Obergericht des Kantons Zürich I. Strafkammer Geschäfts-Nr.: SB190575-O/U/cwo Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. S. Volken, Präsident, die Ersatzoberrichterinnen lic. iur. C. Keller und Dr. iur. S. Bachmann sowie der Gerichtsschreiber MLaw L. Zanetti Urteil vom 2. Dezember 2020 in Sachen A._____, Beschuldigter und Berufungskläger amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X._____ gegen Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. D. Kloiber, Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Raub Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 30. September 2019 (GG190100)

Anklage: Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 26. April 2019 (Urk. 23) ist diesem Urteil beigeheftet. Urteil der Vorinstanz: (Urk. 46 S. 31 ff.) "Es wird erkannt: 1.

Der Beschuldigte A._____ ist schuldig des Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

2.

Der Beschuldigte wird bestraft mit 10 Monaten Freiheitsstrafe, wovon bis und mit heute 104 Tage durch Haft erstanden sind.

3.

Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird unbedingt ausgesprochen.

4.

Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen. Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird angeordnet.

5.

Das mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl vom 23. November 2019 beschlagnahmte Mobiltelefon des Beschuldigten der Marke "Wiko" wird dem Beschuldigten auf Verlangen innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft herausgegeben, ansonsten es vernichtet wird.

6.

Der Privatkläger wird mit seinem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

7.

Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

Fr.

2'700.00; die weiteren Kosten betragen:

Fr.

2'500.00 Gebühr für das Vorverfahren

Fr.

900.00

Telefonkontrolle (RTI)

Fr.

140.00

Auslagen Polizei (Auswertung Mobiltelefon)

Fr.

350.00

Entschädigung Dolmetscher (Übersetzung bulgarischer Strafregisterauszug und Briefkontrolle)

Fr.

17'421.65 amtliche Verteidigung

Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten. 8.

Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

9.

Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten wird mit Fr. 17'421.65 (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse entschädigt. Die Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

10.

(Mitteilungen)

11.

(Rechtsmittel)"

Berufungsanträge: a)

Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 76):

1.

A._____ sei vom Anklagevorwurf des in Mittäterschaft mit B._____ verübten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB frei zu sprechen.

2.

Angesichts des beantragten Freispruchs sei von einer Landesverweisung gegen A._____ abzusehen.

3.

A._____ sei für die erlittene Haft mit CHF 200.00 pro erlittenen Hafttag, zuzüglich eines Zinses von 5% ab mittlerem Verfall zu entschädigen.

4.

Das von der Staatsanwaltschaft zu Beweiszwecken beschlagnahmte Mobiltelefon der Marke "Wiko" sei an A._____ zurückzugeben.

5.

Die im Betrage von CHF 5'000.00 geleistete Sicherheitskaution sei nach Rechtskraft des geforderten Freispruchs vollständig zurück zu erstatten.

6.

Die Kosten des Untersuchungsverfahrens, des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens, sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung seien vorbehaltlos auf die Staatskasse zu nehmen.

7.

Die Zivilansprüche der Privatklägerschaft seien ab- bzw. auf den Zivilweg zu verweisen.

b)

Der Staatsanwaltschaft (Urk. 58): (schriftlich) Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils Erwägungen:

1. 1.1.

Prozessgeschichte Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirks-

gerichtes Zürich, 10. Abteilung ­ Einzelgericht, vom 30. September 2019 meldete der amtliche Verteidiger des Beschuldigten fristgerecht Berufung an (Urk. 38). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde ihm am 16. Dezember 2019 zugestellt (Urk. 44/2), worauf er am 6. Januar 2020 die Berufungserklärung einreichte (Urk. 53). 1.2.

Mit Präsidialverfügung vom 9. Januar 2020 wurden die geltenden Ersatz-

massnahmen

(Sicherheitsleistung,

Pass-

und

Schriftensperre)

verlängert

(Urk. 56). 1.3.

Innert angesetzter Frist gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO verzichtete die

Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (fortan Staatsanwaltschaft) auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 58). Sodann stellte sie am 14. März 2020 den Antrag, den tatbeteiligten B._____ als Auskunftsperson zu befragen und reichte hierzu zwei Einvernahmeprotokolle zu den Akten (Urk. 59 und Urk. 60/1-2). Mit Präsidialverfügung vom 31. März 2020 wurde

die Einvernahme von B._____ als Auskunftsperson angeordnet und die Staatsanwaltschaft mit der Durchführung betraut (Urk. 65). Nach erfolgter Befragung reichte die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom 4. Juni 2020 das entsprechende Einvernahmeprotokoll samt weiteren Unterlagen zu den Akten (Urk. 67-70). Überdies wurde am 30. November 2020 ein aktueller Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 75). 1.4.

Zur Berufungsverhandlung erschien einzig der amtliche Verteidiger,

Rechtsanwalt lic. iur. X._____. Der Beschuldigte erschien nicht (Prot. II S. 7). Der Verteidiger brachte vor, der Beschuldigte habe zwar einen Entschuldigungsgrund, den er aber nicht kenne und auch nicht begründen könne. Da der behauptete Entschuldigungsgrund somit gänzlich unbegründet und unbelegt blieb, stellte die Verfahrensleitung fest, dass die Absenz des Beschuldigten als unentschuldigt zu gelten habe (Prot. II S. 8). Die Staatsanwaltschaft war ihrerseits bloss fakultativ vorgeladen worden (Urk. 72). 2.

