Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess {T 7}
B 134/05

Urteil vom 6. September 2006
III. Kammer

Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke

Parteien
B.________, Beschwerdeführerin,

gegen

Pensionskasse Stadt Zürich, Strassburgstrasse 9, 8004 Zürich, Beschwerdegegnerin

Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 26. Oktober 2005)

Sachverhalt:
A.
Die 1940 geborene, verwitwete B.________ lebte seit 1992 mit dem 1943 geborenen, ebenfalls verwitweten K.________ zusammen im Konkubinat. Dieser war bei der Pensionskasse Stadt Zürich (nachfolgend: Pensionskasse) berufsvorsorgeversichert und ersuchte diese mehrmals, letztmals am 16. Mai 2003, um Begünstigung von B.________ für den Fall seines Todes vor Erreichen des Pensionsalters. Mit Schreiben vom 19. Mai 2003 lehnte die Pensionskasse (wie schon 1999 und 2001) unter Hinweis auf die fehlende Grundlage im Vorsorgereglement der Pensionskasse Stadt Zürich (nachfolgend: Vorsorgereglement) eine gezielte Begünstigung ab, verwies für einen allfälligen Anspruch aber auf Art. 37 des Vorsorgereglements.

Am 24. Mai 2004 verstarb K.________. B.________ stellte am 2. Juni 2004 bei der Pensionskasse ein Gesuch um Ausrichtung von Hinterlassenenleistungen. Dieses wies die Pensionskasse am 20. September 2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen von Art. 37 des Vorsorgereglements seien nicht erfüllt, und hielt auf erneutes Ersuchen von B.________ am 1. November 2004 an der Abweisung des Leistungsbegehrens fest.
B.
B.________ liess am 7. Dezember 2004 Klage beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich erheben mit dem Rechtsbegehren, es seien ihr die ihr zustehenden reglementarischen Ansprüche zu gewähren, insbesondere seien ihr Hinterlassenenleistungen nach Art. 37 des Vorsorgereglements der Pensionskasse Stadt Zürich auszurichten. Das angerufene Gericht wies die Klage mit Entscheid vom 26. Oktober 2005 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt B.________, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihr Hinterlassenenleistungen zuzusprechen.

Während die Pensionskasse Stadt Zürich auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 73 - 1 Jeder Kanton bezeichnet ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Dieses Gericht entscheidet auch über:
1    Jeder Kanton bezeichnet ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Dieses Gericht entscheidet auch über:
a  Streitigkeiten mit Einrichtungen, welche der Erhaltung der Vorsorge im Sinne der Artikel 4 Absatz 1 und 26 Absatz 1 FZG302 dienen;
b  Streitigkeiten mit Einrichtungen, welche sich aus der Anwendung von Artikel 82 Absatz 2 ergeben;
c  Verantwortlichkeitsansprüche nach Artikel 52;
d  den Rückgriff nach Artikel 56a Absatz 1.303
2    Die Kantone sehen ein einfaches, rasches und in der Regel kostenloses Verfahren vor; der Richter stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.
3    Gerichtsstand ist der schweizerische Sitz oder Wohnsitz des Beklagten oder der Ort des Betriebes, bei dem der Versicherte angestellt wurde.
4    ...304
BVG erwähnten richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht zuständig sind (BGE 130 V 104 Erw. 1.1, 112 Erw. 3.1.2, 128 II 389 Erw. 2.1.1, 128 V 258 Erw. 2a, 120 V 18 Erw. 1a, je mit Hinweisen).
2.
2.1 Im Bereich der weitergehenden Vorsorge wird das Rechtsverhältnis zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem Vorsorgenehmer durch einen privatrechtlichen Vorsorgevertrag begründet, der rechtsdogmatisch den Innominatverträgen (eigener Art) zuzuordnen ist (BGE 130 V 109 Erw. 3.3, 129 III 307 Erw. 2.2). Als solcher untersteht er in erster Linie den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts. Das Reglement stellt den vorformulierten Inhalt des Vorsorgevertrages oder dessen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) dar, denen sich der Versicherte ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten unterzieht (BGE 129 V 147 Erw. 3.1, 127 V 306 Erw. 3a). Dies schliesst nicht aus, dass im Einzelfall auch vom Reglement abweichende Abreden getroffen werden können. Allerdings bedarf es hiefür einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem versicherten Arbeitnehmer (BGE 131 V 28 Erw. 2.1, 122 V 145 Erw. 4b).
2.2 Die Auslegung des Reglements als vorformulierter Inhalt des Vorsorgevertrages geschieht nach dem Vertrauensprinzip. Dabei sind jedoch die den Allgemeinen Versicherungsbedingungen innewohnenden Besonderheiten zu beachten, namentlich die Unklarheits- und Ungewöhnlichkeitsregeln (BGE 132 V 150 Erw. 5 mit Hinweisen). Nach diesen Auslegungsgrundsätzen gilt es ausgehend vom Wortlaut und unter Berücksichtigung des Zusammenhanges, in dem eine streitige Bestimmung innerhalb des Reglements als Ganzes steht, den objektiven Vertragswillen zu ermitteln, den die Parteien mutmasslich gehabt haben. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was sachgerecht ist, weil nicht angenommen werden kann, dass die Parteien eine unvernünftige Lösung gewollt haben (BGE 131 V 29 Erw. 2.2).
Steht eine im Einzelfall getroffene vorsorgevertragliche Abrede in Frage, ist nach den gewöhnlichen Regeln der Vertragsauslegung zunächst nach dem übereinstimmenden wirklichen (subjektiven) Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR) zu suchen. Lässt sich ein übereinstimmender Wille der Parteien nicht feststellen, so sind deren Erklärungen ebenfalls nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Danach sind Willenserklärungen so zu deuten, wie sie vom Empfänger in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (BGE 122 V 146 Erw. 4c mit zahlreichen Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung).
3.
Gemäss Art. 37 des Vorsorgereglements der Pensionskasse Stadt Zürich (nachfolgend: Reglement) gilt für den Anspruch auf Hinterlassenenleistungen:
"1) An andere Personen als Ehegatten oder Waisen werden beim Tod von
Versicherten oder Berechtigten auf Alters- oder Invalidenpensionen auf
Gesuch hin einmalige Leistungen oder Pensionen gewährt. Voraussetzung
ist, dass die entsprechenden Anspruchsbedingungen erfüllt sind und die
Verstorbenen wesentlich zum Unterhalt der Gesuchstellenden beigetragen
haben.

