Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung IV

D-2318/2014

Urteil vom 6. Juni 2014

Einzelrichter Martin Zoller,

Besetzung mit Zustimmung von Richter Walter Stöckli;

Gerichtsschreiberin Kathrin Mangold Horni.

A._______,geboren (...),

Pakistan (1. Staatsangehörigkeit; 2. Staatsangehörigkeit eigenen Angaben zufolge Afghanistan),
Parteien
vertreten durch lic. iur. LL.M. Susanne Sadri,

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Asyl und Wegweisung;
Gegenstand
Verfügung des BFM vom 31. März 2014 / N (...).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass der Beschwerdeführer am 19. Mai 2013 in der Schweiz um Asyl nachsuchte,

dass er am 27. Mai 2013 im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) B._______ zu seinen Personalien, zu seinem Reiseweg und - summarisch - zu seinen Asylgründen befragt und, nach der Zuweisung für den Aufenthalt während der Dauer des Asylverfahrens an den Kanton C._______ und der formellen Beendigung des Dublin-Verfahrens, am 27. März 2014 im EVZ D._______ gestützt auf Art. 29 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG, SR 142.31) eingehend zu seinen Asylgründen angehört wurde,

dass der Beschwerdeführer dabei im Wesentlichen geltend machte, er sei pakistanischer Staatsangehöriger afghanischer Herkunft und ethnischer Hazara schiitischen Glaubens,

dass er in E._______ (F._______) geboren und aufgewachsen sei und nach Abschluss der 10. Klasse als Strassenhändler gearbeitet habe,

dass dort Schiiten und Hazara seit dem Jahre 1999 verfolgt und durch Attentate getötet würden und er - obwohl ihm selber nie etwas passiert sei - in ständiger Angst gelebt habe,

dass er daher Pakistan Ende August 2007 legal mit seinem Pass in Richtung Iran verlassen habe und dann - nachdem er seinen Pass vernichtet habe - per Auto und Lastwagen in die Türkei und anschliessend in einem Schlauchboot nach Griechenland gereist sei, wo er um Asyl nachgesucht habe,

dass er in Griechenland eine Aufenthaltserlaubnis gehabt und bis etwa Februar 2013 in Athen gelebt habe,

dass er danach über Serbien und Kroatien nach Italien gefahren und am 19. Mai 2013 von Mailand her mit dem Zug illegal in die Schweiz eingereist sei,

dass er mit am 17. Juni 2013 beim BFM eingegangenem Brief seine nationale pakistanische Identitätskarte, je ein Zeugnis der "G._______" und der "H._______" sowie ein - ebenfalls von der "H._______" ausgestelltes - "Character Certificate" zu den Akten gab,

dass das BFM mit Verfügung vom 31. März 2014 - eröffnet am 2. April 2014 - das am 19. März 2013 gestellte Asylgesuch ablehnte und die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug anordnete,

dass der Beschwerdeführer sich durch seine Rechtsvertreterin mit Eingabe vom 30. April 2014 gegen die Verfügung des BFM vom 31. März 2014 wandte und dabei in materieller Hinsicht die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung, die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Gewährung des Asyls, eventualiter die Anordnung der vorläufigen Aufnahme wegen Unzulässigkeit und Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs beantragte,

dass in prozessualer Hinsicht um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ersucht wurde,

dass zur Untermauerung der gestellten Anträge - auf deren Begründung, soweit für den Entscheid wesentlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen wird - eine am 25. April 2014 von der (...) ausgestellte Fürsorgeabhängigkeitsbestätigung zu den Akten gegeben wurde,

dass das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 12. Mai 2014 - für deren ausführliche Begründung auf die Akten und die nachfolgenden Erwägungen verwiesen wird - die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (Art. 65 Abs. 1 VwVG) und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses (Art. 63 Abs. 4 VwVG) abwies und dem Beschwerdeführer gleichzeitig zur Bezahlung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 600.- eine Frist bis zum 27. Mai 2014 ansetzte, verbunden mit der Androhung, bei ungenutzter Frist und unveränderter Sachlage werde - ungeachtet eines weiteren, mit ungenügenden finanziellen Mitteln begründeten Gesuchs um Gewährung des unentgeltlichen Prozessführung, Kostenvorschusserlass oder -reduktion, Ratenzahlung oder Fristverlängerung - ohne Ansetzen einer Nachfrist auf die Beschwerde vom 30. April 2014 nicht eingetreten,

dass der verlangte Kostenvorschuss - obwohl der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Mai 2014 (Poststempel: 16. Mai 2014) um Bewilligung der Bezahlung des Kostenvorschusses in monatlichen Raten von Fr. 80.- ersucht hatte - am 27. Mai 2014 bezahlt wurde,

und zieht in Erwägung,

dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 VwVG) des BFM entscheidet, ausser - was in casu nicht zutrifft - bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 -33 VGG, Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG),

dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG),

dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist, weshalb auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2 AsylG sowie Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG),

dass das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Verfügung aus den in Art. 106 Abs. 1 AsylG vorgesehenen Gründen überprüft,

dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG), und es sich vorliegend - wie nachfolgend aufgezeigt - um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),

dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,

dass die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl gewährt (Art. 2 Abs. 1 AsylG), wobei als Flüchtling eine ausländische Person anerkannt wird, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG),

dass als ernsthafte Nachteile namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken, gelten (Art. 3 Abs. 2 AsylG),

dass das Bundesamt in der angefochtenen Verfügung zutreffend und mit hinreichender Begründung ausgeführt hat, wieso es zum Schluss gelangte, die Vorbringen des Beschwerdeführers hielten den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit nicht stand,

dass zur Vermeidung von Wiederholungen vorab auf die ausführlichen Darlegungen in der angefochtenen Verfügung vom 31. März 2014 sowie auf die Ausführungen in der Zwischenverfügung vom 12. Mai 2014 verwiesen werden kann,

dass das BFM vorab zutreffend bemerkte, die Glaubensgemeinschaft der Schiiten sei in Pakistan staatlich anerkannt und deren freie Religionsausübung gewährleistet,

dass die Schiiten, welche rund einen Fünftel aller in Pakistan lebenden Muslime ausmachten, auch ihrer zahlenmässigen Stärke entsprechend einen bedeutenden Einfluss auf das politische, religiöse und gesellschaftliche Leben des Landes ausübten,

dass die Gesetzesübertretungen, welche sunnitische und schiitische Fanatiker im Zusammenhang mit gegenseitigen Feindseligkeiten begehen würden, von den Polizeibehörden im Rahmen der lokalen Gegebenheiten und der effektiv bestehenden Strafverfolgungsmöglichkeiten auch tatsächlich verfolgt und geahndet würden,

dass das BFM sodann in Bezug auf die Darstellung des Beschwerdeführers, aufgrund seiner Ethnie bedroht zu werden, berechtigterweise darauf hinwies, der Beschwerdeführer habe zu Protokoll gegeben, selber nie bedroht oder angegriffen worden zu sein und auch seiner Familie in E._______ sei nie etwas zugestossen (vgl. Vorakten A6 S. 9 und A24 S. 3 f.),

dass er auch die Frage nach konkreten Anhaltspunkten einer drohenden Gefahr nur ausweichend beantwortet habe (vgl. A24 S. 4),

dass er überdies zu Protokoll gegeben habe, die Lage sei schon acht Jahre vor seiner Ausreise aus Pakistan so gewesen (vgl. A6 S. 9, A24 S. 3), womit der geltend gemachten Bedrohungslage auch die nötige Intensität fehle, zumal er diese Intensität zu keinem Zeitpunkt habe darlegen können,

dass schliesslich die Angaben zum Tod des Verwandten beziehungsweise des Verwandten des Vaters (vgl. A24 S. 5) so unsubstanziiert und widersprüchlich seien, dass sich deren Unglaubhaftigkeit auf den ersten Blick erschliesse und sich eine eingehende Prüfung erübrige,

