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21. Urteil der ARK vom 26. Januar 1996 i.S. A. S. H.,
Pakistan

Art. 3 AsylG; Art. 14a ANAG: Situation der Ahmadis in Pakistan.

1. Die Diskriminierungen und Schikanen, welche die Glaubensgemeinschaft der Ahmadis in Pakistan zu erleiden hat, stellen keine Kollektivverfolgung dar (Erw. 5a-c).

2. Die Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadis stellt ein starkes Indiz für die Annahme der Unzumutbarkeit eines Wegweisungsvollzugs dar; die Beurteilung ist im Einzelfall nach den Regeln der Individualprüfung vorzunehmen. Im konkreten Fall ist der Wegweisungsvollzug als zumutbar zu erachten (Erw. 7d).

Art. 3 LA; art. 14a LSEE: condition des Ahmadis au Pakistan.

1. Les discriminations et les tracasseries que doivent endurer les membres de la communauté religieuse ahmadi au Pakistan ne constituent pas une persécution collective (consid. 5a-c).

2. L'appartenance à la communauté ahmadi constitue un indice sérieux permettant d'admettre l'inexigibilité de l'exécution d'un renvoi. Chaque cas doit être apprécié selon les règles relatives à l'examen individuel. En l'espèce, l'exécution du renvoi a été jugée raisonnablement exigible (consid. 7d).

Art. 3 LA; art. 14a LDDS: situazione degli ahmadi nel Pakistan.

1. I pregiudizi e le vessazioni di cui sono vittime i membri della comunità religiosa ahmadi in Pakistan non costituiscono persecuzione collettiva (consid. 5a-c).

2. L'appartenenza alla comunità religiosa degli ahmadi costituisce un serio indizio a favore dell'inesigibilità dell'esecuzione dell'allontana- mento. Ogni singolo caso va esaminato individualmente. Nella


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fattispecie, l'esecuzione dell'allontanamento è stata giudicata ragionevolmente esigibile (consid. 7d).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Die Beschwerdeführer stellten am 10. Mai 1994 ein Asylgesuch. Das BFF führte zunächst in der Empfangsstelle eine kurze Direktbefragung (Art. 15 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 15 Interkantonale Stellen - Die Kantone können zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere für die Anhörung, die Entscheidvorbereitung und den Vollzug der Wegweisung, interkantonale Stellen errichten.
AsylG) im Beisein eines Hilfswerkvertreters (Art. 15a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 15 Interkantonale Stellen - Die Kantone können zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere für die Anhörung, die Entscheidvorbereitung und den Vollzug der Wegweisung, interkantonale Stellen errichten.
AsylG) durch. Nachdem in der Folge Abklärungen des BFF ergaben, dass die geltend gemachte Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Gemeinschaft den Tatsachen entspricht, hörte das BFF die Beschwerdeführer ausführlich zu ihren Asylgründen an.

Die Beschwerdeführer machten - nebst nicht näher konkretisierten Hinweisen allgemeiner Natur, die Ahmadis in Pakistan hätten täglich Probleme seitens des Staates und Dritter zu gewärtigen - zwei konkrete Vorbringen, einerseits bezüglich eines Vorfalles im Sommer 1990, andererseits bezüglich eines gegen den Beschwerdeführer im Herbst 1993 eingeleiteten Strafverfahrens, geltend; abgesehen von diesen beiden Vorfällen seien sie nie in ein Gerichtsverfahren verwickelt oder in Haft gewesen und hätten mit Behörden oder Organisationen nie Schwierigkeiten gehabt. Im Sommer 1990 seien sie zusammen mit anderen Ahmadis nach dem Freitagsgebet vor der Moschee von einer Gruppe von Nicht-Ahmadis beschimpft und mit Steinen angegriffen worden; die Beschwerdeführerin sei gestürzt und von einem Stein am Rücken getroffen worden, weshalb sie heute noch unter Rückenschmerzen leide; der Beschwerdeführer habe seine Frau schützen wollen und sei von einem der Angreifer mit einem scharfen Gegenstand an der Hand verletzt worden; er habe auf der Polizeistation Anzeige erstatten wollen, deren Annahme aber verweigert worden sei. Auch nach diesem Vorfall hätten sie weiterhin - der Beschwerdeführer öfter, die Beschwerdeführerin weniger oft - die Moschee
besucht; der Beschwerdeführer habe in der religiösen Gemeinde keine besondere Stellung innegehabt, jedoch allgemein mitgeholfen und an Versammlungen teilgenommen. Am 25. August 1993 habe eine religiöse Versammlung von sieben oder acht Personen, an der auch der Beschwerdeführer teilgenommen habe, im Privathaus eines Glaubensgenossen stattgefunden; auf eine Anzeige hin sei die Polizei gekommen, um die Anwesenden zu verhaften; dem Beschwerdeführer sei die Flucht gelungen, doch habe ihn am folgenden Tag die Polizei zu Hause gesucht. Der Beschwerdeführer habe sich bei einem Freund versteckt und durch einen Anwalt eine Vorkaution leisten lassen, die jedoch später wieder annulliert und durch die Anordnung einer Untersuchungshaft ersetzt worden sei; es bestehe


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ein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer. Die Polizei habe ihn immer wieder zu Hause gesucht; er habe sich nicht mehr zu Hause, sondern versteckt bei Freunden aufgehalten; nur nachts habe er, etwa ein- bis zweimal pro Woche, seine Familie für jeweils kurze Zeit besucht. Es sei ihm schliesslich gelungen, in Karachi einen Agenten zu finden, der die Ausreise und die Reisepässe organisiert habe; am 4. Mai 1994 sei die ganze Familie in Begleitung des Agenten von Karachi über Griechenland nach Rom geflogen; von Italien seien sie dann in die Schweiz weitergereist.

Vom BFF aufgefordert, Beweismittel aus dem geltend gemachten Strafverfahren beizubringen, reichte der Beschwerdeführer - nebst einem Schreiben seines pakistanischen Rechtsanwalts vom 10. März 1994 - einen First Information Report (FIR) vom 25. August 1993, eine Kautionsverfügung vom 12. September 1993, eine Haftanordnung vom 5. Oktober 1993 sowie einen Haftbefehl vom 5. März 1994 zu den Akten. Das BFF unterzog die vier letztgenannten Dokumente einer Dokumentenanalyse, in welcher sie als Fälschungen identifiziert wurden. Die Erkenntnis, dass die Beweismittel gefälscht seien, und die wesentlichen Fälschungsmerkmale wurden dem Beschwerdeführer in der BFF-Befragung zur Kenntnis gebracht und zur Stellungnahme unterbreitet; der Beschwerdeführer hielt an der Echtheit der Dokumente, die ihm von seinem pakistanischen Rechtsanwalt zugestellt worden seien, fest.

Mit Verfügung vom 24. Februar 1995 lehnte das BFF die Asylgesuche der Beschwerdeführer ab und ordnete deren Wegweisung aus der Schweiz an. Zur Begründung führte die Vorinstanz im wesentlichen aus, die mit gefälschten Beweismitteln untermauerten Asylgründe bezüglich des angeblich gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Verfahrens und der polizeilichen Suche nach ihm seien als nicht glaubhaft zu beurteilen; dem weiter geltend gemachten Vorkommnis aus dem Jahre 1990 fehle es demgegenüber an einem asylrechtlich relevanten Kausalzusammenhang zur erst beinahe vier Jahre später erfolgten Ausreise. Sodann könne nicht von einer gegen die Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya gerichteten Kollektivverfolgung ausgegangen werden. Insgesamt vermöchten die Vorbringen weder den Anforderungen an die Glaubhaftmachung noch denjenigen an die Flüchtlingseigenschaft zu genügen. Der Vollzug der Wegweisung sei zulässig, zumutbar und möglich.

Gegen diese Verfügung reichten die Beschwerdeführer durch ihren Vertreter am 29. März 1995 Beschwerde ein. Sie beantragen unter Kostenfolge die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gewährung des Asyls. Eventuell


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sei von einer Wegweisung abzusehen und die Vorinstanz anzuweisen, die Beschwerdeführer vorläufig aufzunehmen.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

4. a) Den von den Beschwerdeführern übereinstimmend geschilderten Vorfall vom Sommer 1990, als sie beim Verlassen der Moschee mit Steinen angegriffen worden seien und die Beschwerdeführerin von einem Stein in den Rücken getroffen, der Beschwerdeführer an der Hand verletzt worden sei, bezeichnete die Vorinstanz zu Recht mangels des erforderlichen Kausalzusammenhangs zur erst Jahre später erfolgten Ausreise aus Pakistan als asylrechtlich nicht mehr von Relevanz; ob dieser Vorfall indirekt dem Staat anzulasten sei und eine mittelbare Verfolgung darstelle (wie in der Beschwerde geltend gemacht wird), braucht unter diesen Umständen nicht erörtert zu werden.

b) Die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit sie sich auf die Vorfälle nach dem 25. August 1993 beziehen, als der Beschwerdeführer einer polizeilichen Verhaftung habe entkommen können und in der Folge in ein Verfahren verwickelt und gesucht worden sei, bezeichnete die Vorinstanz demgegenüber in ihrer Verfügung zu Recht als nicht glaubhaft gemacht; dass die Beschwerdeführerin die diesbezüglichen Vorbringen ihres Mannes im wesentlichen habe bestätigen können, vermag im Rahmen einer Gesamtwürdigung insgesamt nicht zu überwiegen.

Zunächst reichten die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Beweismittel ein, die die Vorinstanz aufgrund formaler und inhaltlicher Mängel zutreffend als Fälschungen gewürdigt hat; teils weisen die Dokumente wichtige Merkmale wie etwa Aktennummern oder gewisse Stempel nicht auf, teils sind sie von unzuständigen Behörden ausgestellt worden. Wenn die Beschwerdeführer die fraglichen Fälschungsmerkmale im Beschwerdeverfahren als Versehen erklären wollen beziehungsweise darauf hinweisen, in Pakistan könne nicht die gleiche "administrative Strenge" erwartet werden wie hierzulande, überzeugt dies nicht, zumal jedes der vier beigebrachten Dokumente aus dem angeblichen Verfahren gegen den Beschwerdeführer Mängel aufweist. Kein Beweiswert für die behauptete Echtheit der Dokumente kommt sodann der Tatsache zu, dass die Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren die Fotokopien von dreien der vier Dokumente, nunmehr mit Stempeln, Marken und Prägestem-


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peln des pakistanischen Aussenministeriums versehen, erneut beibringen; einerseits weist die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass in Pakistan nicht nur amtliche Blankoformulare ohne Schwierigkeiten frei gekauft werden können, sondern auch keine grösseren Schwierigkeiten bestehen, beliebige Dokumente mit Stempeln versehen zu lassen; andererseits wird nicht nachvollziehbar, inwiefern das pakistanische Aussenministerium mit dem angeblich gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahren befasst sein sollte. Das Schreiben des pakistanischen Rechtsanwalts würdigte die Vorinstanz schliesslich zutreffend als Gefälligkeitsschreiben ohne Beweiswert, zumal darin auf die als Fälschungen zu würdigenden Beweismittel Bezug genommen wird und der fragliche Rechtsanwalt den schweizerischen Behörden auch schon in anderen Asylverfahren als Verfasser von Gefälligkeitsbestätigungen bekannt geworden ist. Die gefälschten Dokumente werden zur Vermeidung weiterer Missbräuche in Anwendung von Artikel 18d Absatz 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 15 Interkantonale Stellen - Die Kantone können zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere für die Anhörung, die Entscheidvorbereitung und den Vollzug der Wegweisung, interkantonale Stellen errichten.
AsylG eingezogen.

