Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-3576/2012

Urteil vom 9. August 2013

Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz),

Besetzung Richter Antonio Imoberdorf, Richter Jean-Daniel Dubey,

Gerichtsschreiber Daniel Brand.

D._______,

Parteien vertreten durch lic. iur. Benedikt Schneider-Koch, Rechtsanwalt, Advokatur & Notariat,

Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.
Die aus Brasilien stammende Beschwerdeführerin (geb. 1983) mit festem Wohnsitz in Italien wurde am 2. Juni 2012 in einem Luzerner Nachtclub durch die Polizei festgenommen. Ihr wurde vorgeworfen, in eine massive tätliche Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme stellte sich ausserdem heraus, dass die Beschwerdeführerin seit ungefähr sechs Wochen in einem in der Rotlichtszene als Kontaktbar bekannten Hotel logierte, deren Zimmer ausschliesslich an Prostituierte vermietet werden. Gegenüber der Polizei bestritt die Beschwerdeführerin jedoch, der Prostitution nachgegangen zu sein. Die Luzerner Polizei gewährte ihr das rechtliche Gehör zu einer allfälligen Wegweisung aus der Schweiz sowie zu einer allfälligen Fernhaltemassnahme (vgl. das Protokoll der Einvernahme vom 6. Juni 2012, Fragen 62 und 63).

B.
Gestützt auf diesen Sachverhalt verfügte die Vorinstanz am 6. Juni 2012 gegen die Beschwerdeführerin ein Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren. Zur Begründung der Massnahme führte sie im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe durch das Ausüben einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) verstossen. Einer allfälligen Beschwerde entzog die Vorinstanz vorsorglich die aufschiebende Wirkung.

Mit (unangefochten gebliebener) Verfügung vom 6. Juni 2012 wurde die Beschwerdeführerin vom Amt für Migration des Kantons Luzern aus der Schweiz weggewiesen.

C.
Mit Rechtmitteleingabe vom 5. Juli 2012 an das Bundesverwaltungsgericht lässt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Einreiseverbots sowie in prozessualer Hinsicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragen. Im Wesentlichen bringt sie zur Begründung vor, sie sei legal in die Schweiz eingereist und habe sich nur vorübergehend als Feriengast in der Schweiz aufgehalten, um Freunde zu besuchen. Im Zuge von tätlichen Auseinandersetzungen in einem Luzerner Nachtlokal sei sie am 2. Juni 2012 verhaftet und polizeilich einvernommen worden. Da sie jedoch unschuldig sei, habe ihr die zuständige Staatsanwaltschaft die Einstellung des Strafverfahrens in Aussicht gestellt. Sie habe sich weder widerrechtlich in der Schweiz aufgehalten noch sei sie hierzulande erwerbstätig gewesen, gehe sie doch in Italien einer regelmässigen Erwerbstätigkeit nach.

D.
Am 6. Juli 2012 reichte die Beschwerdeführerin weitere Beweismittel zu den Akten (u.a. ein Unterstützungsschreiben einer brasilianischen Bekannten sowie eine Lohnabrechnung aus Italien).

E.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juli 2012 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Verfahrensantrag um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde statt mit der Begründung, der dem Einreiseverbot zugrunde liegende Sachverhalt (illegale Erwerbstätigkeit) gehe nicht aus den dem Gericht von der Vorinstanz zugestellten Akten hervor.

F.
Am 17. August 2012 liess die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter unter Hinweis auf ihre Bedürftigkeit die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung beantragen.

G.
Mit Instruktionsverfügung vom 3. September 2012 wurde die Vorinstanz zur Vernehmlassung eingeladen und aufgefordert, ihre Akten zu vervollständigen.

Das BFM beantragt in ihrer ersten Vernehmlassung vom 1. Oktober 2012 die Abweisung der Beschwerde.

H.
Gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 27. August 2012 wegen Ausübens einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung sowie rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz erhob die Beschwerdeführerin am 11. September 2012 fristgerecht Einsprache, weshalb die Strafsache am 5. November 2012 ans Bezirksgericht Luzern überwiesen wurde.