2) Die Höhe der Leistungen darf jene an Ehegatten bzw. Waisen nicht
übertreffen. Pensionen können auch befristet werden."
4.
Von den in Art. 37 Ziff. 1 des Reglements genannten Anspruchsvoraussetzungen ist allein streitig, ob der Verstorbene "wesentlich zum Unterhalt" der Beschwerdeführerin beigetragen hat.
4.1 In BGE 131 V 27 entschied das Eidgenössische Versicherungsgericht bei der Auslegung einer Reglementsbestimmung, die als Voraussetzung eines Anspruchs des Konkubinatspartners eine Unterstützung "in erheblichem Masse" vorsah, dass dazu im Falle einer Haushaltgemeinschaft der verstorbene Vorsorgenehmer mehr als die übrigen Beteiligten zur Bestreitung des gemeinsamen Lebenshaltungskosten beigetragen haben muss. Das dort vom Eidgenössischen Versicherungsgericht zum Begriff der Unterstützung in erheblichem Masse Gesagte gilt in gleicher Weise für den hier in Frage stehenden "wesentlichen Beitrag zum Unterhalt". Um wie viel höher der Beitrag des Vorsorgenehmers sein muss, damit von einer wesentlichen Unterstützung gesprochen werden kann, lässt sich aus dem in SZS 1998 S. 72 ff. publizierten Urteil nicht ableiten. Ob der verstorbene Vorsorgenehmer tatsächlich für mehr als die Hälfte des Unterhalts der unterstützten Person aufkommen muss oder ob es bereits genügt, dass der Versicherte im Vergleich zur mit ihm im selben Haushalt lebenden Person einen überwiegenden Beitrag an die gemeinsamen Lebenshaltungskosten zu leisten habe, liess das Gericht offen (BGE 131 V 32 Erw. 5.1).
4.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, neben den regelmässigen Banküberweisungen von Fr. 1'800.- monatlich habe ihr verstorbener Lebenspartner einen überwiegenden Teil der Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt beider Konkubinatspartner bestritten und sich zusätzlich an den Kosten für grössere Anschaffungen im gemeinsamen Haushalt beteiligt oder diese alleine übernommen. So habe er immer die Rechnungen bezahlt, wenn das Paar im Restaurant gegessen habe. Im Jahr 1999 habe er ihr einen Kleinwagen gekauft und sei seither für dessen Unterhalt aufgekommen. Auch für den grösseren, von beiden benutzten Wagen sei er vollumfänglich aufgekommen. Er habe die zahlreichen Reisen bezahlt, welche die beiden unternommen hätten (Reiseausgaben in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt Fr. 4'700.-). In der Regel habe er einen grösseren Betrag auf das Kreditkarten-Konto überwiesen. Einen wesentlichen Beitrag habe er zudem durch seine Arbeitsleistung als gelernter Gärtner in Haus und Garten erbracht.
4.3 Zunächst ist auf Grund der in den Akten liegenden Kopien des Postbüchleins und den darin festgehaltenen Einzahlungen an die X.________ Bank (mit dem handschriftlichen Vermerk "VISA-Einlage") nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 181 Erw. 3.1) ausgewiesen, dass der Verstorbene damit gemeinsame Ausgaben bezahlt hat. Dasselbe gilt für die im Postbüchlein vermerkten Einzahlungen an Reiseunternehmen und die in den Akten liegende, auf den Beschwerdeführer lautende Rechnung eines Reiseveranstalters. Auch die dort vermerkten Überweisungen an Garagen belegen nicht rechtsgenüglich - ebenso wenig wie die an den Verstorbenen adressierte Garagenrechnung, der Kaufvertrag für einen Neuwagen und die Rechnungen für die TCS-Prämie -, dass dieser der Beschwerdeführerin ein Auto zu ihrer eigenen Verfügung gekauft und für dessen Unterhalt aufgekommen ist. Schliesslich fehlen für die geltend gemachte Bezahlung grösserer Anschaffungen im Haushalt oder von Restaurantbesuchen, abgesehen von zwei im Postbüchlein eingetragenen Zahlungen an eine Rattangalerie, jegliche Belege, was ebenso für die geltend gemachten Eigenleistungen des Verstorbenen in Haus und Garten gilt.

