2009/29
Auszug aus dem Urteil der Abteilung V i. S. L. gegen Bundesamt für Migration
E-6706/2008 vom 7. Oktober 2009
Regeste Deutsch
Asylverfahren. Subjektive Nachfluchtgründe von Tibeterinnen und Tibetern wegen Ausreise und Auslandaufenthalt. Bestätigung und Präzisierung der Rechtsprechung von EMARK 2006 Nr. 1. Grundsatzurteil.
Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
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1 | Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
2 | Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen. |
4 | Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6 |
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 54 Subjektive Nachfluchtgründe - Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn sie erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise Flüchtlinge im Sinne von Artikel 3 wurden. |
1. Keine Kollektivverfolgung von chinesischen Asylsuchenden tibetischer Ethnie (Bestätigung der Rechtsprechung) (E. 4).
2. Gefährdung illegal ausgereister Tibeterinnen und Tibeter: Wer beim illegalen Ausreiseversuch gefasst wird, muss Haft und Folter gewärtigen. Tibeterinnen und Tibeter, die illegal ausgereist sind, werden als Unterstützer des Dalai Lama und damit als separatistisch gesinnte Oppositionelle betrachtet und müssen bei einer Rückkehr Haft und Misshandlung in einem flüchtlingsrechtlich relevanten Ausmass befürchten. Die Dauer des Aufenthaltes im Ausland spielt dabei keine Rolle (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 6.2-6.5).
3. Gefährdung legal ausgereister Tibeterinnen und Tibeter: Legale Ausreisen sind nur selten möglich. Nicht ausgeschlossen ist, dass Asylsuchende, die China auf legalem Weg verlassen haben, einen länger als bewilligt dauernden Aufenthalt den chinesischen Behörden gegenüber überzeugend begründen können und alleine deshalb noch keine Gefährdung anzunehmen wäre. Die betreffende Person muss jedoch glaubhaft darlegen können, keine Kontakte zu Dalai-Lama-loyalen exiltibetischen Kreisen gehabt zu haben und entsprechende Verdächtigungen widerlegen können. Zu berücksichtigen ist dabei, dass in der Schweiz die grösste exiltibetische Gemeinschaft Europas lebt (E. 6.6).
Regeste en français
Procédure d'asile. Motifs subjectifs survenus après la fuite de Tibétains qui ont quitté leur pays et séjourné à l'étranger. Confirmation et précision de la décision JICRA 2006 n0 1. Arrêt de principe.
Art. 3 et art. 54 LAsi.
1. Les requérants d'asile chinois de l'ethnie tibétaine ne font pas l'objet d'une persécution collective (confirmation de la jurisprudence) (consid. 4).
2. Risques encourus par les Tibétains ayant quitté illégalement leur pays. Celui qui est arrêté lorsqu'il tente de quitter illégalement le pays doit s'attendre à être emprisonné et torturé. Les Tibétains qui ont quitté illégalement le pays sont considérés comme des partisans du Dalaï-Lama et par conséquent comme des opposants à visées séparatistes. En cas de retour au pays, ils doivent s'attendre à être emprisonnés et maltraités dans une mesure déterminante en droit d'asile. A cet égard, la durée du séjour à l'étranger ne joue aucun rôle (précision de la jurisprudence) (consid. 6.2-6.5).
3. Risques encourus par les Tibétains ayant quitté légalement leur pays. Il est rare que les Tibétains puissent sortir légalement du pays. Il n'est pas exclu que des requérants d'asile qui ont quitté légalement la Chine puissent expliquer de manière convaincante aux autorités chinoises les raisons de la prolongation - par rapport à la durée initialement autorisée - de leur séjour à l'étranger et qu'ainsi ils n'encourent aucun risque. Toutefois, ces derniers doivent pouvoir établir de manière crédible qu'ils n'ont pas eu de contacts avec des milieux tibétains exilés partisans du Dalaï-Lama et être en mesure de réfuter tout soupçon à ce sujet. Le fait que la Suisse abrite la plus grande communauté d'exilés tibétains en Europe doit être pris en considération (consid. 6.6).
Regesto in italiano
Procedura d'asilo. Motivi soggettivi dei Tibetani che hanno lasciato il loro Paese e soggiornano all'estero. Conferma e precisazione della giurisprudenza della GICRA 2006 n. 1. Sentenza di principio.
Art. 3 e art. 54 LAsi.
1. I richiedenti l'asilo cinesi d'etnia tibetana non sono oggetto di persecuzione collettiva (conferma della giurisprudenza) (consid. 4).
2. Rischi dei Tibetani che hanno lasciato illegalmente il loro Paese: chi viene arrestato mentre cerca di lasciare illegalmente il Paese deve aspettarsi di essere imprigionato e torturato. I Tibetani che hanno lasciato illegalmente il Paese sono considerati simpatizzanti del Dalai Lama e pertanto oppositori separatisti. In caso di ritorno nel loro Paese sussite un timore di imprigionamento e maltrattamenti rilevanti in materia d'asilo. A tal proposito, la durata del soggiorno all'estero non ha alcuna importanza (precisazione della giurisprudenza) (consid. 6.2-6.5).
3. Rischi dei Tibetani che hanno lasciato legalmente il loro Paese: è raro che i Tibetani possano uscire legalmente dal loro Paese. Non è escluso che i richiedenti l'asilo che hanno lasciato legalmente la Cina possano giustificare in modo convincente dinanzi alle autorità cinesi una proroga della durata del loro soggiorno all'estero oltre la durata autorizzata. Per questa sola ragione non devono temere pericoli. Tuttavia, l'interessato deve poter stabilire in maniera credibile che non ha avuto contatti con gli ambienti tibetani esiliati simpatizzanti del Dalai Lama ed essere in grado di confutare ogni sospetto. Va tenuto presente che in Europa la più grande comunità di esiliati tibetani vive in Svizzera (consid. 6.6).
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger tibetischer Ethnie, stellte am 7. Januar 2008 ein Asylgesuch.
Er begründete sein Gesuch im Wesentlichen wie folgt:
Ende April 2006 habe er das Kloster D. besucht und sei Zeuge einer Auseinandersetzung von älteren Leuten mit Polizisten geworden. Als die Polizisten auf ihn zugekommen seien, sei er davongerannt. Einige Stunden später seien Polizisten bei ihm zuhause erschienen und hätten ihn festgenommen. Er sei immer wieder befragt und gefoltert, jedoch nach einem Monat freigelassen worden. Da er sich nicht mehr sicher gefühlt habe, sei er Anfang 2007 respektive im Mai 2007 nach Nepal geflüchtet. Im Januar 2008 habe er Nepal verlassen und sei in die Schweiz gereist.
Mit Verfügung vom 8. Oktober 2008 lehnte das Bundesamt für Migration (BFM) das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab, wies ihn aus der Schweiz weg, bezeichnete aber den Vollzug der Wegweisung als unzumutbar und ordnete die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers in der Schweiz an.
Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer die Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, da einerseits die Vorbringen bezüglich seiner Haft und Folter nicht glaubhaft seien und andererseits kein begründeter Anlass für die Annahme einer beachtlichen zukünftigen Verfolgung bestehe, da sich der Beschwerdeführer erst seit Januar 2007 ausserhalb Tibets aufhalte und demnach nicht von einem « längere Zeit » dauernden Aufenthalt in der Schweiz auszugehen sei, wie dies praxisgemäss für die Bejahung einer künftigen Gefährdung vorauszusetzen wäre.
Die Anordnung der vorläufigen Aufnahme begründete die Vorinstanz lediglich damit, dass aufgrund der « Berücksichtigung der Aktenlage » sowie der « Würdigung sämtlicher Umstände » ein Wegweisungsvollzug unzumutbar sei.
Mit Eingabe vom 23. Oktober 2008 erhob der Beschwerdeführer gegen diese Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) Beschwerde.
Mit Vernehmlassung vom 4. November 2008 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.
Das BVGer heisst die Beschwerde, soweit sie die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft betrifft, gut. Im Übrigen wird sie abgewiesen.
Die unter Ziffern 5.1-6.6 aufgeführten Erwägungen bildeten Gegenstand eines von der Vereinigung der Abteilungen IV und V des BVGer im Sinne von Art. 25 Abs. 2
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz VGG Art. 25 Praxisänderung und Präjudiz - 1 Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt. |
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1 | Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt. |
2 | Hat eine Abteilung eine Rechtsfrage zu entscheiden, die mehrere Abteilungen betrifft, so holt sie die Zustimmung der Vereinigung aller betroffenen Abteilungen ein, sofern sie dies für die Rechtsfortbildung oder die Einheit der Rechtsprechung für angezeigt hält. |
3 | Beschlüsse der Vereinigung der betroffenen Abteilungen sind gültig, wenn an der Sitzung oder am Zirkulationsverfahren mindestens zwei Drittel der Richter und Richterinnen jeder betroffenen Abteilung teilnehmen. Der Beschluss wird ohne Parteiverhandlung gefasst und ist für die Antrag stellende Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich. |
Aus den Erwägungen:
4.
4.1 Die Vorinstanz beurteilte die Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubhaft, da sie widersprüchlich seien: Zum Einen habe der Beschwerdeführer an der Befragung im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) angegeben, dass er Ende April 2006 ins Kloster D. gegangen sei, während er an der direkten Bundesanhörung erklärt habe, dass er Anfang April 2006 dorthin gegangen sei. An der direkten Anhörung habe er weiter vorgebracht, dass die chinesische Polizei sich bereits bei ihm zuhause aufgehalten habe, als er dort eingetroffen sei, während er im EVZ ausgesagt habe, dass die Polizei nach seinem Eintreffen zuhause aufgetaucht sei. An der EVZ-Befragung habe er weiter angegeben, während seiner Haft jeweils eine Stunde befragt worden zu sein. An der direkten Anhörung habe er hingegen von jeweils fünf Minuten gesprochen. Weiter habe er einerseits ausgesagt, dass er aus der Haft mit dem Taxi nach Hause gegangen sei, andrerseits habe er ausgeführt, dass ihn die Polizei nach Hause gefahren habe.
Nebst diesen Widersprüchen habe er zudem seine angebliche Haft wenig detailliert geschildert; so sei er nicht fähig gewesen, die Daten seiner Inhaftierung und Freilassung zu nennen und habe auch nicht einen typischen Tagesablauf schildern können. Seine Beschreibung des Gefängnisses sei auch bloss allgemein ausgefallen.
Weiter habe der Beschwerdeführer auf Nachfragen nicht nachvollziehbar schildern können, weshalb die chinesischen Polizisten überhaupt seine Identität hätten feststellen können. Zudem wäre er wohl kaum freigelassen worden, wenn seitens der chinesischen Behörden ein ernsthafter Verdacht einer illegalen Tätigkeit gegen ihn vorgelegen hätte. Die diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers seien im tibetischen Kontext als wirklichkeitsfremd zu werten. Insgesamt würden daher die Vorbringen des Beschwerdeführers den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 7 Nachweis der Flüchtlingseigenschaft - 1 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. |
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1 | Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. |
2 | Glaubhaft gemacht ist die Flüchtlingseigenschaft, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. |
3 | Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden. |
4.2 In der Beschwerde hielt der Beschwerdeführer diesem Argument ganz grundsätzlich entgegen, dass er aufgrund seiner Erfahrungslosigkeit in ähnlichen Prozeduren wie dem Asylverfahren in der Schweiz auf Fragen spontan und unüberlegt geantwortet habe. Da in der Sache an und für sich keine Widersprüche bestehen würden, habe er den Details auch keine Bedeutung zugemessen. Dies sei kulturell bedingt, denn in seiner Heimat würden Einzelheiten nicht eine solche Wichtigkeit besitzen wie in der Schweiz. Dies gelte auch für die zeitliche Wahrnehmung. Zwar würden der Monat und das Jahr eine Rolle spielen, doch nicht die einzelnen Tagesdaten oder gar Stunden und Minuten. Aus diesen Gründen habe er nicht spontan die Daten seiner Festnahme und Entlassung nennen können. Bezüglich der unterschiedlich angegebenen Verhördauer wird in der Beschwerde angeführt, dass der Beschwerdeführer zum Einen von der Gesamtheit der Verhöre (ca. eine Stunde) und zum Anderen von den einzelnen Verhören (à ca. fünf Minuten) gesprochen habe.
4.3 Vorliegend ist die Argumentation der Vorinstanz zu bestätigen, wonach die Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Vorfluchtgründen unglaubhaft sind: Die von der Vorinstanz angeführten Widersprüche können durch die pauschale Erklärung des Beschwerdeführers, diese seien kulturell bedingt, nicht entkräftet oder plausibel erklärt werden. Insbesondere vermag auch die in der Beschwerde angeführte Erklärung zur unterschiedlich dargestellten Verhörsdauer nicht zu überzeugen: Da der Beschwerdeführer eben gerade geltend macht, dass Details wie auch zeitliche Begriffe in seiner Kultur nicht die gleiche Bedeutung hätten, erscheint es nicht wahrscheinlich, dass er an der einen Anhörung die Gesamtheit der Verhöre und an der anderen die Aufteilung derselben in Minuten angibt. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Tatsache, dass die Polizei nach seinem Besuch im Kloster seine Identität erfahren und ihn zuhause erwartet habe, vermag auch das Gericht nicht zu überzeugen, will doch der Beschwerdeführer im Kloster niemanden getroffen haben, der ihn gekannt hätte und somit seine Identität an die Polizei hätte verraten können (...).
Zusammenfassend ist anzuführen, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen, weshalb er seine Heimat verlassen haben will, nicht zu überzeugen vermögen. Demnach ist es ihm nicht gelungen, eine individuelle, asylrechtlich relevante Verfolgung, welche er in seiner Heimat vor seiner Ausreise erlitten hätte oder in begründeter Weise habe befürchten müssen, glaubhaft zu machen.
4.4 Nicht gefolgt werden kann der Auffassung in der Beschwerde, bereits der Beleg seiner tibetischen Identität hätte für die Erfüllung der Flüchtlingseigenschaft genügt.
Die damalige Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) hat sich in Entscheidungen und Mitteilungen der ARK EMARK 2006 Nr. 1 ausführlich dazu geäussert, dass für Tibeterinnen und Tibeter eine Kollektivverfolgung - mithin eine Anerkennung der begründeten Furcht vor Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit zur tibetischen Ethnie, ungeachtet individueller Vorbringen - nicht bejaht werden kann (vgl. EMARK 2006 Nr. 1 E. 4.3 S. 3 f. und E. 4.6 S. 7 f.). Diese Auffassung trifft weiterhin zu.
4.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer somit für den Zeitraum bis zu seiner Ausreise aus Tibet keine Verfolgung oder Furcht vor Verfolgung glaubhaft machen konnte.
5.
5.1 Massgeblich für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
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1 | Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
2 | Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen. |
4 | Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6 |
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 54 Subjektive Nachfluchtgründe - Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn sie erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise Flüchtlinge im Sinne von Artikel 3 wurden. |
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
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1 | Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. |
2 | Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen. |
4 | Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6 |
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 54 Subjektive Nachfluchtgründe - Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn sie erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise Flüchtlinge im Sinne von Artikel 3 wurden. |
Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Beschwerdeführer aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Tibet respektive China und der Asylgesuchseinreichung im Ausland begründete Furcht vor zukünftiger Verfolgung hat und damit die Flüchtlingseigenschaft aufgrund von subjektiven Nachfluchtgründen gemäss Art. 54
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 54 Subjektive Nachfluchtgründe - Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn sie erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise Flüchtlinge im Sinne von Artikel 3 wurden. |
5.2 Die ARK hat in ihrem bereits oben erwähnten Entscheid EMARK 2006 Nr. 1) diese Frage für asylsuchende Tibeterinnen und Tibeter, welche China illegal verlassen und in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt haben, grundsätzlich erörtert. Das Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Tibetern, welche illegal ausgereist und in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt haben, wurde gemäss der damaligen Lagebeurteilung EMARK 2006 Nr. 1 E. 6 S. 10 ff.) folgendermassen dargestellt:
Der Art. 322 des Strafgesetzbuches der Volksrepublik China sehe für diejenigen Personen, die unter Verletzung der Gesetze und Vorschriften bezüglich des territorialen (Grenz-)Regimes die Staatsgrenze heimlich übertreten hätten, bei Vorliegen schwerwiegender Umstände eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zugleich einer Busse vor. Das Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber politischen Dissidenten, religiösen oder ethnischen Minderheiten sei generell durch ein hohes Mass an Willkür geprägt. Staatsangehörige tibetischer Volkszugehörigkeit hätten bei einer Rückkehr nach China insbesondere dann als gefährdet zu gelten, wenn sie sich vor oder nach der Ausreise aus der Volksrepublik China für mehr Autonomie oder gar für die Unabhängigkeit Tibets ausgesprochen hätten. Diese Forderungen fänden unter den anderen Tibetern im Land eine hohe Unterstützung und die chinesischen Behörden hätten Grund zur Annahme, dass zurückkehrende Asylsuchende ihre Überzeugungen weiterhin vertreten würden. Laut unabhängigen Experten zählten illegal ausreisende Tibeter, die im Ausland ein Asylgesuch stellten - unabhängig von politischen oder exilpolitischen Aktivitäten - zu den Risikogruppen. Gemäss weiteren
Quellen würden Tibeter, die in China beim illegalen Ausreiseversuch gefasst werden, in der Regel in eine sogenannte « Administrativhaft » gesetzt, ohne dass ein Prozess angehoben werde. Diese Haft werde nicht von Gerichten, sondern von Behörden wie dem « Public Security Bureau » angeordnet und könne mehrere Jahre dauern und als sogenannte « Umerziehung-durch-Arbeit » in Arbeitslagern vollzogen werden. Tibeter, die aus dem Exil zurückkehrten, schwebten zusätzlich in Gefahr, der unerlaubten « Spionagetätigkeit für westliche Kräfte und die Dalai Clique » bezichtigt zu werden. Ihre « verdächtigen Aktivitäten » würden als Delikt der « Gefährdung der Sicherheit des Staates » bezeichnet, womit langjährige Strafen legitimiert würden.
Gestützt auf eine eingehende Lageanalyse kam die ARK zum Schluss, dass « Asylsuchende tibetischer Ethnie, die sich illegal aus dem Tibet nach Nepal oder Indien begeben haben und, ohne sich dort während längerer Zeit aufgehalten zu haben, in die Schweiz weiter gereist sind, wo sie um Asyl nachgesucht haben und über eine längere Zeit verblieben sind, im Falle einer Rückkehr nach China mit Verfolgung im flüchtlingsrechtlich relevanten Sinne zu rechnen » haben EMARK 2006 Nr. 1 E. 6.4 S. 13).
5.3 Auf diese Praxis bezog sich die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung und hielt bezüglich subjektiver Nachfluchtgründe des Beschwerdeführers fest, dass sich dieser erst seit Januar 2007 ausserhalb des Tibets aufhalte, weshalb nicht von einer « längeren Zeit » im Sinne von EMARK 2006 Nr. 1 auszugehen sei. Somit liege auch kein begründeter Anlass für die Annahme einer beachtlichen zukünftigen Verfolgung vor.
Hingegen ordnete die Vorinstanz die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers in der Schweiz an, da der Vollzug der Wegweisung in die Heimat unzumutbar sei. Eine Begründung der Unzumutbarkeit fehlt jedoch in der Verfügung des BFM.
6.
6.1 Im Folgenden soll diese Praxis, wonach eine begründete Furcht vor flüchtlingsrelevanter Verfolgung für Asylsuchende tibetischer Ethnie bei einer Rückkehr in ihre Heimat, von einem « längere Zeit » dauernden Aufenthalt in der Schweiz abhängt, einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen werden. In letzter Konsequenz würde diese Praxis nämlich bedeuten, dass die Frage der Flüchtlingseigenschaft von der Dauer des Asylverfahrens abhängen müsste, respektive dass - wie im vorliegenden Fall - die asylsuchende Person solange als Ausländer vorläufig aufgenommen bliebe, bis « längere Zeit » vergangen ist und sie dann aufgrund subjektiver Nachfluchtgründe die Flüchtlingseigenschaft erfüllen würde; eine solche Betrachtungsweise scheint wenig sachgerecht.
Das Gericht stützt sich für diese Überprüfung namentlich auf folgende Quellen:
UK Home Office, Country of Origin Information Report, China, 16. Dezember 2008;
UK Home Office, Operational Guidance Note, China, 10. Juni 2009;
Human Rights Watch (HRW), World Report 2009, China, Events of 2008, Section Tibet;
Human Rights Watch (HRW), Appeasing China, Restricting the Rights of Tibetans in Nepal, 23. Juli 2008;
Council on Foreign Relations: Congressional Executive Commission on China, Annual Report 2008;
U.S. Department of State (USDS), 2008 Human Rights Report: China, section Tibet, 25. Februar 2009;
Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), FLORIAN BLUMER, China: Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten, Update, 28. Januar 2009;
Migration Policy Institute, Global Nomads: The Emergence of the Tibetan Diaspora, Part I, September 2008;
Freedom House, Freedom in the World - Tibet [China] (2009), 16. Juli 2009;
Freedom House, Worst of the Worst, The World's Most Repressive Societies, 2009 - Tibet (China), Mai 2009;
Country of Origin Research and Information (CORI) Analyses, China-Tibet, 29. Juni 2009, HCR00007E;
Amnesty International (AI), World Report 2009, China;
Amnesty International (AI), People's Republic of China: The Olympics Countdown - Crackdown on Tibetan Protesters, April 2008, AI Index: ASA 17/050/2008;
Accord, 10th European Country of Origin Information Seminar, 17. März 2006, http://www.ecoi.net/file_upload/bp269_COI-SE-Budapest200512-China-Report-Final.pdf, zuletzt besucht am 3. September 2009;
THIERRY DODIN, TibetInfoNet, « Gutachten für das Bundesverwaltungsgericht in Bern », Januar 2008;
Chinese Migrants and Forced Labour in Europe, Cornell University, International Labour Standards, 2004;
Committee Against Torture (CAT), Concluding Observations of the Committee against Torture, China, 12. Dezember 2008, CAT/C/CHN/CO/4.
