Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 459/2009

Urteil vom 10. Dezember 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Mathys,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Xaver Bettschart,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Teilbedingter Strafvollzug,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 3. April 2009.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 1. Oktober 2007 sprach das Bezirksgericht Zürich X.________ der mehrfachen versuchten Nötigung, der Tätlichkeiten, der Widerhandlung gegen das Waffengesetz sowie der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig. Zugleich widerrief es die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 30. März 2006 ausgefällte, bedingte Strafe von 35 Tagen Gefängnis. Es verurteilte X.________ zu einer Gesamtstrafe von 20 Monaten Freiheitsstrafe, teilbedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, und zu einer Busse von Fr. 500.--. Den zu vollziehenden und den aufgeschobenen Teil der Freiheitsstrafe legte das Gericht auf je zehn Monate fest.

Auf Berufung des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 3. April 2009 den erstinstanzlichen Entscheid.

B.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. April 2009 sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

C.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet. X.________ beantragt deren Abweisung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerdeführerin rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
und 43
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37
1    Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37
2    Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht übersteigen.
3    Sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil müssen mindestens sechs Monate betragen.38 Die Bestimmungen über die Gewährung der bedingten Entlassung (Art. 86) sind auf den unbedingt zu vollziehenden Teil nicht anwendbar.
StGB. Sie führt aus, der Beschwerdegegner habe im Rahmen eines gegen ihn geführten Untersuchungsverfahrens einerseits zugegeben, im Zeitraum Februar/März 2009 an eine Vielzahl von unbekannten Abnehmern Haschisch und Marihuana im Wert von rund Fr. 4'000.-- bis Fr. 5'000.-- verkauft zu haben, und andererseits eingestanden, Ende Februar 2009 in Winterthur einem Abnehmer namens Z.________ Marihuana für Fr. 300.-- veräussert zu haben. Diesen Umstand, dass sich der Beschwerdegegner durch sein Verhalten nach der Tat möglicherweise erneut strafbar gemacht habe, hätte die Vorinstanz als Nachtatverhalten bei der Beurteilung der Zukunfts- und Legalprognose zwingend berücksichtigen und dem Beschwerdegegner den teilbedingten Strafvollzug verweigern müssen. Dies führe nicht zu einer Vorverurteilung im Strafverfahren wegen Drogenhandels und bedeute keinen Verstoss gegen die Unschuldsvermutung, werde doch hierdurch keineswegs zum Ausdruck gebracht, dass sich der Beschwerdegegner mit seinem Verhalten strafrechtlich schuldig gemacht habe (Beschwerde S. 1 - 4).

Die Vorinstanz erwägt demgegenüber, der Beschwerdegegner könne sein Geständnis jederzeit widerrufen. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gelte er daher nach wie vor als unschuldig, weshalb sich ein Einbezug dieser Vorwürfe bei der Prognosebeurteilung verbiete (angefochtenes Urteil S. 19 f.).

1.2 Die Rüge der Beschwerdeführerin ist stichhaltig. Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, gebietet eine umfassende Beurteilung der Zukunfts- und Legalprognose die Berücksichtigung sämtlicher relevanten Aspekte, vorliegend mithin auch des vom Beschwerdegegner eingestandenen Betäubungsmittelverkaufs. Dass dieser sein Geständnis widerrufen kann, ändert hieran nichts Entscheidendes. So entschied das Bundesgericht, dass der Einbezug von in einem hängigen Strafverfahren zugegebenen Tatsachen bei der Prognosebeurteilung zulässig ist (Urteil 6P.31/2003 vom 8. August 2003 E. 1.3), respektive dass auch nicht abgeurteilte Vortaten, welche Schlüsse auf das Vorleben und den Charakter eines Täters zulassen, mit der erforderlichen Zurückhaltung bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten beachtet werden dürfen (Urteil 6S.145/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 6.2). Ebenso wenig steht die Tatsache, dass der Beschwerdegegner im Falle einer späteren Verurteilung wegen Drogenhandels mit einer Zusatzstrafe zu rechnen hat, einer Berücksichtigung des anerkannten Nachtatverhaltens im vorliegenden Verfahren entgegen, zumal eine solche Zusatzstrafe nach Art. 49 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
1    Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
2    Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären.
3    Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären.
StGB die Einsatzstrafe und damit auch die Gewährung des hier in Frage stehenden
teilbedingten Strafvollzugs in ihrem Bestand unangetastet liesse.

1.3 Die Vorinstanz hat bei der Beurteilung der Legal- und Zukunftsprognose des Beschwerdegegners im Sinne der Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
1    Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33
2    Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34
3    Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat.
4    Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35
und 43
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37
1    Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37
2    Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht übersteigen.
3    Sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil müssen mindestens sechs Monate betragen.38 Die Bestimmungen über die Gewährung der bedingten Entlassung (Art. 86) sind auf den unbedingt zu vollziehenden Teil nicht anwendbar.
StGB durch die Nichtbeachtung des von diesem eingestandenen Nachtatverhaltens einen rechtlich massgeblichen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt und hierdurch Bundesrecht verletzt.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche erneut über die Gewährung des teilbedingten Strafvollzugs zu befinden haben wird. Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem Beschwerdegegner als unterliegende Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. April 2009 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Dezember 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Stohner