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30. Auszug aus dem Urteil der ARK vom 3.6.1996
i.S. E. A., Usbekistan

Art. 3 AsylG: Diskriminierung von Homosexuellen.

1. Fehlende Asylrelevanz von Diskriminierungen, die der Beschwerdeführer wegen seiner Homosexualität und wegen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnisch-religiösen Minderheit erlebte (Erw. 4). Mangelnder Kausalzusammenhang zur Ausreise (Erw. 4a); mangelnde staatliche Verantwortung und zu geringe Intensität der Diskriminierungen (Erw. 4b und c); Verneinung eines unerträglichen psychischen Druckes (Erw. 4d).

2. Kein Risiko einer Strafverfolgung wegen homosexueller Handlungen bzw. wegen des Auslandaufenthaltes (Erw. 5a und b).

Art. 3 LA: discrimination des homosexuels.

1. Manque de pertinence sur le plan du droit d'asile de certaines discriminations dont aurait été l'objet le recourant en raison de son homosexualité et de son appartenance à une minorité ethnique et religieuse (consid. 4). Absence de lien de causalité avec le départ du pays (consid. 4a) ; absence de responsabilité de l'Etat et intensité insuffisante quant aux préjudices subis (consid. 4b et c); pression psychique insupportable non démontrée (consid. 4d).

2. En Ouzbekistan, il n'existe pas de risque de poursuites pénales pour homosexualité ou pour séjour à l'étranger (consid. 5a et b).

Art. 3 LA: Discriminazione degli omossessuali.

1. Irrilevanza in materia d'asilo di pregiudizi subiti dal ricorrente a causa della propria omossessualità e dell'appartenenza ad una minoranza etnica e religiosa (consid. 4). Assenza del nesso di causalità con l'espatrio (consid. 4a); difetto di responsabilità statale ed insufficiente


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intensità dei pregiudizi (consid. 4b e 4c); negata l'esistenza di una pressione psichica insopportabile (consid. 4d).

2. Nessun rischio d'esercizio dell'azione penale per omosessualità o soggiorno all'estero (consid. 5a e b).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der Beschwerdeführer stellte am 18. September 1995 in der Schweiz ein Asylgesuch. Zu dessen Begründung machte er im wesentlichen geltend, er sei in Baku/Aserbaidschan geboren und mit seiner Familie im Jahre 1980, im Alter von elf Jahren, nach Taschkent gezogen, wo sein Vater eine Stelle als Direktor einer staatlichen Fabrik angenommen habe. Er habe in Taschkent im Jahre 1985 die Schulen abgeschlossen; von 1987 bis 1989 habe er den Militärdienst absolviert; ab 1989 habe er in Taschkent Rechtswissenschaften studiert und sein Studium im Jahre 1994 mit dem Diplom abgeschlossen. Er habe in seiner Heimat verschiedene Diskriminierungen und Schikanen erlebt, da er homosexuell sei und überdies der armenischen Minderheit angehöre sowie katholisch und russischer Muttersprache sei. Ein erstes Mal habe er im Jahre 1985 im Zusammenhang mit seiner Homosexualität Behelligungen erlebt; er habe damals in Leningrad ein Konzert von Toto Cotugno, in den er verliebt gewesen sei, besucht, und es sei ihm gelungen, vom Sänger auf die Bühne eingeladen zu werden; im Anschluss an diesen Vorfall habe man ihn festgenommen und für drei Stunden auf einem Polizeiposten festgehalten, als Homosexuellen beschimpft und aufgefordert, die Stadt innert 24 Stunden
zu verlassen. Während seines Militärdienstes zwischen 1987 und 1989 sei er namentlich von einem Leutnant unter Druck gesetzt worden, der ihn einerseits zu Spitzeldiensten, andererseits zu sexuellen Beziehungen habe bewegen wollen und gar soweit gegangen sei, den Beschwerdeführer fälschlicherweise als Freiwilligen für den Krieg in Afghanistan anzumelden; auf seine Beschwerden bei den Vorgesetzten hin sei jener Leutnant dann versetzt worden. Hingegen hätten seine Vorgesetzten ihm keine Hilfe gegen seine Dienstkameraden geboten, von denen er regelmässig zusammengeschlagen worden sei; vielmehr habe man ihn verspottet und verhöhnt; ausserdem habe er sich regelmässig monatlich im Spital ärztlichen Kontrollen, ob er sexuelle Beziehungen gehabt habe, unterziehen müssen. Auch bei seinem Studium sei er diskriminiert worden; so hätten er und andere nichtusbekische Studienanfänger zunächst bei den Zulassungskriterien im Vergleich zu usbekischen Studenten diskriminiert werden sollen, wogegen man sich erfolgreich zur Wehr gesetzt


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habe; auch während seines Praktikums, wo er nur untergeordnete Arbeiten habe ausführen müssen, und beim Studienabschluss, den seine Professoren verzögert hätten, habe man ihn benachteiligt; sowohl von den anderen Studenten wie auch von den Professoren sei er wegen seiner Homosexualität, wegen seiner geäusserten Meinungen oder etwa wegen seiner langen Haare verspottet, beleidigt und ausgegrenzt worden; während seiner Studienjahre sei er ausserdem mit anonymen Telefonanrufen behelligt worden. Angesichts seiner nur ungenügenden Kenntnisse der usbekischen Amtssprache und angesichts seiner Homosexualität sei es unmöglich gewesen, nach erfolgreichem Studienabschluss eine Stelle als Jurist zu finden. Endgültig in seinem Entschluss, die Heimat zu verlassen, habe ihn ein Ereignis im Mai 1995 bestärkt, als ein Unbekannter ihn auf offener Strasse zu erpressen versucht habe; jener Unbekannte sei über sein Leben gut informiert gewesen und habe ihm gedroht, er zeige ihn wegen homosexueller Handlungen - die im usbekischen Strafrecht mit einer Gefängnisstrafe bedroht werden - an und werde vor Gericht bezeugen, derartige Handlungen beobachtet zu haben, wenn er kein Geld erhalte; dieser Unbekannte sei ihm auch später noch gefolgt, weshalb er
vermute, es handle sich nicht um eine Privatperson, sondern um einen Agenten des Sicherheitsdienstes. Angesichts all dieser Ereignisse habe er sich zur Ausreise entschlossen; er habe in seiner Heimat seine Sexualität nicht leben können, ohne immer latent von einer Gefängnisstrafe bedroht zu sein; in der muslimisch geprägten Gesellschaft Usbekistans werde er aufgrund seiner sexuellen Veranlagung ausgegrenzt und verachtet; ebenso habe er als Homosexueller keine Arbeit finden können.

Eine Gelegenheit zur Ausreise habe sich geboten, als eine Tourismusfirma in Taschkent per Inserat einen Vertreter gesucht habe, der im Ausland Kontakte zu Hotels und Reisebüros knüpfen sollte; dank seiner guten Fremdsprachenkenntnisse sei er von dieser Firma angestellt worden, die ihm bei der Organisation der Reisedokumente und Visa behilflich gewesen sei. Auch bei der Ausstellung seines Reisepasses habe er wiederum Diskriminierungen erleiden müssen, indem die Formalitäten längere Zeit als üblich in Anspruch genommen hätten, indem des weiteren die Personalien in seinem Pass - offensichtlich aus diskriminierenden Gründen - in russischer anstatt in usbekischer Sprache eingetragen worden seien und überdies auch seine armenische Volkszugehörigkeit im Pass vermerkt worden sei. Bei seiner Ausreise im Juni 1995 hätten sodann die Behörden das vorgesehene Datum seiner Rückkehr - im August 1995 - vermerkt; in der Zwischenzeit werde er, da er nicht zurückgekehrt sei, offenbar bereits zu Hause gesucht; bei seinen Telefongesprächen mit


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seiner Familie habe er nämlich festgestellt, dass offenbar das Telefon abgehört werde.

Er habe Usbekistan am 27. Juni 1995 auf legalem Weg verlassen und sei über Deutschland und Frankreich nach Italien gereist, wo er bis zu seiner Einreise in die Schweiz am 18. September 1995 gelebt habe und seinen geschäftlichen Verpflichtungen für die Tourismusfirma in Taschkent nachgekommen sei.

Im Rahmen einer Botschaftsanfrage ersuchte die Vorinstanz die Schweizerische Vertretung in Taschkent um weitere Abklärungen; die Botschaftsauskünfte äussern sich unter anderem namentlich zur Lage der Homosexuellen sowie zur Situation der armenischen Minderheit in Usbekistan.

Mit Verfügung vom 27. Dezember 1995 lehnte das BFF das Asylgesuch ab, da die Vorbringen des Beschwerdeführers den Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft gemäss Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG nicht zu genügen vermöchten. Gleichzeitig ordnete es die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz an und stellte fest, einer allfälligen Rückkehr nach Usbekistan stehe nichts entgegen.

Mit Beschwerde vom 31. Januar 1996 beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gewährung des Asyls; eventuell sei die Unzulässigkeit und Unzumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges festzustellen und eine vorläufige Aufnahme anzuordnen.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2. - Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer eine unvollständige beziehungsweise unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts durch die Vorinstanz; im Gegenteil hat die Vorinstanz im Asylverfahren des Beschwerdeführers den Sachverhalt in äusserst sorgfältiger und umfassender Weise ermittelt. So wurde der Beschwerdeführer in Ergänzung zur verhältnismässig ausführlichen Befragung an der Empfangsstelle und zur einlässlichen kantonalen Befragung - zu deren Ende er zu Protokoll gab, er habe alle seine Asylgründe dargelegt und habe dem Protokollierten nichts beizufügen - vom BFF ergänzend angehört. Ueberdies liess das BFF durch die Schweizerische Vertretung in Taschkent weitere Abklärungen vornehmen und holte, ergänzend zu den vorliegenden Lagebeurteilungen von Menschenrechtsorganisationen, die


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Lageeinschätzungen der Schweizerischen Vertretung betreffend die Situation der Homosexuellen sowie derjenigen der armenischen beziehungsweise katholischen Minderheit in Usbekistan ein.

Mit Ausnahme zweier insgesamt nicht ausschlaggebender Vorbringen, die der Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren geltend macht - dass er im Jahre 1989 während seines Militärdienstes aufgrund antisowjetischer Aeusserungen für kurze Zeit inhaftiert worden sei, sowie dass er im November 1993 und im Februar 1994 versucht habe, eine Klage gegen Präsident Karimov wegen Verletzung der Presse- und Informationsfreiheit einzureichen, ohne dass die Justizbehörden jedoch seiner Klage gebührend nachgegangen wären -, werden im Rekursverfahren denn auch keine neuen Sachverhaltsaspekte dargelegt, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht umfassend zur Sprache gekommen und in der angefochtenen Verfügung gewürdigt worden wären. Der sinngemässe Antrag des Beschwerdeführers, er sei erneut anzuhören, ist unter diesen Umständen abzuweisen.

(3. - Zusammenfassung: Voraussetzungen von Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG).

4. - Ausführlich stellt der Beschwerdeführer im Rekursverfahren die bisher in seiner Heimat erlebten Schikanen und Benachteiligungen dar, die sich gegen ihn als Homosexuellen beziehungsweise als Angehörigen der armenischen und katholischen Minderheit gerichtet hätten beziehungsweise in Zusammenhang damit gestanden seien, dass er in seiner Heimat seine freie Meinung zu äussern gewagt habe. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat indessen die Vorinstanz diese bisherigen Erlebnisse des Beschwerdeführers zu Recht nicht als "Verfolgung" beziehungsweise als "ernsthafte Nachteile" im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG - nämlich als Leib, Leben oder Freiheit gefährdende oder einen unerträglichen psychischen Druck bewirkende Massnahmen - gewürdigt.

a) Zum Teil fehlt es den Vorbringen des Beschwerdeführers, wie die Vorinstanz zutreffend festhält, am asylrechtlich erforderlichen Kausalzusammenhang zu seiner erst Jahre nach den fraglichen Ereignissen erfolgten Ausreise aus seiner Heimat. Dies trifft zunächst zu für die - im übrigen auch der erforderlichen Intensität entbehrenden - Vorfälle im Jahre 1985 anlässlich jenes Konzertes in Leningrad, als man den Beschwerdeführer für drei Stunden auf einem Posten festgehalten und danach zum Verlassen der Stadt aufgefordert habe, obwohl er einen zehntägigen Urlaub in Leningrad hätte verbringen wollen. Des weiteren trifft es zu für die Erlebnisse des Beschwerdeführers während seines Militärdienstes zwischen 1987 und 1989; dass er damals aufgrund



