Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

8C 516/2019

Urteil vom 12. März 2020

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch B.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung
(vorinstanzliches Verfahren; Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Bundesverwaltungsgerichts
vom 17. Juni 2019 (C-1757/2019).

Sachverhalt:

A.

A.a. Mit Eingabe vom 11. April 2019 erhob die B.________ AG beim Bundesverwaltungsgericht im Namen der A.________ AG Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom 11. März 2019 (Gegenstand: Neueinreihung des Betriebs im Prämientarif 2019). Der Beschwerde beigelegt war eine von der A.________ AG für die B.________ AG ausgestellte Generalvollmacht aus dem Jahr 2006 zur Vertretung gegenüber Versicherungsgesellschaften.

A.b. Weil diese Vollmacht lediglich die Vertretung gegenüber Versicherungsgesellschaften umschloss, ordnete das Bundesverwaltungsgericht mit Verfügung vom 6. Mai 2019 an, es sei innert einer Frist von fünf Tagen entweder eine rechtsgenüglich unterschriebene Beschwerde oder eine entsprechende schriftliche Prozessvollmacht beizubringen; bei unbenutztem Ablauf der Frist werde auf die Beschwerde nicht eingetreten. Die Verfügung wurde sowohl der B.________ AG als auch der A.________ AG eröffnet.

A.c. Die B.________ AG reichte am 8. Mai 2019 eine neue, nunmehr die Vertretung gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich mit umschliessende Vollmacht ein. Als Vollmachtgeber aufgeführt wurde neu die C.________ Holding AG, wobei die Vollmacht sowohl für sie selbst, als auch namentlich erwähnte "Gruppenfirmen" Geltung haben solle. Erwähnt wurde dabei auch die A.________ AG. Für die C.________ Holding AG unterzeichneten D.________ und E.________.

A.d. Mit Entscheid vom 17. Juni 2019 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein.

B.
Dagegen lässt die B.________ AG im Namen der A.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, die Vorinstanz sei in Aufhebung ihres Entscheids zur Fortsetzung des Verfahrens zu verpflichten.

C.
Sowohl das Bundesverwaltungsgericht wie auch die Suva verzichten darauf, sich zur Sache vernehmen zu lassen.

Erwägungen:

1.
Der vorinstanzliche Entscheid umfasst insgesamt neun Seiten und ist in einem einzigen Satz als sogenannter "Dass-Entscheid" verfasst worden. Dies erschwert die Les- und Nachvollziehbarkeit erheblich. Im vorliegenden Fall kann von einer Rückweisung im Sinne von Art. 112 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 112 Eröffnung der Entscheide - 1 Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
1    Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
a  die Begehren, die Begründung, die Beweisvorbringen und Prozesserklärungen der Parteien, soweit sie nicht aus den Akten hervorgehen;
b  die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen;
c  das Dispositiv;
d  eine Rechtsmittelbelehrung einschliesslich Angabe des Streitwerts, soweit dieses Gesetz eine Streitwertgrenze vorsieht.
2    Wenn es das kantonale Recht vorsieht, kann die Behörde ihren Entscheid ohne Begründung eröffnen. Die Parteien können in diesem Fall innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen. Der Entscheid ist nicht vollstreckbar, solange nicht entweder diese Frist unbenützt abgelaufen oder die vollständige Ausfertigung eröffnet worden ist.
3    Das Bundesgericht kann einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
4    Für die Gebiete, in denen Bundesbehörden zur Beschwerde berechtigt sind, bestimmt der Bundesrat, welche Entscheide ihnen die kantonalen Behörden zu eröffnen haben.
BGG abgesehen werden, da der vorinstanzliche Entscheid trotz "Dass-Form" gerade noch hinreichend verständlich ist (vgl. Urteile 8C 353/2019 vom 2. September 2019 E. 1 und 5A 1016/2018 vom 9. Oktober 2019 E. 2).

2.
Das Bundesverwaltungsgericht begründet das Nichteintreten damit, mit Verfügung vom 6. Mai 2019 sowohl die Rechtsmitteleinlegerin wie auch die A.________ AG selbst hinreichend klar darauf hingewiesen zu haben, dass innert der gesetzten Frist entweder die Beschwerdeschrift vom 11. April 2019 durch die A.________ AG selbst zu unterzeichnen oder aber eine von ihr unterzeichnete Vollmacht einzureichen sei; ausgestellt worden sei die Vollmacht aber durch die C.________ Holding AG; eine gültige Vollmacht erteilen könne indessen nur der Vollmachtgeber selber oder aber der von ihm dazu Ermächtigte; insoweit sei auch das neu aufgelegte Schriftstück kein Nachweis für das behauptete Vertretungsverhältnis.

2.1. Bis auf den letzten Punkt ist der Vorinstanz ohne Weiteres zu folgen. Eine Vollmacht kann nur der Vollmachtgeber selbst oder eine von ihm dazu ermächtigte Person einer Drittperson erteilen. Insoweit reicht es eben nicht aus, wenn eine Muttergesellschaft Dritten eine Vollmacht erteilt, um für ihre Tochterunternehmen zu handeln. Denn für eine juristische Person (Art. 52 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
. ZGB), wie für eine handlungsfähige natürliche Person (Art. 13
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 13 - Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist.
ZGB), kann eine andere - juristische oder natürliche - Person nur handeln, wenn sie dazu von jener ermächtigt ist. Sodann dürfen Gerichte jederzeit eine schriftliche Vollmacht verlangen (so für das vorinstanzliche Verfahren ausdrücklich Art. 11 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 11 - 1 Auf jeder Stufe des Verfahrens kann die Partei sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer amtlichen Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.30
1    Auf jeder Stufe des Verfahrens kann die Partei sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer amtlichen Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.30
2    Die Behörde kann den Vertreter auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.
3    Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht die Behörde ihre Mitteilungen an den Vertreter.
VwVG in Verbindung mit Art. 37
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG56, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
VGG) und sich dabei durchaus einer gewissen Formstrenge bedienen (s. Urteile 5A 561/2016 vom 22. September 2016 E. 3.3 und 9C 793/2013 vom 27. März 2014 E. 1.2, je mit Hinweisen). Entspricht das Beigebrachte nicht dem Geforderten, führt dies in aller Regel direkt zum angedrohten Nichteintreten. Eine neue Nachfrist ist nur ausnahmsweise zu gewähren (vgl. Urteile 2C 1036/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 2.4 und 8C 388/2018 vom 3. September 2018).

2.2. Die Angelegenheit weist nun aber insoweit eine von der Vorinstanz übersehene Besonderheit auf, als die die Vollmacht unterzeichnenden Personen gemäss Handelsregistereintrag nicht nur für die C.________ Holding AG, sondern auch für die A.________ AG zeichnungsberechtigt sind. Wenn daher das fragliche Schriftstück zwar im Namen der C.________ Holding AG unterzeichnet worden ist, darin aber zugleich erklärt wird, die Vollmacht gelte auch für die A.________ AG, erscheint ein Nichteintreten wegen fehlenden Nachweises des von der Rechtsmitteleinlegerin behaupteten Vertretungsverhältnisses als überspitzt formalistisch im Sinne von Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV (dazu BGE 145 I 201 E. 4.2.1 S. 204; 142 I 10 E. 2.4.2 S. 11; 142 V 152 E. 4.2 S. 158; je mit Hinweisen). Allein deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten, weil die Vollmacht rein formal nicht gänzlich dem Geforderten entspricht, geht nicht an.

2.3. Zusammenfassend hätte das Bundesverwaltungsgericht auf die von der Rechtsmitteleinlegerin erhobene Beschwerde nicht mangels ausgewiesener Vollmacht nicht eintreten dürfen. Die Angelegenheit geht daher an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurück.

3.
Die Gerichtskosten sind in Nachachtung von Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 1 BGG ausgangsgemäss der Beschwerdegegnerin zu überbinden. Der Beschwerdeführerin steht gemäss Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG eine Parteientschädigung zu.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2019 wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. März 2020
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel