Auszug aus dem Urteil der Abteilung VI
i.S. A. gegen Staatssekretariat für Migration
F-4073/2020 vom 6. Mai 2022
Familiennachzug und Einschluss in die vorläufige Aufnahme bei fehlenden Ausweispapieren der nachzuziehenden Person.
Art. 5 Abs. 1 Bst. a

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 5 Einreisevoraussetzungen - 1 Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einreisen wollen: |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |
1. Der Familiennachzug und der Einschluss in die vorläufige Aufnahme gemäss Art. 85 Abs. 7

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 5 Einreisevoraussetzungen - 1 Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einreisen wollen: |
2. Steht der Familiennachzug zu einer vorläufig aufgenommenen Person mit Flüchtlingsstatus zur Debatte, ist diesem Umstand bei der Frage nach der Zumutbarkeit der Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung Rechnung zu tragen (E. 10).
3. Unmöglichkeit, die Einhaltung der dargestellten Grundsätze im vorliegenden Fall zu überprüfen. Unklare rechtliche Natur des von der Vorinstanz eingeforderten Dokuments und unklare Rechtsfolge von dessen Beibringung (E. 11).
Regroupement familial et inclusion dans l'admission provisoire en l'absence de pièces de légitimation de la personne en faveur de laquelle le regroupement familial est sollicité.
Art. 5 al. 1 let. a, art. 85 al. 7 LEI.
1. Le regroupement familial et l'inclusion dans l'admission provisoire au sens de l'art. 85 al. 7 LEI impliquent en principe que l'identité de la personne en faveur de laquelle le regroupement familial est sollicité soit établie. En application de l'art. 5 al. 1 let. a LEI, le regroupement familial ne peut être refusé au seul motif de l'absence de pièces de légitimation que s'il existe des doutes sérieux, impossibles lever autrement, quant l'identité de la personne et que cette dernière ne s'est pas montrée raisonnablement coopérative pour établir dans la mesure du possible son identité réelle (consid. 9.5-9.6).
2. S'il s'agit du regroupement familial avec une personne admise titre provisoire au bénéfice du statut de réfugié, il convient alors de tenir compte de cette circonstance pour évaluer l'exigibilité de la coopération dans l'établissement de l'identité (consid. 10).
3. Impossibilité dans le cas d'espèce de vérifier le respect des principes évoqués. Incertitude quant la nature juridique du document exigé par l'autorité inférieure et la conséquence juridique de la production dudit document (consid. 11).
Ricongiungimento familiare e inclusione nell'ammissione provvisoria se la persona da ricongiungere è priva di documenti d'identit .
Art. 5 cpv. 1 lett. a, art. 85 cpv. 7 LStrI.
1. Il ricongiungimento familiare e l'inclusione nell'ammissione provvisoria giusta l'art. 85 cpv. 7 LStrI presuppongono di principio che la persona da ricongiungere possa essere identificata. In virtù dell'art. 5 cpv. 1 lett. a LStrI, il rifiuto del ricongiungimento familiare basato esclusivamente sulla mancanza di documenti d'identit della persona da ricongiungere può essere pronunciato se sussistono seri dubbi non altrimenti risolvibili sull'identit della persona interessata e se quest'ultima non ha fornito la collaborazione ragionevolmente esigibile per l'accertamento concreto della sua identit (consid. 9.5-9.6).
2. Se si tratta del ricongiungimento familiare con una persona ammessa provvisoriamente con statuto di rifugiato, tale circostanza deve essere considerata nel valutare l'esigibilit della collaborazione all'accertamento dell'identit (consid. 10).
3. Impossibilit , nel caso specifico, di verificare il rispetto dei principi illustrati. Incertezza quanto alla natura giuridica del documento richiesto dall'autorit inferiore e alla conseguenza giuridica della produzione di tale documento (consid. 11).
Der Beschwerdeführer (geb. 1970) ersuchte in der Schweiz am 12. Oktober 2011 um Asyl. Er gab an, er sei ethnischer Tibeter und in China geboren. Seit dem Jahr 1999 sei er mit B. (geb. 1967) nach Brauch verheiratet. Die gemeinsamen Töchter C. und D. seien 2000 beziehungsweise 2001 geboren worden. Am 17. Februar 2014 stellte die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft erfülle. Gleichzeitig lehnte sie das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz an. Wegen Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs wurde der Beschwerdeführer vorläufig aufgenommen.
Am 18. Januar 2018 reichte der Beschwerdeführer beim kantonalen Migrationsamt ein Gesuch um Familiennachzug und Einbezug in die vorläufige Aufnahme zugunsten seiner Ehefrau und seiner Kinder, welche sich in Indien aufhielten, ein. Das Migrationsamt leitete das Gesuch an die Vorinstanz weiter und führte in der Stellungnahme aus, die Voraussetzungen für eine Gutheissung seien infolge drohender Sozialhilfeabhängigkeit nicht erfüllt.
Am 5. Oktober 2018 reichte der Beschwerdeführer der Vorinstanz das Ergebnis einer Abstammungsbegutachtung mittels DNA-Analyse ein. Aus dieser geht hervor, dass er der Vater und B. die Mutter von C. und D. ist.
Nach Abklärungen zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers reichte das kommunale Sozialamt der Vorinstanz am 13. Februar 2019 eine Sozialhilfeberechnung ein, aus welcher ein leichter Einnahmenüberschuss hervorgeht.
Aufgrund fehlender Identitäts- und Reisedokumente seiner Angehörigen forderte die Vorinstanz den Beschwerdeführer am 5. März 2019 auf, eine vom Bureau of His Holiness the Dalai Lama in Neu Delhi über die Person von B. ausgestellte Bestätigung (" bona fide letter ") einzureichen. Der Beschwerdeführer gab am 10. April 2019 an, ihm sei eine solche Bestätigung verweigert worden.
Mit Verfügung vom 14. Juli 2020 wies die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers um Familiennachzug und Einschluss in die vorläufige Aufnahme zugunsten seiner Ehefrau und seiner Kinder ab.
Am 13. August 2020 erhob der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragte sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gutheissung seines Gesuchs um Familiennachzug und Einbezug in die vorläufige Aufnahme zugunsten seiner Ehefrau und seiner Kinder.
Aus den Erwägungen:
9.5 Im Zusammenhang mit der Ausstellung von Reisedokumenten an Schriftenlose hält das Bundesverwaltungsgericht im Weiteren in ständiger Rechtsprechung fest, dass die Frage, ob die Beschaffung von Reisedokumenten bei den Heimatbehörden von den betreffenden Personen verlangt werden kann, also die Zumutbarkeit gemäss Art. 10 Abs. 1 Bst. a

