beiden Ärzte in einem anderen Fall über den dortigen Rechtsvertreter im Besonderen und über im Versicherungsrecht tätige Rechtsanwälte im Allgemeinen despektierlich ausliessen. Diese Ausführungen begründeten den Anschein der Voreingenommenheit gegenüber dem ebenfalls anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer. Das Schreiben werde ins Recht gelegt, sofern die IV-Stelle an den beiden
Gutachtern festhalte. Ausserdem kritisierte der Beschwerdeführer den Aktenvermerk des RAD vom 3. April 2013 in näher bezeichneten Punkten als "unseriös und tendenziös". Die IV-Stelle reagierte unmittelbar mit der Verfügung vom 30. April 2013, worin sie an ihrem Vorgehen bezüglich medizinischer Abklärung festhielt. Die Gutachter seien ihr bekannt, deren Tätigkeit "objektiv und unvoreingenommen und deshalb nicht zu beanstanden". Es bestehe kein Ablehnungsgrund.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die von der IV-Stelle vorgesehenen Gutachter seien gegenüber anwaltlich vertretenen Versicherten voreingenommen. Ausfälligkeiten in einem andern Verfahren belegten, dass sie auf Kritik unverhältnismässig reagierten. Dieses Vorbringen dringt ausstandsrechtlich nicht durch, da überhaupt keine Anhaltspunkte dafür bestehen, die in jener Sache geübte Ausdrucksweise der Experten werde sich auf den Beschwerdeführer irgendwie negativ auswirken. Ein formeller Ausstandsgrund liegt nicht vor.
3.2 Der nahe der Stadt U.________ wohnhafte Beschwerdeführer bringt zudem vor, mit Blick auf seine gesundheitlichen Einschränkungen belaste ihn die lange Reise zur vorgesehenen Gutachterstelle in V.________ übermässig. Aktenkundig ist, dass er wegen des Hüftleidens nicht mehr über längere Zeit hinweg sitzen kann (SUVA-kreisärztlicher Untersuchungsbericht vom 6. Juli 2007, S. 5). Ob eine längere Zugreise deswegen per se unzumutbar ist, muss mit der Vorinstanz bezweifelt werden. So oder anders und obgleich durchaus erklärungsbedürftig bleibt, weshalb die medizinische Abklärung in einer für schweizerische Verhältnisse weit entfernten Gutachtenstelle durchgeführt werden soll, ist allein entscheidend, dass auch dieser Aspekt mit formellen Ausstandsgründen nichts zu tun hat.
3.3 Die nach dem oben Gesagten (E. 2) nicht (versuchsweise) konsensual erfolgte Bestellung der Gutachter begründet ebenfalls nicht deren Befangenheit. Sämtliche Vorbringen in der Beschwerde vermögen daran nichts zu ändern. Ob die IV-Stelle, wie das kantonale Gericht entschied, unter den gegebenen Umständen zu Recht von einem Einigungsversuch absah, ist daher letztinstanzlich nicht im Zwischenverfahren zu prüfen.
4.
Vielmehr hätte das Bundesgericht den Gesichtspunkt der hier fehlenden konsensualen Gutachterbestellung auf Beschwerde gegen einen allfällig negativen Endentscheid in der Rentensache hin zu prüfen (E. 1). Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt sich folgender Hinweis an die Verfahrensbeteiligten: Die Dres. med. B.________ und C.________ sind für eine Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) nach Art. 59 Abs. 3
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 59 Organisation und Verfahren - 1 Die IV-Stellen haben sich so zu organisieren, dass sie ihre Aufgaben nach Artikel 57 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Weisungen des Bundes fachgerecht und effizient durchführen können.331
1    Die IV-Stellen haben sich so zu organisieren, dass sie ihre Aufgaben nach Artikel 57 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Weisungen des Bundes fachgerecht und effizient durchführen können.331
2    ...332
2bis    ...333
3    Die IV-Stellen können Spezialisten der privaten Invalidenhilfe, Experten, medizinische und berufliche Abklärungsstellen, Fachstellen für die Integration von Ausländerinnen und Ausländern, Vermittlungsstellen für interkulturelles Übersetzen sowie Dienste anderer Sozialversicherungsträger beiziehen.334
4    Die IV-Stellen können mit anderen Versicherungsträgern und den Organen der öffentlichen Sozialhilfe Vereinbarungen über den Beizug der regionalen ärztlichen Dienste abschliessen.335
5    Zur Bekämpfung des ungerechtfertigten Leistungsbezugs können die IV-Stellen Spezialisten beiziehen.336
6    Die IV-Stellen berücksichtigen im Rahmen ihrer Leistungen die sprachlichen, sozialen und kulturellen Besonderheiten der Versicherten, ohne dass diese einen Rechtsanspruch auf eine besondere Leistung ableiten können.337
IVG tätig. Sofern MEDAS bzw. Arztpersonen derselben (ausserhalb des MEDAS-Statuts nach Art. 72bis
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 72bis - 1 Medizinische Gutachten, an denen drei und mehr Fachdisziplinen beteiligt sind, haben bei einer Gutachterstelle zu erfolgen, mit welcher das BSV eine Vereinbarung getroffen hat.
1    Medizinische Gutachten, an denen drei und mehr Fachdisziplinen beteiligt sind, haben bei einer Gutachterstelle zu erfolgen, mit welcher das BSV eine Vereinbarung getroffen hat.
1bis    Medizinische Gutachten, an denen zwei Fachdisziplinen beteiligt sind, haben bei einer Gutachterstelle oder einem Sachverständigen-Zweierteam zu erfolgen, mit der oder dem das BSV eine Vereinbarung getroffen hat.304
2    Die Vergabe der Aufträge erfolgt nach dem Zufallsprinzip.
IVV; BGE 139 V 349 E. 2.2 S. 351) mit einer mono- oder bidisziplinären Begutachtung beauftragt werden, ist im Falle aller zulässigen Einwendungen zwingend konsensorientiert vorzugehen, wie aus BGE 139 V 349 E. 5.4 a.E. S. 357 ausdrücklich hervorgeht (a.M. Urs Müller, Die Rechtslage bei externen mono- und bidisziplinären Gutachten in der Invalidenversicherung, in: Kieser [Hrsg.], Sozialversicherungsrechtstagung 2013, St. Gallen 2014, S. 86). In den übrigen Fällen sind Einigungsbestrebungen zwar auch wünschbar; als zwingend bezeichnet hat sie das Bundesgericht bislang nur bei MEDAS-Ärzten, weil die Gründe für besondere Verfahrensgarantien im Sinne von BGE 137 V 210 weitgehend MEDAS-spezifisch sind. Hier ist das Bedürfnis
grösser, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Gutachterstelle nicht nach dem Zufallsprinzip (über die Vergabeplattform SuisseMED@P) bezeichnet wird.
5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. August 2014

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Traub