Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 618/2012

Urteil vom 11. März 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Keller.

Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________, vertreten durch Rechtsanwältin Maja Gehrig,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Rechtswidriger Aufenthalt (Art. 115 Abs. 1 lit. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 115 Rechtswidrige Ein- oder Ausreise, rechtswidriger Aufenthalt und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Einreisevorschriften nach Artikel 5 verletzt;
b  sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält;
c  eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt;
d  nicht über eine vorgeschriebene Grenzübergangsstelle ein- oder ausreist (Art. 7).
2    Die gleiche Strafdrohung gilt, wenn die Ausländerin oder der Ausländer nach der Ausreise aus der Schweiz oder aus den internationalen Transitzonen der Flughäfen in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates unter Verletzung der dort geltenden Einreisebestimmungen einreist oder dazu Vorbereitungen trifft.445
3    Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse.
4    Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren hängig, so wird ein Strafverfahren, das einzig aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eingeleitet wurde, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Weg- oder Ausweisungsverfahrens sistiert. Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren vorgesehen, so kann das Strafverfahren sistiert werden.446
5    Steht aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eine Strafe in Aussicht, deren Verhängung oder Vollzug dem unmittelbar bevorstehenden Vollzug einer rechtskräftigen Weg- oder Ausweisung entgegensteht, so sieht die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung ab.447
6    Die Absätze 4 und 5 gelten nicht, wenn die betroffene Person unter Missachtung eines Einreiseverbots erneut in die Schweiz eingereist ist oder wenn eine Weg- oder Ausweisung aufgrund ihres Verhaltens nicht vollzogen werden konnte.448
AuG),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer,
vom 21. August 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ hätte die Schweiz nach dem rechtskräftigen Entscheid des Bundesamtes für Flüchtlinge per 25. Juli 2002 verlassen müssen. Dies tat sie nicht. Am 27. Januar 2011 wurde sie wegen rechtswidrigen Aufenthaltes verurteilt.
Die Anklage wirft der Angeschuldigten vor, sich zwischen dem 23. Dezember 2010 und dem 5. Oktober 2011 weiterhin widerrechtlich in der Schweiz aufgehalten zu haben.

B.
Das Bezirksgericht Brugg verurteilte die Angeschuldigte wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten und widerrief die bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.-- vom 27. Januar 2011.
Das Obergericht des Kantons Aargau hiess die Berufung der Angeschuldigten am 21. August 2012 gut und stellte das Strafverfahren gegen sie ein.