dass die dazu in der Beschwerdeschrift gemachten Ausführungen (im Wesentlichen Wiederholungen des anlässlich der Befragungen geschilderten Sachverhaltes und Hinweise auf die allgemeine Lage in Pakistan sowie auf die Situation der Schiiten; vgl. Beschwerde S. 3 f.) nicht geeignet sind, zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts zu führen,

dass es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, die Flüchtlingseigenschaft nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, weshalb das BFM das Asylgesuch zu Recht abgelehnt hat,

dass die Ablehnung eines Asylgesuchs oder das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1 AsylG), vorliegend der Kanton, welchem der Beschwerdeführer für den Aufenthalt während der Dauer des Aufenthaltes zugewiesen wurde (C._______) keine Aufenthaltsbewilligung erteilt hat (Art. 32 Bst. a der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 [AsylV 1, SR 142.311]) und der Beschwerdeführer zudem keinen Anspruch auf Erteilung einer solchen hat (vgl. BVGE 2009/50 E. 9 S. 733 mit weiteren Hinweisen; Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21), weshalb die verfügte Wegweisung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht und zu bestätigen ist,

dass das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern regelt, wenn der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 Ausländergesetz [AuG, SR 142.20]),

dass der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig ist, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG),

dass keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden darf, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]),

dass der Vollzug der Wegweisung vorliegend in Beachtung dieser massgeblichen völker- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, da es dem Beschwerdeführer - wie vorstehend dargelegt - nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, weshalb das in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des völkerrechtlichen Non-Refoulement im vorliegenden Verfahren keine Anwendung findet, und auch keine Anhaltspunkte für eine menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne von Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) ersichtlich sind, die dem Beschwerdeführer im Heimat- oder Herkunftsstaat drohen könnte,

dass sich der Vollzug der Wegweisung für Ausländerinnen und Ausländer als unzumutbar erweist, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind (Art. 83 Abs. 4 AuG),

dass zwar in den vergangenen Jahren aus der (...) einige Male ethnisch oder religiös motivierte Überfälle und Anschläge gemeldet worden waren, (...),

dass jedoch - zumal im jetzigen Zeitpunkt - nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt oder von kriegerischen Auseinandersetzungen gesprochen werden kann,

dass sodann auch keine anderen, individuellen Merkmale bestehen, welche den Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers als unzumutbar erscheinen lassen könnten,

dass der Beschwerdeführer über eine relativ gute zehnjährige Schulbildung, über Berufserfahrung als Strassenhändler und über ein verwandtschaftliches Beziehungsnetz in der Heimat (Mutter, Geschwister, Onkel) verfügt,

dass schliesslich auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vollzug der Wegweisung aus medizinischen Gründen nicht zumutbar sein könnte,

dass der Vollzug der Wegweisung nach Pakistan schliesslich möglich ist (Art. 83 Abs. 2 AuG), da keine praktischen Hindernisse erkennbar sind, die einer Rückkehr entgegenstehen könnten, und der Beschwerdeführer verpflichtet ist, sich bei der heimatlichen Vertretung allenfalls benötigte Reisepapiere zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG),

dass nach dem Gesagten somit keine Wegweisungsvollzugshindernisse vorliegen und der vom Bundesamt verfügte Vollzug der Wegweisung zu bestätigen ist,

dass die angefochtene Verfügung einer Überprüfung gemäss Art. 106 Abs. 1 AsylG standhält, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.-(Art. 16 Abs. 1 Bst. a VGG i.V.m. Art 1 -3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem am 27. Mai 2014 geleisteten Kostenvorschuss - wodurch das am 15. Mai 2014 gestellte Gesuch um Ratenzahlung gegenstandslos geworden ist - zu verrechnen sind.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 600.-, werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der einbezahlte Kostenvorschuss wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Martin Zoller Kathrin Mangold Horni

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