BGE-99-II-238
Urteilskopf
99 II 238
33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. September 1973 i.S. H. gegen Dr. H.
Regeste (de):
- Art. 161 OG. Moderationsverfahren.
- Hat ein Anwalt mit seinem Klienten für das bundesgerichtliche Verfahren eigene Grundsätze zur Bemessung des Honorars vereinbart, so setzt das Bundesgericht in einem allfälligen Moderationsverfahren das Honorar nach diesen Grundsätzen fest.
Regeste (fr):
- Art. 161 OJ. Procédure en matière de modération.
- Lorsqu'un avocat et son client sont convenus de principes particuliers pour le calcul des honoraires de la procédure devant le Tribunal fédéral, celui-ci, dans une éventuelle procédure en modération, s'en tient aux principes arrêtés.
Regesto (it):
- Art. 161
OG. Procedura in materia di moderazione d'onorari.
- Qualora avvocato e cliente abbiano stabilito dei principi particolari per la determinazione degli onorari nel procedimento davanti al Tribunale federale, questo si attiene, in un eventuale procedimento di moderazione, a tali principi.
Erwägungen ab Seite 238
BGE
99 II 238 S. 238
Das Bundesgericht hat es bisher abgelehnt, auf ein Moderationsbegehren einzutreten, falls die Parteien über die Höhe des.
BGE
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Honorars eine Vereinbarung getroffen haben (BGE 48 II 135und BGE
85 I 57; BIRCHMEIER, a.a.O., N. 2 Abs. 3 zu Art. 161
OG, S. 531), da in diesen Fällen lediglich die Gültigkeit der Vereinbarung oder die rechtliche Begründetheit des vereinbarten Honorars angefochten werden könne, was im Moderationsverfahren nicht zulässig sei. Daraus folgt andererseits, dass das Bundesgericht Honorarvereinbarungen, die von Art. 161
OG und den dazu entwickelten Bemessungsgrundlagen abweichen, grundsätzlich als zulässig erachtet, ansonst ja die Honorarvereinbarung unbeachtlich wäre und das Bundesgericht das Moderationsverfahren durchführen müsste. Den von der Praxis zu Art. 161
OG herausgearbeiteten Bemessungsgrundlagen kommt demzufolge kein zwingender Charakter zu (vgl. zu dieser teilweise kontroversen Frage und ihrer unterschiedlichen Regelung in einzelnen Kantonen: ZBJV 105/1969 S. 372; EICHENBERGER, Beiträge zum Aargauischen Zivilprozessrecht, S. 87; SJZ 37/1941 S. 14 Nr. 11;BGE
66 I 51; ZR 53/1954 Nr. 182 und 66/1967 Nrn. 86 und 95; GAUTSCHI, N. 78 b zu Art. 394
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 394 - 1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen.
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OR). Im unveröffentlichten Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Mai 1967 i.S. Baur gegen Huber lehnte es das Bundesgericht allerdings ab, den in der vorgedruckten Vollmachtsurkunde als massgebend bezeichneten kantonalen Verbandstarif auf das bundesgerichtliche Verfahren anzuwenden, weil der Tarif nur Rahmenansätze festlege. Es rechtfertigt sich jedoch nicht, die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungen oder ihre Berücksichtigung im Moderationsverfahren davon abhängig zu machen, ob sich die Parteien auf einen festen Betrag oder lediglich auf einen Rahmentarif geeinigt haben, weil in beiden Fällen eine Abweichung von den zu Art. 161
OG herausgebildeten Bemessungsregeln voliegt. Weder Art. 161
OG noch eine andere bundesrechtliche Vorschrift verbieten es den Parteien, sich auf besondere Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des Honorars zu einigen. Ist die Gültigkeit einer solchen Vereinbarung unbestritten (im Streitfall bliebe der Entscheid darüber dem ordentlichen Zivilrichter vorbehalten), so ist nicht einzusehen, weshalb es das Bundesgericht ablehnen sollte, ein Moderationsverfahren durchzuführen und das Honorar nach den von den Parteien vereinbarten Bemessungsgrundsätzen festzusetzen. Andernfalls gingen die Parteien in vielen Fällen ohne ersichtlichen Grund der mit Art. 161
OG geschaffenen
BGE
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Möglichkeit, das Honorar in einem einfachen, raschen und billigen Verfahren festsetzen zu lassen (BGE
85 I 57 /58), verlustig.
Beide Parteien haben sich in den Rechtsschriften zum Moderationsverfahren ausdrücklich auf die vom Obergericht Zürich am 8. Dezember 1969 erlassene Verordnung über die Anwaltsgebühren berufen. Das Bundesgericht hat seinem Entscheid folglich deren Tarif zugrunde zu legen.