Abgesehen davon, dass zur Untermauerung der angeblichen Gefährdung des Beschwerdeführers gefälschte Dokumente beigebracht wurden, was die Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens nachhaltig erschüttert, wies die Vorinstanz zu Recht auch auf gewisse Ungereimtheiten in den Darstellungen des Beschwerdeführers hin; namentlich würdigte sie es als nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer angeblich über das weitere Schicksal seiner Mitangeklagten - im FIR werden neben dem Beschwerdeführer sieben weitere Personen genannt - keinerlei Informationen zu erlangen versucht hatte. Ueberdies sind in diesem Zusammenhang die Aussagen des Beschwerdeführers ungereimt; einerseits will er beim Erscheinen der Polizei am 25. August 1993 zusammen mit zwei oder drei andern Personen geflohen sein, andererseits will er allein geflohen sein und nicht gesehen haben, was mit den andern geschehen sei; die Polizei soll am folgenden Tag seinem Vater gegenüber von zwei Verhafteten und zwei Flüchtigen, unter ihnen der Beschwerdeführer, gesprochen haben, während demgegenüber im FIR vier Verhaftete und vier Flüchtige erwähnt werden. Widersprüchlich sind sodann auch die Angaben des Beschwerdeführers, er habe seit dem 26. August 1993, als die Polizei ihn erstmals
gesucht habe, nicht mehr zu Hause gelebt und seine Familie nur noch nachts für jeweils kurze Zeit besucht; an anderer Stelle gab er nämlich zu Protokoll, er habe sich für die Leistung der Vorkaution am 12. September 1993 selber beim Polizeirichter eingefunden und habe, nachdem die Kaution bewilligt worden sei, bis zu ihrem Widerruf am 5. Oktober 1993 ganz normal zu Hause gelebt.


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Nicht mit der angeblichen polizeilichen Suche nach dem Beschwerdeführer und seiner angeblichen Furcht vor Verhaftung lässt es sich schliesslich vereinbaren, dass er sich am 16. Februar 1994 seine Identitätskarte ausstellen liess; seinen Angaben zufolge hat er diese - zu einem Zeitpunkt, als angeblich seit dem 5. Oktober 1993 eine Haftanordnung gegen ihn bestanden habe - selber bei den Behörden beantragt, was auch seine Ehefrau bestätigt hat.

c) Weitere Verfolgungsmassnahmen - ausser dem Vorfall vom Sommer 1990, dem keine Asylrelevanz mehr zukommen kann, und den angeblichen Ereignissen nach dem 25. August 1993, die nach dem Gesagten nicht glaubhaft geworden sind - machten die Beschwerdeführer nicht geltend. Sie wiesen zwar generell auf "tägliche Probleme" und "tägliche Vorfälle" hin, welche die Ahmadis erdulden müssten, ohne indessen konkrete, gegen sie gerichtete Ereignisse geltend zu machen; die Beschwerdeführerin gab ausdrücklich zu Protokoll, der letzte dieser gegen Ahmadis gerichteten Vorfälle, wie sie immer wieder vorkämen, den sie selber erlebt habe, sei jenes Ereignis im Sommer 1990 gewesen; mehrmals gaben die Beschwerdeführer sodann zu Protokoll, sie hätten alle Asylgründe angeführt und hätten nichts mehr zu ergänzen. Auch im Beschwerdeverfahren wird nur vage festgehalten, die Beschwerdeführer hätten "immer wieder Schwierigkeiten mit den Behörden und den sunnitischen Mitbewohnern" gehabt, ohne dass indessen konkrete derartige Ereignisse angeführt würden.

5. - Im Beschwerdeverfahren legen die Beschwerdeführer ausführlich die allgemeine Situation der Ahmadis in Pakistan dar (vgl. auch den Aufsatz, den der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer in ASYL 1995/2 publiziert hat: W. Greiner, Die Ahmadi-Muslime in der Rechtsprechung der ARK, in ASYL 1995/2 S. 43 ff.). Ihre Ausführungen decken sich im wesentlichen mit der diesbezüglichen Lageeinschätzung der Asylrekurskommission, wobei indessen hinsichtlich der Frage einer Kollektivverfolgung der Ahmadis - wie nachstehend (Bst. b) ausgeführt wird - die Lageeinschätzung der Vorinstanz zu bestätigen ist.

a) Mitglieder der Ahmadiyya-Bewegung, der in Pakistan rund vier Millionen Personen angehören, werden von orthodoxen Moslems als Häretiker betrachtet, da sie in ihrem Gründer Mirza Ghulam Ahmad einen Propheten erkennen und dadurch die Finalität des Prophetentums Mohammeds leugnen. Aus diesen Kreisen wird in Pakistan ständige Agitation gegen die Ahmadis betrieben, welche 1953 und 1974 pogromartige Ausschreitungen zur Folge hatte. Im Jahre 1974 liess Zulfikar Ali Bhutto in einem Verfassungszusatz festlegen, dass die-


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jenigen Personen, welche nicht an die absolute und uneingeschränkte Finalität des Propheten Mohammeds glaubten, keine Moslems seien, wodurch die Ahmadis offiziell zu "Nicht-Moslems" erklärt wurden. Nach dem Umsturz von 1977 trieb Zia ul-Haq die Islamisierung des pakistanischen Strafrechts voran. Unter anderem wurde in das Strafgesetzbuch (Pakistan Penal Code, PPC) der neue Artikel 298-A aufgenommen, welcher die Verunglimpfung heiliger Personen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht. Obschon nicht ausdrücklich erwähnt, stellten die Ahmadis die Zielgruppe dieser neuen Bestimmung dar, da ihr Glaubensritual als Beleidigung der "wahren" Moslems und damit als Sakrileg aufgefasst wird. Die "Anti-Ahmadiyya Ordinance No. XX" vom 26. April 1984 führte dann mit den neuen Artikeln 298-B und 298-C PPC ausdrücklich Ahmadis diskriminierende Strafgesetzbestimmungen ein: Nach diesen beiden Normen macht sich ein Angehöriger der Glaubensgemeinschaft - deren äusserlicher ritueller Habitus sich kaum von demjenigen anderer sunnitischer Gruppierungen unterscheidet - unter anderem dann strafbar und kann zu einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren Dauer verurteilt werden, wenn er die Gebetsstätten der Ahmadis "Moscheen" nennt, sich
selbst als Moslem oder seinen Glauben als Islam bezeichnet, seinen Glauben predigt oder in sonstiger Weise die religiösen Gefühle von Moslems beeinträchtigt. Schliesslich steht mit Artikel 295-C PPC, welcher Prophetenlästerung mit der Todesstrafe oder mit lebenslänglicher Haft - seit einer Verschärfung im Jahre 1991 zwingend mit Todesstrafe - bedroht, eine latente Bedrohung für Mitglieder der Glaubensgemeinschaft im Raum. Es sind erst in letzter Zeit einzelne Strafverfahren nach Artikel 295-C PPC gegen Ahmadis eröffnet - beziehungsweise Verfahren gemäss Artikel 298-C PPC in solche nach Artikel 295-C PPC umgewandelt - worden; bis anhin sind gestützt auf den verschärften Artikel 295-C PPC zwei Schuldsprüche aus dem Jahr 1992 - gegen einen Christen und gegen einen Moslem - bekannt geworden, die zur Zeit vor Appellationsgericht hängig sind; bis Ende Oktober 1993 waren insgesamt 107 Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Strafverfahren gemäss Artikel 295-C PPC verwickelt, von denen einige freigesprochen wurden, während die anderen Verfahren noch hängig sind und bisher kein Schuldspruch bekannt geworden ist. Seit 1984 sind nach offiziellen Angaben jedoch mehrere Tausend Strafverfahren wegen Verletzung der "Ordinance No. XX"
eröffnet und Hunderte von Ahmadis zu Freiheitsstrafen verurteilt worden und auch noch im letzten Jahr befanden sich zahlreiche Mitglieder der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft weiterhin in Haft und mindestens 60 Ahmadis standen unter Anklage, weil sie in Ausübung ihres Glaubens Verse aus dem Koran verwendet hatten (Amnesty International, Jahresbericht 1994, S. 428).


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Im Jahre 1989 kam es in zwei Ortschaften der Provinz Punjab, Nankana Sahib und Chak Sikandar, zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Ahmadis, bei welchen Dutzende von Mitgliedern dieser Gemeinschaft zu Schaden kamen und welche die offensichtlich parteiischen lokalen Behörden nicht zu verhindern suchten; es wurde bis heute keine offizielle Untersuchung dieser Vorfälle angeordnet. Zwar kommt es unbestrittenermassen immer wieder zu Uebergriffen gegen Ahmadis (vgl. Y. Hassan Bajwa, Zur Situation der Ahmadi-Muslime in Pakistan, in ASYL 1994/3, S. 65 ff.). Dass sich aber gegen Ahmadis pogromartige Ausschreitungen wie im Jahr 1989 wiederholt hätten, wurde nicht bekannt (vgl. unveröffentlichte Urteile der ARK vom 27.4.1993 i.S. F.A.F., vom 17.5.1994 i.S. A.M.; vgl. zum Ganzen beispielsweise R. Marx, Asylrecht, Band 3, Rechtsprechungssammlung mit Erläuterungen, 5. Aufl., Baden-Baden 1991, S. 1022 ff.; R. Marx, Umfang und Grenzen der Religionsfreiheit im Asylrecht unter besonderer Berücksichtigung der pakistanischen Strafpraxis gegenüber Ahmadis, ZDWF-Schriftenreihe Nr. 52, Februar 1993, S. 36 ff.; die Jahresberichte von Amnesty International; Amnesty International on Persecution of Ahmadi Muslims in Pakistan, Genf, Februar 1992).