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antisowjetischer Aeusserungen offenbar für nur kurze Zeit inhaftiert worden sei, dass man ihn des weiteren monatlich demütigenden ärztlichen Kontrollen im Spital unterzogen habe, und dass schliesslich seine Vorgesetzten ihn zwar auf seine Beschwerde hin vor den Intrigen eines Leutnants geschützt, jedoch ohne ein Einschreiten und nur mit Spott darauf reagiert hätten, als er von seinen Kameraden regelmässig zusammengeschlagen worden sei, würdigt die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung zu Recht mangels eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges zur Ausreise des Beschwerdeführers im Jahre 1995 als nicht asylrelevant.

b) Teils können sodann die erlebten Diskriminierungen und Schikanen, unter denen der Beschwerdeführer gelitten hat, weder unmittelbar noch mittelbar der staatlichen Verantwortung zugerechnet werden, wie dies zur Bejahung der Asylrelevanz der fraglichen Vorfälle jedenfalls erforderlich wäre. Zutreffend führt die Vorinstanz in diesem Zusammenhang in ihrer Verfügung aus, ein gewisser gesellschaftlich-sozialer Zwang zu einem mit den landesüblichen Sitten und Gebräuchen konformen Verhalten - etwa was Kleidung oder Haartracht betrifft, die dem Beschwerdeführer Spott und Verhöhnungen eingetragen hätten - stelle keine asylrelevante staatliche Verfolgungsmassnahme dar. Auch die Schwierigkeiten des Beschwerdeführers im privaten Rahmen seiner Familie - dass er seinen Angehörigen gegenüber zunächst seine wahre sexuelle Identität habe verheimlichen müssen und auch später, nachdem er seine Homosexualität offenbart habe, kein Verständnis habe finden können - fallen offenkundig nicht in staatliche Verantwortung. Dasselbe trifft zu für das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei ungefähr seit 1990 mit anonymen Telefonanrufen belästigt und bedroht worden; dass er gegen diese Behelligungen je staatlichen Schutz zu erlangen versucht hätte, der
ihm verweigert worden wäre, macht er nicht geltend. Auch was schliesslich den kurz vor seiner Ausreise erlebten Erpressungsversuch auf offener Strasse betrifft, scheint eine direkte oder indirekte staatliche Verantwortung an diesem Vorfall - die Vermutungen des Beschwerdeführers, jener Erpresser könne unmöglich eine Privatperson gewesen sein, sondern habe vielmehr als Agent des Sicherheitsdienstes gehandelt, stützen sich lediglich darauf, dass jener Erpresser ihm auch später noch gefolgt sei - zumindest fraglich.

Teils schliesslich erreichen die erlebten Diskriminierungen, die der Beschwerdeführer geltend macht, klarerweise nicht jenes erforderliche Mass an Intensität, um als ernsthafte Nachteile im asylrechtlichen Sinne gewürdigt zu werden. Dies trifft zunächst zu für die geltend gemachten Schikanen bei der Zulassung zu seinem Studium, während seines Studienpraktikums, wo er vorwiegend


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untergeordnete Tätigkeiten habe ausführen müssen, oder beim Studienabschluss, den die Professoren aus diskriminierenden Gründen hinausgezögert hätten; vielmehr hat der Beschwerdeführer nach fünfjährigem Studium sein juristisches Diplom mit sehr guten Resultaten (vgl. sein zu den Akten gereichtes "Diploma with honours") erwerben können. Ebenso können die geltend gemachten Unkorrektheiten im Zusammenhang mit der Passausstellung - die Ausstellung des Passes wie auch die Erledigung der Ausreiseformalitäten hätten sechs anstatt der sonst üblichen nur zwei Wochen in Anspruch genommen, und aus diskriminierenden Gründen seien die Personalien im Reisepass in russischer anstatt in usbekischer Sprache eingetragen sowie die armenische Volkszugehörigkeit vermerkt worden - klarerweise nicht als ernsthafte Nachteile im Sinne des Asylgesetzes gewertet werden. Ebenfalls mangels der erforderlichen Intensität keinen ernsthaften Nachteil im asylrechtlichen Sinne stellt es schliesslich dar, dass im November 1993 und im Februar 1994 die Beschwerden des Beschwerdeführers wegen Verletzung der Presse- und Informationsfreiheit - er habe nach dem Verbot der russischen Zeitung "Isvestia" sowie nach der Unterbindung des russischen Fernsehens den
Präsidenten Karimov einklagen und schadenersatzmässig belangen wollen; in einer der beiden Klagen hätten sich alle Gerichte als unzuständig erklärt und die Sache schliesslich archiviert; beim Versuch, die andere Klage einzureichen, habe man ihn einen Dummkopf genannt und die Klageschrift zerrissen - von den Justizbehörden nicht entgegengenommen worden seien.

c) Mit zutreffenden Erwägungen würdigt die Vorinstanz des weiteren das Vorbringen des Beschwerdeführers zu Recht als nicht asylrelevant, er sei in beruflicher Hinsicht wegen seiner Homosexualität, seiner Zugehörigkeit zur armenisch-katholischen Minderheit sowie wegen seiner nur rudimentären Kenntnisse der usbekischen Amtssprache diskriminiert worden. Wenn der Beschwerdeführer im Rekursverfahren geltend macht, er hätte in seiner Heimat keinerlei Möglichkeit gehabt, selbst die bescheidenste Arbeit zu finden, und ein menschenwürdiges Leben sei ihm dadurch verunmöglicht worden, steht dies in Widerspruch zur bisherigen Aktenlage. Im Rahmen der BFF-Befragung hatte er vielmehr eingeräumt, er hätte in seiner Heimat durchaus - wenn auch nicht als Jurist - eine Stelle finden können, habe dies aber nicht gewollt, weil er nicht ein Studium absolviert habe, um dann anderswo zu arbeiten; auch dass der Beschwerdeführer, insbesondere dank seiner Fremdsprachenkenntnisse, eine Anstellung bei jener Tourismusagentur gefunden hat, die ihm im Jahre 1995 seine Reise nach Westeuropa organisiert hat, lässt seine nunmehrige Einschätzung, bei der Stellensuche keinerlei Chancen zu haben, bezweifeln.


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d) Aufgrund der bisherigen Erwägungen kann schliesslich auch der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, seine bisherigen Erlebnisse in seiner Heimat müssten insgesamt als unerträglicher psychischer Druck im Sinne von Artikel 3 Absatz 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG gewürdigt werden, der ihn zur Flucht veranlasst habe.

Artikel 3 Absatz 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG bezeichnet auch Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken, als asylrelevante ernsthafte Nachteile. Diese Formulierung soll erlauben, auch staatliche Massnahmen zu erfassen, die sich nicht unmittelbar gegen die Rechtsgüter Leib, Leben oder Freiheit richten, sondern auf andere Weise ein menschenwürdiges Leben verunmöglichen (vgl. Botschaft, BBl 1983 III 783; S. Werenfels, Der Begriff des Flüchtlings im schweizerischen Asylrecht, Bern u.a. 1987, S. 172, 269; W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt am Main 1990, S.47 ff.; A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1991, S. 79). Ausgangspunkt, um einen unerträglichen psychischen Druck bejahen zu können, stellen konkrete staatliche Eingriffe dar, die effektiv stattgefunden haben; die staatlichen Verfolgungsmassnahmen müssen in einer objektivierten Betrachtung zudem als derart intensiv erscheinen, dass dem Betroffenen ein weiterer Verbleib in seinem Heimatstaat objektiv nicht mehr zugemutet werden kann; ausschlaggebend ist mit anderen Worten nicht, wie der Betroffene die Situation subjektiv erlebt hat, sondern ob aufgrund der tatsächlichen Situation ein Aussenstehender nachvollziehen
kann, dass der psychische Druck unerträglich geworden ist (Kälin, a.a.O., S. 49 f.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 79).