Letztlich ist auch nicht ausgewiesen, dass die regelmässigen, monatlichen Banküberweisungen des Verstorbenen über Fr. 1'800.- an die Beschwerdeführerin tatsächlich deren Unterhalt dienten oder es sich um einen Anteil an die gemeinsamen Lebenshaltungskosten handelte. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, ist nicht auszuschliessen, dass die Beschwerdeführerin die monatlichen Zahlungen ihrem Lebenspartner in Form von Naturalleistungen, beispielsweise im Sinne eines Wohnrechts, zurückerstattete.
4.4 Damit ist angesichts der monatlichen Ausgaben der Beschwerdeführerin, die sich auf Grund der zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz unter Berücksichtigung der Angaben im Formular zur Prüfung des Versorgerschadens sowie tieferer Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten für die Liegenschaften auf Fr. 5'700.- belaufen, was nunmehr unbestritten ist, nicht rechtsgenüglich dargetan, dass der Verstorbene mehr als die Hälfte an den Unterhalt der Beschwerdeführerin beigesteuert hat. Nachdem aus den Akten auch nicht ersichtlich ist, wie der Versicherte und seine Lebenspartnerin ihre finanziellen Angelegenheiten unter einander geregelt haben und ob und in welcher Höhe zusätzlich zu den bekannten Ausgaben gemeinsame Lebenshaltungskosten angefallen sind, ist auch ein überwiegender Beitrag an die gemeinsamen Lebenshaltungskosten nicht erstellt. Da es nicht möglich ist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes unter Berücksichtigung der der Beschwerdeführerin obliegenden Mitwirkungspflicht den erforderlichen rechtsgenüglichen Beweis zu erbringen, liegt Beweislosigkeit vor. Diese wirkt sich zu Ungunsten der Beschwerdeführerin aus, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt gegenüber der Vorsorgestiftung einen Leistungsanspruch ableiten wollte
(BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 327 Erw. 1; SVR 1999 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 2c). Unter diesen Umständen hat die Vorsorgestiftung der Beschwerdeführerin keine Leistungen aus dem überobligatorischen Bereich auszurichten und es kann auch hier (vgl. BGE 131 V 32 Erw. 5.1) offen gelassen werden, ob unter einem "wesentlichen Beitrag zum Unterhalt" ein Aufkommen für mehr als die Hälfte des Unterhalts der unterstützten Person zu verstehen ist oder ob bereits ein überwiegender Beitrag an die gemeinsamen Lebenshaltungskosten genügt.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 6. September 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: