A 5.5 vollzuges nicht gegeben sind und sich daher die Untersuchungshaft derzeit nicht nur gestützt auf § 26a StPO als unzulässig erweist.

Unter diesen Umständen und nachdem sich der amtliche Verteidiger telefonisch mit dem Ersatz durch Strafvollzug und der Abzitierung der mündlichen Anhörung einverstanden erklärt hat, ist die angefochtene Haftverfügung vom 8. März 2005 ohne Verhandlung aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, den Beschwerdeführer unverzüglich dem Strafvollzug im Kanton St. Gallen zuzuführen. Mit der Zuführung gilt der Haftbefehl für die Zeit des Vollzugs als ausgesetzt. Im Anschluss an die Entlassung (d.h. nach drei Monaten, Art. 38 Ziff. 1 StGB) sowie für den Fall, dass entgegen der Aktenlage aus neuen Gründen eine unmittelbare Überführung in den Vollzug nicht möglich sein sollte, hat die Untersuchungsrichterin unverzüglich mit beschwerdefähiger Verfügung neu über die Untersuchungshaft zu entscheiden (...).

(Verfügung vom 16. April 2004, GP 2004 28).

5.5

Verfahrenseinstellung

- Bezirksgerichtliche Verfahrenseinstellungen ergehen in Beschlussform und sind durch Beschwerde anfechtbar (Erw. 1).

- Unzulässigkeit von Verfahrenseinstellungen aus beweisrechtlichen Gründen (Erw. 2 - 3).

Aus den Erwägungen: 1. Die Staatsanwaltschaft geht zu Recht davon aus, dass die Einstellung des Strafverfahrens nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss hätte erfolgen müssen. Ein Urteil ist nach § 130 Abs. 1 GO nur dann zu fällen, wenn in der Sache selbst entschieden wird, d.h. im Sinne von § 95 Abs. 2 StPO eine Verurteilung oder ein Schuldspruch erfolgt. Da im vorliegenden Fall keine rechtliche Würdigung der dem Beschwerdegegner zur Last gelegten Tatbestände erfolgte, hat der Entscheid einer Kollegialbehörde über die Einstellung des Verfahrens gemäss § 130 Abs. 2 GO in Form des Beschlusses zu ergehen (vgl. auch Schmid, Strafprozessrecht, 4. A., Zürich 2004, N 580). Die Eingabe der Staatsanwaltschaft Schwyz vom 25. Juli 2005 ist somit entgegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil (Nichtigkeitsbeschwerde) im Sinne der Parteianträge als Beschwerde nach § 140 Abs. 1 lit. b StPO entgegenzunehmen. Die nur gegen Urteile wegen Verbrechen und Vergehen zulässige Berufung (§ 143 StPO) ist nicht gegeben. Dieser Auslegungsschluss entspricht auch den Grundsätzen der Verfahrensöko63

A 5.5 nomie und der Rechtsmittelkongruenz, indem eine Berufungsverhandlung über formelle Fragen wenig Sinn machen würde und schon gegen Einstellungen in früheren Verfahrensstadien jeweils die Beschwerde gegeben ist (vgl. §§ 70 Abs. 1 und 78 Abs. 3 StPO).

2. Das Gericht hat den Angeklagten grundsätzlich frei zu sprechen oder zu verurteilen (§ 95 Abs. 2 StPO). Nur ausnahmsweise, wenn sich die Beurteilung aus prozessrechtlichen Gründen als unzulässig erweist, ist das Verfahren gemäss § 95 Abs. 3 StPO einzustellen (...).

3. Die Vorinstanz stützt die angefochtene Einstellung auf eine ungenügende Sammlung der Beweise und Verfahrensverletzungen im Untersuchungsverfahren ab. Dies sind jedoch keine prozessrechtlichen Gründe im Sinne von § 95 Abs. 3 StPO.

a) Ob genügend Beweise für eine Verurteilung gesammelt wurden, ist eine materiellrechtliche und keine prozessrechtliche Frage, da ein Angeklagter im Falle mangelnder Beweise freizusprechen ist. Abgesehen davon verunmöglicht eine unvollständige Beweissammlung im Untersuchungsverfahren eine richterliche Urteilsfindung in der Sache nicht. Das Gericht ist auch nach der Anklageerhebung nicht an die Beweiserhebungen durch die Untersuchungsbehörde gebunden, sondern im Rahmen des Akkusationsprinzips selbst zu Beweisermittlungen verpflichtet (EGVSZ 1990 Nr. 50 Erw. a; Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 50 N 6a und § 53 N 4; vgl. zu den entsprechenden gesetzlichen Möglichkeiten unten lit. c), wenn es findet, dass die Beweiserhebung im Untersuchungsverfahren zu wenig gründlich erfolgte. Ein Verfahren in einem solchen Fall definitiv einzustellen, verstösst gegen die Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 2 StPO) und der Strafverfolgung von Amtes wegen (§ 3 StPO).

b) Zum Schutz des Einzelnen muss die Klärung des Sachverhalts bzw.

die Beweisermittlung justizförmig und fair erfolgen (Hauser/Schweri/Hartmann, a.a.O., § 53 N 3, § 56 N 1 ff. und § 60 N 1). Die Vorinstanz beanstandet, dass der Untersuchungsrichter es daran hat fehlen lassen. Werden durch Amtshandlungen und Entscheide der Untersuchungsbehörden Verfahrensgrundsätze verletzt, kann sich der Betroffene dagegen beschweren (§§ 140 ff. StPO). Das hat der Angeschuldigte vorliegend nicht gemacht. Dem Strafrichter dagegen stellt sich nur bei der
materiellen Beurteilung des Straffalles die Frage, ob nicht rechtskonform erhobene Beweise verwertet werden dürfen oder nicht.

Dürfen sie es nicht und können sie nicht mehr rechtmässig erhoben 64

A 5.6 werden, hat ein Freispruch zu erfolgen, wenn die verbleibenden Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichen. Deshalb bieten die von der Vorinstanz beanstandeten Verfahrensfehler keinen Grund, die Weiterführung des Verfahrens und eine Beurteilung in der Sache prozessrechtlich als unzulässig zu erachten.

c) Wird das Untersuchungsverfahren vom Gericht beanstandet, kann der Gerichtspräsident die Anklage im erstinstanzlichen Verfahren während der Vorbereitung zur Hauptverhandlung gemäss § 79 Abs. 1 StPO zur Vervollständigung der Untersuchung an die Anklagebehörde zurückzuweisen. Die dabei beanstandeten Mängel sind kurz zu bezeichnen (§ 79 Abs. 2 StPO). Ferner hat der Gerichtspräsident laut § 81 StPO die Möglichkeit, von sich aus Zeugen oder Sachverständige vorzuladen und andere Beweisabnahmen zu treffen. Kommt das Gericht hingegen erst nach Eröffnung der Hauptverhandlung zum Schluss, dass die bisherige Untersuchung mangelhaft ist, kann es den Untersuchungsrichter gemäss § 93 Abs. 4 StPO mit der Ergänzung der Untersuchung beauftragen. Das Gericht kann bis zur Eröffnung des Urteils von Amtes wegen neue Beweismassnahmen anordnen (§ 90 Abs. 3 StPO; EGV-SZ 1978 S. 54 ff.).

Da die Vorinstanz die Möglichkeiten zur Vervollständigung der ihrer Ansicht nach unvollständig und unfair geführten Untersuchung nicht genutzt hat (vgl. auch nachstehend E. 4), ist der angefochtene Einstellungsentscheid, der sich wie gesagt (lit. a und b) nicht auf prozessrechtliche Gründe abzustützen vermag, aufzuheben.

4. (...).

5. Wie dargetan kann die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gutgeheissen werden, ohne auf die Frage einzugehen, ob das Bezirksgericht zu Recht die Fairness und Vollständigkeit der Untersuchung beanstandet hat oder nicht (...).

(Beschluss vom 29. September 2005, RK2 2005 91).

5.6

Anklagerückzug zur Verfahrensabtretung

- Zulässigkeit eines Anklagerückzugs ohne Sperrwirkung zwecks Verfahrensabtretung an einen andern Kanton; Erledigungsformen und Kosten (Erw. 2 - 3).

65

Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2005-A-5.5
Date : 29. September 2005
Published : 29. September 2005
Source : SZ-GVP
Status : 2005-A-5.5
Subject area : Strafprozessrecht
Subject : Verfahrenseinstellung - Bezirksgerichtliche Verfahrenseinstellungen ergehen in Beschlussform und sind durch Beschwerde anfechtbar...


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