Wenn auch der Beschwerdeführer zweifellos unter seiner von gesellschaftlich-sozialer Ausgrenzung geprägten Situation subjektiv gelitten hat, macht er doch, wie oben festgehalten wurde, konkret gegen ihn gerichtete staatliche Eingriffe nur in marginalem Umfang geltend; auch seine Schwierigkeiten im beruflichen Bereich erweisen sich, wie erwähnt, nicht als derart gravierend, als dass ihm ein menschenwürdiges Leben verunmöglicht worden wäre. Gegen eine objektiv begründete Einschätzung, der Beschwerdeführer habe in seiner Heimat unter einem unerträglichen psychischen Druck gestanden, spricht in gewissem Sinne sodann auch sein Verhalten, dass er bereits im Jahre 1994 eine Reise nach Deutschland, Frankreich und Italien unternommen hat, um in der Folge allerdings nach Taschkent zurückzukehren, und dass er auch nach seiner Ausreise aus Usbekistan im Juni 1995 sich zunächst mehr als zwei Monate in Italien aufgehalten hat, ohne indessen um asylrechtlichen Schutz nach-


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zusuchen. Seine Vorbringen können daher insgesamt nicht als geeignet gelten, einen unerträglichen psychischen Druck darzutun.

5. - Als zutreffend erweisen sich sodann auch die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung, dass der Beschwerdeführer eine begründete Furcht vor zukünftiger Verfolgung - diesbezüglich müsste glaubhaft gemacht werden, dass begründeter Anlass zur Annahme besteht, die Verfolgung werde sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft verwirklichen, und es müssten konkrete Indizien und tatsächliche Anhaltspunkte dargelegt werden, die die Furcht vor einer real drohenden Verfolgung nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Kälin, a.a.O., S. 143 ff.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 107 ff.) - insgesamt nicht in hinlänglicher Weise darzutun vermöge.

a) Einerseits macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend, als Homosexueller müsse er in seiner Heimat eine strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung befürchten.

In der Tat bedroht das usbekische Strafrecht zwar nicht die homosexuelle Veranlagung an sich, jedoch einvernehmliche homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren. Gleichzeitig ist indessen in diesem Zusammenhang auf die Einschätzung der Schweizerischen Vertretung in Taschkent hinzuweisen, wonach es in der Praxis nur selten und im wesentlichen nur im Sinne eines Antragsdeliktes zu einer entsprechenden Strafverfolgung komme. Diese Lagebeurteilung findet eine Bestätigung in der Tatsache, dass etwa Amnesty International - diese Organisation betrachtet einzig wegen ihrer Homosexualität verurteilte Personen als "gewaltlose politische Gefangene" im Sinne des eigenen Handlungsmandats und dokumentiert unter anderem deren Schicksal in den öffentlichen Berichten - offenbar keine Kenntnisse von wegen homosexueller Handlungen verurteilten Personen in Usbekistan hat, wird doch diese Problematik in den Jahresberichten zur Situation in Usbekistan (vgl. Amnesty International, Jahresbericht 1993 S. 564 f., 1994 S. 586 ff., 1995 S. 567 ff.) nicht aufgegriffen.

In der Vergangenheit hat der Beschwerdeführer denn auch - obwohl seine Homosexualität bereits während seines Militärdienstes in den Jahren 1987 bis 1989, später auch während seines Studiums allgemein bekannt gewesen sei - bis anhin keine strafrechtlichen Schritte in diesem Zusammenhang gewärtigen müssen. Der Beschwerdeführer befürchtet insbesondere angesichts jenes Erpressungsversuches, den er kurz vor seiner Ausreise erlebt habe, er könnte in Zukunft in der Tat von einem Erpresser angezeigt werden, der dann vor Ge-


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richt bezeugen würde, homosexuelle Handlungen beobachtet zu haben, und damit möglicherweise Glauben finden könnte; wenn sich dies auch nicht mit völliger Sicherheit ausschliessen lässt, hat die Vorinstanz doch zu Recht eine Gefahr, dass der Beschwerdeführer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wegen homosexueller Handlungen - die zudem vor Gericht hinlänglich nachgewiesen werden müssten - tatsächlich verurteilt werden könnte, als nicht gegeben erachtet.

Auch für die weiteren Befürchtungen des Beschwerdeführers, er könnte im Sinne einer fingierten Anklage wegen homosexueller Handlungen - um damit in Wirklichkeit politisch motivierte Verfolgungsabsichten zu verschleiern - im Rahmen einer Strafverfolgung belangt werden, sind insgesamt nicht ausreichende konkrete Anhaltspunkte ersichtlich. Die von Amnesty International dokumentierten Fälle von strafrechtlich belangten Personen, gegen die in den Jahren zwischen 1992 und 1994 möglicherweise fingierte gemeinrechtliche Anklagepunkte, insbesondere wegen Waffen- oder Drogenbesitzes, erhoben worden seien, beziehen sich insgesamt auf fünf Personen, die sich in der Oppositionsbewegung Birlik prominent engagiert oder in der Erk-Partei betätigt haben (vgl. Amnesty International, Jahresbericht 1993 S. 565, 1994 S. 587, 1995 S. 568 f.). Dass dem Beschwerdeführer ein ähnliches Schicksal mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe, muss nicht in begründeter Weise befürchtet werden, zumal er zwar in der Vergangenheit seine politische Meinung - etwa im Rahmen von Wortmeldungen an der Universität oder durch seine erfolglosen Versuche, gegen Präsident Karimov Beschwerden einzureichen - öffentlich geäussert hat, ohne in diesem Zusammenhang allerdings
konkrete staatliche Repressionen erlitten zu haben, sich jedoch seinen Angaben zufolge nie im Rahmen einer politisch-oppositionellen Partei oder Organisation konkret politisch engagiert hat.

b) Andererseits macht der Beschwerdeführer geltend, er müsse zukünftige Verfolgung wegen seines Auslandaufenthaltes befürchten; die Behörden hätten nämlich registriert, dass er bereits im August 1995 nach Usbekistan hätte zurückkehren sollen; mit Sicherheit werde man ihn nach den Gründen verhören, weshalb er damals nicht zurückgekehrt sei, und er werde mithin gezwungen sein, die Tatsache seines Asylgesuches zu offenbaren, und sich so einer Anklage, Usbekistan im Ausland schlechtgemacht und verraten zu haben, aussetzen. In der Tat werde er offensichtlich bereits jetzt zu Hause gesucht, habe er doch bei Telefongesprächen mit seiner Familie bemerkt, dass offenbar das Telefon abgehört werde.



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Auch diese Befürchtungen würdigt die Vorinstanz in ihrer Verfügung und in ihrer Vernehmlassung zu Recht als unbegründet. Zutreffend weist sie darauf hin, dass im heute geltenden usbekischen Strafrecht kein den (legalen oder illegalen) Auslandaufenthalt betreffender Straftatbestand besteht und denn auch in den öffentlich zugänglichen Berichten zur allgemeinen Menschenrechtslage in Usbekistan allfällige Sanktionen wegen illegaler Ausreise oder wegen unterlassener Rückkehr kein Thema darstellen; der Beweisantrag des Beschwerdeführers, betreffend die Abhörung des Telefons seiner Familie weitere Nachforschungen anzustellen, wird unter diesen Umständen abgewiesen. Nachdem der Reisepass des Beschwerdeführers, mit dem er das Land auf legale Weise verlassen hat, bis April 2014 gültig ist und überdies den Stempel "For visit to all countries of the world until 16.05.1997" aufweist, werden keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass man den Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Usbekistan einem Verhör unterziehen sollte. Dank der für alle an einem Asylverfahren beteiligten Personen geltenden Verschwiegenheitspflicht gelangen den usbekischen Behörden weder die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz um Asyl ersucht hat,
noch seine Aussagen im Verlaufe des Asylverfahrens zur Kenntnis; dass er sich während seines Auslandaufenthaltes in irgendeiner Weise exilpolitisch engagiert hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend.

6. - Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, er habe in seiner Heimat ernsthafte Nachteile im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG erlitten oder befürchten müssen oder müsse solche für die Zukunft in begründeter Weise befürchten. Die Vorinstanz hat sein Asylgesuch zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt.

(7. a und b, Zusammenfassung: Die Wegweisung wurde zu Recht angeordnet. Der Wegweisungsvollzug erweist sich als zulässig im Sinne von Artikel 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
AsylG und Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK.).

c) Zu Recht hat die Vorinstanz einen Wegweisungsvollzug sodann auch als zumutbar gewürdigt.

Unter den heutigen Verhältnissen kann von Krieg, Bürgerkrieg oder einer Situation allgemeiner Gewalt in Usbekistan klarerweise nicht gesprochen werden, weshalb Personen aus Usbekistan nicht als sogenannte Gewalt- oder de-facto-Flüchtlinge im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG gelten können. Namentlich was die Stellung der ethnischen oder religiösen Minderheiten in Usbekistan betrifft, sei an dieser Stelle auf die entsprechende Lageeinschät-


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zung der Schweizerischen Vertretung in Taschkent verwiesen; diese weist in ihrer Botschaftsauskunft vom 17. November 1995 auf die weitgefächerte ethnische Zusammensetzung Usbekistans sowie auf den verfassungsmässig verankerten Minderheitenschutz hin, wobei der innerethnische Frieden und die ethnopolitische Stabilität des Landes für die Regierung ein wesentliches Anliegen darstelle; sie unterstreicht, dass seit den Konflikten in den Jahren 1989 und 1990 zwischen Usbeken und türkischstämmigen Mescheten beziehungsweise zwischen Usbeken und Kirgisen keine eigentlichen interethnischen Konflikte mehr - und namentlich nie Konflikte mit der armenischen Minderheit - bekannt geworden seien.

Auch aufgrund der persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers - seine Eltern leben in Taschkent, wo sein Vater in guter beruflicher Stellung als Direktor einer staatlichen Fabrik arbeitet; der Beschwerdeführer selber verfügt über ein abgeschlossenes Rechtsstudium und über gute Fremdsprachenkenntnisse, was, wie bereits erwähnt wurde, seine eigenen beruflichen Aussichten keineswegs aussichtslos erscheinen lässt - muss nicht davon ausgegangen werden, dem Beschwerdeführer könnte bei seiner Rückkehr eine konkrete Gefährdung für seine Person oder Gesundheit im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
ANAG drohen.

Ohne die gesellschaftlich-sozialen Schwierigkeiten, die der Beschwerdeführer insbesondere wegen seiner Homosexualität in seiner Heimat zweifellos antreffen wird, verkennen zu wollen, kann daher der Wegweisungsvollzug insgesamt doch als zumutbar erachtet werden.

d) Schliesslich ist der Beschwerdeführer, wie erwähnt, im Besitz eines gültigen Reisepasses, weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist.

e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die verfügte Wegweisung zu bestätigen ist. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufnahme sind nicht erfüllt.


Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1996-30-284-295
Datum : 18. September 1995
Publiziert : 18. September 1995
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als 1996-30-284-295
Sachgebiet : Usbekistan
Gegenstand : Art. 3 AsylG: Diskriminierung von Homosexuellen.


Gesetzesregister
ANAG: 14a
AsylG: 3 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
EMRK: 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
usbekistan • 1995 • vorinstanz • druck • ausreise • minderheit • leben • asylrecht • stelle • familie • auslandaufenthalt • asylverfahren • amnesty international • erpressung • strafverfolgung • sachverhalt • italienisch • telefon • monat • sprache • verurteilter • privatperson • kausalzusammenhang • deutschland • fabrik • informationsfreiheit • reis • vermutung • verhalten • amtssprache • vater • frankreich • vorläufige aufnahme • anklage • presse • student • konzert • richterliche behörde • asylgesetz • kenntnis • gefangener • heimatstaat • grundlagenwerk • ausweispapier • leiter • anhörung oder verhör • sanktion • bewilligung oder genehmigung • unternehmung • entscheid • abklärung • arbeitnehmer • garantie der menschenwürde • dauer • begründung des entscheids • rechtsgleiche behandlung • vorteil • schweizer bürgerrecht • gefahr • anschreibung • geschäftsbericht • beweisantrag • verurteilung • inserat • afghanistan • empfangsstelle • maler • praktikum • ausgrenzung • geld • erwachsener • frieden • stempel • verwirkung • zeitung • illegale ausreise • flucht • muttersprache • weiler • sachlicher zusammenhang • einreise • mass • westeuropa • klageschrift • minderheitenschutz • sitte
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BBl
1983/III/783