Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 1276/2020

Urteil vom 6. April 2021

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Rüedi, Hurni,
Gerichtsschreiber Matt.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Lucien Valloni,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Stadtrichteramt Zürich,
Postfach, 8022 Zürich,
2. B.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Nichtanhandnahme (Tätlichkeiten),

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 29. September 2020 (UE200062-O/U/PFE).

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 7. Februar 2020 nahm das Stadtrichteramt Zürich eine von A.________ beanzeigte Strafuntersuchung gegen B.________ wegen Tätlichkeiten nicht an Hand. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ am 29. September 2020 ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, es sei eine Strafuntersuchung zu eröffnen und durchzuführen und der Sachverhalt sei rechtsgenüglich abzuklären.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beschwerde zuerkannt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG). Dies verlangt grundsätzlich, dass die Privatklägerschaft bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat, d.h. solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb eigentlich vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden müssen, in erster Linie Ansprüche auf Schadenersatz oder Genugtuung nach Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR. Bei Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens wird auf dieses Erfordernis verzichtet. Im Verfahren vor Bundesgericht muss aber dargelegt werden, weshalb sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann, sofern dies, etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat, nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist. Das Bundesgericht stellt an die Begründung strenge Anforderungen. Fehlt es daran, tritt es auf die Beschwerde nicht ein (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 IV 246 E. 1.3.1, 219 E. 2.4; Urteil 6B 1053/2020 vom 19. November 2020 E. 1.1; je mit Hinweisen).
Wird der Zivilanspruch mit einer Persönlichkeitsverletzung begründet, so ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern sie objektiv und subjektiv schwer wiegt (vgl. Art. 49 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR). Genugtuungsansprüche aus Persönlichkeitsverletzung entstehen nur, wenn der Eingriff aussergewöhnlich schwer ist und in seinen Auswirkungen "das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigt" (Urteil 6B 582/2020 vom 17. Dezember 2020 E. 1 mit Hinweisen).

1.2. Der Beschwerdeführer beansprucht eine Genugtuung aufgrund des dem Beschwerdegegner vorgeworfenen Verhaltens. Dieser soll ihn von der Türe der Liegenschaft an der Bahnhofstrasse in Zürich weggeschoben, ihn am Unterarm gegriffen und mit Stössen gegen die Brust weggedrückt haben. Ebenfalls habe ihn der Beschwerdegegner mehrmals gestossen und "angegriffen", ihn daran gehindert, seinen Zugangsbadge aus der Jackentasche zu nehmen und ihm schliesslich einen gezielten Schlag mit offenen Händen gegen die Brust versetzt sowie den Finger an der rechten Hand verletzt.
Die vom Beschwerdeführer dargestellten Beeinträchtigungen aufgrund des inkriminierten Verhaltens des Beschwerdegegners erreichen die von der Praxis geforderte Schwere für die Ausrichtung einer Genugtuung offensichtlich nicht. Der Beschwerdeführer behauptet zudem nicht und es ist nicht ersichtlich, dass ihm ein Schaden entstanden wäre, etwa in Form von Kosten einer ärztlichen Behandlung. Soweit er geltend macht, im Falle einer Nichtanhandnahme gestalte sich die Aussicht auf eine Genugtuung in einem allfälligen Zivilprozess als gering, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe der Strafbehörden ist, ihm insoweit die Mühen und das Kostenrisiko der Sammlung von Beweisen abzunehmen. Das Strafverfahren darf nicht als blosses Vehikel zur Durchsetzung allfälliger zivilrechtlicher Ansprüche missbraucht werden (vgl. BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; Urteil 6B 1053/2020 vom 19. November 2020 E. 1.2 mit Hinweis). Schliesslich erhebt der Beschwerdeführer keine formellen Rügen, zu deren Vorbringen er unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache befugt wäre (sog. "Star-Praxis"; vgl. BGE 141 V 1 E. 1.1 mit Hinweisen). Dies gilt insbesondere für die Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, welche der Beschwerdeführer darin
erblickt, dass die Vorinstanz keinerlei Untersuchungshandlungen vorgenommen und erwogen habe, allfällige Abklärungen würden in einem Leerlauf enden. Ferner habe sich die Vorinstanz geweigert, entscheidrelevante Beweismittel zu erheben und vollständige Akten anzulegen. Bei beiden Fragen handelt es sich indes um solche der antizipierten Beweiswürdigung, welche nicht von der Beurteilung in der Sache selbst getrennt werden können und die daher unzulässig sind. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

2.
Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. April 2021

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Denys

Der Gerichtsschreiber: Matt