Am 3. Juli 1993 bestätigte der pakistanische Supreme Court die Verfassungsmässigkeit der "Anti-Ahmadiyya Ordinance No. XX" von 1984. Dieses Urteil bedeutete eine Parteinahme des Staates für das Privileg der islamischen Gesellschaftstradition und eine Verdeutlichung dahingehend, dass eine Verbesserung der rechtlichen Situation der Ahmadiyya-Gemeinschaft einzig allenfalls von politischer Seite ausgehen könnte. Insgesamt konnte bis heute jedoch nicht festgestellt werden, dass jenes Urteil des Supreme Court eine Verschärfung der gerichtlichen Verfolgungspraxis, mithin eine systematische staatliche Unterdrückung, nach sich gezogen hätte. Ob die als Gewinnerin aus den Parlamentswahlen vom Oktober 1993 hervorgegangene PPP ihre im Wahlkampf vertretenen Absichten, den fraglichen Verfassungszusatz zu streichen und damit die Strafbestimmungen gegen Ahmadis hinfällig werden zu lassen, tatsächlich in die Realität umsetzen wird, steht dahin. Die Regierung hat dabei ihre Absicht, die Strafrechtsbestimmungen des Artikels 295-C PPC zu revidieren, um mit jener Strafnorm in Zusammenhang stehende Missbräuche (Flut von Blasphemie-Klagen) zu beseitigen (vgl. Le Monde vom 19.2.1994), nicht in die Tat umgesetzt. Der entsprechende
Gesetzesänderungsentwurf wurde zwar im August 1994 dem Parlament zur Diskussion unterbreitet. Aufgrund lautstarker Proteste aus Kreisen islamischer Parlamentsabgeordneter ist eine Beschlussfassung indessen bis auf weiteres zurückgestellt worden. Demzufolge ist in nächster Zeit nicht mit einer Verbesserung der Rechtsgrundlagen für die Ahmadis zu rechnen, zumal die gegenwärtige Koalitionsregierung den Wün-


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schen der Islamisten Rechnung tragen muss, will sie ihre Regierungsführung weiterhin behalten.

b) Trotz der oben dargelegten Problematik haben die schweizerischen Asylbehörden bei den Ahmadis aus Pakistan bisher keine Kollektivverfolgung - in dem Sinne, dass zu bejahen wäre, jedes Mitglied der Ahmadiyya-Gemeinschaft habe angesichts der gegen das Kollektiv gerichteten Repressionen genügend Anlass, auch individuell eine Verfolgung befürchten zu müssen, weshalb es zum Nachweis der Flüchtlingseigenschaft genüge, die Zugehörigkeit zur verfolgten Gruppe glaubhaft zu machen (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a.M. 1990, S. 77 f.; A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1991, S. 92; S. Werenfels, Der Begriff des Flüchtlings im schweizerischen Asylrecht, Bern u.a. 1987, S. 208 f., 211) - angenommen. Wie die Vorinstanz in ihrer Verfügung und in ihrer Vernehmlassung zutreffend festhält, erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere ausschlaggebend, dass die vorstehend erwähnten staatlichen Verfolgungsmassnahmen lediglich bei einem zahlenmässig kleinen Anteil der Angehörigen der grossen Ahmadigemeinde - mit mehreren Millionen Mitgliedern allein in Pakistan - dokumentiert sind; von einer systematischen Verfolgung der Ahmadis, deren Ziel es wäre, möglichst alle
Mitglieder der Gemeinschaft zu treffen, kann nicht gesprochen werden. Die Beschwerdeführer weisen auf die potentielle Gefährdung eines jeden Ahmadis hin und machen geltend, da jeder Ahmadi jederzeit Opfer von Uebergriffen fanatischer Moslems oder von einer Anzeige werden könne, sei eine Kollektivverfolgung zu bejahen (vgl. auch Greiner, a.a.O., S. 45); entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer erweist sich indessen die konkrete Anzahl der dokumentierten, gegen Ahmadis gerichteten Verfolgungsmassnahmen und deren zahlenmässige - geringe - Relation zur gesamten Ahmadiyya-Gemeinde als ausschlaggebend, setzt doch die Bejahung einer begründeten Furcht das Bestehen einer nicht nur geringen, sondern erheblichen Wahrscheinlichkeit zukünftiger Verfolgung in absehbarer Zukunft voraus. Die Asylrekurskommission teilt daher die Lageeinschätzung der Vorinstanz und sieht zur Zeit keine Veranlassung, bei den Ahmadis eine Kollektivverfolgung zu bejahen (vgl. auch den Ueberblick über die diesbezügliche bisherige Praxis der Asylrekurskommission in Greiner, a.a.O., S. 43 ff.).

c) Dagegen erhöht die bekannte potentielle Gefährdung von Angehörigen der Glaubensgemeinschaft praxisgemäss die Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer allenfalls selbst einer individuellen Gefährdung ausgesetzt sein könnte (vgl. Werenfels, a.a.O., S. 208). Bei der Prüfung der Frage, ob der


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Beschwerdeführer in individueller Weise eine begründete Furcht vor zukünftiger Verfolgung im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG geltend machen könne, spielen die allgemeine Situation der Ahmadiyya-Gemeinschaft ebenso wie konkrete Erfahrungen, die Verwandte oder Bekannte des Beschwerdeführers erlebt haben, durchaus eine relevante Rolle; bei der Würdigung, ob der Beschwerdeführer konkrete Indizien und tatsächliche Anhaltspunkte dargelegt habe, um eine Furcht vor künftiger Verfolgung nachvollziehbar erscheinen zu lassen, sind neben objektiven Anhaltspunkten auch derartige subjektive Elemente und Erfahrungen zu berücksichtigen; insbesondere ist eine rein objektive Würdigung, ob die gegebenen Umstände eine Furcht vor künftiger Verfolgung begründet erscheinen liessen, zu erweitern durch das vom Betroffenen bereits Erlebte, durch seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie oder sozialen Gruppe oder durch Kenntnisse von Erfahrungen seiner Bekannten und Verwandten (vgl. Urteil der ARK vom 22. Dezember 1992 i.S. D.B.; EMARK 1993 Nr. 6, S. 37).

d) Im Falle der Beschwerdeführer kann - auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan - eine begründete Furcht vor zukünftiger Verfolgung nicht bejaht werden. Mit Ausnahme des erwähnten Vorfalles im Sommer 1990, als sie zusammen mit anderen Ahmadis von einer Gruppe von Nicht-Ahmadis angegriffen wurden, haben sie keine konkreten Anhaltspunkte für eine zukünftig drohende Gefährdung glaubhaft darzulegen vermocht; nachdem die weiteren geltend gemachten Vorfälle betreffend das angeblich gegen den Beschwerdeführer geführte Strafverfahren nicht glaubhaft gemacht worden sind, kann vielmehr aus den ausdrücklichen Angaben der Beschwerdeführer, sie hätten mit den Behörden oder mit irgendwelchen Organisationen nie Schwierigkeiten gehabt, geschlossen werden, dass sie - abgesehen von jenem Vorfall im Sommer 1990 - in ihrer Heimat unbehelligt gelebt haben.

6. - Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beschwerdeführer eine individuelle Verfolgung im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG, die sie in ihrer Heimat erlitten hätten oder in begründeter Weise hätten befürchten müssen, nicht dargetan haben. Die Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Gemeinschaft vermag demgegenüber für sich allein nicht zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu führen, da nach dem oben Gesagten nicht von einer gegen diese Gemeinschaft gerichteten Kollektivverfolgung auszugehen ist. Die Vorinstanz hat daher das Asylgesuch der Beschwerdeführer zu Recht abgelehnt.


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7. a) Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (vgl. Art. 17 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 17 Besondere Verfahrensbestimmungen - 1 Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
1    Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
2    Der Bundesrat erlässt ergänzende Bestimmungen über das Asylverfahren, insbesondere um der speziellen Situation von Frauen und Minderjährigen im Verfahren gerecht zu werden.
2bis    Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen werden prioritär behandelt.41
3    Die Interessen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden werden wahrgenommen für die Dauer des Verfahrens:
a  im Zentrum des Bundes und am Flughafen durch die zugewiesene Rechtsvertretung als Vertrauensperson; diese stellt die Koordination mit den zuständigen kantonalen Behörden sicher;
b  nach Zuweisung in den Kanton durch die von den zuständigen kantonalen Behörden unverzüglich bestimmte Vertrauensperson.42
3bis    Bestehen Hinweise, dass eine angeblich minderjährige asylsuchende Person das Mündigkeitsalter bereits erreicht hat, so kann das SEM ein Altersgutachten veranlassen.43
4    ...44
5    Bei der Eröffnung eines Entscheids nach Artikel 23 Absatz 1, 31a oder 111c stellt das SEM der asylsuchenden oder der von ihr bevollmächtigten Person gleichzeitig die Verfahrensakten zu, wenn der Vollzug der Wegweisung angeordnet wurde.45
6    Der Bundesrat bestimmt die Rolle, die Zuständigkeiten und die Aufgaben der Vertrauensperson.46
und Art. 18 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 18 Asylgesuch - Jede Äusserung, mit der eine Person zu erkennen gibt, dass sie die Schweiz um Schutz vor Verfolgung nachsucht, gilt als Asylgesuch.
AsylG).

Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG gefährdet sind oder in dem die Gefahr besteht, dass er zur Ausreise in ein solches Land gezwungen wird (Art. 45 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
AsylG).

Gemäss Artikel 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt werden.

Gemäss Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG kann der Vollzug der Wegweisung insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt.

b) Die Beschwerdeführer verfügen über keine fremdenpolizeiliche Anwesenheitsbewilligung und können nach abgeschlossenem Asylverfahren seitens des Kantons X. auch nicht mit der Erteilung einer solchen rechnen (Art. 17 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 17 Besondere Verfahrensbestimmungen - 1 Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
1    Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
2    Der Bundesrat erlässt ergänzende Bestimmungen über das Asylverfahren, insbesondere um der speziellen Situation von Frauen und Minderjährigen im Verfahren gerecht zu werden.
2bis    Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen werden prioritär behandelt.41
3    Die Interessen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden werden wahrgenommen für die Dauer des Verfahrens:
a  im Zentrum des Bundes und am Flughafen durch die zugewiesene Rechtsvertretung als Vertrauensperson; diese stellt die Koordination mit den zuständigen kantonalen Behörden sicher;
b  nach Zuweisung in den Kanton durch die von den zuständigen kantonalen Behörden unverzüglich bestimmte Vertrauensperson.42
3bis    Bestehen Hinweise, dass eine angeblich minderjährige asylsuchende Person das Mündigkeitsalter bereits erreicht hat, so kann das SEM ein Altersgutachten veranlassen.43
4    ...44
5    Bei der Eröffnung eines Entscheids nach Artikel 23 Absatz 1, 31a oder 111c stellt das SEM der asylsuchenden oder der von ihr bevollmächtigten Person gleichzeitig die Verfahrensakten zu, wenn der Vollzug der Wegweisung angeordnet wurde.45
6    Der Bundesrat bestimmt die Rolle, die Zuständigkeiten und die Aufgaben der Vertrauensperson.46
AsylG). Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet. Nachdem es den Beschwerdeführern, wie oben ausgeführt wurde, nicht gelungen ist, eine im Sinne von Artikel 3 Absatz 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG asylrechtlich erhebliche Gefährdung glaubhaft zu machen, ist ein Wegweisungsvollzug im Hinblick auf das in Artikel 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
AsylG verankerte Refoulement-Verbot zulässig.

c) Es ergeben sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht genügend Anhaltspunkte dafür, dass sie für den Fall einer Ausschaffung nach Pakistan dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Artikel 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt würden. Gemäss Praxis der Europäischen Kommission beziehungsweise des Gerichtshofs für Menschenrechte müssten die Beschwerdeführer stichhaltige Gründe dafür nachweisen, dass ihnen im Falle einer Rückschiebung eine konkrete Gefahr beziehungsweise ein "wirkliches Risiko" ("real risk") von Folter oder unmenschlicher Behandlung drohe (vgl. Kälin, Grundriss, S. 232 ff.; Ralf Alleweldt, Schutz vor Abschiebung nach Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK: Neuere Rechtsprechung, in Asyl 1992/4, S. 55 ff.).


