Beschluss des

KASSATIONSGERICHTES DES KANTONS ZÜRICH vom 16. Juni 2003 i.S. M.; Kass.-Nr. 2002/198 S (Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 27. März 2002 [SB010408])

betreffend mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften

Aus den Erwägungen Kassationsgerichtes ab Seite 12: 4.1

Das Thema des vorliegenden Beschwerdeverfahrens steht im Schnittbe-

reich zwischen der Anrechnung der Untersuchungshaft auf eine Strafe auf der einen und der Entschädigung bzw. Genugtuung für diese Haft auf der anderen Seite. Nachdem sich das Bundesrecht in Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB mit der Anrechnung der Haft auf die ausgefällte Strafe befasst, die Pflicht, für ungerechtfertigte (unschuldig erlittene) Haft Schadenersatz und Genugtuung zu leisten, sich nach überwiegender Auffassung hingegen allein aus dem kantonalen Recht ergibt (Donatsch, in: Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996, N 42 zu Vorbem. zu §§ 49 ff. StPO, m.H.; Schmid, in: Donatsch/Schmid, a.a.O., N 2 zu § 43 StPO, m.H.; zur hier nicht weiter interessierenden Unterscheidung zwischen ungesetzlicher und ungerechtfertigter Haft vgl. insb. ZR 100 Nr. 58), stellt sich - nicht zuletzt vor dem Hintergrund von § 430b StPO - die Frage nach der Abgrenzung zwischen den beiden Problemkreisen im vorliegenden Fall. 4.2

Bei oberflächlicher Betrachtung scheint die vom Beschwerdeführer aufge-

worfene Frage auf die richtige Anwendung von Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB abzuzielen. Entgegen diesem Eindruck geht es vorliegend jedoch nicht um die (bundesrechtliche) Frage, ob die Vorinstanz die erlittene Untersuchungshaft anrechnen durfte und musste, sondern um die kantonalrechtliche Frage, ob dem Beschwerdeführer wegen der erlittenen 389tägigen Untersuchungshaft nach der Einstellung des Strafverfahrens wegen Geldwäscherei Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche zustehen, und wenn ja, in welcher Höhe (vgl. Bundesgericht, I. öffentlich-rechtliche Abteilung, Urteil vom 13. Februar 2001 i.S. N., 1P.713/2000, Erw. 3.a). Zu dieser Hauptfrage gehört auch die weitere (kantonale) Frage, ob ein Schaden oder eine immaterielle Unbill und damit ein Entschädigungs- bzw. Genugtuungsanspruch zu verneinen ist, wenn die Untersuchungshaft auf eine ausgefällte Freiheitsstrafe angerechnet worden ist (zit. Urteil des Bundesgerichts, a.a.O.). Soweit deren Beantwortung davon abhängt, ob die Untersuchungshaft zu Recht oder zu Unrecht angerechnet worden ist, ist diese letztere Frage - und nur dann -eine Vorfrage, die sich nach Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB richtet, und damit eine Frage des Bundesrechts (zit. Urteil des Bundesgerichts, a.a.O.). Mit anderen Worten handelt es sich bei der Frage, ob die Untersuchungshaft zu Recht oder zu Unrecht angerechnet worden ist, dann