C.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Angeschuldigte entsprechend dem Urteil des Bezirksgerichts Brugg zu verurteilen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
Das Obergericht des Kantons Aargau verzichtet auf eine Stellungnahme. X.________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, das Rückführungsverfahren habe gegenüber einer Bestrafung wegen illegalen Aufenthalts Vorrang. Aufgrund des Schengen-Besitzstandes sei die Schweiz verpflichtet, die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98 ff.; nachfolgend: EU-Rückführungsrichtlinie) zu beachten. Die Schweiz habe sie gemäss der Beschwerdeführerin in Landesrecht umgesetzt, sich jedoch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht unterworfen. Die EU-Rückführungsrichtlinie sehe vor, dass bei der Wegweisung von illegal anwesenden Personen Zwangsmassnahmen angewendet werden dürften, jedoch nicht müssten. Eine Verpflichtung bestehe insbesondere nicht, wenn sich sämtliche Bemühungen des betreffenden Staates als aussichtslos erwiesen, weil die Person nicht kooperiere. Zudem habe der EuGH lediglich entschieden, dass eine wegen illegalen Aufenthalts ausgesprochene Strafe die Rückführung nicht verzögern und damit die praktische Wirksamkeit der EU-Rückführungsrichtlinie nicht
beeinträchtigen dürfe.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach einem längerem illegalen Aufenthalt könne eine Freiheitsstrafe die Wegweisung nicht mehr beeinträchtigen, da eine freiwillige Ausreise nicht stattfinde und eine sofortige Abschiebung nicht zu erwarten sei. Treffe dieser unwahrscheinliche Fall dennoch ein, könne vom Opportunitätsprinzip gemäss Art. 115 Abs. 4
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 115 Rechtswidrige Ein- oder Ausreise, rechtswidriger Aufenthalt und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Einreisevorschriften nach Artikel 5 verletzt;
b  sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält;
c  eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt;
d  nicht über eine vorgeschriebene Grenzübergangsstelle ein- oder ausreist (Art. 7).
2    Die gleiche Strafdrohung gilt, wenn die Ausländerin oder der Ausländer nach der Ausreise aus der Schweiz oder aus den internationalen Transitzonen der Flughäfen in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates unter Verletzung der dort geltenden Einreisebestimmungen einreist oder dazu Vorbereitungen trifft.445
3    Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse.
4    Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren hängig, so wird ein Strafverfahren, das einzig aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eingeleitet wurde, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Weg- oder Ausweisungsverfahrens sistiert. Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren vorgesehen, so kann das Strafverfahren sistiert werden.446
5    Steht aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eine Strafe in Aussicht, deren Verhängung oder Vollzug dem unmittelbar bevorstehenden Vollzug einer rechtskräftigen Weg- oder Ausweisung entgegensteht, so sieht die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung ab.447
6    Die Absätze 4 und 5 gelten nicht, wenn die betroffene Person unter Missachtung eines Einreiseverbots erneut in die Schweiz eingereist ist oder wenn eine Weg- oder Ausweisung aufgrund ihres Verhaltens nicht vollzogen werden konnte.448
des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) Gebrauch gemacht werden. Es sei realitätsfremd, wenn die Vorinstanz verlange, die Beschwerdegegnerin zuerst in Ausschaffungshaft zu versetzen, bevor ihre Straftaten strafrechtlich geahndet werden könnten. Weder Art. 115 Abs. 4
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 115 Rechtswidrige Ein- oder Ausreise, rechtswidriger Aufenthalt und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Einreisevorschriften nach Artikel 5 verletzt;
b  sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält;
c  eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt;
d  nicht über eine vorgeschriebene Grenzübergangsstelle ein- oder ausreist (Art. 7).
2    Die gleiche Strafdrohung gilt, wenn die Ausländerin oder der Ausländer nach der Ausreise aus der Schweiz oder aus den internationalen Transitzonen der Flughäfen in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates unter Verletzung der dort geltenden Einreisebestimmungen einreist oder dazu Vorbereitungen trifft.445
3    Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse.
4    Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren hängig, so wird ein Strafverfahren, das einzig aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eingeleitet wurde, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Weg- oder Ausweisungsverfahrens sistiert. Ist ein Weg- oder Ausweisungsverfahren vorgesehen, so kann das Strafverfahren sistiert werden.446
5    Steht aufgrund einer Straftat nach Absatz 1 Buchstaben a, b oder d eine Strafe in Aussicht, deren Verhängung oder Vollzug dem unmittelbar bevorstehenden Vollzug einer rechtskräftigen Weg- oder Ausweisung entgegensteht, so sieht die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung ab.447
6    Die Absätze 4 und 5 gelten nicht, wenn die betroffene Person unter Missachtung eines Einreiseverbots erneut in die Schweiz eingereist ist oder wenn eine Weg- oder Ausweisung aufgrund ihres Verhaltens nicht vollzogen werden konnte.448
AuG noch Art. 8
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 8 Verzicht auf Strafverfolgung - 1 Staatsanwaltschaft und Gerichte sehen von der Strafverfolgung ab, wenn das Bundesrecht es vorsieht, namentlich unter den Voraussetzungen der Artikel 52, 53 und 54 des Strafgesetzbuches3 (StGB).
1    Staatsanwaltschaft und Gerichte sehen von der Strafverfolgung ab, wenn das Bundesrecht es vorsieht, namentlich unter den Voraussetzungen der Artikel 52, 53 und 54 des Strafgesetzbuches3 (StGB).
2    Sofern nicht überwiegende Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen, sehen sie ausserdem von einer Strafverfolgung ab, wenn:
a  der Straftat neben den anderen der beschuldigten Person zur Last gelegten Taten für die Festsetzung der zu erwartenden Strafe oder Massnahme keine wesentliche Bedeutung zukommt;
b  eine voraussichtlich nicht ins Gewicht fallende Zusatzstrafe zu einer rechtskräftig ausgefällten Strafe auszusprechen wäre;
c  eine im Ausland ausgesprochene Strafe anzurechnen wäre, welche der für die verfolgte Straftat zu erwartenden Strafe entspricht.
3    Sofern nicht überwiegende Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen, können Staatsanwaltschaft und Gerichte von der Strafverfolgung absehen, wenn die Straftat bereits von einer ausländischen Behörde verfolgt oder die Verfolgung an eine solche abgetreten wird.
4    Sie verfügen in diesen Fällen, dass kein Verfahren eröffnet oder das laufende Verfahren eingestellt wird.
StPO böten eine Grundlage, das Verfahren einzustellen (Beschwerde, S. 3 ff.).
Die Beschwerdeführerin begründet in ihren weiteren Ausführungen, weshalb die erste Instanz zu Recht eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten ausgefällt und die bedingte Vorstrafe widerrufen hat (Beschwerde, S. 8 ff.).