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Zwar lässt sich nach dem in Erwägung 5.a) Gesagten nicht ausschliessen, dass den Beschwerdeführern allenfalls aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit in Pakistan eine strafrechtliche Verfolgung drohen könnte. Eine allfällige Verurteilung zu einer (maximal dreijährigen) Freiheitsstrafe gestützt auf die Artikel 298 A, B oder C PPC würde nach Lehre und Praxis nicht eine für die Anwendung von Artikel 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK genügende Intensität aufweisen (vgl. W. Kälin, Die Bedeutung von Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK im schweizerischen Asylverfahren, ASYL 1987/1, S. 3 ff.); insbesondere ist festzuhalten, dass nach den Kenntnissen der Asylrekurskommission der mögliche Strafrahmen von drei Jahren in der pakistanischen Praxis in der Regel - Amnesty International dokumentiert allerdings auch Einzelfälle von Verurteilungen zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe (vgl. Amnesty International Jahresbericht 1991 S. 340, Jahresbericht 1993 S. 416; Jahresbericht 1994, S. 429) - offenbar nicht ausgeschöpft wird und das Strafmass der Urteilssprüche in der Regel zwischen zwei und sechs Monaten liegt (vgl. die unveröffentlichten Urteile der ARK vom 27. April 1993 i.S. F.A.F. und vom 23. November 1993 i.S. B.M.A.). Eine Verurteilung gestützt auf den die Todesstrafe oder
lebenslängliche Haft vorsehenden Artikel 295-C PPC erachtet die Asylrekurskommission demgegenüber - nachdem bis heute zwar die Eröffnung einzelner solcher Strafverfahren, jedoch keine Urteile bekannt sind - aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit im konkreten Einzelfall nicht als "wirkliches Risiko" im Sinne der erwähnten Rechtsprechung zu Artikel 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK; diese geht zwar davon aus, dass auch ein sehr geringes Gefährdungsrisiko als "wirklich" anzusehen sei (vgl. Alleweldt, a.a.O., S. 55 f.), angesichts der Mitgliederzahl der betroffenen Glaubensgemeinschaft erachtet die Asylrekurskommission diese Schwelle jedoch klarerweise als nicht erreicht (vgl. unveröffentlichtes Urteil der ARK vom 27. April 1993 i.S. F.A.F.).

Der Vollzug der Wegweisung ist somit nach dem Gesagten sowohl im Sinne der asyl- als auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.

d) Es bleibt zu prüfen, ob ein Wegweisungsvollzug der Beschwerdeführer als zumutbar erachtet werden kann. Die Praxis der Asylrekurskommission bei der Beurteilung, ob für Ahmadis in Pakistan eine konkrete Gefährdung im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG angenommen werden müsse, war bis vor kurzem uneinheitlich (vgl. die ausführliche Darstellung der bis anhin uneinheitlichen Praxis in Greiner, a.a.O., S. 45 f.). Einige Kammern gingen von einer den Vollzug der Wegweisung grundsätzlich unzumutbar erscheinen lassenden Gefährdungssituation aus und zogen in diesem Zusammenhang insbesondere die einschneidenden Einschränkungen in Erwägung, die den Ahmadis in ihrer religiösen Persönlichkeit in einem jegliche Selbstbestimmung und re-



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ligiöse Entfaltung verunmöglichenden Masse auferlegt werden. Andere Kammern qualifizierten demgegenüber den Wegweisungsvollzug bisweilen als zulässig und zumutbar und hielten in diesem Zusammenhang namentlich fest, die allgemeinen Benachteiligungen und erschwerten Lebensbedingungen der Ahmadis liessen für sich allein nicht auf eine konkrete Gefährdung im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG schliessen, nachdem sie sich in der vorgängigen Prüfung der Asylrelevanz beziehungsweise der Zulässigkeit eines Wegweisungsvollzuges nicht als Gefährdung im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG oder Artikel 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK erhärtet hätten. Dieser unbefriedigenden Lage einer uneinheitlichen Rechtsprechung wurde mit einer zwischenzeitlich erfolgten Koordination der Rechtsprechung Rechnung getragen. Gemäss der nunmehr vereinheitlichten Praxis der Asylrekurskommission stellt die erwiesene beziehungsweise glaubhaft gemachte Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft ein "starkes Indiz für die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs" dar, wobei über die Frage der Zumutbarkeit nach den Regeln der Individualprüfung zu befinden ist.