6.2 Am Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Personen, welche illegal ausgereist sind oder auszureisen versuchen, hat sich seit der Lagebeurteilung, wie sie EMARK 2006 Nr. 1 zugrunde lag, grundsätzlich nichts geändert; das chinesische Strafgesetz stellt das heimliche Überschreiten der Staatsgrenze bei Vorliegen schwerwiegender Umstände (« when the circumstances are serious ») mit Art. 322
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 322 - 1 Medienunternehmen sind verpflichtet, jeder Person auf Anfrage unverzüglich und schriftlich ihren Sitz sowie die Identität des Verantwortlichen (Art. 28 Abs. 2 und 3) bekannt zu geben.463 |
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1 | Medienunternehmen sind verpflichtet, jeder Person auf Anfrage unverzüglich und schriftlich ihren Sitz sowie die Identität des Verantwortlichen (Art. 28 Abs. 2 und 3) bekannt zu geben.463 |
2 | Zeitungen und Zeitschriften müssen zudem in einem Impressum den Sitz des Medienunternehmens, namhafte Beteiligungen an anderen Unternehmungen sowie den verantwortlichen Redaktor angeben. Ist ein Redaktor nur für einen Teil der Zeitung oder Zeitschrift verantwortlich, so ist er als verantwortlicher Redaktor dieses Teils anzugeben. Für jeden Teil einer solchen Zeitung oder Zeitschrift muss ein verantwortlicher Redaktor angegeben werden. |
3 | Bei Verstössen gegen die Vorschriften dieses Artikels wird der Leiter des Medienunternehmens mit Busse bestraft. Ein Verstoss liegt auch vor, wenn eine vorgeschobene Person als verantwortlich für die Veröffentlichung (Art. 28 Abs. 2 und 3) angegeben wird.464 |
bekämpft; dahingehende Meinungsäusserungen werden mit Haft, meist mit Misshandlung verbunden, bestraft (vgl. Accord, a. a. O.; UK Home Office, Country of Origin Information Report 2008, a. a. O.; SFH, BLUMER, a. a. O., S. 1, 3 ff.).
Über das Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Tibeterinnen oder Tibetern, welche nach illegaler Ausreise nach China zurückgeschafft werden oder freiwillig zurückkehren, finden sich in den vorliegenden Quellen keine direkten Angaben; dies erklärt sich daraus, dass bis anhin keine Rückschaffungen von Tibeterinnen oder Tibetern aus dem Westen nach China vorgenommen wurden (vgl. hierzu auch die Erwägungen im Urteil des britischen Asylum and Immigration Tribunal [UKAIT], Urteil vom 9. Februar 2007 i. S. SP and Others, CG [2007] UKAIT 00021, Ziff. 26 f., 36 ff. und 119). Hingegen liegen Erkenntnisse zum Vorgehen der chinesischen Behörden jenen Tibeterinnen und Tibetern gegenüber vor, die beim Versuch, illegal über die Grenzen nach Indien oder Nepal zu gelangen, gefasst werden. An der tibetisch-nepalesischen Grenze ist auf Personen, die die illegale Ausreise versuchten, in der Vergangenheit geschossen worden; wer beim illegalen Ausreiseversuch gefasst wird, muss ein brutales Vorgehen, Haft und Folter gewärtigen (vgl. namentlich CORI Analyses vom 29. Juni 2009, a. a. O., S. 8 ff., die unter dem Stichwort « Consequences for Tibetans leaving illegally » Erkenntnisse des Human Rights Report 2008 des US State Department zitieren: «
The USSD states that Tibetans repatriated from Nepal reportedly suffered torture, including electric shocks, exposure to cold, and severe beatings, and were forced to perform heavy physical labor »; vgl. ähnlich AI, The Olympics Countdown - Crackdown on Tibetan protesters, a. a. O., Fn. 10). Das UN Committee Against Torture äussert namentlich seine Besorgnis über Zustände in den chinesischen Administrativhaft- und « Umerziehung-durch-Arbeit »-Anstalten (vgl. CAT, Concluding Observations vom 12. Dezember 2008, a. a. O., Ziff. 13).
6.3 Eine Lockerung der Praxis der chinesischen Behörden, seit der unter E. 5.2 skizzierten Einschätzung im Urteil vom 13. Dezember 2005, ist nicht anzunehmen, im Gegenteil: Die Situation in Tibet hat sich seit den März-Unruhen vor den olympischen Spielen 2008 massiv verschärft. Die chinesischen Behörden gehen im Rahmen einer « Strike Hard Campaign » mit grosser Härte gegen Dissidenten und vermeintliche Dissidenten vor; die Menschenrechtslage in Tibet hat sich im Jahr 2008 ganz erheblich verschlechtert. Die Berichte zeichnen ein repressives Bild (vgl. Council on Foreign Relations, a. a. O., S. 182 ff.; USDS, 2008 Human Rights Report; Neue Zürcher Zeitung [NZZ] vom 2. März 2009, Klima der Angst auf dem Hochplateau Tibets; SFH, BLUMER, a. a. O., S. 3 ff.; HRW, World Report 2009, a. a. O.; CAT: Concluding observations vom 12. Dezember 2008, a. a. O., Ziff. 13, 22 ff.; Freedom House, Worst of the Worst, a. a. O., S. 24; China raids homes and businesses in Tibetan capital, The Washington Post Foreign Service, 28. Januar 2009; China pursuing « patriotic education » in defiant Tibet, The Baltimore Sun, 13. April 2009; The terrified monks, The New York Times, 15. Mai 2008; China keeps its tight grip on Tibetans in provinces, The Nation
[United Arab Emirates], 23. Oktober 2008; Chinas iron fist cracks down to subdue Tibetan rebels, The Australian, 8. November 2008; China closed Tibetan areas to foreigners, Associated Press, 12. Februar 2009; 50 years after revolt, clampdown on Tibetans, The New York Times, 5. März 2009). Weiterhin gilt, dass illegal ausgereisten Tibeterinnen und Tibetern von Seiten der chinesischen Behörden eine Kontaktaufnahme mit exiltibetischen Organisationen - und damit in der Sicht der Behörden eine dissidente Betätigung und Sympathiebekundung mit dem in China als politische Gefahr wahrgenommenen Kreis um den Dalai Lama - ohne weiteres unterstellt wird (vgl. DODIN, a. a. O.; vgl. auch das bereits zitierte UKAIT 00021, Urteil vom 9. Februar 2007, Summary of Conclusions, Ziff. 119; USDS, 2008 Human Rights Report, a. a. O.).
Die Haltung der chinesischen Behörden gegenüber dem Dalai Lama - dem separatistische Tendenzen vorgeworfen werden - hat sich im Übrigen seit März 2008 deutlich verschärft. Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas sowie von dieser kontrollierte Zeitschriften betiteln den Dalai Lama als Kriminellen, der China spalten wolle, sowie als Abschaum des Buddhismus: « Even the Lord Buddha will definitely not tolerate this honey-mouthed and dagger-hearted Dalai Lama, the scum of Buddhism, an insane ruffian and a beast in human shape » (so beispielsweise die Zeitung Tibet Daily, zitiert in Council on Foreign Relations, a. a. O., S. 185; vgl. auch NZZ vom 11. März 2009, China sieht im Dalai Lama einen Spalter; SFH, BLUMER, a. a. O., S. 4).
Die chinesischen Behörden haben zudem die Grenzen zu Nepal für Tibeterinnen und Tibeter geschlossen und arbeiten mit den nepalesischen Behörden diesbezüglich eng zusammen; seit längerem gelang kaum mehr jemandem die Ausreise aus China nach Nepal, die vom United Nations High Commissioner for Refugees betriebenen Empfangszentren für tibetische Flüchtlinge in Kathmandu stehen leer (vgl. HRW, Appeasing China, a. a. O.; Migration Policy Institute, Global Nomads, a. a. O.; SFH, BLUMER, a.a.O, S. 9). Seit den Unruhen vom März 2008 verfolgen die chinesischen Behörden eine Politik der Isolation und Abriegelung Tibets; die Kontrolle über das Gebiet wurde verschärft; Journalistinnen und Journalisten oder Touristinnen und Touristen wird die Einreise in die Region nicht mehr oder nur streng kontrolliert bewilligt; Internet- und Telefonkontakte wurden unterbunden (SFH, BLUMER, a. a. O., S. 3 f.; Council on Foreign Relations, a. a. O., S. 199 f.; Freedom House, Worst of the Worst, a. a. O., S. 24). Reisen von Tibetern innerhalb Tibets sowie Ausreisen ins Ausland, insbesondere nach Indien und Nepal, wurden stark eingeschränkt und erschwert (USDS, 2008 Human Rights Report, a. a. O.; China keeping tight grip on Tibet, in BBC News China, 3. Juni
2008). Seit den März-Unruhen des Jahres 2008 wurden offenbar für Tibeterinnen und Tibeter keine Pässe mehr ausgestellt oder verlängert (vgl. NZZ vom 2. März 2009, a. a. O.).
6.4 Anlässlich eines am 12. Februar 2009 vom BVGer durchgeführten Kolloquiums hat der Tibetologe THIERRY DODIN seine jüngsten Einschätzungen der Lage in Tibet vorgetragen. Die Situation habe sich seit der letzten vorgelegten Analyse im Januar 2008 nicht verbessert und sei unverändert angespannt. Namentlich weiterhin zutreffend seien die Aussagen in den seinerzeitigen Ausführungen vom Januar 2008, dass die Dauer eines Auslandaufenthaltes keine massgebliche Rolle für die Frage spiele, ob die betreffende Person bei ihrer Rückkehr gefährdet wäre. Damals hatte DODIN ausgeführt: « As mentioned, troubles occur when it is proven that the Tibetan in question left the PRC illegally. That alone is reason enough for local authorities in Tibet to crack down on him or her [...]. Although there is no objective definition of long or short stays abroad, it is clear that even a short illegal stay will be too long. » (DODIN, a. a. O.). Zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangte aufgrund einer eingehenden Lageanalyse das britische Asylum and Immigration Tribunal in seinem bereits erwähnten Urteil vom 7. Februar 2007; das Gericht gelangt zur Einschätzung, Tibeter, die illegal ausgereist seien - namentlich auf der Route über Nepal nach Indien -, würden
als Unterstützer des Dalai Lama und damit als separatistisch gesinnte Oppositionelle betrachtet und müssten bei einer Rückkehr Haft und Misshandlung in einem flüchtlingsrechtlich relevanten Ausmass ernsthaft befürchten (vgl. UKAIT, Urteil vom 7. Februar 2007, a. a. O.). Dabei wird die Dauer des Auslandaufenthaltes in den Erwägungen nie als allfällig relevanter Faktor in Betracht gezogen; relevant sind für das Asylum and Immigration Tribunal einzig die Umstände der illegalen Ausreise via Nepal nach Indien und die sich hieraus ergebenden Verdächtigungen politischen Opponententums in den Augen der chinesischen Behörden.