SR 143.5 Verordnung vom 14. November 2012 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV) RDV Art. 10 Schriftenlosigkeit - 1 Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
|
1 | Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
a | von der nicht verlangt werden kann, dass sie sich bei den zuständigen Behörden ihres Heimat- oder Herkunftsstaates um die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisedokuments bemüht; oder |
b | für welche die Beschaffung von Reisedokumenten unmöglich ist. |
2 | Verzögerungen, die bei der Ausstellung eines Reisedokuments bei den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates entstehen, begründen die Schriftenlosigkeit nicht. |
3 | Die Kontaktnahme mit den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates kann namentlich von schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen nicht verlangt werden. |
4 | Die Schriftenlosigkeit wird im Rahmen der Gesuchsprüfung durch das SEM festgestellt. |

SR 143.5 Verordnung vom 14. November 2012 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV) RDV Art. 10 Schriftenlosigkeit - 1 Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
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1 | Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
a | von der nicht verlangt werden kann, dass sie sich bei den zuständigen Behörden ihres Heimat- oder Herkunftsstaates um die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisedokuments bemüht; oder |
b | für welche die Beschaffung von Reisedokumenten unmöglich ist. |
2 | Verzögerungen, die bei der Ausstellung eines Reisedokuments bei den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates entstehen, begründen die Schriftenlosigkeit nicht. |
3 | Die Kontaktnahme mit den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates kann namentlich von schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen nicht verlangt werden. |
4 | Die Schriftenlosigkeit wird im Rahmen der Gesuchsprüfung durch das SEM festgestellt. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 83 Anordnung der vorläufigen Aufnahme - 1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so verfügt das SEM die vorläufige Aufnahme.258 |

SR 143.5 Verordnung vom 14. November 2012 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (RDV) RDV Art. 10 Schriftenlosigkeit - 1 Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
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1 | Als schriftenlos im Sinne dieser Verordnung gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt, und: |
a | von der nicht verlangt werden kann, dass sie sich bei den zuständigen Behörden ihres Heimat- oder Herkunftsstaates um die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisedokuments bemüht; oder |
b | für welche die Beschaffung von Reisedokumenten unmöglich ist. |
2 | Verzögerungen, die bei der Ausstellung eines Reisedokuments bei den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates entstehen, begründen die Schriftenlosigkeit nicht. |
3 | Die Kontaktnahme mit den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates kann namentlich von schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen nicht verlangt werden. |
4 | Die Schriftenlosigkeit wird im Rahmen der Gesuchsprüfung durch das SEM festgestellt. |
9.6 Schliesslich ist auf die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätze hinzuweisen, welchen auch das Familiennachzugsverfahren gemäss Art. 85 Abs. 7

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel: |
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a | Urkunden; |
b | Auskünfte der Parteien; |
c | Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen; |
d | Augenschein; |
e | Gutachten von Sachverständigen. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 13 - 1 Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken: |
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1 | Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken: |
a | in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten; |
b | in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen; |
c | soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt. |
1bis | Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35 |
2 | Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 90 Mitwirkungspflicht - Die Ausländerinnen und Ausländer sowie an Verfahren nach diesem Gesetz beteiligte Dritte sind verpflichtet, an der Feststellung des für die Anwendung dieses Gesetzes massgebenden Sachverhalts mitzuwirken. Sie müssen insbesondere: |
beschaffen, sowie gültige und anerkannte Ausweispapiere vorlegen oder bei deren Beschaffung durch die Behörden mitwirken. Den Parteien können jedoch nur insoweit Mitwirkungspflichten auferlegt werden, als deren Erfüllung zumutbar ist. Was als zumutbar anzusehen ist, bestimmt sich dabei nach den konkreten Umständen (vgl. Krauskopf/Emmenegger/Babey, in: Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, Art. 13 N. 46 ff., S. 304 f. m.w.H.).
10.
Nach dem Ausgeführten ist im Sinne einer Gesamtwürdigung Folgendes festzuhalten: Die bisherige - zum Teil implizit angewendete - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach allein das Fehlen gültiger Ausweispapiere der Nachzuziehenden kein Grund für die Verweigerung eines Familiennachzugs gestützt auf Art. 85 Abs. 7

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 85 Ausgestaltung der vorläufigen Aufnahme - 1 Der Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen (Art. 41 Abs. 2) wird vom Aufenthaltskanton zur Kontrolle für höchstens zwölf Monate ausgestellt und unter Vorbehalt von Artikel 84 verlängert. |

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 5 Einreisevoraussetzungen - 1 Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einreisen wollen: |
diesem Umstand (u.a.) bei der Frage nach der Zumutbarkeit der Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung Rechnung zu tragen.
11.
11.1 Die Familienverhältnisse präsentieren sich vorliegend folgendermassen: Gemäss einer vom Institut für Rechtsmedizin des Kantonsspitals Aarau vorgenommenen Abstammungsbegutachtung mittels DNA-Analyse ist der Beschwerdeführer der biologische Vater und B. die biologische Mutter von C. und D. Belege für eine rechtsgültig geschlossene Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und B. und für eine rechtliche Elternschaft liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer brachte im vorinstanzlichen Verfahren vor, die Ehe in Tibet traditionell geschlossen und keine behördliche Registrierung veranlasst zu haben ([...]).
11.2 Nachdem das Staatssekretariat für Migration (SEM) im Oktober 2018 Kenntnis von der biologischen Verwandtschaft im oben erwähnten Sinn erhalten hatte, forderte es am 5. März 2019 vom Beschwerdeführer eine über die Person von B. ausgestellte Bestätigung des Bureau of His Holiness the Dalai Lama in Neu-Delhi ein ([...]). Mit Eingabe vom 10. April 2019 machte der Beschwerdeführer geltend, eine entsprechende Bestätigung sei ihm dort verweigert worden ([...]). Die Vorinstanz erkundigte sich daraufhin mit E-Mail vom 9. Mai 2019 bei der schweizerischen Botschaft in Neu-Delhi nach dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage. Mit E-Mail vom gleichen Tag antwortete diese, dass das Büro des Dalai Lama weiterhin solche Bestätigungen ausstelle ([...]). Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsinstruktion hielt das SEM gegenüber dem Beschwerdeführer an dieser Auffassung fest. Sodann führte es in einem Schreiben vom 5. Juni 2020 aus, gemäss aktuellem Kenntnisstand sei davon auszugehen, dass Personen tibetischer Herkunft, welche sich in Indien befinden würden, über ein " Registration Certificate " (nachfolgend: RC), ein " Identity Certificate " (nachfolgend: IC) sowie ein " Green Book " verfügen würden. Der Beschwerdeführer werde deshalb
aufgefordert, die Kopien der Identitätsdokumente bis zum 3. Juli 2020 einzureichen ([...]). Am 19. Juni 2020 reichte der Beschwerdeführer ein E-Mail vom 15. Juni 2020 zu den Akten, in welchem ein " Protocol Officer " des Bureau of His Holiness the Dalai Lama ausführte, sie hätten Instruktionen, keine " bona fide letter " mehr auszustellen (" We have strict instruction from Kashag to not issue any support letter or bonafide letter for Swiss family reunion purposes. " [...]).
11.3 In der angefochtenen Verfügung führte das SEM schliesslich aus, gemäss Art. 7

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 7 Ausnahmen von der Reisedokumentenpflicht - Das SEM kann in begründeten Fällen Ausnahmen von der Reisedokumentenpflicht bewilligen, insbesondere aus humanitären Gründen oder zur Wahrung nationaler Interessen. |
11.4 Der Beschwerdeführer machte in der Beschwerde geltend, er sei mit der Einschätzung des SEM nicht einverstanden, dass er und seine Familienmitglieder ihrer Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen seien. Die Vorinstanz stelle sich auf den Standpunkt, dass laut einer eigenen Abklärung vom 9. Mai 2019 davon ausgegangen werden dürfe, dass es nicht zutreffe, dass das Tibet Bureau keine " bona fide letter " ausstelle. Dies könne er mit einem beigelegten E-Mail vom 15. Juni 2020 widerlegen. Sollte das SEM auf seinem Standpunkt beharren, bitte er um Einsichtnahme in die genannten Abklärungen. Auch die pauschale Aussage, dass Tibeter in Indien ohne Probleme zu indischen Identitätspapieren gelangen könnten, treffe so nicht zu. Seine Angehörigen würden kein RC erhalten, weil sie keine Papiere, wie namentlich eine Geburtsurkunde, vorlegen könnten. Das RC wiederum sei Voraussetzung, um ein IC zu erhalten. Aufgrund ihrer illegalen Einreise nach Indien und der Angst, deshalb zurück nach Nepal und von dort nach China gebracht zu werden, schreckten seine Frau und die beiden Töchter davor zurück, ein RC zu beantragen ([...]).
11.5 Die Vorinstanz führte in ihrer Vernehmlassung vom 2. November 2020 aus, sie habe sich bei ihrer Aussage, dass das Bureau of His Holiness the Dalai Lama im Rahmen eines Familiennachzugs in die Schweiz weiterhin Bestätigungen für Tibeter ausstelle, auf eine Aussage der Schweizer Botschaft vom 9. Mai 2019 gestützt. Diese habe zum damaligen Zeitpunkt explizit bestätigt, dass der Erhalt eines " bona fide letter " auch weiterhin möglich sei. Laut Aussagen der Schweizer Botschaft in Neu-Delhi sei der " bona fide letter " nicht zu verwechseln mit dem sogenannten " recommendation letter ", der vom Bureau of His Holiness the Dalai Lama weiterhin ausgestellt werde. Tibeter, die über Nepal nach Indien flöhen, würden durch diesen " recommendation letter " nachweisen, dass sie tatsächlich Tibeter und nicht etwa Nepalesen oder Nordostinder seien. Damit würden sie auf der indischen Botschaft in Katmandu ein sogenanntes " Special Entry Permit " erhalten. Diese würden in der Regel vom Tibetan Refugee Reception Centre in Dharamsala eingezogen. In Indien angekommen, ermögliche es die Bezahlung des sogenannten " Chatrel " Tibetern, ein " Grünes Buch " zu erhalten. Dieses Dokument sei der einzige Ausweis, den die " Central Tibetan
Administration " (nachfolgend: CTA) zur Verfügung stelle, und werde derzeit für den Schulbesuch, das Schul- oder Universitätsstipendium und die Beschäftigung in der Exilgemeinde verwendet. Jeder Tibeter, der älter als sechs Jahre sei, dürfe ein " Grünes Buch " besitzen. Seit Februar 2011 verteile die Polizei auch " RC " an tibetische Neuankömmlinge in Indien. Verfügten Tibeter in Indien noch über kein RC, könnten sie bei der CTA ein Empfehlungsschreiben erlangen und damit bei den indischen Behörden ein RC ausstellen lassen. Sollten sie von der CTA kein Empfehlungsschreiben erhalten, könnten sie sich dennoch für ein RC an die indischen Behörden wenden und ihre Situation zumindest erklären. Die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers würden sich seit mehreren Jahren in Indien befinden. Das SEM könne aufgrund obgenannter Ausführungen und den Auskünften der Schweizer Botschaft in Indien schliessen, dass es extrem unwahrscheinlich sei, dass sie über keines der genannten Dokumente verfügten, zumal man offenbar bei Polizeikontrollen oft danach gefragt werde oder solche auch benötige, um eine Wohnung oder ein Haus zu mieten. Hingegen komme es regelmässig vor, dass die nachzuziehenden Personen die Eingabe
dieser Dokumente verweigerten, weil sich daraus möglicherweise ableiten liesse, dass der vorläufig aufgenommene Flüchtling in der Schweiz aus Indien oder Nepal und damit aus einem sicheren Drittstaat und nicht aus Tibet in die Schweiz eingereist sei. Es müsse deshalb angenommen werden, dass diese Dokumente zwar vorlägen, vom Beschwerdeführer aber bewusst zurückbehalten würden, um den eigenen Aufenthaltsstatus in der Schweiz nicht zu gefährden ([...]).
11.6 In seiner Replik vom 3. Januar 2021 wiederholte der Beschwerdeführer, dass er sich sehr um die Beschaffung der erforderlichen Dokumente bemüht habe und seiner Mitwirkungspflicht mehr als hinreichend nachgekommen sei. Diesbezüglich verweise er auf die bereits getätigten Ausführungen. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz sich nicht die Mühe gemacht habe, sich zum Inhalt des von ihm vorgelegten E-Mails vom 15. Juni 2020 zu äussern. Sie belasse es dabei, die veralteten Ausführungen der schweizerischen Botschaft zu wiederholen ([...]).
11.7 In ihrer Vernehmlassung vom 16. März 2021 führte die Vorinstanz aus, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers habe sie in der Vernehmlassung vom 2. November 2020 klar festgehalten, dass sie sich in Bezug auf den " bona fide letter " auf eine Aussage der Schweizer Botschaft vom 9. Mai 2019 gestützt habe. Zudem habe sie ausführlich aufgezeigt, welche Dokumente in Indien lebende Tibeter üblicherweise nachweisen könnten und weshalb es äusserst unwahrscheinlich sei, dass man als Tibeter ohne eines dieser Dokumente nach Indien gelange oder gar längerfristig dort lebe. Der Beschwerdeführer habe für seine Angehörigen weder im Verlaufe des Familiennachzugsverfahrens noch im Beschwerdeverfahren solche Dokumente eingereicht, weshalb schon aus diesem Grund eine Ablehnung des Familiennachzugsgesuchs gerechtfertigt sei ([...]).
11.8 Mit Triplik vom 27. April 2021 brachte der Beschwerdeführer schliesslich vor, es sei für ihn schlicht nicht nachvollziehbar, weswegen die Vorinstanz nicht mit einem Wort auf seinen Einwand und den Inhalt der E-Mail vom 15. Juni 2020 eingegangen sei ([...]).
11.9 Die Vorinstanz hat es auf Beschwerdeebene trotz wiederholter Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht ([...]) unterlassen, sich konkret zum vom Beschwerdeführer vorgelegten E-Mail vom 15. Juni 2020 und zu dessen möglichen Implikationen für das vorliegende Verfahren zu äussern. In dieser Mitteilung widerspricht ein " Protocol Officer " des Bureau of His Holiness the Dalai Lama in Neu-Delhi den Angaben der schweizerischen Botschaft vom 9. Mai 2019, dass weiterhin " bona fide letter " ausgestellt würden. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Informationen sind dabei neueren Datums als diejenigen der Vorinstanz. Unabhängig von der Frage nach dem Beweiswert des E-Mails vom 15. Juni 2020 erweist es sich vor dem Hintergrund dieser widersprüchlichen Angaben für das Bundesverwaltungsgericht ohne vertiefte Abklärungen als unmöglich, zu beurteilen, ob es für den Beschwerdeführer beziehungsweise die nachzuziehenden Personen möglich war, die geforderte Bestätigung zu erhalten. Aus den vorinstanzlichen Akten und aus der angefochtenen Verfügung wird sodann auch nicht konkret ersichtlich, was für eine rechtliche Relevanz die Vorinstanz einem " bona fide letter " einräumt - etwa als geeigneter Identitätsnachweis im
Rahmen einer Ausnahmeregelung zu der Einreisevoraussetzung gemäss Art. 5 Abs. 1 Bst. a

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 5 Einreisevoraussetzungen - 1 Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einreisen wollen: |

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 6 Reisedokument - 1 Ausländerinnen und Ausländer müssen für einen kurz- oder längerfristigen Aufenthalt sowie für den Flughafentransit ein gültiges und von der Schweiz anerkanntes Reisedokument besitzen. Abweichende Regelungen in bilateralen oder multilateralen Abkommen bleiben vorbehalten. |
|
1 | Ausländerinnen und Ausländer müssen für einen kurz- oder längerfristigen Aufenthalt sowie für den Flughafentransit ein gültiges und von der Schweiz anerkanntes Reisedokument besitzen. Abweichende Regelungen in bilateralen oder multilateralen Abkommen bleiben vorbehalten. |
2 | Das Reisedokument muss folgende Voraussetzungen erfüllen: |
a | Seine Gültigkeitsdauer beträgt: |
a1 | bei einem kurzfristigen Aufenthalt: noch mindestens drei Monate ab dem Datum, an dem die Inhaberin oder der Inhaber beabsichtigt, den Schengen-Raum zu verlassen; |
a2 | bei einem Flughafentransit von Flugpassagieren, die der Visumpflicht für den Flughafentransit unterstehen: noch mindestens drei Monate ab dem Datum des Transits oder des letzten genehmigten Transits; |
a3 | bei einem längerfristigen Aufenthalt: noch mindestens drei Monate ab dem Datum, an dem der Inhaberin oder dem Inhaber die Genehmigung zur Einreise in die Schweiz erteilt wurde. |
b | Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein. |
c | Es muss bei Einreichung des Visumgesuchs mindestens zwei leere Seiten aufweisen, sofern seine Inhaberin oder sein Inhaber der Visumpflicht untersteht. |
3 | Die zuständigen Behörden können verzichten auf: |
a | die Anforderungen nach Absatz 2 Buchstabe a Ziffern 1 und 2: in begründeten Notfällen; |
b | die Anforderungen nach Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 3 und Buchstaben b und c: in begründeten Fällen.46 |
4 | Ein Reisedokument wird vom SEM anerkannt, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt: |
a | Aus ihm gehen die Identität der Inhaberin oder des Inhabers sowie die Zugehörigkeit zum ausstellenden Staat oder zur ausstellenden Gebietskörperschaft hervor. |
b | Ein von der Schweiz anerkannter Staat oder eine von der Schweiz anerkannte Gebietskörperschaft oder internationale Organisation hat es ausgestellt. |
c | Der ausstellende Staat oder die ausstellende Gebietskörperschaft gewährleistet jederzeit die Rückreise seiner beziehungsweise ihrer Angehörigen. |
d | Es verfügt über die den internationalen Standards entsprechenden Sicherheitsmerkmale; diesbezüglich ist insbesondere Anhang 9 des Übereinkommens vom 7. Dezember 194447 über die internationale Zivilluftfahrt anwendbar. |
5 | Das SEM kann in begründeten Fällen Reisedokumente anerkennen, die nicht den Voraussetzungen nach Absatz 4 entsprechen. Dies betrifft insbesondere Reisedokumente von Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit des ausstellenden Staates besitzen, sich aber legal im ausstellenden Staat aufhalten. |

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 7 Ausnahmen von der Reisedokumentenpflicht - Das SEM kann in begründeten Fällen Ausnahmen von der Reisedokumentenpflicht bewilligen, insbesondere aus humanitären Gründen oder zur Wahrung nationaler Interessen. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 61 - 1 Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. |
|
1 | Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück. |
2 | Der Beschwerdeentscheid enthält die Zusammenfassung des erheblichen Sachverhalts, die Begründung (Erwägungen) und die Entscheidungsformel (Dispositiv). |
3 | Er ist den Parteien und der Vorinstanz zu eröffnen. |
12.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen und das Verfahren zur vollständigen Erhebung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur rechtsgenüglichen Begründung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sollte diese an einer Gesuchsabweisung einzig basierend auf den fehlenden Ausweispapieren der nachzuziehenden Personen festhalten, wären die vom Gericht dargelegten Grundsätze ([...]) zu berücksichtigen.