EMARK - JICRA - GICRA 2000 / 13

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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 3. April 2000 i.S. L. E., Türkei

Art. 14a Abs. 4 ANAG: Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.
Situation in den südöstlichen Provinzen der Türkei; teilweise Neubeurteilung und Überblick (vgl. EMARK 1999 Nr. 9, S. 57 ff.; 1998 Nr. 2, S. 16 ff.; 1997 Nr. 2, S. 13; 1996 Nr. 2, S. 14).
Art. 14a al. 4 LSEE : exigibilité de l'exécution du renvoi.
Analyse de la situation dans les provinces du sud-est de la Turquie ; réévaluation partielle et synthèse (cf. JICRA 1999 n° 9_p. 57ss, 1998 n° 2_p. 16 ss, 1997 n° 2_p. 13 et 1996 n° 2_p. 14).
Art. 14a cpv. 4 LDDS: esigibilità dell'esecuzione dell'allontanamento.
Analisi della situazione nelle province del sud-est della Turchia; parziale nuovo apprezzamento e sintesi (cfr. GICRA 1999 n. 9, pag. 57 e segg.; 1998 n. 2, pag. 16 e segg.; 1997 n. 2, pag. 13; 1996 n. 2, pag. 14).
Aus den Erwägungen:

5. d) Aus humanitären Gründen, nicht in Erfüllung völkerrechtlicher Pflichten der Schweiz, wird auf den Vollzug der Wegweisung auch verzichtet, wenn die Rückkehr in den Heimatstaat für den Betroffenen angesichts der dort herrschenden allgemeinen politischen Lage, die sich durch Krieg, Bürgerkrieg oder durch eine Situation allgemeiner Gewalt kennzeichnet, eine konkrete Gefährdung darstellt.
aa) Die Entwicklung der Sicherheitslage in den östlichen Provinzen der Türkei wird von der ARK systematisch überwacht. Sie aktualisiert ihre Analysen über diesen Landesteil in regelmässigen Abständen (vgl. die publizierte Darstellung der Ergebnisse der letzten umfassenden Lagebeurteilungen in: EMARK 1999 Nr. 9, S. 57 f.; 1998 Nr. 2, S. 16 ff.; 1997 Nr. 2, S. 14 ff.).

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Die Einschätzung der Sicherheitslage basiert auf einer ausführlichen Auswertung sämtlicher der ARK zur Verfügung stehenden Meldungen und Berichte, welche diese Region der Türkei betreffen; als Quellen dienen dabei einerseits die einschlägigen in- und ausländischen Presseberichte und andererseits Analysen verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, namentlich Berichte in- und ausländischer Asylbehörden und Meldungen von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen. Bei der Beurteilung der Sicherheitslage der einzelnen Ostprovinzen stützt sich die ARK schwergewichtig auf die umfangreichen wöchentlichen Bulletins der türkischen Menschenrechtsstiftung "Türkiye Insan Haklari Vakfi" (TIHV) und auf Berichte der englischsprachigen "Turkish Daily News" ab; beide Institutionen fassen ihrerseits regelmässig sicherheitsrelevante türkische Pressemeldungen zusammen.
bb) Zu Beginn des Jahres 1999 hat die ARK letztmals eine umfassende Beurteilung der Sicherheitslage der türkischen Ostprovinzen vorgenommen und die Ergebnisse ihrer Analyse in einem Urteil vom 23. Februar 1999 (publiziert unter EMARK 1999 Nr. 9) festgehalten. Aufgrund der seither eingegangenen Berichte und Meldungen beurteilt die ARK die Situation in den kontinuierlich beobachteten Provinzen im Osten der Türkei in der neuesten Lageanalyse vom Frühjahr 2000 wie folgt:
Der Vollzug von Wegweisungen in die (noch) fünf unter Ausnahmezustand stehenden Provinzen Diyarbakir, Hakkari, Sirnak, Tunceli und Van wird weiterhin als unzumutbar erachtet.
Der Vollzug der Wegweisung in die fünf schon bisher als solche betrachteten so genannten "Quasi-Ausnahmezustandsprovinzen" Batman, Bingöl, Bitlis, Mardin und Mus wird ebenfalls weiterhin als unzumutbar qualifiziert; zu dieser Kategorie kommt neu die in der früher publizierten Praxis noch unter den Ausnahmezustandsgebieten geführte Provinz Siirt.
cc) Der Beschwerdeführer stammt aus Sanli Urfa. Diese Provinz war bei der letzten Lagebeurteilung - trotz zu diesem Zeitpunkt bereits feststellbarer Abnahme der Häufigkeit gewaltsamer Zwischenfälle - noch als "Quasi-Ausnahmezustandsprovinz" zu qualifizieren (vgl. EMARK 1999 Nr. 9, S. 58). Im Verlauf des Jahres 1999, namentlich in der zweiten Jahreshälfte, war in der Provinz Sanli Urfa jedoch eine weitere Abnahme sicherheitsrelevanter Ereignisse und damit eine zusätzliche Beruhigung der Lage zu registrieren; die Häufigkeit gewaltsamer Zwischenfälle lag im Berichtszeitraum ungefähr zwischen derjenigen der Nachbarprovinz Gaziantep und der nahe gelegenen Provinz

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Adana, welche bereits vor längerer Zeit aus dem Kreis des "Quasi-Ausnahmezustandsgebiets" auszuschliessen waren (vgl. EMARK 1998 Nr. 2, S. 17 f., und 1999 Nr. 9, S. 57 f.). Unter diesen Umständen kann der Vollzug von Wegweisungen in die Provinz Sanli Urfa im heutigen Zeitpunkt nicht mehr als generell unzumutbar bezeichnet werden.
dd) Nach dem Gesagten erweist sich die Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz grundsätzlich als zumutbar. Da sich aus den Akten keinerlei Hinweise auf individuelle andere Gefährdungsindizien ergeben, ist der Vollzug der Wegweisung des Rekurrenten insgesamt als zumutbar zu qualifizieren. Unter diesen Umständen kann die Frage heute offen bleiben, ob die Vorinstanz zu Recht von der Existenz einer zumutbaren innerstaatlichen Ausweichmöglichkeit innerhalb seines Heimatlandes ausgegangen ist.

© 27.06.02


Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 2000-13-99-101
Date : 03 avril 2000
Publié : 03 avril 2000
Source : Autorités antérieures de la LPP jusqu'en 2006
Statut : Publié comme 2000-13-99-101
Domaine : Turkey
Objet : Art. 14a Abs. 4 ANAG: Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.


Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
analyse • région • décision • durée • question • organisation non gouvernementale • cercle • à l'intérieur • pays d'origine • autorité inférieure • catégorie • début
JICRA
1998/2 S.17 • 1999/9 • 1999/9 S.57 • 1999/9 S.58