1.2 Die Vorinstanz erwägt, die EU-Rückführungsrichtlinie habe zum Ziel, in den Mitgliedstaaten das Rückführungsverfahren bei illegal anwesenden Personen aus Drittstaaten zu vereinheitlichen. Aufgrund des Schengen-Besitzstandes sei die EU-Rückführungsrichtlinie für die Schweiz verbindlich. Das nationale Recht sei richtlinienkonform auszulegen, weshalb auch die EuGH-Rechtsprechung zu berücksichtigen sei. Nationale Vorschriften - auch strafrechtliche Bestimmungen - dürften die Verwirklichung der EU-Rückführungsrichtlinie nicht gefährden. Die Schweiz sei daher nicht befugt, eine Freiheitsstrafe allein deshalb zu verhängen, weil sich ein Drittstaatsangehöriger nach Ablauf der Ausreisefrist hier illegal aufhalte. Vielmehr hätte sie die Anstrengungen zur Vollstreckung der Rückkehrentscheidung weiterzuführen. Verlangt werde, dass alles für den Vollzug der Rückkehrentscheidung Zumutbare vorgekehrt worden sei, die Rückkehr jedoch am Verhalten des Betroffenen scheitere. Eine innerstaatliche Sanktionierung sei erst möglich, wenn die höchstzulässige Dauer der Ausschaffungshaft erreicht und sich die betreffende Person trotz Zwangsmassnahmen weiterhin illegal in der Schweiz aufhalte (Urteil, S. 6 ff.).
Das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (nachfolgend: MIKA) habe im Anklagezeitraum nicht alle zumutbaren Schritte unternommen, um die Wegweisungsverfügung vom 24. Juli 2002 zu vollziehen. Es habe das Bundesamt für Migration am 7. Februar 2011 gebeten, bei der mongolischen Vertretung einen Antrag um Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes zu erstellen. Dieser Antrag sei wenige Tage später deponiert worden. Das MIKA habe nach einem Jahr mittels Eingrenzungsverfügung den zulässigen Aufenthaltsbereich der Beschwerdegegnerin auf den Kanton Aargau beschränkt. Zudem habe es in der entsprechenden Verfügung ausgeführt, dass ihr Verhalten die Anordnung von Durchsetzungshaft rechtfertige, vorerst jedoch darauf verzichtet werde. Dem MIKA wäre es jedoch möglich gewesen, bereits im Anklagezeitraum Durchsetzungshaft anzuordnen oder eine Eingrenzungsverfügung zu erlassen (Urteil, S. 7 f.).

1.3 Das Bundesgericht hat sich mit der Anwendung der EU-Rückführungsrichtlinie und dem Verhältnis zur innerstaatlichen Sanktionierbarkeit während des Rückführungsverfahrens befasst. Auf diese grundlegenden Ausführungen kann verwiesen werden (vgl. Urteil 6B 196/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2).

1.4 Gemäss schriftlicher Stellungnahme des Bundesamtes für Migration vom 8. Oktober 2012 (Beschwerdebeilage, pag. 31 f.) kann ein mongolischer Staatsbürger freiwillig in die Mongolei zurückkehren. Er muss bei der Botschaft in Genf vorsprechen und seine Staatsangehörigkeit glaubhaft machen. Eine Beschaffung von Ausreisepapieren durch die Migrationsbehörden sei zwar möglich. Die Abklärungen dauerten jedoch selbst bei vorhandenen Dokumenten mehrere Monate bis Jahre. Zwangsweise Rückführungen in die Mongolei seien noch nie durchgeführt worden. Durchsetzungshaft könne nur im Einzelfall zur freiwilligen Rückkehr motivieren.

1.5 Im vorliegenden Fall haben die zuständigen Aargauer Behörden dem Bundesamt für Migration die notwendigen Anträge zur Papierbeschaffung zugestellt. Das Verfahren ist jedoch seit mehr als zwei Jahren bei der mongolischen Botschaft hängig. Die erstinstanzliche Freiheitsstrafe von drei Monaten ist nicht geeignet, die Rückführung der Beschwerdegegnerin zu verzögern oder zu verhindern, da sie innert absehbarer Frist lediglich freiwillig zurückkehren kann. Eine behördlich angeordnete Ausschaffung dauert mehrere Jahre und wurde in der Praxis noch nie vollzogen. Entgegen der Vorinstanz haben die Migrationsbehörden die notwendigen Schritte zur Ausschaffung unternommen. Die Vorinstanz verletzt daher Bundesrecht, indem sie die Beschwerdegegnerin nicht wegen rechtswidrigen Aufenthalts verurteilt hat.

2.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. August 2012 ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin unterliegt mit ihrem Antrag auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, weshalb sie grundsätzlich kostenpflichtig wird (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Sie stellt indes ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, das gutzuheissen ist. Ihre Bedürftigkeit ist ausgewiesen, und ihr Standpunkt kann nicht als aussichtslos bezeichnet werden, da die Rechtslage bis anhin unklar war (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
und Abs. 2 BGG). Dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin ist für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse auszurichten. Der Beschwerdeführerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. August 2012 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. Für das bundesgerichtliche Verfahren wird ihr Maja Gehrig, Brugg, als unentgeltliche Anwältin beigegeben.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Der Vertreterin der Beschwerdegegnerin wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Keller