I.
Die Vorinstanz beantragt in ihrer ergänzenden Vernehmlassung vom 7. November 2012 die Abweisung der Beschwerde und bringt zusätzlich vor, die Beschwerdeführerin habe seit ihrer Einreise in die Schweiz an der X._______-Gasse in Luzern logiert. Die dortigen Zimmer, die gemäss Angaben der Beschwerdeführerin Fr. 140.- pro Tag kosten würden, gehörten zur Kontaktbar "P._______" und würden ausschliesslich an Prostituierte vermietet. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin einer illegalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dies schon deshalb, weil sie mit einem monatlichen Erwerbseinkommen von Euro 800.- (als Haushalthilfe in Italien) wohl kaum in der Lage gewesen wäre, die Hotelrechnungen für ihren sechswöchigen Aufenthalt in Luzern zu bezahlen und zusätzlich noch Geld für ihre Mutter ins Ausland zu überweisen.

J.
Mit Instruktionsverfügung vom 21. November 2012 wurden der Beschwerdeführerin die ergänzende Vernehmlassung der Vorinstanz sowie das vollständige Einvernahmeprotokoll der Kantonspolizei Luzern vom 2. bzw. 6. Juni 2012 zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

K.
Mit Replik vom 4. Januar 2013 hält die Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde und deren Begründung fest. Ergänzend weist sie darauf hin, dass das gegen sie eingeleitete Strafverfahren im Hauptpunkt eingestellt worden sei. Bezüglich des Vorwurfs des illegalen Aufenthaltes und der illegalen Erwerbstätigkeit in der Schweiz sei das Verfahren vor dem Bezirksgericht Luzern hängig, wobei die Unschuldsvermutung gelte.

Aus der beigelegten Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 27. August 2012 geht hervor, dass die Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin wegen Raufhandels, Angriffs und einfacher Körperverletzung eingestellt wurde, nachdem ihr eine Beteiligung an der tätlichen Auseinandersetzung vom 2. Juni 2012, welche von ihr von Anfang an bestritten worden war, nicht hatte nachgewiesen werden können.

L.
Mit Urteil vom 11. März 2013 schliesslich wurde die Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht Luzern wegen rechtswidrigen Aufenthaltes in der Schweiz sowie Ausübens einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (Prostitution), begangen vom 11. April 2012 bis 2. Juni 2012 in Luzern, X._______-Gasse, zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 10.- sowie einer Busse von Fr. 200.- verurteilt. Soweit aus den Akten ersichtlich, ist dieses Urteil mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

M.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 VGG genannten Behörden. Dazu gehört auch das BFM, das mit der Anordnung eines Einreiseverbotes eine Verfügung im erwähnten Sinne und daher ein zulässiges Anfechtungsobjekt erlassen hat. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor.

1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.3 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

1.4 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1, BVGE 2011/43 E. 6.1 sowie BVGE 2011/1 E. 2).

3.

3.1 Das BFM verfügt Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn die Wegweisung nach Art. 64d Abs. 2 Bst. a - c AuG sofort vollstreckt wird (Art. 67 Abs. 1 Bst. a AuG) oder die betroffene Person der Ausreiseverpflichtung nicht innert Frist nachgekommen ist (Art. 67 Abs. 1 Bst. b AuG). Es kann sodann nach Art. 67 Abs. 2 AuG Einreiseverbote gegen ausländische Personen erlassen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden (Art. 67 Abs. 2 Bst. a), Sozialhilfekosten verursacht haben (Art. 67 Abs. 2 Bst. b) oder in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft genommen werden mussten (Art. 67 Abs. 2 Bst. c). Das Einreiseverbot wird für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verhängt. Es kann für eine längere Dauer verfügt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (Art. 67 Abs. 3 AuG). Schliesslich kann die verfügende Behörde aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot vollständig oder vorübergehend aufheben (Art. 67 Abs. 5 AuG).

3.2 Das Einreiseverbot stellt keine Sanktion dar, sondern eine Massnahme, um künftigen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorzubeugen (siehe Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002 [nachfolgend: Botschaft], BBL 2002 3813). Die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG bildet den Oberbegriff für die Gesamtheit der polizeilichen Schutzgüter; sie umfasst unter anderem die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung und der Rechtsgüter Einzelner (Botschaft, a.a.O., 3809; vgl. auch Art. 80 Abs. 1 Bst. a
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
und b der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201] sowie Rainer J. Schweizer/Patrick Sutter/Nina Widmer, in: Rainer J. Schweizer [Hrsg.], Sicherheits- und Ordnungsrecht des Bundes, SBVR Bd. III/1, Basel 2008, Teil B, Rz. 13 mit Hinweisen). In diesem Sinne liegt nach Art. 80 Abs. 1 Bst. a
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
VZAE ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unter anderem dann vor, wenn gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen missachtet werden. Widerhandlungen gegen Normen des Ausländerrechts fallen ohne weiteres unter diese Begriffsbestimmung und können daher Anlass für die Verhängung eines Einreiseverbots sein (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C 2771/2010 vom 3. Februar 2012 E. 4.3), wobei der Erlass einer solchen Massnahme, wie erwähnt, stets zum Schutz vor künftigen Störungen und nicht im Sinne einer Sanktion erfolgt (vgl. Botschaft, a.a.O., 3813).

4.

4.1 Die Vorinstanz begründete das Einreiseverbot primär damit, dass die Beschwerdeführerin in der Schweiz ohne die erforderliche ausländerrechtliche Bewilligung erwerbstätig gewesen sei. Mit Urteil des Bezirksgerichts Luzern vom 11. März 2013 ist die Beschwerdeführerin des rechtswidrigen Aufenthaltes in der Schweiz sowie der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (Prostitution), begangen vom 11. April 2012 bis 2. Juni 2012 in Luzern, für schuldig befunden und gestützt auf Art. 115 Abs. 1 Bst. b
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
und c AuG zu einer (bedingt ausgesprochenen) Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 10.- sowie zu einer Busse von Fr. 200.- verurteilt worden. Für das vorliegende Verfahren ist nicht von Belang, dass das Einreiseverbot erlassen wurde, bevor dieses Strafurteil in Rechtskraft erwachsen ist, knüpft doch das Einreiseverbot grundsätzlich nicht an die Erfüllung einer Strafnorm, sondern an das Vorliegen einer Polizeigefahr an. Ob eine solche besteht und wie sie zu gewichten ist, hat die Behörde in eigener Kompetenz unter Zugrundelegung spezifisch ausländerrechtlicher Kriterien zu beurteilen. Entsprechend ist die Behörde in der Regel nicht gehalten, den rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens abzuwarten, sofern das strafbare Verhalten - wie in casu - aufgrund der Akten, insbesondere des erwähnten polizeilichen Einvernahmeprotokolls, als hinreichend erstellt betrachtet werden konnte (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-4953/2010 vom 24. August 2012 E. 6.1 mit Hinweis).

4.2 Ein mit Erwerbstätigkeit verbundener Aufenthalt in der Schweiz ist grundsätzlich und ungeachtet seiner Dauer bewilligungspflichtig. Als Erwerbstätigkeit gilt jede üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte unselbständige oder selbständige Tätigkeit, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt (Art. 11 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
und 2
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
AuG). Ohne Belang ist, in welchem zeitlichen Ausmass diese Tätigkeit ausgeübt wird. Das wird in Art. 1a Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
VZAE ausdrücklich für die unselbständige Erwerbstätigkeit festgehalten, gilt jedoch allgemein. Aufgrund der vorliegenden Akten (vgl. insbesondere das erwähnte Urteil des Bezirksgerichts Luzern vom 11. März 2013) ist klar erstellt, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit von Mitte April 2012 bis zu ihrer Verhaftung am 2. Juni 2012 der entgeltlichen Prostitution nachging, mithin ohne Bewilligung eine Erwerbstätigkeit ausübte und auf diese Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat. Sie hat somit unter dem Gesichtspunkt von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG hinreichenden Anlass für die Verhängung eines Einreiseverbots gesetzt, zumal ihr Verhalten darauf schliessen lässt, dass sie auch künftig keine Gewähr für ein Respektieren der schweizerischen Rechtsordnung bieten kann.

5.

5.1 Es bleibt zu prüfen, ob die Massnahme in richtiger Ausübung des Ermessens ergangen und angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit steht dabei im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine wertende Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der Massnahme einerseits und den von der Massnahme beeinträchtigten privaten Interessen des Betroffenen andererseits. Die Stellung der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse des Verfügungsbelasteten bilden dabei den Ausgangspunkt der Überlegungen (vgl. statt vieler Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. vollständig überarbeitete Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 613 ff.).

