Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess
{T 7}
K 1/04

Urteil vom 6. August 2004
IV. Kammer

Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Flückiger

Parteien
F.________, Beschwerdeführer,

gegen

Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, Bundesplatz 15, 6003 Luzern, Beschwerdegegnerin

Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 21. November 2003)

Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 23. Januar 2002 verpflichtete die Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung (nachfolgend: Concordia) F.________ zur Bezahlung eines Betrags von Fr. 427.90 und beseitigte den in der entsprechenden Betreibung erhobenen Rechtsvorschlag. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 15. April 2002 fest.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 21. November 2003).
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt F.________ die Aufhebung des kantonalen Entscheids und des Einspracheentscheids.
Die Concordia schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit, Kranken- und Unfallversicherung, verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Festsetzung der Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Art. 61 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 61 Grundsätze - 1 Der Versicherer legt die Prämien für seine Versicherten fest. Soweit dieses Gesetz keine Ausnahme vorsieht, erhebt der Versicherer von seinen Versicherten die gleichen Prämien.
1    Der Versicherer legt die Prämien für seine Versicherten fest. Soweit dieses Gesetz keine Ausnahme vorsieht, erhebt der Versicherer von seinen Versicherten die gleichen Prämien.
2    Der Versicherer stuft die Prämien gemäss den kantonalen Kostenunterschieden ab. Für sehr kleine kantonale Versichertenbestände kann davon abgewichen werden. Massgebend ist der Wohnort der versicherten Person.218
2bis    Der Versicherer kann die Prämien regional abstufen. Das EDI legt die Regionen sowie die basierend auf den Kostenunterschieden zwischen den Regionen maximal zulässigen Prämienunterschiede einheitlich fest.219
3    Für Kinder und für junge Erwachsene setzt der Versicherer eine tiefere Prämie fest als für die übrigen Versicherten; die Prämie für Kinder muss tiefer sein als diejenige für junge Erwachsene.220
3bis    Der Bundesrat kann die Prämienermässigungen nach Absatz 3 festlegen.221
4    Für Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen, sind die Prämien je Wohnsitzstaat zu berechnen. Der Bundesrat erlässt Vorschriften, wie die Prämien dieser Versicherten und das Inkasso zu gestalten sind.222
5    ...223
Satz 1 KVG), die Zahlungstermine (Art. 90
SR 832.102 Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV)
KVV Art. 90 Prämienbezahlung - Die Prämien sind im Voraus und in der Regel monatlich zu bezahlen.
KVV; Art. 20 des Reglementes der Beschwerdegegnerin) sowie das Vollstreckungsverfahren bezüglich ausstehender Prämien und Kostenbeteiligungen (Art. 9 Abs. 1
SR 832.102 Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV)
KVV Art. 9 Beendigung des Versicherungsverhältnisses - 1 Kommen Versicherte, auf welche die schweizerische Gesetzgebung über die Sozialhilfe nicht anwendbar ist, ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nach, und kann das Vollstreckungsverfahren nicht durchgeführt werden oder hat es keine Zahlung der Prämien oder keine Kostenbeteiligung zur Folge, so kann der Versicherer nach schriftlicher Mahnung und Hinweis auf die Folgen des Zahlungsverzuges das Versicherungsverhältnis beenden.
1    Kommen Versicherte, auf welche die schweizerische Gesetzgebung über die Sozialhilfe nicht anwendbar ist, ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nach, und kann das Vollstreckungsverfahren nicht durchgeführt werden oder hat es keine Zahlung der Prämien oder keine Kostenbeteiligung zur Folge, so kann der Versicherer nach schriftlicher Mahnung und Hinweis auf die Folgen des Zahlungsverzuges das Versicherungsverhältnis beenden.
2    Erfahren Versicherer, dass eine versicherte Person gleichzeitig bei einem oder mehreren anderen Versicherern versichert ist, insbesondere über eine Meldung der gemeinsamen Einrichtung nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung vom 19. Oktober 201665 über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung, so verfügen sie nach Anhörung dieser Person die Beendigung der Versicherungsverhältnisse, die nicht den Bestimmungen des KVG entsprechen.66
KVV; BGE 121 V 110 f. Erw. 2 und 3) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass die materiellrechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) nicht anwendbar sind, da die streitigen Einspracheentscheide vor dessen In-Kraft-Treten (1. Januar 2003) ergingen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).
3.
Der durch die Concordia eingeforderte Betrag von Fr. 427.90 setzt sich zusammen aus einer Kostenbeteiligung von Fr. 147.40, einer Prämienrestanz von Fr. 240.50 und Mahngebühren von zwei Mal Fr. 20.-. Während die Kostenbeteiligung dem Grundsatz und der Höhe nach unbestritten ist, ergibt sich die Prämienrestanz gemäss den Feststellungen des kantonalen Gerichts aus der Differenz zwischen den Prämien des Zeitraums von Juli bis Dezember 1999 (6 x Fr. 473.60 = Fr. 2841.60) einerseits und den geleisteten Zahlungen von Fr. 1209.10 zuzüglich die der Concordia direkt ausbezahlten Prämienverbilligungen von Fr. 1392.- (6 x Fr. 232.-), total Fr. 2601.10, andererseits. Die Vorinstanz hat ausführlich dargelegt, wie sich die Prämienforderung zusammensetzt sowie warum die Prämienverbilligung mit dem der Concordia ausbezahlten Betrag von Fr. 232.- pro Monat zu berücksichtigen und die Berechnung der Prämienrestanz somit korrekt ist. Der Versicherer war befugt, die Mahngebühren zu erheben, da die erforderliche Grundlage in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen existiert (Art. 20.5 des Reglementes der Beschwerdegegnerin), die Unterlassung der Zahlung angesichts der mehrfachen Rechtsbelehrungen als schuldhaft qualifiziert werden muss und die
Entschädigung als betragsmässig angemessen erscheint (vgl. BGE 125 V 277 Erw. 2c/bb mit Hinweisen). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist der obligatorische Krankenpflegeversicherer berechtigt, für seine Geldforderungen die Betreibung einzuleiten, im Falle des Rechtsvorschlags nachträglich eine formelle Verfügung zu erlassen, mit welcher der Rechtsvorschlag aufgehoben wird, und nach Eintritt der Rechtskraft derselben (respektive des sie gegebenenfalls ersetzenden Einspracheentscheides) die Betreibung fortzusetzen (BGE 121 V 110 f. Erw. 2 und 3, 119 V 331 Erw. 2b, je mit Hinweisen; Urteil Z. vom 27. November 2003, K 107/02, Erw. 4.2.1).
4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, ihm stünden gegenüber der Concordia mehrere Geldforderungen zu, welche er zur Verrechnung bringe, was er dem Versicherer schon längst mitgeteilt habe. Unter der Herrschaft des bis Ende 1995 in Kraft gewesenen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 13. Juni 1911 (KUVG) war es den Versicherten verwehrt, ausstehende Prämien oder Kostenbeteiligungen mit beanspruchten Leistungen zu verrechnen (BGE 110 V 186 Erw. 3). Mit Bezug auf das seit 1. Januar 1996 geltende KVG wurde die Frage bisher offen gelassen (RKUV 2003 Nr. KV 234 S. 9 Erw. 2 mit Hinweisen; nicht veröffentlichtes Urteil R. vom 25. Februar 2000, K 56/99; vgl. auch BGE 122 V 334 Erw. 4). Sie muss auch vorliegend nicht beantwortet werden. Denn der Beschwerdeführer hat es unterlassen, die in einem früheren Verfahrensstadium geltend gemachten Forderungen aus nicht erbrachten Leistungen hinreichend zu beziffern und zu substanzieren. Gleiches gilt hinsichtlich des behaupteten Rückforderungsanspruchs für Prämien der Zusatzversicherung. Die im der Beschwerdegegnerin vorgelegten Check vom 12. Juni 1992 genannte Forderung über Fr. 170.- ist, wie das kantonale Gericht zutreffend festgestellt hat, verjährt, wobei die Verjährung bereits vor der
Entstehung der strittigen Prämienforderungen eingetreten war (vgl. Art. 120 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 120 - 1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
1    Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
2    Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
3    Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
OR). Die Grundlagen einer allfälligen verrechenbaren Gegenforderung sind damit nicht hinreichend erstellt, sodass nicht geprüft werden muss, ob die Verrechnung andernfalls überhaupt zulässig wäre.
5.
Da es nicht um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 120 - 1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
1    Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
2    Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
3    Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
OG (e contrario) Gerichtskosten zu erheben. Dem Beschwerdeführer kann die unentgeltliche Prozessführung gewährt werden, da die Bedürftigkeit aktenkundig ist und die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen war (Art. 152
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 120 - 1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
1    Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
2    Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
3    Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
in Verbindung mit Art. 135
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 120 - 1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
1    Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
2    Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
3    Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
OG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 120 - 1 Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
1    Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen.
2    Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.
3    Eine verjährte Forderung kann zur Verrechnung gebracht werden, wenn sie zurzeit, wo sie mit der andern Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.
Luzern, 6. August 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: