Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess
{T 7}
C 61/05

Urteil vom 10. April 2006
IV. Kammer

Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Schön; Gerichtsschreiber Hadorn

Parteien
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur, Beschwerdeführerin,

gegen

V.________, 1960, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Guido Schmidhäusler, Mosenstrasse 46, 8854 Galgenen

Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 11. Januar 2005)

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 30. Januar 2004 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich den Anspruch des V.________ (geb. 1960) auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. September 2003 und forderte bereits ausgerichtete Leistungen im Betrag von Fr. 12'738.35 zurück. Daran hielt die Kasse mit Einspracheentscheid vom 31. März 2004 fest.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Januar 2005 gut und hob den Einspracheentscheid auf.
Die Arbeitslosenkasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
V.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Vorschriften zum Ausschluss arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 31 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn:
1    Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn:
a  sie für die Versicherung beitragspflichtig sind oder das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht haben;
b  der Arbeitsausfall anrechenbar ist (Art. 32);
c  das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist;
d  der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass durch Kurzarbeit ihre Arbeitsplätze erhalten werden können.
1bis    Zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung nach Absatz 1 Buchstabe d kann in Ausnahmefällen eine Betriebsanalyse zu Lasten des Ausgleichsfonds durchgeführt werden.145
2    Der Bundesrat kann abweichende Bestimmungen erlassen über die Kurzarbeitsentschädigung:
a  für Heimarbeitnehmer;
b  für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit innerhalb vertraglich festgelegter Grenzen veränderlich ist.146
3    Keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben:
a  Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist;
b  der mitarbeitende Ehegatte des Arbeitgebers;
c  Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten.
AVIG) mitsamt der Rechtsprechung zur analogen Anwendung dieser Bestimmung auf arbeitgeberähnliche Personen, welche Arbeitslosenentschädigung verlangen (BGE 123 V 236 Erw. 7), zur Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen (Art. 25 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 25 Rückerstattung - 1 Unrechtmässig bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt.
1    Unrechtmässig bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt.
2    Der Rückforderungsanspruch erlischt drei Jahre, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre seit der Auszahlung der einzelnen Leistung.19 Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese Frist massgebend.
3    Zuviel bezahlte Beiträge können zurückgefordert werden. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Zahlungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden.
ATSG; Art. 95 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 95 Rückforderung von Leistungen - 1 Die Rückforderung richtet sich nach Artikel 25 ATSG385 ausser in den Fällen nach den Artikeln 55 und 59cbis Absatz 4.386
1    Die Rückforderung richtet sich nach Artikel 25 ATSG385 ausser in den Fällen nach den Artikeln 55 und 59cbis Absatz 4.386
1bis    Eine versicherte Person, die Arbeitslosenentschädigung bezogen hat und später für denselben Zeitraum Renten oder Taggelder der Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge, aufgrund des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952387, der Militärversicherung, der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung oder gesetzliche Familienzulagen erhält, ist zur Rückerstattung der in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosentaggelder verpflichtet.388 In Abweichung von Artikel 25 Absatz 1 ATSG beschränkt sich die Rückforderungssumme auf die Höhe der von den obgenannten Institutionen für denselben Zeitraum ausgerichteten Leistungen.389
1ter    Hat eine Kasse für Umschulungen, Weiterbildungen oder Eingliederungen finanzielle Leistungen erbracht, für die ein anderer Sozialversicherer hätte aufkommen müssen, so fordert sie ihre Leistungen von diesem zurück.390
2    Zu Unrecht ausbezahlte Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigungen fordert die Kasse vom Arbeitgeber zurück. Hat der Arbeitgeber die unrechtmässige Auszahlung zu verantworten, so ist für ihn jede Rückforderung gegenüber den Arbeitnehmern ausgeschlossen.
3    Die Kasse unterbreitet ein Erlassgesuch der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid.
AVIG) sowie die Rechtsprechung zur Wiedererwägung (BGE 127 V 469 Erw. 2c; vgl. Art. 53 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 53 Revision und Wiedererwägung - 1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
1    Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
2    Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.
3    Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.
ATSG) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeitspanne vom 1. September bis 31. Dezember 2003 und die Rückforderung von bereits ausbezahlten Taggeldern für die Periode von September bis November (nicht Dezember, wie die Vorinstanz angab) 2003 im Betrag von Fr. 12'738.35.