5.2 Die Beschwerdeführerin ging in der Schweiz - wie festgestellt - ohne Bewilligung einer Erwerbstätigkeit nach, was zu einer strafrechtlichen Verurteilung führte. Aus dem manifestierten Verhalten der Beschwerdeführerin, die sich im Übrigen gegenüber den zuständigen Behörden völlig uneinsichtig gezeigt und das inkriminierte Verhalten vehement abgestritten hat, wird auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung geschlossen. Das Einreiseverbot hat in erster Linie präventiven Charakter, um einer weiteren illegalen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin entgegenzuwirken. Die Vorinstanz war demnach berechtigt, zur Abwendung künftiger Störungen ein Einreiseverbot zu verhängen. Den ausländerrechtlichen Normen kommt im Interesse einer funktionierenden Rechtsordnung grundsätzlich eine zentrale Bedeutung zu. Namentlich das generalpräventiv motivierte Interesse, die ausländerrechtliche Ordnung durch eine konsequente Massnahmenpraxis zu schützen, ist als gewichtig zu betrachten. Überdies liegt eine spezialpräventive Zielsetzung der Massnahme darin, dass sie den Betroffenen ermahnt, bei einer allfälligen künftigen Wiedereinreise in die Schweiz nach Ablauf der Dauer des Einreiseverbots die für ihn geltenden Regeln einzuhalten (vgl. das erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C 2771/2010 vom 3. Februar 2012 E. 6.1). Es besteht somit ein gewichtiges öffentliches Interesse an der befristeten Fernhaltung der Beschwerdeführerin.

5.3 Die Beschwerdeführerin bringt keine besonderen persönlichen Interessen vor, welche es rechtfertigen würden, von einem Einreiseverbot abzusehen. Das dargelegte öffentliche Interesse fällt demgegenüber stark ins Gewicht. Die Fernhaltemassnahme wirkt im Übrigen nicht absolut. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, aus wichtigen Gründen die zeitweilige Suspension der angeordneten Fernhaltemassnahme zu beantragen (Art. 67 Abs. 5 AuG), wobei diese praxisgemäss nur für eine kurze und klar begrenzte Zeit gewährt wird (vgl. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-3304/2009 vom 18. Januar 2012 E. 7.2 in fine mit Hinweis). Eine wertende Gewichtung der sich entgegenstehenden Interessen führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass das auf drei Jahre befristete Einreiseverbot sowohl vom Grundsatz her als auch in Bezug auf seine Dauer eine verhältnismässige und angemessene Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Sie entspricht auch der Praxis in vergleichbaren Fällen (vgl. etwa Urteile des Bundesverwaltungsgerichts C-4953/2010 vom 24. August 2012, C-2900/2009 vom 31. März 2011, sowie noch unter der altrechtlichen Regelung gemäss Art. 13 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG, BS 1 121]: C 4055/2007 bzw. C-4056/2007 vom 21. Januar 2009 und C-43/2006 vom 27. Februar 2007). Es liegen keine besonderen Gründe vor, die es rechtfertigen würden, in casu von der bisherigen Praxis abzuweichen.

6.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung im Ergebnis Bundesrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt; sie ist auch angemessen (vgl. Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die mit Zwischenverfügung vom 18. Juli 2012 vorsorglich angeordnete Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit dem vorliegenden Urteil dahinfällt.

7.
Da der Beschwerde bereits im Zeitpunkt ihrer Einreichung keine Aussicht auf Erfolg zugesprochen werden konnte, ist das im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung (Art. 65 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
und 2
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
VwVG) abzuweisen. Auf die prozessuale Bedürftigkeit, die anscheinend vorliegt, kommt es daher nicht mehr an.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
VwVG, Art. 1 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Rechtsvertreter vor Einreichung der Rechtsmitteleingabe nur unvollständige Akteneinsicht seitens der Vorinstanz gewährt wurde (vgl. Bst. G und J des Sachverhalts), rechtfertigt es sich jedoch, ausnahmsweise auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten (vgl. Art. 63 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 1a Unselbstständige Erwerbstätigkeit - (Art. 11 Abs. 2 AIG9)
1    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird.
2    Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt namentlich auch die Tätigkeit als Lernende oder Lernender, Praktikantin oder Praktikant, Volontärin oder Volontär, Sportlerin oder Sportler, Sozialhelferin oder Sozialhelfer, Missionar oder Missionarin, religiöse Betreuungsperson, Künstlerin oder Künstler sowie Au-pair-Angestellte oder Au-pair-Angestellter.10
letzter Satz VwVG, Art. 6 Bst. b
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VGKE).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung wird nicht stattgegeben.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [...] zurück)

- das Amt für Migration des Kantons Luzern (ad LU [...])

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Marianne Teuscher Daniel Brand

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