Umfang der Berufung

Der Beschuldigte beschränkte die Berufung nicht, sondern verlangt vielmehr einen vollumfänglichen Freispruch samt Abweisung der Zivilforderung des Privatklägers, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. Zusprechung einer Genugtuung) zulasten des Staates (Urk. 53). Damit ist das vorinstanzliche Urteil nur hinsichtlich der Dispositivziffern 5 (Herausgabe des Mobiltelefons an den Beschuldigten; vgl. den gleichlautenden Berufungsantrag Ziff. 5) und 7 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen, was vorzumerken ist. 3. 3.1.

Prozessuales Die

Verteidigung

beantragte

anlässlich

der

Berufungsverhandlung,

B._____ sei erneut im Beisein des Beschuldigten einzuvernehmen (Prot. II S. 9). Als Begründung führte sie an, der Beschuldigte sei an der Einvernahme von B._____ vom 29. Mai 2020 nicht anwesend gewesen, wobei es zunächst unklar gewesen sei, was der Grund hierfür gewesen sei. Im Nachhinein habe sich dann aber herausgestellt, dass sich der Beschuldigte (aufgrund der Coronavirus-

Pandemie) in Selbstisolation befunden habe. Aufgrund der fehlenden Teilnahme des Beschuldigten an der fraglichen Einvernahme habe das Ergänzungsfragerecht nur ungenügend wahrgenommen werden können (Urk. 76 S. 3). Das Vorbringen, der Beschuldigte habe sich zum Zeitpunkt der Einvernahme von B._____ vom 29. Mai 2020 in Selbstisolation befunden, wurde anlässlich der Berufungsverhandlung erstmals erhoben. Weiter wurden hierzu keinerlei Belege ins Recht gelegt, aufgrund derer man beurteilen könnte, ob sich der Beschuldigte einerseits überhaupt in Selbstisolation befunden hat und falls dies der Fall war, ob sie medizinisch auch indiziert war. Bei der vorliegenden Sachlage bleibt das Vorbringen der Verteidigung bzw. des Beschuldigten eine nachgeschobene Schutzbehauptung, die nicht zu schützen ist. Weiter gilt es festzuhalten, dass die Einvernahme vom 29. Mai 2020 prozessordnungskonform durchgeführt wurde, wobei der Beschuldigte unentschuldigt davon fernblieb. Die Vorladung war ihm an die von ihm angegebene Domiziladresse bei seiner Freundin zugestellt worden (vgl. Urk. 17/30 S. 2 in Verbindung mit Prot. I S. 7, hinsichtlich der neuen Hausnummer in Verbindung mit der Berufungserklärung Urk. 53 S. 1; Urk. 71/2). Aufgrund des von ihm initiierten Berufungsverfahrens und im Nachgang zur Präsidialverfügung vom 31. März 2020 musste dem Beschuldigten bewusst sein, dass eine parteiöffentliche Einvernahme von B._____ stattfinden würde. Mithin gilt die Vorladung vom 6. Mai 2020 in Anwendung von Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO als ordnungsgemäss zugestellt. Indem er der Einvernahme in der Folge fernblieb, verzichtete er stillschweigend auf das ihm zustehende Teilnahme- und Konfrontationsrecht gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO (BSK StPO-SCHLEIMINGER/METTLER, Art. 147 StPO N 11; Zürcher Kommentar StPO-W OHLERS, 3. Auflage, 2020, Art. 147 N 8 f. und N 9b). Damit sind die Aussagen von B._____ uneingeschränkt verwertbar (Art. 147 Abs. 4 StPO e contrario). Angesichts dieser Umstände kann auf eine erneute Einvernahme von B._____ verzichtet werden, weshalb der Beweisantrag in der Berufungsverhandlung abgewiesen wurde (Prot. II S. 9). 3.2.

Weiter beantragt die Verteidigung, auch der Privatkläger sei unter Bezug-

nahme auf die Aussagen von B._____ erneut im Beisein des Beschuldigten ein-

zuvernehmen (Prot. II S. 9). Als Begründung wurde angeführt, der Privatkläger habe einen komplett anderen Ablauf der Ereignisse geschildert als B._____. Er sei daher mit den Aussagen von B._____ zu konfrontieren. Zudem sei es wichtig, dass sich das Gericht einen persönlichen Eindruck des Hauptbelastungszeugen mache (Urk. 76 S. 3 f.). Die Aussagen des Privatklägers mögen zwar nicht in allen Teilen mit jenen von B._____ übereinstimmen, doch lassen sie sich ­ wie bei der Sachverhaltserstellung noch zu zeigen sein wird ­ gut mit den übrigen Beweismitteln in Einklang bringen. Weiter kommt hinzu, dass es sich eben nicht um ein Vier-Augen-Delikt handelt, sondern es vielmehr eine Reihe von Beweismitteln gibt, welche neben den Aussagen des Privatklägers zu würdigen sind. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Privatkläger selbst kein Konfrontationsrecht hat und allfällige Widersprüche zwischen seinen Schilderungen und jenen eines anderen Beteiligten oder Zeugen im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung zu bewerten sind. Zusammenfassend

erscheint

daher

auch

die

erneute

Einvernahme

des Privatklägers nicht notwendig, weshalb auch dieser Beweisantrag in der Berufungsverhandlung abgewiesen wurde (Prot. II S. 9). 4. 4.1.

Sachverhalt Der Beschuldigte äusserte sich seit Beginn der Untersuchung kaum zur

Sache und machte geltend, mit dem Raub nichts zu tun zu haben (Urk. 6/1-4, insb. Urk. 6/4 S. 5; Urk. 17/30 S. 1; Prot. I S. 11 ff.). Entsprechend ist anhand der vorliegenden Beweismittel zu prüfen, ob der anklagegegenständliche Sachverhalt rechtsgenügend erstellt werden kann. Wie dabei vorzugehen ist, wurde im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt (Urk. 46 S. 6 f.). Hierauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). 4.2.