6.5 Aufgrund der dargelegten Lagebeurteilungen lässt sich die Praxis nicht mehr aufrechterhalten, dass sich eine Gefährdung tibetischer Asylsuchender im Sinne subjektiver Nachfluchtgründe erst dann bejahen lasse, wenn sie nach illegaler Ausreise für längere Zeit im Ausland gewesen seien. Nach dem oben Gesagten muss davon ausgegangen werden, dass die Gefährdung von der Dauer des Auslandaufenthaltes nicht entscheidrelevant abhängt. Massgeblich ist vielmehr, dass die chinesischen Behörden illegal ausgereisten tibetischen Asylsuchenden wegen ihres Auslandaufenthaltes - namentlich in einem für die Tibeter Exilgemeinde bedeutsamen Land wie die Schweiz - unterstellen, sie hätten mit als Dissidenten behandelten exiltibetischen Kreisen Kontakte gepflegt, und hierin eine oppositionelle Haltung und eine Zugehörigkeit zu als separatistische Kräfte betrachteten Kreisen erblicken.
Die oben (vgl. E. 5.2) skizzierten Schlussfolgerungen, welche die ARK in ihrem Entscheid vom 13. Dezember 2005 EMARK 2006 Nr. 1) gezogen hat, sind aufgrund der heute vorliegenden Erkenntnisse demnach entsprechend zu präzisieren. Es ist zusammenfassend davon auszugehen, dass illegal ausgereiste Asylsuchende tibetischer Ethnie unabhängig von der zeitlichen Dauer ihres Auslandaufenthaltes bei einer Rückkehr nach China der oppositionellen politisch-religiösen Anschauungen verdächtigt würden und aus diesem Grund mit Verfolgung im flüchtlingsrelevanten Sinn zu rechnen hätten.
6.6 Differenziert ist die Situation von tibetischen Asylsuchenden zu betrachten, die das Heimatland auf legalem Weg verlassen haben. Festzuhalten ist freilich vorab, dass in jüngster Zeit, namentlich seit der deutlichen Verschärfung der Lage seit März 2008, legale Ausreisen aus Tibet offenbar kaum noch möglich gewesen sind (vgl. hierzu die vorstehend in E. 6.3 zitierten Quellen). In seiner Analyse zu Handen des BVGer von Januar 2008 führte THIERRY DODIN diesbezüglich aus, legale Ausreisen seien (zum damaligen Zeitpunkt anfangs 2008) in einem eng beschränkten, oftmals behördlicherseits erschwerten Rahmen etwa für Geschäftsleute, für im Ausland Studierende, in den Dörfern der Grenzregion auch für Bewohner dieser Dörfer für kurze Reisen nach Nepal möglich. Bleibe die betreffende Person länger als bewilligt im Ausland, müsse sie dies glaubhaft begründen können und gerate möglicherweise hierdurch in Schwierigkeiten, die auch später erneut gegen sie verwendet werden könnten. Eine Gefährdung und das Risiko, behördlicher Willkür zu begegnen, ergebe sich für legal aus Tibet ausgereiste Personen weniger aus der Tatsache der Auslandreise oder aus der Dauer des Auslandaufenthalts, sondern aus den Verdächtigungen der Behörden - die mit
längerer Dauer des Auslandaufenthalts zunähmen -, man habe sich im Ausland in exiltibetischen, Dalai-Lama-freundlichen Kreisen bewegt, was ja auch in den meisten Fällen aufgrund der sozialen Gemeinschaftsverbundenheit unter Tibetern und aufgrund der Tatsache, dass die tibetische Exilgemeinde praktisch ausnahmslos dem Dalai Lama gegenüber loyal sei, der Wirklichkeit entspreche. In diesem Zusammenhang von Asylsuchenden, die ursprünglich auf legalem Weg aus dem Heimatland ausgereist seien, könne demnach die längere Dauer des Auslandaufenthaltes allenfalls Relevanz erlangen, seien doch bei einer längeren Abwesenheit die Chancen, dass die betreffende Person auch wirklich in Kontakt mit tibetischen Exilorganisationen gekommen sei, offensichtlich höher, womit das Verfolgungsrisiko bei der Rückkehr in die Heimat steige. Schliesslich sei das Vorgehen der Behörden zudem generell als willkürlich einzustufen; wenn auch eine legal aus Tibet ausgereiste Person nicht zwingend in Gefahr gerate, bei der Rückkehr verfolgt zu werden, lasse sich diese Gefahr aber auch keineswegs generell ausschliessen.
Für Asylsuchende, die das Heimatland auf legalem Weg verlassen haben, ist demnach zwar nicht ausgeschlossen, dass sie bei einer Rückkehr nach China ihren Auslandaufenthalt, selbst wenn er länger als ursprünglich erlaubt gedauert haben sollte, überzeugend begründen könnten und allein deswegen eine Gefährdung noch nicht anzunehmen wäre. Die Betreffenden müssten allerdings den chinesischen Behörden gegenüber glaubhaft darlegen können, keine Kontakte zu Dalai-Lama-loyalen exiltibetischen Kreisen gehabt zu haben, und entsprechende Verdächtigungen widerlegen können. Für ursprünglich legal ausgereiste Tibeterinnen und Tibeter, die sich in der Schweiz aufgehalten haben, wäre hierbei mitzuberücksichtigen, dass in der Schweiz mit heute schätzungsweise 2'000 Personen die grösste exiltibetische Gemeinschaft Europas lebt (vgl. Migration Policy Institute, Global Nomads, September 2008, a. a. O.), die vom Dalai Lama wiederholt besucht worden ist und die namentlich mit dem Kloster in Rikon ein wichtiges spirituelles Zentrum besitzt.
6.7 Der Beschwerdeführer hat seinen übereinstimmenden Angaben gemäss Tibet Anfang 2007 auf illegalem Weg verlassen; er sei mit dem Auto gereist; die Grenze habe er in einem Fussmarsch, der eine Nacht lang gedauert habe, überquert, um anschliessend wiederum mit dem Auto nach Kathmandu zu gelangen. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft erfüllt, da er begründete Furcht hat, bei einer Rückkehr in die Heimat aufgrund seiner illegalen Ausreise und seines Auslandaufenthalts in Kathmandu und in der Schweiz der oppositionellen Haltung verdächtigt zu werden und aus diesem Grund flüchtlingsrelevanten Übergriffen ausgesetzt zu werden. Die Vorinstanz hat demnach die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu Unrecht verneint und damit Bundesrecht verletzt (Art. 106
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 106 Beschwerdegründe - 1 Mit der Beschwerde kann gerügt werden: |
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1 | Mit der Beschwerde kann gerügt werden: |
a | Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens; |
b | unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts; |
c | ... |
2 | Artikel 27 Absatz 3 und Artikel 68 Absatz 2 bleiben vorbehalten. |
7. Das BFM hat den Beschwerdeführer mit der angefochtenen Verfügung vom 8. Oktober 2008 wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufgenommen. Ein Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nach China ist jedoch überdies aufgrund der festgestellten Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers auch unzulässig (vgl. Art. 5
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 5 Rückschiebungsverbot - 1 Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1 gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden. |
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1 | Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1 gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden. |
2 | Eine Person kann sich nicht auf das Rückschiebungsverbot berufen, wenn erhebliche Gründe für die Annahme vorliegen, dass sie die Sicherheit der Schweiz gefährdet, oder wenn sie als gemeingefährlich einzustufen ist, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist. |
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 83 Anordnung der vorläufigen Aufnahme - 1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so verfügt das SEM die vorläufige Aufnahme.244 |
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1 | Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so verfügt das SEM die vorläufige Aufnahme.244 |
2 | Der Vollzug ist nicht möglich, wenn die Ausländerin oder der Ausländer weder in den Heimat- oder in den Herkunftsstaat noch in einen Drittstaat ausreisen oder dorthin gebracht werden kann. |
3 | Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegenstehen. |
4 | Der Vollzug kann für Ausländerinnen oder Ausländer unzumutbar sein, wenn sie in Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage im Heimat- oder Herkunftsstaat konkret gefährdet sind. |
5 | Der Bundesrat bezeichnet Heimat- oder Herkunftsstaaten oder Gebiete dieser Staaten, in welche eine Rückkehr zumutbar ist.245 Kommen weggewiesene Ausländerinnen und Ausländer aus einem dieser Staaten oder aus einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA, so ist ein Vollzug der Wegweisung in der Regel zumutbar.246 |
5bis | Der Bundesrat überprüft den Beschluss nach Absatz 5 periodisch.247 |
6 | Die vorläufige Aufnahme kann von kantonalen Behörden beantragt werden. |
7 | Die vorläufige Aufnahme nach den Absätzen 2 und 4 wird nicht verfügt, wenn die weggewiesene Person:248 |
a | zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe im In- oder Ausland verurteilt wurde oder wenn gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne der Artikel 59-61 oder 64 StGB250 angeordnet wurde; |
b | erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet; oder |
c | die Unmöglichkeit des Vollzugs der Wegweisung durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat. |
8 | Flüchtlinge, bei denen Asylausschlussgründe nach Artikel 53 und 54 AsylG252 vorliegen, werden vorläufig aufgenommen. |
9 | Die vorläufige Aufnahme wird nicht verfügt oder erlischt, wenn eine Landesverweisung nach Artikel 66a oder 66abis StGB oder Artikel 49a oder 49abis MStG253 oder eine Ausweisung nach Artikel 68 des vorliegenden Gesetzes rechtskräftig geworden ist.254 |
10 | Die kantonalen Behörden können mit vorläufig aufgenommenen Personen Integrationsvereinbarungen abschliessen, wenn ein besonderer Integrationsbedarf nach den Kriterien gemäss Artikel 58a besteht.255 |
8. Die angefochtene Verfügung ist dahingehend zu bestätigen, als sie das Asylgesuch des Beschwerdeführers abweist und in der Folge die Wegweisung aus der Schweiz anordnet. Sie ist jedoch aufzuheben, soweit sie Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint. Die Beschwerde ist somit insoweit teilweise gutzuheissen, als die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragt wird. Demgegenüber ist sie, soweit die Asylgewährung beantragt wird, abzuweisen.