Im Falle der Beschwerdeführer sind bei dieser Individualprüfung insbesondere die folgenden Aspekte in Betracht zu ziehen: Die Beschwerdeführer nahmen ihren Angaben zufolge nicht eine religiös exponierte Stellung ein; sie besuchten regelmässig - der Beschwerdeführer öfter, die Beschwerdeführerin weniger oft - die Moschee, und der Beschwerdeführer soll in der religiösen Gemeinde allgemein mitgeholfen und an Versammlungen teilgenommen, jedoch keine besondere Stellung innegehabt haben; in diesem Rahmen konnten sie bis zu ihrer Ausreise aus der Heimat - mit Ausnahme jenes mehrfach erwähnten Vorfalls vom Sommer 1990 - ihre religiösen Aktivitäten offenbar weitgehend unbehelligt ausüben. Auch in Hinsicht auf seine geschäftlichen Tätigkeiten - der Beschwerdeführer soll bis zu den angeblichen Ereignissen von August 1993 beziehungsweise bis zur Ausreise einen Hühnerhandel betrieben haben - erlebte der Beschwerdeführer offensichtlich bis zu seiner Ausreise aus Pakistan keine Beschränkungen oder Erschwernisse, und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine geschäftlichen Tätigkeiten in Lahore nicht wieder aufnehmen könnte. Schliesslich müssen auch die Befürchtungen des Beschwerdeführers, die Kinder hätten in Pakistan namentlich in
bildungsmässiger Hinsicht keine Zukunft, nicht geteilt werden; aus vorliegenden Lageberichten geht hervor, dass die Ahmadiyya-Gemeinde auf die Schulausbildung grossen Wert legt und ihren Mitgliedern auch diesbezügliche Institutionen zur Verfügung stellt, weshalb denn auch Ahmadis in der Regel über eine bessere Schulbildung als die Moslems in Pakistan verfügen.


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Aufgrund dieser Ueberlegungen gelangt die Asylrekurskommission im konkreten Fall der Beschwerdeführer nicht zur Ueberzeugung, dass sie bei einer Rückkehr in ihre Heimat einer konkreten Gefährdung im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG ausgesetzt würden. Die Vorinstanz hat daher den Wegweisungsvollzug zu Recht auch als zumutbar bezeichnet.

e) Schliesslich sind die Beschwerdeführer im Besitz pakistanischer Identitätskarten; es ist ihnen zuzumuten, sich die für die Rückkehr nach Pakistan allenfalls weiter benötigten Reisedokumente bei der zuständigen Vertretung ihres Heimatlandes ausstellen zu lassen, so dass der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist.

f) Zusammenfassend ergibt sich, dass die verfügte Wegweisung zu bestätigen ist. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufnahme sind nicht erfüllt.


Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1996-21-207-220
Datum : 26. Januar 1996
Publiziert : 26. Januar 1996
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als 1996-21-207-220
Sachgebiet : Pakistan
Gegenstand : Art. 3 AsylG; Art. 14a ANAG: Situation der Ahmadis in Pakistan.


Gesetzesregister
ANAG: 14a
AsylG: 3 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
15 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 15 Interkantonale Stellen - Die Kantone können zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere für die Anhörung, die Entscheidvorbereitung und den Vollzug der Wegweisung, interkantonale Stellen errichten.
15a  17 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 17 Besondere Verfahrensbestimmungen - 1 Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
1    Die Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196840 über den Fristenstillstand findet keine Anwendung auf das Asylverfahren.
2    Der Bundesrat erlässt ergänzende Bestimmungen über das Asylverfahren, insbesondere um der speziellen Situation von Frauen und Minderjährigen im Verfahren gerecht zu werden.
2bis    Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen werden prioritär behandelt.41
3    Die Interessen von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden werden wahrgenommen für die Dauer des Verfahrens:
a  im Zentrum des Bundes und am Flughafen durch die zugewiesene Rechtsvertretung als Vertrauensperson; diese stellt die Koordination mit den zuständigen kantonalen Behörden sicher;
b  nach Zuweisung in den Kanton durch die von den zuständigen kantonalen Behörden unverzüglich bestimmte Vertrauensperson.42
3bis    Bestehen Hinweise, dass eine angeblich minderjährige asylsuchende Person das Mündigkeitsalter bereits erreicht hat, so kann das SEM ein Altersgutachten veranlassen.43
4    ...44
5    Bei der Eröffnung eines Entscheids nach Artikel 23 Absatz 1, 31a oder 111c stellt das SEM der asylsuchenden oder der von ihr bevollmächtigten Person gleichzeitig die Verfahrensakten zu, wenn der Vollzug der Wegweisung angeordnet wurde.45
6    Der Bundesrat bestimmt die Rolle, die Zuständigkeiten und die Aufgaben der Vertrauensperson.46
18 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 18 Asylgesuch - Jede Äusserung, mit der eine Person zu erkennen gibt, dass sie die Schweiz um Schutz vor Verfolgung nachsucht, gilt als Asylgesuch.
18d  45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
EMRK: 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
pakistan • vorinstanz • asylrekurskommission • ausreise • asylrecht • amnesty international • rechtsanwalt • stein • 1995 • asylverfahren • gemeinde • beweismittel • verurteilung • frage • todesstrafe • wille • familie • freiheitsstrafe • dauer • echtheit • kausalzusammenhang • tag • nacht • kreis • verurteilter • wiese • indiz • vorläufige aufnahme • stelle • haftbefehl • sachverhalt • kenntnis • opfer • ausschaffung • verbot unmenschlicher behandlung • grundlagenwerk • beschuldigter • zahl • jahreszeit • verwandtschaft • untersuchungshaft • prozessvertretung • festnahme • bruchteil • erleichterter beweis • entscheid • prüfung • schriftstück • begründung des entscheids • sicherstellung • akte • form und inhalt • rechtsgleiche behandlung • verhältnis zwischen • gerichts- und verwaltungspraxis • voraussetzung • schweizer bürgerrecht • gefahr • ort • anschreibung • beurteilung • anhörung oder verhör • landesverweisung • bescheinigung • bewilligung oder genehmigung • ausmass der baute • umfang • empfangsstelle • griechenland • strafgesetzbuch • wert • treffen • weiler • ethnie • schaden • verfassung • stempel • flucht • italienisch • vater • schweizerische behörde • wahlkampf • parlament • norm • anklage • leben • report • monat • anwesenheitsbewilligung • beleidigung • mann • mass • sucht
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EMARK
1993/6 S.37
ASYL
2/95 S.43 S.43