um eine (eidgenössische) Vorfrage, wenn diese für den Bestand der geltend gemachten Schaden- oder Genugtuungsansprüche entscheidend ist. Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall. So ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach der in der Lehre vertretenen Ansicht bei Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB der Grundsatz der Verfahrensidentität massgebend ist (vgl. etwa Rehberg, Strafrecht 11, 7. A., Zürich 2001, S. 79, m.H.; Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. A., Zürich 1997, N 15 zu Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB; ferner Schubarth, Anrechnung der Untersuchungshaft auf eine ausgesprochene Strafe oder Entschädigung für ungerechtfertigte Untersuchungshaft?, ZStr 116 [1998] 112 f.). Dieser Ansicht folgend, könnte die Anrechnung der Untersuchungshaft fehlerfrei erfolgen, obwohl ein Entschädigungs- bzw. Genugtuungsanspruch nach kantonalem Recht gleichwohl bestünde, sei es, dass die Untersuchungshaft auf eine bedingt ausgesprochene Strafe angerechnet würde (was nach Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB zulässig ist, nach kantonaler Praxis mangels tatsächlichem Ausgleich der erlittenen materiellen und immateriellen Nachteile hingegen ausser Betracht fällt [vgl. dazu ZR 100 Nr. 59 sowie nachfolgend Ziff. 11./5.]), sei es, dass die durch die Untersuchungshaft erlittenen materiellen und immateriellen Nachteile durch die Anrechnung noch nicht vollständig abgegolten wären. Sodann wird nach der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs bei der Frage der Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft an die ausgefällte Strafe der Grundsatz der Verfahrensidentität gelten (vgl. MettIer, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Strafgesetzbuch I, Art. 1
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StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
-110
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StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB, Kommentar, Basel 2003, N 50. zu Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB; Vorentwurf der Expertenkommission zum Allgemeinen Teil und zum Dritten Buch des Strafgesetzbuches und zu einem Bundesgesetz über die Jugendstrafrechtspflege, 1993, Bundesamt für Justiz, Art. 53 VE StGB; Bericht zur Revision des Allgemeinen Teils und des Dritten Buches des Strafgesetzbuches und zu einem Bundesgesetz über die Jugendstrafrechtspflege, 1193, Bundesamt für Justiz, S. 75). Dannzumal wird in einem Fall wie dem vorliegenden die Anrechnung der Untersuchungshaft womöglich fehlerfrei erfolgt sein, obwohl damit die Entschädigungs- bzw. Genugtuungsansprüche nach kantonalem Recht bzw. kantonaler Praxis nicht notwendigerweise entfallen. Die Frage, ob die Anrechnung der wegen des Verdachts qualifizierter Geldwäscherei erstandenen Untersuchungshaft auf die wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften ausgefällte Freiheitsstrafe fehlerhaft sei, ist demnach im hier interessierenden Kontext auch nicht als Vorfrage eidgenössischen Rechts, sondern als Frage kantonalen Rechts zu behandeln.

An der kassationsgerichtlichen Zuständigkeit und Kognition ändert diese KlarsteIlung aber nichts, da sowohl kantonale Hauptfragen als auch Vorfragen eidgenössischen Rechts unter den hier gegebenen Voraussetzungen von § 43Gb Abs. 2 StPO von der Kassationsinstanz zu prüfen sind. 5.1 a) Rechtsgrundlage für Ansprüche aus ungerechtfertigter (d.h. gesetzmässiger, aber unschuldig erlittener) Haft, welche sich nach überwiegender Ansicht allein wie gesagt - aus dem kantonalen Recht ergeben (vgl. dazu ziff. II./4. vorstehend), bilden die §§ 43, 191 und 455 StPO, welche, an die prozessualen Sachverhalte der Einstellung, des Freispruchs bzw. der Revision anknüpfend, einen Anspruch des Angeschuldigten bzw. Freigesprochenen auf Schadenersatz und Genugtuung vorsehen. Hauptanwendungsfall bildet die gegenüber dem Angeschuldigten in StPO-konformer Weise angeordnete, vom schliesslich für unschuldig befundenen Betroffenen erlittene Untersuchungs- (und evtl. Sicherheits-)haft (Donatsch, in: Donatsch/Schmid, a.a.O., N 42 zu Vorbem. zu§§ 49 ff. StPO) bzw. die gegenüber einem Angeschuldigten gesetzmässig angeordnete Untersuchungshaft, gegen welchen das Verfahren in der Folge eingestellt wurde. Sodann fällt nach Lehre und Praxis auch die sog. Überhaft darunter, das heisst Fälle, in denen bei einer Verurteilung die durch Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft erstandene Haft die Dauer der rechtskräftig verhängten Strafe übersteigt (Schmid, in: Donatsch/Schmid, a.a.O., N 2 und N 9 zu § 43 StPO). b)

In der Praxis nicht selten sind Fälle, in denen eine TeileinsteIlung erfolgt.

Dabei stellt sich zum einen die Frage, welche Behörde in welchem Verfahren über die im Zusammenhang mit dem eingestellten Verfahren geltend gemachte Entschädigung und Genugtuung für die erlittene Untersuchungshaft zu befinden hat. Zum anderen fragt es sich, nach welchen Grundsätzen in einem solchen Fall mit Bezug auf Entschädigung und Genugtuung für die erstandene Haft zu entscheiden ist. c)

Gemäss § 44 StPO ist der Entscheid über Kosten und - hier vor allem von

Bedeutung - Entschädigung in die Einstellungsverfügung aufzunehmen. Weiter sieht die Bestimmung vor, dass der Angeschuldigte (eigentlich: unschuldig Verfolgte) diesbezüglich gerichtliche Beurteilung verlangen kann, wobei das Begehren im Falle der Einstellung durch die Bezirksanwaltschaft beim Einzelrichter und im Falle der Einstellung durch

die Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht zu stellen ist (Satz 2 und 3 von § 44 StPO). Gegen den Entscheid des Gerichts sind - je nach Streitwert - der Rekurs oder die Nichtigkeitsbeschwerde gegeben (§ 44 Satz 5 StPO; Schmid, in: Donatsch/Schmid, a.a.O., N 15 und 16 zu § 44 StPO). Für die Ausrichtung einer Entschädigung bzw. einer Genugtuung an den unschuldig Verfolgten ist somit grundsätzlich die mit der Einstellung befasste Behörde bzw. die von § 44 StPO vorgesehene gerichtliche Instanz zuständig (vgl. auch Wallimann Baur, Entschädigung und Genugtuung durch den Staat an unschuldig Verfolgte im ordentlichen zürcherischen Untersuchungsverfahren, Diss. Zürich 1998, S. 161). Nicht gesagt ist aber damit, ob nur diese Behörden oder auch die ordentlichen Gerichte im Rahmen der Beurteilung der zur Anklage gebrachten Vorwürfe über Entschädigung bzw. Genugtuung hinsichtlich des eingestellten Verfahrens entscheiden dürfen. In Betracht zu ziehen ist dabei, dass sich § 44 StPO mit der Thematik der TeileinsteIlung als solcher nicht befasst. Aus dieser Bestimmung kann deshalb nicht ohne weiteres abgeleitet werden, die Zuständigkeit sei ausschliesslich den mit der Einstellung befassten Strafverfolgungsbehörden und den mit dem Begehren um gerichtliche Beurteilung angerufenen gerichtlichen Instanzen vorbehalten. Sodann kann zwischen dem zur Anklage gebrachten Delikt und demjenigen Delikt, hinsichtlich welchem das Verfahren eingestellt wurde, ein enger Zusammenhang bestehen. Von da her betrachtet erscheint es durchaus als sachgerecht, dem Strafrichter die Kompetenz einzuräumen, über die Entschädigung bzw. Genugtuung für die im Verfahren erstandene Haft zu befinden. Kommt hinzu, dass der Strafrichter auch über die Anrechnung bzw. Nichtanrechnung der erlittenen Haft zu entscheiden hat, was sich wiederum auf die Bemessung des Entschädigungsbzw. Genugtuungsanspruchs auswirken kann (vgl. dazu nachfolgend lit. d) und e). In der Literatur wird sogar die Ansicht vertreten, dass bei teilweiser Beendigung des Verfahrens die Frage der Entschädigung bzw. Genugtuung im Einstellungsentscheid offenzulassen und erst beim Abschluss des gesamten Verfahrens zu beurteilen sei (vgl. die Nachweise bei Wallimann Baur, a.a.O., S. 161). Auch wenn diese Ansicht in Anbetracht der Regelung von § 44 StPO als (zu) weitgehend erscheint, kann jedenfalls nicht gesagt werden, das Obergericht sei für die Beurteilung der Entschädigungs- bzw. Genugtuungsforderung für die erlittene Haft unzuständig gewesen.

d)

Ist von der obergerichtlichen Zuständigkeit auszugehen, ist demnach auf

die weitere Frage einzugehen, nach welchen Grundsätzen im Falle der teilweisen Einstellung über die Entschädigung und Genugtuung für die erstandene Haft zu entscheiden ist. Keine Probleme ergeben sich dabei, wenn die erlittene Haft wegen desjenigen Delikts angeordnet wurde, welches letztendlich zur Verurteilung des Angeschuldigten führt. Hier sind nach dem klaren Sinn der vorstehend erwähnten kantonalen Bestimmungen insoweit d.h. für die erstandene Haft keine Schadenersatz- oder Genugtuungsleistungen geschuldet, liegt doch in einem solchen Fall gerade keine ungerechtfertigte Haft dar und wird im Übrigen unter den Voraussetzungen von Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB die Haft an die ausgefällte Strafe angerechnet. Weniger eindeutig stellt sich die Lage hingegen dar, wenn die Untersuchungshaft wegen eines Deliktes angeordnet wurde, bezüglich welchem das Verfahren mit einer Einstellung (oder einem Freispruch) endete, eine Verurteilung aber wegen eines anderen oder mehrerer anderer Delikte erfolgt. Hier hängt die Frage, ob ein Entschädigungsanspruch für die erlittene Haft besteht, eng mit der weiteren - wie gesehen kantonalen Frage zusammen, inwieweit die Untersuchungshaft an die wegen eines anderen Deliktes ausgefällte Strafe angerechnet werden darf (vgl. Schmid, in: Donatsch/Schmid, a.a.O., N 25 zu § 43 StPO) bzw. ob ein Schaden oder eine immaterielle Unbill und damit ein Entschädigungsanspruch zu verneinen ist, wenn die Untersuchungshaft auf eine ausgefällte Freiheitsstrafe angerechnet worden ist. e)

Das Kassationsgericht hat bereits in einem Entscheid aus dem Jahre 1996

festgehalten, dass der Anspruch des Angeschuldigten auf Schadenersatz bzw. Genugtuung für ungerechtfertigte Untersuchungshaft nicht durch die Anrechnung auf eine Strafe für andere Delikte, hinsichtlich derer keine Untersuchungshaft angeordnet worden sei, abgegolten werden könne (RB 1996 Nr. 145 = Kass.-Nr. 95/480 S, Entscheid vom 4. November 1996 i.S. I., Erw.. II./3.4). Es folgt damit dem Grundsatz der Tatidentität (im Gegensatz zum Grundsatz der Verfahrensidentität), welcher gemäss wohl nach wie vor herrschender Auffassung auch bei der Frage der Anrechnung der Untersuchungshaft im Sinne von Art. 69
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StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB gilt (vgl. dazu insb. Mettler, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], a.a.O.). In ZR 100 Nr. 59 (= Kass.-Nr. 2001/065 S, Entscheid vom 6. Mai 2001 i.S. N.), auf welchen Entscheid sich der Beschwerdeführer ausdrücklich beruft, hat sich das Kassationsgericht erneut mit dem Grundsatz der Tatidentität bzw. mit der Frage befasst,

ob dem Angeschuldigten im Rahmen von § 43 StPO auch dann ein Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung für ungerechtfertigte Haft zustehe, wenn diese Haft zuvor und zwar in einem rechtskräftigen Entscheid - bereits auf eine (wegen eines anderen Deliktes ausgefällten) Freiheitsstrafe angerechnet worden sei. Es hat dabei festgehalten, dass sich Ansprüche aus §§ 42 ff. StPO auf Schadenersatz bzw. Genugtuung in der Regel auf Geldleistungen beschränkten. Ausdrücklich sehe dies § 43 Abs. 3 StPO für die Genugtuung ("Ausrichtung einer angemessenen Geldsumme") vor. Im schweizerischen Haftpflichtrecht sei grundsätzlich neben Ersatz in Form von Geldleistungen auch Realersatz eine mögliche - wenn auch selten Anwendung findende -Ausgleichsform für materiellen Schaden bzw. immaterielle Unbill. Vor diesem Hintergrund erscheine es nicht von vornherein als unzulässig, auch im Rahmen des kantonalrechtlichen Haftentschädigungsverfahrens wegen ungerechtfertigter bzw. ungesetzlicher Haft von der Zulässigkeit dieser Kompensationsform auszugehen; sachlich überzeuge der Gedanke, wonach ein zu Unrecht bzw. sich nachträglich als ungerechtfertigt erweisender Freiheitsentzug grundsätzlich am angemessensten in der Weise abgegolten werde, dass dem Betroffenen eine entsprechende Haftdauer an einen (anderen) Freiheitsentzug angerechnet und ihm damit gewissermassen die Freiheit zurückgegeben werde. Dies setze aber voraus, dass ein solcher anderweitiger Freiheitsentzug tatsächlich stattfinde. Eine wirksame Anrechnung finde dann nicht statt, wenn die betreffende Freiheitsstrafe wegen Bewilligung des bedingten Vollzuges und Bewährung in der Probezeit - gar nicht vollzogen werde. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern eine wirksame Haftentschädigung darin liegen solle, dass die in Frage stehende Haft an eine Freiheitsstrafe angerechnet werde, die nicht vollstreckt werde. In solchen Fällen bleibe die Anrechnung rein statistischer Natur und habe nicht zur Folge, dass dem Verurteilten die ihm zu Unrecht bzw. ungerechtfertigterweise entzogene Freiheit wieder zurückgegeben werde. Der so gewährte Vorteil sei (während der Dauer der Probezeit) latenter Natur und könne sich nach Ablauf der Probezeit unter Bewährung - definitiv nicht mehr verwirklichen; insoweit erweise sich die Anrechnung an eine Freiheitsstrafe jedenfalls als ungeeignete Ausgleichsform für unschuldig erlittene Haft. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass nach Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB die Anrechnung der Untersuchungshaft auch zu erfolgen habe, wenn die Freiheitsstrafe bedingt ausgesprochen werde. Bei Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB gehe es nicht um Kompensation im Sinne eines Ausgleichs eines ungerechtfertigt erlittenen

Schadens, denn die zur Anrechnung gebrachte Untersuchungshaft sei weder ungerechtfertigt noch ungesetzlich und brauche daher in keiner Form abgegolten zu werden. Demgegenüber verlange § 43 StPO im Fall der ungerechtfertigten oder ungesetzlichen Haft einen effektiven Schadensausgleich, der im Fall der Anrechnung auf eine nicht zu vollziehende Freiheitsstrafe nicht gegeben sei. Zum gleichen Ergebnis führe die Überlegung, wonach ein Zweck der Gewährung des bedingten Strafvollzugs darin liege, dass der Verurteilte, sofern er sich bewähre, seine Strafe nicht zu verbüssen habe und damit die mit der Verbüssung verbundenen materiellen und immateriellen Nachteile nicht erleide. Werde aber ein Angeschuldigter, dessen Verfahren insoweit mit Einstellung oder Freispruch ende, für erlittene Untersuchungshaft nicht oder nur teilweise entschädigt mit der Begründung, er sei wegen einer anderen Straftat, deren Verfolgung nicht kausal für die Anordnung der Untersuchungshaft gewesen sei, mit einer bedingten Freiheitsstrafe belegt worden, an welche die Untersuchungshaft angerechnet worden sei, so erleide er eben diese durch die Gewährung des bedingten Strafvollzugs zu vermeidenden Nachteile. An der bisherigen Rechtsprechung, so das Kassationsgericht, sei jedenfalls insofern festzuhalten, als eine Abgeltung des Schadenersatz- bzw. Genugtuungsanspruchs für zu Unrecht erlittene Haft durch Anrechnung an eine anderweitige Freiheitsstrafe, die nicht vollzogen werde, ausgeschlossen sei. Ob im Falle des Vollzugs der wegen eines anderen Delikts ausgesprochenen Freiheitsstrafe durch die Anrechnung bereits eine volle Entschädigung der materiellen und immateriellen Nachteile erzielte werde, brauche hier nicht entschieden zu werden. Immerhin sei denkbar, dass bestimmte situationsbezogene Nachteile (z.B. entgangener Gewinn) oder eine besonders schwere Verletzung in den persönlichen Verhältnissen durch die Art und Weise der Festnahme durch die blosse Anrechnung nicht abgegolten seien (zit. Entscheid, a.a.O.). f)

Nach dieser Rechtsprechung, von welcher abzuweichen vorliegend kein

Anlass besteht, kann somit eine Anrechnung nur erfolgen, wenn Tatidentität besteht oder im selben Verfahren eine unbedingte Strafe zur Verbüssung ansteht. 5.2 a) Den Akten ist zu entnehmen, dass gegen den Beschwerdeführer

-

wie

auch gegen die (Mit-)Angeklagten L., C. und X. - ursprünglich wegen Verdachts der (qualifizierten) Geldwäscherei ermittelt wurde. Unter diesem Titel wurde der Beschwerdeführer am 27. September 1996 verhaftet (vgl. dazu BG act. HD l/E 1.2/1-2) bzw. wur-

de der Antrag auf Anordnung der Untersuchungshaft gestellt (BG act. HD l/E 1.2/5). In der Folge befand sich der Beschwerdeführer bis am 20. Oktober 1997 in Untersuchungshaft (BG act. HD l/E 1/2.2/113). Da sich trotz intensiven Bemühungen und Nachforschungen seitens der Untersuchungsbehörde nicht nachweisen liess, dass die transportierten Gelder aus Verbrechen stammten, wurde der Vorwurf der Geldwäscherei fallengelassen, was am 3. April 2000 zu entsprechenden Verfahrenseinstellungen führte (für den Beschwerdeführer vgl. BG act. HD l/A 1/2.1). Gestützt auf das Untersuchungsergebnis wurde jedoch gleichentags wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften Anklage erhoben, worauf im Übrigen auch in der Einstellungsverfügung hingewiesen wurde (vgl. BG act. HD l/A 1/2.1 S. 14). Dies führte wie gesehen zu einem entsprechenden Schuldspruch sowohl in erster als auch in zweiter Instanz und zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten Gefängnis (KG act. 7 und OG act. 57). b)

Nachdem dem Beschwerdeführer der bedingte Strafvollzug gewährt wurde

(vgl. KG act. 7 S. 116), steht (im selben Verfahren) keine unbedingte Strafe zur Verbüssung an, auf welche die erlittene Untersuchungshaft im Lichte der obigen Rechtsprechung angerechnet werden könnte. Es kann sich daher nur noch fragen, ob der Grundsatz der Tatidentität es mit Blick auf die geltend gemachte Schadenersatz- und Genugtuungsforderung in diesem Fall erlaubte, die unter dem Titel Geldwäscherei erstandene Untersuchungshaft auf die wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften ausgefällte Strafe anzurechnen. Soweit ersichtlich hatten sich bis anhin weder das Bundesgericht noch die zürcherischen Gerichte mit dieser Frage bzw. der Auslegung des Grundsatzes der Tatidentität zu befassen. c)

Wird der Grundsatz der Tatidentität in einem engen Sinn verstanden, kann

eine Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft an die ausgesprochene Strafe nur erfolgen, wenn das Delikt, hinsichtlich dessen die Untersuchungshaft angeordnet wurde, mit demjenigen Delikt identisch ist, dessen der Betroffene auch schuldig gesprochen wurde. So gesehen kann beispielsweise die wegen Diebstahlverdachts angeordnete Untersuchungshaft an die wegen Veruntreuung ausgesprochene Strafe nicht angerechnet werden und müsste dem Verurteilten eine Entschädigung und/oder Genugtuung ausgerichtet werden, wenn sich im Laufe der Strafuntersuchung herausstellen sollte, dass ihm die fremde bewegliche Sache vom Geschädigten vorgängig anvertraut worden

war. Gleiches müsste etwa auch dann gelten, wenn sich der Verdacht der Vergewaltigung in der Strafuntersuchung nicht erhärten liesse und "nur" zu einem Schuldspruch wegen sexueller Nötigung führen würde oder wenn der wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung Verhaftete letztendlich des Totschlags oder lediglich der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen würde. Ein solch enges Verständnis des Grundsatzes der Tatidentität wird dem Sinn der strafprozessualen Entschädigungsnormen, welche dem zu Unrecht Verdächtigten eine Schadenersatz- und/oder Genugtuungsforderung zugestehen, nicht gerecht und ist abzulehnen. Entscheidend muss vielmehr sein, ob die Untersuchungshaft wegen einer Handlung ausgestanden worden ist, für die der Beschuldigte letztendlich bestraft wird (vgl. dazu auch BGE 77 IV 6 und 85 IV 12). Denn nur wo dies nicht der Fall ist, kann von unschuldig erlittener Haft gesprochen werden und rechtfertigt sich die Pflicht des Staates zur Entschädigung für die rechtmässig angeordnete Untersuchungshaft. Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf den Entscheid des Kassationsgerichts vom 7. Mai 2001 i.S. B. (Kass.-Nr. 2000/091 S) nichts. Zwar wurde dort die Tatidentität zwischen einer Drohung, hinsichtlich derer ein Schuldspruch erfolgte, und dem Vorwurf der Vergewaltigung und mehrfacher Drohungen, hinsichtlich welcher Delikte der Beschwerdeführer freigesprochen wurde, verneint, weil die erstandene Untersuchungshaft in keinerlei kausalem Zusammenhang mit der Drohung gestanden habe, bezüglich welcher der Beschwerdeführer schuldig gesprochen worden sei. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall war dort die Untersuchungshaft aber gerade nicht wegen einer Handlung ausgestanden worden, für die der Beschuldigte letztendlich bestraft wurde: Die Drohung, die zu einem Schuldspruch führte, hatte sich am 23. Februar 1997 ereignet, während die Untersuchungshaft allein wegen des Verdachts der Vergewaltigung und mehrerer Drohungen, welche sich zwischen Ende Januar bis ca. anfangs Februar 1996 abgespielt haben sollten, angeordnet worden war. d)

Ein weites Verständnis des Grundsatzes der Tatidentität führt zudem zur

klaren Abgrenzung zwischen der (bundesrechtlichen) Regelung betreffend Anrechnung der Untersuchungshaft gemäss Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB und den kantonalen Bestimmungen über die Entschädigung wegen unschuldig erlittener Haft: Wurde die Untersuchungshaft wegen einer Handlung ausgestanden, für die der Beschuldigte bestraft wurde, erfolgt die Anrechnung auf die ausgesprochene Strafe nach Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB, ohne dass den Staat

noch eine Entschädigungspflicht (nach kantonalem Recht) für die angeordnete und gerade nicht unschuldig erlittene Untersuchungshaft treffen würde. Wurde die Untersuchungshaft hingegen wegen einer Handlung angeordnet, deretwegen der Beschuldigte nicht schuldig gesprochen wurde, ist eine Anrechnung nach der geltenden Praxis zu Art. 69
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
1    Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden.
2    Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
StGB nicht möglich und stellt sich alsdann die Frage einer Entschädigung nach kantonalem Recht für die diesfalls unschuldig erlittene Untersuchungshaft, wobei das kantonale Recht bestimmt, unter welchen Bedingungen der Entschädigungsanspruch allenfalls auch durch Anrechnung an eine andere Strafe erfüllt werden kann (vgl. oben) . e)

Auch wenn im vorliegenden Fall die Untersuchungshaft wegen des Ver-

dachts auf qualifizierte Geldwäscherei angeordnet, der Beschwerdeführer hingegen der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften schuldig gesprochen wurde, kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass die Untersuchungshaft wegen einer Handlung erstanden wurde,. für welche der Beschwerdeführer letztlich bestraft wurde. Dem ursprünglich erhobenen Vorwurf der Geldwäscherei und dem letztlich zur Anklage gelangten Vorwurf der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften liegt nämlich ein und derselbe Lebenssachverhalt zu Grunde, welcher darin besteht, dass der Beschwerdeführer unter Verletzung strafrechtlicher Normen Gelder in die Schweiz transportiert hat bzw. hat transportieren lassen. Darauf hat bereits das Obergericht zu Recht hingewiesen und den Grundsatz der Identität der Tat richtigerweise als gewahrt betrachtet. Dass sich die Tatbestände der Geldwäscherei und der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften voneinander unterscheiden, liegt in der Natur der Sache begründet und ändert an der engen Verflechtung, die sich namentlich in der (gemeinsamen) Entstehungsgeschichte (Trechsel, a.a.O., N 1 zu Art. 305ter
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305ter - 1 Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
1    Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
2    Die von Absatz 1 erfassten Personen sind berechtigt, der Meldestelle für Geldwäscherei im Bundesamt für Polizei Wahrnehmungen zu melden, die darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziffer 1bis herrühren.414
StGB), der systematischen Stellung innerhalb des StGB (Trechsel, a.a.O., N 6 zu Art. 305bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305bis - 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.404
1    Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.404
2    In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.408
a  als Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation (Art. 260ter) handelt;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der Geldwäscherei zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
StGB und N 1 zu Art. 30Ster StGB) und nicht zuletzt beim geschützten Rechtsgut (vgl. Botschaft 1989, 1071 f., 1081 und TrechseI, a.a.O., N 1 zu Art. 305ter
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StGB Art. 305ter - 1 Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
1    Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
2    Die von Absatz 1 erfassten Personen sind berechtigt, der Meldestelle für Geldwäscherei im Bundesamt für Polizei Wahrnehmungen zu melden, die darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziffer 1bis herrühren.414
StGB) sowie der Frage der Konkurrenz zeigt (Trechsel, a.a.O., N 2S zu Art. 305ter
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StGB Art. 305ter - 1 Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
1    Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.413
2    Die von Absatz 1 erfassten Personen sind berechtigt, der Meldestelle für Geldwäscherei im Bundesamt für Polizei Wahrnehmungen zu melden, die darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziffer 1bis herrühren.414
StGB), nichts. Im vorliegenden Fall erlaubte es der Grundsatz der Tatidentität mit Blick auf die geltend gemachte Schadenersatz- und Genugtuungsforderung, die unter dem Titel Geldwäscherei erstandene Untersuchungshaft auf die wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften ausgefällte Strafe anzurechnen bzw. die erstandene Untersuchungshaft von insgesamt 389 Tagen nur insoweit als unschuldig er-

litten und damit schadenersatz- sowie genugtuungsbegründend anzusehen, als diese die ausgefällte Gefängnisstrafe von neun Monaten überschritt. Das Obergericht hat demnach keine materiellen Gesetzesvorschriften verletzt, wenn es die Genugtuung auf der Grundlage von 119 Tagen unschuldig erlittener Haft zusprach. 6.

Weitere Rügen werden keine erhoben. Insbesondere wird nicht geltend

gemacht, die - auf der Basis von einer Überhaft von 119 Tagen - bemessene Entschädigung von Fr. 16'000.-- und die Genugtuung von Fr. 10'000.- seien (im Quantitativen) offensichtlich unangemessen (zur diesfalls beschränkten Kognition des Kassationsgerichts vgl. statt vieler Kass.-Nr. 99/044 S, Entscheid vom 6. Dezember 1999 i.S. F., Erw. 11./3.). Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keinen Nichtigkeitsgrund aufzuzeigen vermochte. Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2002/198-S
Date : 16. Juni 2003
Published : 16. Juni 2003
Source : ZH-Obergericht
Status : 2002/198-S
Subject area : Kassationsgericht des Kantons Zürich
Subject : Anrechung von Untersuchungshaft bei Überhaft, Entschädigung und Genugtuung StGB 69, StPO/ZH 43 Pflicht zur Leistung von


Legislation register
StGB: 1  69  110  305bis  305ter
BGE-register
77-IV-6 • 85-IV-11
Weitere Urteile ab 2000
1P.713/2000
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