Nebst den bereits der Vorinstanz vorliegenden Beweismitteln (vgl. die

Aufzählung in Urk. 46 S. 5 und die inhaltliche Wiedergabe der Aussagen des Privatklägers und des Zeugen C._____ ebenda S. 8 ff.), liegen neu auch die Aussagen von B._____ bei den Akten. Dieser wurde offenbar nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung von Deutschland, wo er eine überjährige

Haftstrafe abgesessen hatte, an die Schweiz ausgeliefert (so sinngemäss dargelegt in Urk. 60/1 S. 11). Hier wurde er sodann zunächst in seinem eigenen, separat geführten Verfahren, welches nebst dem vorliegenden Vorwurf noch weitere Vorfälle aus dem Jahr 2018 umfasst, in Abwesenheit des Beschuldigten polizeilich und untersuchungsrichterlich einvernommen (vgl. Urk. 60/1 und Urk. 60/2 = Urk. 68; vgl. zur Zweckmässigkeit separat geführter Verfahren in der vorliegenden Konstellation eines nicht greifbaren Mittäters: Zürcher Kommentar StPO-SCHLEGEL, 3. Auflage 2020, Art. 30 N 4; BGE 138 IV 214 E. 3.2). Die präsidialiter angeordnete Einvernahme als Auskunftsperson bei der Staatsanwaltschaft vom 29. Mai 2020 unterlag demgegenüber der Parteiöffentlichkeit. Allerdings nahm lediglich der amtliche Verteidiger des Beschuldigten daran teil. Der Beschuldigte, welcher bereits die Vorladung zu dieser Einvernahme nicht entgegen genommen hatte (Urk. 71/2), war unentschuldigt abwesend (Urk. 70 S. 1 f.). Wie zuvor aufgezeigt, wurde die Einvernahme prozessordnungskonform durchgeführt und ist uneingeschränkt verwertbar (vgl. E. 3.1) Inhaltlich bestätigte B._____ bereits in seiner ersten Einvernahme am 25. Februar 2020, den Beschuldigten zu kennen. Er habe ihn zwei Tage vor der Tat kennengelernt. Sodann erkannte B._____ den Beschuldigten auch auf den ihm vorgelegten Fotografien. Ebenso erkannte er sich selbst auf den ihm vorgelegten Überwachungsbildern und bestätigte explizit, die Person mit dem Batman-Oberteil zu sein (Urk. 60/1 S. 8 f.). In der delegierten Einvernahme vom 11. März 2020 erklärte er, den Privatkläger bereits an der D._____-strasse getroffen und ihm eine Ungarin als Prostituierte angeboten zu haben, obwohl er diese gar nicht gekannt habe. Der Privatkläger habe dann aber Geld abheben müssen, da er die geforderten Fr. 300.­ nicht passend gehabt habe. Deshalb seien sie gemeinsam zum Bancomaten gegangen. Der Privatkläger habe an zwei Bancomaten Geld bezogen. Beim zweiten Bancomaten habe er mit dem Beschuldigten zusammen über den Privatkläger gelacht, dann seien sie raus gegangen. Draussen habe er den Privatkläger gefragt, ob bzw. wie viel Geld er bezogen habe. Es seien dann zwei junge Männer gekommen und hätten gefragt, ob alles in Ordnung sei. Die hätten gedacht, dass sie (B._____ und der Beschuldigte) dem Privatkläger etwas antun würden. Als die jungen Männer gegangen seien, habe er dem Privatkläger ge-

sagt, er solle ihm nun das Geld geben, worauf dieser ihm sein Portemonnaie gegeben habe. B._____ habe dann verabredungswidrig nicht Fr. 300.­, sondern den ganzen Noteninhalt, ca. Fr. 1'570.­ oder 1'580.­ rausgenommen. Das Portemonnaie habe er dann zu Boden geworfen und sie seien weggerannt. Am ...-platz hätten er und der Beschuldigte dann das Geld aufgeteilt und jeder sei seines Weges gegangen. Der Beschuldigte sei während des Vorfalls hinter ihm gestanden. Der Privatkläger sei nicht an die Wand gedrückt worden und es sei ihm auch kein spitzer Gegenstand in die Nierengegend gedrückt worden (Urk. 60/2 = Urk. 68 S. 12 ff). Sodann bestätigte B._____ auch als Auskunftsperson, den Beschuldigten zu kennen. Es handle sich dabei um den im Verhaftsrapport vom 22. November 2018 abgebildeten Mann. Bevor der anklagegegenständliche Vorfall passiert sei, habe er ihn 3 bis 5 Tage gekannt. Sie seien an jenem Abend ca. ab 20.00 oder 21.00 Uhr gemeinsam unterwegs gewesen. Er habe in der D._____-strasse den Privatkläger angesprochen, weil er ihm bekannt vorgekommen sei. Der Privatkläger habe eine 1'000er-Note im Portemonnaie gehabt und aus dem Bancomat weitere Fr. 200.­ bis Fr. 300.­ holen wollen. Der Privatkläger habe sie zum Bancomat an der E._____-gasse mitgenommen. Dabei habe er über Mädchen gesprochen. Er, B._____, habe ihm ein Mädchen an der D._____-strasse angeboten, er habe das Mädchen nicht gekannt, sie sei einfach dort gestanden. Der Privatkläger sei damit einverstanden gewesen und deshalb zum Bancomat gegangen. Unterwegs habe er bereits an einem anderen Bancomat Geld bezogen. Nachher seien sie weiter zum zweiten Bancomat, dort sei es passiert. Der Beschuldigte sei mitgekommen zum Bancomat. Auf Vorhalt erkannte B._____ sowohl den Beschuldigten als auch sich selbst auf den Fotos der Überwachungskamera aus der Bancomatenhalle. Zunächst sei der Privatkläger alleine rein gegangen, dann er und der Beschuldigte. B._____ habe zum Beschuldigten gesagt, er solle schauen, wie viel Geld der Privatkläger aus dem Automaten ziehe. Sie hätten ihm das Geld wegnehmen wollen, denn er habe dem Privatkläger ja eine Frau angeboten, aber keine Frau gehabt. Der Beschuldigte habe das gewusst. Draussen, nicht weit weg von der Ausgangstür habe er den Privatkläger gefragt, ob er Geld habe und ihm gesagt, er solle es ihm geben. Der Privatkläger habe ihm das ganze Portemonnaie gegeben und gesagt, er solle Fr. 300.­ raus-

nehmen. Er habe aber das ganze Geld herausgenommen und das Portemonnaie auf den Boden geworfen und sie seien weggerannt. Bevor er ihm das Portemonnaie gegeben habe, seien sie etwas lauter gewesen und zwei junge Herren seien gekommen und hätten gefragt, ob alles in Ordnung sei. Der Privatkläger habe gesagt, es sei alles in Ordnung. Der Beschuldigte sei während des Gesprächs mit dem Privatkläger hinter dem Rücken von B._____ gestanden. Er habe nichts gemacht, das sei auch nicht notwendig gewesen. Danach hätten sie das Geld halb/halb aufgeteilt. Konfrontiert mit dem CCIS Auszug betreffend die Rufnummer ... erklärte B._____, er sei nicht sicher. Er habe mehrere SIM-Karten gehabt, mehrere Nummern. Er habe sie dann weitergeschenkt, seiner Cousine und seinen Freunden. Der Beschuldigte sei mit seiner Cousine F._____ gut befreundet gewesen. Er selbst habe sicher nicht 60 Mal mit ihm telefoniert. Auf Nachfrage bestätigte er, der Privatkläger habe ihm das Portemonnaie komplett freiwillig gegeben. Er sei an diesem Abend ziemlich stark betrunken gewesen (Urk. 70). 4.3.

Die Vorinstanz war ­ noch in Unkenntnis der Aussagen von B._____ ­ be-

reits aufgrund der damals vorliegenden Beweismittel und mit überzeugender Begründung zum Schluss gekommen, dass sich der Sachverhalt so, wie vom Privatkläger geschildert, abgespielt habe. Einzig dass er durch den Mittäter des Beschuldigten an die Wand gedrückt worden war, könne nicht rechtsgenügend angenommen werden (Urk. 46 S. 11 ff.). Primär in Würdigung der sachlichen Beweismittel (Überwachungsmaterial der G._____ [Bank] , Auswertung der Antennenstandorte des Mobiltelefons des Beschuldigten, Auswertung der Telefonverbindungen des Mobiltelefons des Beschuldigten) gelangte die Vorinstanz sodann zum Schluss, dass der Beschuldigte als zweiter Täter beim Überfall mitgewirkt habe (Urk. 46 S. 18 ff.). Im Übrigen anerkennt auch der Beschuldigte bzw. die Verteidigung mittlerweile, dass der Beschuldigte beim besagten Vorfall vom 5. September 2018 mit B._____ und dem Privatkläger dabei war (Urk. 76 S. 5). Beide Schlussfolgerung der Vorinstanz halten zudem auch bzw. erst recht bei Miteinbezug der Aussagen von B._____ einer kritischen Überprüfung stand. So steht mittlerweile zweifelsfrei fest, dass es sich bei dem Mann im Batman-Oberteil tatsächlich um B._____ gehandelt hatte. Mit einer von ihm gelösten Mobiltelefon-

nummer (Urk. 4) verband sich das Mobiltelefon des Beschuldigten unzählige Male im Tatzeitraum (Urk. 6/2 Beilagen 2 und 3), was indiziert, dass sich die beiden Männer gekannt haben, selbst wenn die Anrufe teilweise durch die Cousine von B._____ getätigt worden sein sollten. Dass sich die beiden Männer kennen, bestätigte B._____ nun aber auch explizit, welcher überdies nicht nur sich selbst auf den Fotografien der G._____-Filiale erkannte, sondern auch den Beschuldigten, zumal dieser gleichzeitig mit ihm und dem Privatkläger in der Bancomatenhalle gewesen sei. Weiter bestätigte B._____, dass er und der Beschuldigte bereits ab der D._____-strasse den Privatkläger verfolgten (bzw. gemäss seiner Darstellung: begleiteten), was mit den Angaben des Privatklägers und den ausgewerteten Antennenstandorten korrespondiert (Urk. 6/2 Beilage 4). Schliesslich gestand B._____ auch ein, dass er und der Beschuldigte das Notengeld des Privatklägers aus dessen Portemonnaie entwendet und später hälftig unter sich aufgeteilt haben. Wenn er im Übrigen geltend macht, der Privatkläger habe ihm das Portemonnaie freiwillig gegeben, da er ihm versprochen habe, ihm dafür eine Prostituierte zu besorgen, er sich dann aber nicht bloss die vereinbarten Fr. 300.­, sondern den gesamten Inhalt von über Fr. 1'500.­ genommen habe, überzeugt dies nicht und lässt sich auch nicht mit den Überwachungsbildern sowie den Aussagen des Privatklägers und des Zeugen C._____ in Einklang bringen. Nicht nur ist nicht ersichtlich, wieso der Privatkläger, um an die nötige Stückelung des Freierlohns zu gelangen, an zwei verschiedenen Bancomaten, zumal derart entfernt von der D._____-strasse, Geldbezüge tätigen sollte. Wenn er das Geld zudem später ohnehin B._____ hätte geben wollen, hätte er den Geldbezug in der G._____-Filiale in der E._____-gasse nicht unterbrochen, als dieser die Halle betrat und sich verbal gegen dessen Aufdringlichkeit gewehrt. Auch wäre es dann gar nicht nötig gewesen, das Geld überhaupt im Portemonnaie zu verstauen, bevor er es B._____ übergab. Auch ist nicht ersichtlich, wieso der Privatkläger gegenüber der Polizei einen deutlich zu geringen Deliktsbetrag hätte angeben sollen. Die Aussage von B._____ betreffend freiwilliger Herausgabe des Portemonnaies scheint denn auch eher darauf gerichtet gewesen zu sein, die Qualifikation des Vorganges als Raub aus der Welt zu schaffen, was ihm offenbar bereits einmal zu Gute kam (vgl. Urk. 60/2 = Urk. 68 S. 16) und bleibt damit unglaubhaft. Insgesamt

bleibt es damit dabei, dass die Aussagen des Privatklägers zum genauen Tathergang ­ inklusive Wahrnehmung eines spitzen Gegenstandes, welcher ihm durch den Beschuldigten von hinten in die Nierengegend gedrückt wurde, als ihm B._____ das Portemonnaie aus der Gesässtasche zog und dessen vorgängigen Schubser (wenn auch nicht ein explizites Drücken an die Wand) ­ inhaltlich logisch, konsistent, zurückhaltend und im Kern widerspruchsfrei sind. Wo sachliche Beweismittel vorliegen, decken sich diese zudem ­ wie oben dargestellt ­ mit der Darstellung des Privatklägers, weshalb insgesamt darauf abzustellen ist. 4.4.

Die Verteidigung brachte anlässlich der Berufungsverhandlung zunächst

vor, es könne entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht erstellt werden, dass überhaupt ein spitzer Gegenstand eingesetzt worden sei. So habe der Privatkläger weder einen Abdruck an der Haut noch an der Kleidung (Urk. 76 S. 5). Dies ist indessen erstens nicht zwingend zu erwarten, zumal an keiner Stelle behauptet wird, dass der Privatkläger durch den Einsatz des Gegenstandes verletzt oder die Kleidung beschädigt worden sei. Andererseits wurde der Privatkläger im Anschluss an die Auseinandersetzung auch nicht untersucht, weshalb aus der Tatsache, dass keine Spuren des Gegenstandes in den Akten vermerkt wurden, keine Erkenntnisse zu gewinnen sind. Weiter sei auch zu erwarten, dass jemand, der mit einem spitzen Gegenstand ein Opfer zum Widerstand unfähig machen wolle, etwas sage wie "beweg dich nicht!" etc. (Urk. 76 S. 5). Es ist ohne Weiteres klar, was damit bezweckt wird, wenn ein spitzer Gegenstand gegen den Rücken gedrückt und gleichzeitig Geld gefordert wird. Eine Aufforderung, still zu halten, ist hierbei nicht unbedingt zu erwarten. Weiter kommt hinzu, dass nicht im Detail bekannt ist, welche Worte zwischen den Beteiligten gewechselt wurden, weshalb daraus ohnehin nichts Relevantes abgeleitet werden kann. Auch dass der Zeuge C._____ keinen solchen Gegenstand wahrgenommen hat und ihm der Privatkläger nichts von einem solchen gesagt hat, belegt ­ entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 76 S. 5 f.) ­ nicht, dass ein solcher nicht eingesetzt wurde. Der Zeuge C._____ konnte bereits aufgrund der Distanz zum Tatgeschehen nicht jedes Detail erkennen. Zudem war es ein dynamisches

Geschehen, bei welchem ein Gegenstand, der an den Rücken des Privatklägers gedrückt worden sein soll, von einer aussenstehenden Person nicht ohne Weiteres wahrgenommen werden musste. Schliesslich bringt die Verteidigung vor, die Schilderungen des Privatklägers seien ohnehin nicht glaubhaft. So sei dieser gemäss Beschreibung der Polizeibeamten im Tatzeitpunkt stark betrunken gewesen. Zudem habe er verschiedene Umstände des Geschehens falsch geschildert. Zunächst habe er erklärt, beide Täter hätten Schweizerdeutsch gesprochen, obwohl dies weder auf den Beschuldigten noch B._____ zutreffe. Weiter habe er auch den Beschuldigten im Vergleich mit seinem auf den Kamerabildern ersichtlichen Aussehen vollkommen anders beschrieben. Zudem sei ihm auch entfallen, dass er kurz vor dem Vorfall noch mit dem Haupttäter beim Imbiss "H._____" gesprochen habe (Urk. 76 S. 8 f.). Es mag diesbezüglich zwar zutreffen, dass der Privatkläger einerseits alkoholisiert war und andererseits nicht alle Details des Geschehens korrekt wiedergegeben hat. Die von der Verteidigung erwähnten Unstimmigkeiten beziehen sich indessen gerade nicht auf das Kerngeschehen bzw. die wesentlichen Aspekte. So war es irrelevant, ob die Täter Hoch- oder Schweizerdeutsch gesprochen haben. Offenbar hatten sie jedenfalls keine Probleme, mit dem Privatkläger zu kommunizieren, Auch die Ungenauigkeiten hinsichtlich der Schilderung des Aussehens des Beschuldigten vermögen daran nichts zu ändern, zumal er diesem ­ bewusst ­ erst ausserhalb der Bank und während des dynamischen Geschehens begegnet war. An den auffälligen "Batman" Aufdruck auf dem Pullover von B._____ konnte er sich demgegenüber ohne Weiteres und absolut zutreffend erinnern. Die glaubhaften Schilderungen des Privatklägers hinsichtlich des Tatablaufs, die teilweise durch die Bilder der Überwachungskamera und die Aussagen des Zeugen C._____ gestützt werden, können dadurch nicht erschüttert werden. Weiter bringt die Verteidigung vor, die beiden Täter seien zwei kräftige ca. 30 jährige Männer, welche es überhaupt nicht nötig hätten, den ca. 60 jährigen und betrunkenen Privatkläger zu bedrohen. Vielmehr hätten sie ihm das Portemonnaie auch mit blosser Muskelkraft wegnehmen können (Urk. 76 S. 6). Auch wenn der Beschuldigte und B._____ dem Privatkläger körperlich überlegen

waren, schliesst dies in keiner Weise aus, dass zur Unterstützung ihrer Forderung ein spitzer Gegenstand in nötigender Art eingesetzt wurde. Bekanntlich wird bei Straftaten nicht immer das mildeste Mittel eingesetzt, mit welchem das Ziel theoretisch erreicht werden könnte. Demgegenüber ist das Vorbringen der Verteidigung insoweit zutreffend, dass der Beschuldigte und B._____ dem Privatkläger sowohl zahlenmässig als auch je einzeln körperlich klar überlegen waren. Aus dieser Überlegenheit heraus haben sie den Privatkläger bedrängt, um ihn widerstandsunfähig zu machen und ihm das Portemonnaie abzunehmen. Wenn die Verteidigung daher geltend macht, der Privatkläger habe den spitzen Gegenstand erst in einem Zeitpunkt gespürt, als der andere Täter das Portemonnaie bereits in der Hand gehalten habe (Urk. 76 S. 6), ist auf das Folgende zu verweisen. Durch das Bedrängen des Privatklägers und die offensichtliche körperliche und zahlenmässige Überlegenheit des Beschuldigten und B._____ lag ohnehin eine Situation vor, in welcher sie durch ihr bedrängendes Verhalten die Willensfreiheit des Privatklägers beeinträchtigt hatten. Ob der Privatkläger das Messer nun kurz vor oder nach der Wegnahme des Portemonnaies gespürt hat ist ­ wie unter dem Titel der rechtlichen Würdigung noch zu zeigen sein wird (vgl. E. 5) ­ letztlich nicht entscheidend und kann offen gelassen werden. Festzuhalten ist indessen, dass der spitze Gegenstand im Rahmen der Auseinandersetzung in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Wegnahme des Portemonnaies eingesetzt wurde. Damit ist festzuhalten, dass der anklagegegenständliche Sachverhalt ­ mit den erwähnten Präzisierungen ­ rechtsgenügend erstellt ist. 5.

Rechtliche Würdigung

Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung kann vorab auf die in allen Teilen zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden (Urk. 46 S. 21 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Erneut zu betonen gilt es, dass die Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben sowohl ausdrücklich als auch konkludent, etwa durch das blosse Vorhalten einer Waffe, erfolgen kann. Sinngemäss muss dem Opfer ein so erheblicher Schaden an Körper oder Gesundheit in Aussicht gestellt werden, dass sich unter den gleichen Umständen normalerweise auch eine andere Person dem Angreifer beugen würde. Dies ist zum Beispiel schon dann anzu-

nehmen, wenn ein dem Opfer körperlich überlegener Täter oder auch mehrere Personen diesem androhen, es zusammenzuschlagen. Der in Aussicht gestellte Nachteil muss dabei nicht das Ausmass einer schweren Körperverletzung aufweisen. Anerkannt ist sodann, dass der Täter die Drohung nicht zu verwirklichen wollen braucht. Es genügt, wenn beim Opfer dieser Eindruck erweckt wird, was zum Beispiel beim Vorhalten einer nicht schiesstauglichen Waffe der Fall ist (JOSITSCH (Hrsg.), Strafrecht lll, 11. Aufl., Zürich Basel Genf 2018, S. 176 f.; BSK StGB II-NIGGLI/RIEDO, Art. 140 N 29 ff.). Vorliegend gingen der ca. 1.90 Meter grosse Beschuldigte und der Mittäter B._____ den Beschuldigten in bedrohlicher Weise an. Der Privatkläger wurde dadurch in Angst versetzt und er befürchtete nachvollziehbar, dass die ihm körperlich und zahlenmässig klar überlegenen Täter ihm etwas antun könnten. Unter diesem Eindruck beugte sich der Privatkläger dem Gebaren bzw. den Forderungen der Täter und leistete keinen Widerstand. Ob der erstelltermassen im Rahmen dieser Auseinandersetzung ebenfalls verwendete spitzige Gegenstand vor oder erst kurz nach der Wegnahme des Portemonnaies in die Nierengegend des Privatklägers gedrückt wurde, ist vor diesem Hintergrund letztlich nicht entscheidend. Es bestand klarerweise eine Nötigungssituation, in welcher sich der Beschuldigte den Forderungen des Beschuldigten und B._____ gebeugt hat. Rechtfertigungs- oder Schuldausschlussgründe sind nicht erkennbar. Entsprechend ist der Beschuldigte des (mittäterschaftlich begangenen) Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen. 6. 6.1.

Strafzumessung und Vollzug Die theoretischen Grundlagen der Strafzumessung sind im erstinstanz-

lichen Urteil zutreffend dargestellt (Urk. 46 S. 23 f.). Mit der Vorinstanz ist vorliegend eine Strafe im ordentlichen Strafrahmen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe festzulegen (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB;).

6.2.

Angesichts des eher geringen Deliktsbetrags von Fr. 520.­ und des eben-

falls mässigen Gewalteinsatzes durch den Beschuldigten selbst (konkludentes Bedrohen mit spitzem Gegenstand, personelle Übermacht) kann die objektive Tatschwere mit der Vorinstanz als noch eher gering qualifiziert werden. Subjektiv ging der Beschuldigte zusammen mit seinem Mittäter gezielt und vorsätzlich vor, jedoch ist von einem eher spontanen Ausnützen der Situation, allenfalls auch der Angetrunkenheit des Privatklägers, auszugehen; nicht von raffinierter und von langer Hand vorbereiteter Planung. Damit ist das Verschulden insgesamt als leicht zu bewerten, was eine Einsatzstrafe am unteren Ende des Strafrahmens, von acht Monaten Freiheitsstrafe rechtfertigt. 6.3.

Der Beschuldigte hat sich im Verfahren weder zu seinem Vorleben noch zu

seinen persönlichen Verhältnissen geäussert. Bekannt und relevant ist jedoch, dass er in Deutschland über drei teils einschlägige Vorstrafen verfügt (Urk. 19/11), wobei er gemäss eigenen Angaben erst wenige Monate vor der heute zu beurteilenden Tat, am 21. April 2018, aus dem Vollzug einer sechsjährigen Freiheitsstrafe entlassen wurde (Urk. 6/6 S. 5). Dies ist deutlich straferhöhend zu berücksichtigen. Nicht mehr zu beachten sind demgegenüber seine in den Akten ebenfalls ausgewiesenen fünf Vorstrafen in Bulgarien (Urk. 19/13-14), da diese in den Jahren 2005 bis 2009 ausgesprochen wurden und damit älter als zehn Jahre sind (Art. 369 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Abs. 3 und Abs. 7 StGB analog, vgl. BGer Urteil 1B_88/2015 vom 7. April 2015, E. 2.2.1). Auch wenn die verbleibende Vorstrafenbelastung und die Tatsache, dass sich der Beschuldigte offensichtlich nicht einmal durch mehrjährigen Strafvollzug davon abbringen lässt, gesetzeswidrig zu handeln, was von besonderer Uneinsichtigkeit, gar Renitenz zeugt, eine Freiheitsstrafe von ca. zwölf Monaten als angemessen erscheinen lassen würden, verbietet dies das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO). Damit ist er in Bestätigung der angefochtenen Regelung mit zehn Monaten Freiheitsstrafe zu bestrafen. 6.4.

Der Anrechnung der bisher erstandenen 104 Tage Untersuchungshaft

steht nichts im Weg (Art. 51 StGB).

6.5.

Mit der Vorinstanz ist dem Beschuldigten mit Blick auf die Frage der Ge-

währung des bedingten Strafvollzugs eine schlechte Legalprognose zu stellen (vgl. Urk. 46 S. 26 f.). So ist er als in extremis rückfällig und unbelehrbar anzusehen, nachdem er die vorliegende Tat nur wenige Monate, da er in Deutschland aus einem sechs Jahre dauernden Strafvollzug (verhängt für teilweise ähnliche Delikte, vgl. Urk. 19/11) entlassen wurde (Urk. 6/6 S. 5), begangen hat. Damit ist ihm der bedingte Strafvollzug zu verweigern und die Strafe zu vollziehen. 7. 7.1.

Landesverweisung Raub im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB stellt eine Katalogtat

gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB dar, welche eine obligatorische Landesverweisung nach sich zieht. Dass beim Beschuldigten ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegen würde, wird weder geltend gemacht noch ist solches aus den Akten ersichtlich (vgl. hierzu auch die überzeugenden Ausführungen der Vorinstanz in Urk. 46 S. 28 f.). Damit ist er ­ mit der Vorinstanz und dem Verschulden entsprechend ­ für 5 Jahre des Landes zu verweisen. 7.2.

Landesverweisungen gegenüber Ausländern aus Staaten, die nicht zum

Schengen-Raum gehören, werden im Schengener Informationssystem ausgeschrieben, wenn davon auszugehen ist, dass die Anwesenheit der betreffenden Person im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-VO, vgl. Art. 96 Abs. 2 lit. a Schengener Durchführungsübereinkommen [SDÜ]). Eine Ausschreibung im SIS muss dabei auf der Grundlage einer individuellen Bewertung unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit ergehen. Im Rahmen dieser Bewertung ist insbesondere zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Verhältnismässig ist eine Ausschreibung im SIS immer dann, wenn eine solche Gefahr gegeben ist. (BGer Urteil 6B_739/2020 vom 14. Oktober 2020, E. 2.1; Urteil 6B_572/2019 vom 8. April 2020, E. 3.2.2, m.w.H.). Der Beschuldigte ist in Deutschland und damit in einem anderen Schengen-Staat mehrfach, teilweise einschlägig vorbestraft (Urk. 19/11). Die vorliegend

zu beurteilende Tat hat er ­ wie erwähnt ­ im Übrigen nur kurz nach der Entlassung aus dem Strafvollzug begangen. Wie schon bei den Erwägungen zur Frage des Vollzuges erwähnt, ist dem Beschuldigten eindeutig eine ungünstige Legalprognose zu stellen. Von ihm geht ­ unabhängig von der heute auszufällenden Strafe bzw. der angedrohten Mindeststrafe für einen Raub ­ eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung aus. Die Landesverweisung ist entsprechend im SIS auszuschreiben. 8.

Zivilforderung

Die Vorinstanz hat die Zivilforderung des Privatklägers auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 46 S. 30), was von diesem nicht angefochten wurde. Entsprechend dem Verschlechterungsverbot kann der Beschuldigte im Berufungsverfahren nicht zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden. Angesichts des erstellten Sachverhalts ist aber auch eine Klageabweisung ausgeschlossen, mithin ist die vorinstanzliche Regelung zu bestätigen. 9. 9.1.

Kosten- und Entschädigungsregelung, Fluchtkaution Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt

wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Die Kosten des Berufungsverfahrens sind den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ausgangsgemäss ist die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 8 und 9) zu bestätigen. Da der Beschuldigte überdies auch im Berufungsverfahren unterliegt, wird er auch hierfür vollumfänglich kostenpflichtig. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 3'000.­ festzusetzen (Art. 424 Abs. 1 StPO i.V.m. § 16 Abs. 1 und § 14 GebV OG). Eine Genugtuung für die erstandene Haft bzw. die auferlegten Ersatzmassnahmen ist unter diesen Umständen nicht geschuldet (Art. 429 StPO e contrario). 9.2.

Die Kosten der amtlichen Verteidigung, welche aufgrund der eingereichten

Aufwandübersicht und unter Hinweis auf §§ 17 f. AnwGebV auf Fr. 6'232.­ fest-

zusetzen sind, sind einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei die Rückforderung im Sinne von Art. 135 Abs. 4 StPO vorzubehalten ist. 9.3.

Da der Beschuldigte sowohl anlässlich der Einvernahme vom 29. Mai 2020

(Urk. 70 und 71/2) als auch anlässlich der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 7) jeweils trotz Erscheinungspflicht unentschuldigt fernblieb, hat er sich dem Strafverfahren mehrfach unberechtigterweise entzogen, weshalb die durch I._____ geleistete Fluchtkaution in Höhe von Fr. 5'000.­ (vgl. Urk. 17/28 und 31 sowie Urk. 18/15) als verfallen zu erklären ist (Art. 240 Abs. 1 StPO). Sie ist zur Deckung der Verfahrenskosten zu verwenden. (Art. 240 Abs. 4 StPO). Es wird beschlossen: 1.

Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung ­ Einzelgericht, vom 30. September 2019 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist: Es wird erkannt: 1.

(...)

2.

(...)

3.

(...)

4.

(...)

5.

Das mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl vom 23. November 2019 beschlagnahmte Mobiltelefon des Beschuldigten der Marke "Wiko" wird dem Beschuldigten auf Verlangen innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft herausgegeben, ansonsten es vernichtet wird.

6.

(...)

7.

Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

2'700.00

; die weiteren Kosten betragen:

2'500.00

Gebühr für das Vorverfahren

900.00

Telefonkontrolle (RTI)

140.00

Auslagen Polizei (Auswertung Mobiltelefon)

350.00

Entschädigung Dolmetscher (Übersetzung bulgarischer Strafregisterauszug und Briefkontrolle)

17'421.65

amtliche Verteidigung

Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

2.

8.

(...)

9.

(...)

10.

(Mitteilungen)

11.

(Rechtsmittel)"

Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt: 1.

Der Beschuldigte A._____ ist schuldig des Raubs im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

2.

Der Beschuldigte wird bestraft mit 10 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 104 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind.

3.

Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird nicht aufgeschoben.

4.

Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.

5.

Die Landesverweisung (Einreise- und Aufenthaltsverweigerung) wird im Schengener Informationssystem ausgeschrieben.

6.

Das Schadenersatzbegehren des Privatklägers J._____ wird auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

7.

Die gestützt auf die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Bezirks Zürich vom 26. Februar 2019 von I._____ geleistete und bei der Kasse des Bezirksgerichts Zürich hinterlegte Fluchtkaution von Fr. 5'000.­ verfällt dem Staat und wird zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.

8.

Die erstinstanzliche Kostenregelung (Ziff. 8 und 9) wird bestätigt.

9.

Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr.

3'000.­ ; die weiteren Kosten betragen:

Fr.

6'232.­

amtliche Verteidigung.

10. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten. 11. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an -

die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (versandt)

-

die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (versandt)

-

den Privatkläger (versandt) (Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)

-

-

den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste (unter Beilage einer Kopie der Verfügung betreffend Ersatzmassnahmen) das Migrationsamt des Kantons Zürich

sowie in vollständiger Ausfertigung an

-

-

die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl

und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an -

die Vorinstanz

-

die Kasse des Bezirksgerichts Zürich (hinsichtlich Disp. Ziffer 7)

-

-

-

den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste das Migrationsamt des Kantons Zürich die KOST Zürich mit dem Formular "Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials" zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A

12. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich I. Strafkammer Zürich, 2. Dezember 2020 Der Präsident:

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. S. Volken

MLaw L. Zanetti
  •   DEFRITEN
: SB190575
: 02. Dezember 2020
: 02. Dezember 2020
: ZH-Obergericht
: SB190575
: Obergericht des Kantons Zürich
: Raub Raub Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 30. September 2019 (GG190100)