2.1 Der Beschwerdegegner arbeitete vom 1. Januar bis Ende August 2003 bei der Firma X.________ SA, als Direktor. Zugleich war er bei diesem Betrieb vom 1. Januar bis 10. Juni 2003 im Handelsregister als Verwaltungsratsmitglied mit Einzelunterschrift eingetragen. Ab 1. September 2003 war er nur noch Direktor Verkauf und Neue Kunden mit einem Pensum von 20 % und stellte sich der Arbeitsvermittlung für eine 80 %-Stelle zur Verfügung. Im Handelsregister war er nunmehr gelöscht. Da er bis Ende Dezember 2003 weiterhin 49,5 % des Aktienkapitals besass, verneinte die Verwaltung den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, da der Versicherte weiterhin eine arbeitgeberähnliche Stellung einnehme. Die Vorinstanz hingegen kam zum Schluss, dass der Beschwerdegegner trotz seines Aktienanteils keinen massgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit mehr ausüben könne.
2.2 Nach Art. 31 Abs. 3 lit. c
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 31 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn:
1    Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn:
a  sie für die Versicherung beitragspflichtig sind oder das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht haben;
b  der Arbeitsausfall anrechenbar ist (Art. 32);
c  das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist;
d  der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass durch Kurzarbeit ihre Arbeitsplätze erhalten werden können.
1bis    Zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung nach Absatz 1 Buchstabe d kann in Ausnahmefällen eine Betriebsanalyse zu Lasten des Ausgleichsfonds durchgeführt werden.145
2    Der Bundesrat kann abweichende Bestimmungen erlassen über die Kurzarbeitsentschädigung:
a  für Heimarbeitnehmer;
b  für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit innerhalb vertraglich festgelegter Grenzen veränderlich ist.146
3    Keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben:
a  Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist;
b  der mitarbeitende Ehegatte des Arbeitgebers;
c  Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten.
AVIG in Verbindung mit der Rechtsprechung gemäss BGE 123 V 236 Erw. 7 können u.a. Personen vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausgeschlossen sein, die am Betrieb finanziell massgeblich beteiligt sind. Dieser Ausschluss kann auch Personen betreffen, die weder im Handelsregister eingetragen noch formell zeichnungsberechtigt sind (SVR 1997 AlV Nr. 101 S. 309 [Urteil B. vom 26. März 1997, C 102/96]). Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat bereits mehrmals den Aktienbesitz als eines der in Betracht kommenden Kriterien für den Ausschluss vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erwähnt (Urteile M. vom 26. April 2002, C 44/01, und A. vom 13. Februar 1995 [C 35/94]). Obwohl der Beschwerdegegner ab 1. September 2003 nicht mehr Verwaltungsratsmitglied, nicht mehr zeichnungsberechtigt und nur noch mit einem reduzierten Pensum von 20 % für die erwähnte Firma tätig war, besass er doch bis Ende 2003 49,5 % der Aktien und war damit finanziell in erheblichem Ausmass am Betrieb beteiligt. Dabei kann offen bleiben, ob ein Mindestanteil von 33 1/3 % am Kapital vorliegen muss, damit die arbeitgeberähnliche Stellung bejaht werden kann, wie die Beschwerdeführerin meint. Mit 49,5 % war der Versicherte
entgegen der Vorinstanz in der Lage, erheblichen Einfluss auf den Betrieb auszuüben, was für die Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung ausreicht. Seine Vorbringen in der Vernehmlassung vermögen daran nichts zu ändern.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Januar 2005 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 10. April 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: