95 I 366
54. Urteil vom 13. Juni 1969 i.S. von Dach gegen Schütz und Appellationshof des Kantons Bern
Regeste (de):
- Güterzusammenlegung, Gewinnbeteiligung des früheren Eigentümers.
- 1. Bei Güterzusammenlegungen haben die Betroffenen aufgrund der Eigentumsgarantie Anspruch auf wertgleichen Realersatz (Erw. 4).
- 2. Beteiligung des früheren Eigentümers am Gewinn im Falle der Veräusserung von Land durch den neuen Eigentümer.
- a) Das Gewinnbeteiligungsrecht
- - ist eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung (Erw. 5)
- - liegt im öffentlichen Interesse (Erw. 6 a).
Regeste (fr):
- Remaniement parcellaire. Part de l'ancien propriétaire au gain.
- 1. En matière de remaniements parcellaires, les propriétaires touchés ont droit, en vertu de la garantie de la propriété, de retrouver en nature des valeurs correspondantes (consid. 4).
- 2. Part du précédent propriétaire au gain réalisé par le nouveau propriétaire lors d'une vente de terrain.
- a) Le droit à une quote-part de gain:
- - est une limitation de droit public à la propriété (consid. 5)
- - répond à un intérêt public (consid. 6 a).
Regesto (it):
- Raggruppamento dei terreni. Partecipazione del precedente proprietario all'utile.
- 1. In materia di raggruppamento dei terreni, i proprietari colpiti hanno diritto, in virtù della garanzia della proprietà, ad un compenso in natura d'uguale valore (consid. 4).
- 2. Partecipazione del precedente proprietario all'utile in caso d'alienazione di terreno da parte del nuovo proprietario.
- a) Il diritto di partecipare all'utile
- - è una restrizione di diritto pubblico alla proprietà (consid. 5)
- - risponde ad un interesse pubblico (consid. 6 a).
Sachverhalt ab Seite 367
BGE 95 I 366 S. 367
A.- Am 26. Mai 1963 wurde im Kanton Bern ein Gesetz über Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Hochbauten (Meliorationsgesetz, MelG) erlassen, das die Art. 87-100 EG/ZGB ersetzte, am 13. Juni 1963 vom Bundesrat genehmigt wurde und am 1. Oktober 1963 in Kraft trat. Es enthält in den Art. 34-45 Vorschriften für Güterzusammenlegungen und bestimmt in Art. 43 unter dem Randtitel: "Gewinnbringende Veräusserung nach Neuzuteilung":
BGE 95 I 366 S. 368
"1 Die Genossenschafter sind verpflichtet, einen durch Verkauf von Land oder Einräumung von Nutzungsrechten innert 15 Jahren seit Genehmigung des Neuzuteilungsplanes durch den Regierungsrat erzielten Gewinn verhältnismässig an die Grundeigentümer im alten Bestand zurückzuzahlen. 2 Die Rückzahlung umfasst im ersten Jahr den vollen Gewinn und vermindert sich um 1/15 für jedes folgende Jahr. 3 Streitigkeiten beurteilt der Zivilrichter nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. 4 Im Dekret des Grossen Rates werden nähere Vorschriften über die Berechnung des Gewinns erlassen." Das Dekret des Grossen Rates wurde am 18. Februar 1964 erlassen und bestimmt im Abschnitt "Gewinnbringende Veräusserung nach erfolgter Neuzuteilung": "§ 13. Geltendmachung des Anspruches. 1 Wird innert 15 Jahren seit Genehmigung des Neuzuteilungsplanes durch den Regierungsrat Land im zusammengelegten Gebiet veräussert oder werden Nutzungsrechte an solchem Land eingeräumt, so gibt das Grundbuchamt allen beteiligten Grundeigentümern im alten Bestand Mitteilung unter Hinweis auf Artikel 43 des Meliorationsgesetzes und die Dekretsbestimmungen. 2 Können sich die Parteien über den Gewinnanspruch nicht einigen, so hat der Ansprecher innert eines Jahres seit der Mitteilung nach Absatz 1 Klage beim Zivilrichter zu erheben. § 14. Berechnung des Gewinnes.
Der Gewinn im Sinne von Artikel 43 Absatz 4 des Meliorationsgesetzes wird wie folgt berechnet: 1. Bei Verkauf:
Vom Verkaufspreis werden abgezogen:
a) der landwirtschaftliche Verkehrswert im Zeitpunkt des ersten Verkaufs; bei späteren Verkäufen der jeweilige Erwerbspreis; b) die Meliorationskosten;
c) allfällige Rückerstattungen von Bundes- und Kantonsbeiträgen infolge Zweckentfremdungen, sofern sie vom Verkäufer geleistet wurden; d) Handänderungsgebühren, Vermögensgewinnsteuern, Notariats- und Vermessungskosten; e) allfällige Aufwendungen des Verkäufers in der Zwischenzeit, die zur Werterhöhung führten. Die Abzüge sind zu belegen.
2. Bei Einräumung von Nutzungsrechten:
Der über die land- und forstwirtschaftliche Nutzung hinausgehende Gewinn."
BGE 95 I 366 S. 369
B.- In den Gemeinden Kappelen und Worben wurde im Jahre 1954 ein Güterzusammenlegungsverfahren gemäss den Art. 87 ff. EG/ZGB eingeleitet. Der Neuzuteilungsplan wurde vom Regierungsrat am 13. Juni 1958 genehmigt. In diese Güterzusammenlegung wurden auch die in der Gemeinde Worben gelegenen landwirtschaftlichen Heimwesen der heutigen Parteien einbezogen. Das Hausgrundstück der Beschwerdeführerin Witwe E. von Dach grenzt an die Strasse Worben-Studen, dasjenige des Beschwerdegegners F. Schütz liegt unweit davon an einer Nebenstrasse. Beide waren Eigentümer je zweier langgestreckter Parzellen, die in unmittelbarer Nähe des Hofes lagen und mit den Schmalseiten an die genannte Strasse grenzten; ferner besassen beide weiteres Land in der Nähe dieser Strasse. Bei der Neuzuteilung erhielt die Beschwerdeführerin u.a. die gegenüber ihrem Hof liegende, an die Strasse Worben-Studen grenzende, annähernd rechteckige und 98 a haltende Parzelle Nr. 163, der Beschwerdegegner u.a. die ebenfalls annähernd rechteckige und 58 a haltende Parzelle Nr. 300, die - von der Strasse Worben-Studen aus gesehen - hinter der Parzelle Nr. 163 der Beschwerdeführerin und gegenüber seinem Hof an der Nebenstrasse liegt, ferner die an das Hausgrundstück grenzende, noch weiter von der Strasse entfernte und 135 a haltende Parzelle Nr. 301. Die Parzellen Nr. 163 und 300 umfassen früheren Besitz beider Parteien.
C.- Mit Vertrag vom 30. September 1963 verkaufte die Beschwerdeführerin die Parzelle Nr. 163 im Halt von ca. 9800 m2 zum Preis von Fr. 20.- je m2 an Hans Hofstetter. Von dieser Parzelle gehörten vor der Güterzusammenlegung zwei Streifen von zusammen 1400 m2 zu den Parzellen Nr. 189 und 192 des Beschwerdegegners Schütz. Dieser verlangte gestützt auf Art. 43 MelG einen Anteil an dem von der Beschwerdeführerin erzielten Gewinn und belangte sie durch Klage auf Bezahlung von Fr. 10'920.-- nebst 5% Verzugszins. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
Der Gerichtspräsident von Nidau holte ein Gutachten über den "landwirtschaftlichen Verkehrswert" des verkauften Landes im Zeitpunkt des Verkaufs ein und hiess dann die Klage mit Urteil vom 25. Juni 1968 gut aufgrund folgender, einen noch höheren Gewinnanspruch ergebenden Berechnung:
BGE 95 I 366 S. 370
Verkaufspreis pro m2 Fr. 20.-
Abzüge gemäss § 14 Ziff. 1 des Meliorationsdekrets:
- Landwirtschaftlicher Verkehrswert Fr. 4.-
- Meliorationskosten, Subventionsrücker stattungen, Handänderungsabgaben usw. Fr. 3.- Fr. 7.- Gewinn pro m2 Fr. 13.-
Gewinn auf 1400 m2 Fr. 18'200.--
Anteil des Klägers 11/15 Fr. 13'346.65
Der Appellationshof des Kantons Bern, an den die Beklagte appellierte, bestätigte das Urteil des Gerichtspräsidenten am 5. November 1968.
D.- Gegen das Urteil des Appellationshofes führt Witwe Elise von Dach staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben. Sie macht Verletzung der Eigentumsgarantie und des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
E.- Der Appellationshof des Kantons Bern und Fritz Schütz beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuales).
2. Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung der Eigentumsgarantie, dass gewisse ihrer Grundstücke in die Güterzusammenlegung einbezogen worden seien, obwohl es sich nicht um "eigentlich landwirtschaftliche Grundstücke", sondern um "potentielles Bauland" gehandelt habe. Diese Rüge ist verspätet. Die Beschwerdeführerin hätte sich der 1954 erfolgten Einbeziehung jenes Landes in die Güterzusammenlegung durch Anrufung des Regierungsstatthalters gemäss Art. 87 Abs. 4 EG/ZGB oder durch eine vom Regierungsrat zu beurteilende Einsprache im Sinne von Art. 92 EG/ZGB widersetzen können (ZOLLINGER, Die Güterzusammenlegung im Kanton Bern, Diss. Bern 1946 S. 41). Nachdem das nicht geschehen ist, wurde die Einbeziehung rechtskräftig; sie konnte daher im weiteren Verfahren und kann erst recht nach dessen Abschluss nicht mehr in Frage gestellt werden. Auch die Neuzuteilung an die Beschwerdeführerin konnte, nachdem der Regierungsrat den Neuzuteilungsplan am 13. Juni 1958 genehmigt hatte und dieser Entscheid unangefochten
BGE 95 I 366 S. 371
geblieben war, nicht mehr beanstandet werden. Die Beschwerdeführerin ficht sie denn auch nicht an, sondern erklärt vielmehr, sie habe "an sich" Realersatz erhalten, womit sie anerkennt, dass die Neuzuteilung dem Art. 95 EG/ZGB entsprach, wonach "jeder Eigentümer soweit tunlich für den Wert der abgetretenen Grundstücke den Ersatz in Grundstücken in möglichst gleicher Lage und von annähernd gleicher Bodengüte und Ertragsfähigkeit erhalten" soll. Als Verletzung der Eigentumsgarantie und des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, der Appellationshof habe diese Bestimmungen willkürlich, d.h. in einer mit ihrem klaren Wortlaut und Sinne unvereinbaren Weise ausgelegt oder angewendet und damit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 95 I 366 S. 372
verfassungsmässiger Rechte weder gegen den Erlass selbst noch gegen eine Anwendungsverfügung aus (BGE 71 I 251ff. mit Hinweisen auf frühere Urteile).
4. Bei den Landumlegungen (landwirtschaftliche Güterzusammenlegung, Baulandumlegung usw.) werden den Eigentümern von Land im Zusammenlegungsgebiet anstelle ihrer zerstreuten, kleinen und ungünstig geformten Grundstücke im Interesse einer rationellern Bodennutzung arrondierte grössere und besser geformte Grundstücke zugewiesen. Die Landumlegung ist in der schweizerischen Rechtsprechung und Lehre als expropriationsähnlicher Tatbestand bezeichnet worden (BGE 52 I 150; HAAB N. 54 und 58 zu Art. 656
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 656 - 1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist. |
BGE 95 I 366 S. 373
gemeinsame Anlagen) einzuräumen und in den Fällen, wo Realersatz aus besonderen Gründen (vgl. z.B. Art. 38 lit. b MelG) nicht möglich ist, einen Anspruch auf Entschädigung in Geld, und zwar, da der Eingriff in das Eigentum dann einer Enteignung gleichkommt, für den vollen Verkehrswert. Ob das kantonale Recht in dieser Beziehung den Anforderungen der Eigentumsgarantie genüge, hat das Bundesgericht frei zu prüfen.
5. Das in Art. 43 MelG vorgesehene, degressive Gewinnbeteiligungsrecht steht in engem Zusammenhang mit der Güterzusammenlegung. Wie der dieser eigentümliche Zwang zum Abtausch von Land, stellt auch das Gewinnbeteiligungsrecht eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung dar. Diese besteht darin, dass der Eigentümerwährend einer bestimmten Zeit den Wert des ihm neu zugeteilten Landes durch Veräusserung (oder Einräumung von Nutzungsrechten) nicht voll realisieren kann, sondern den "erzielten Gewinn" oder einen Teil desselben dem früheren Eigentümer auszubezahlen hat. Ein derartiges Gewinnbeteiligungsrecht kennen auch andere Kantone, sei es, dass sie es wie Bern selber regeln (§ 89 der aarg. Bodenverbesserungsverordnung vom 21. Juni 1957), sei es, dass sie die Meliorationsgenossenschaften ermächtigen, es in ihren Statuten vorzusehen (Art. 95 des zürch. Landwirtschaftsgesetzes vom 22. September 1963, § Bobis der solothurn. Bodenverbesserungsverordnung vom 27. Dezember 1960/9. Juli 1963). Mit diesen andern Ordnungen hat sich das Bundesgericht hier nicht zu befassen. Zu prüfen ist lediglich, ob das Gewinnbeteiligungsrecht, wie es in Art. 43 des bern. MelG und in den §§ 13 und 14 des Dekretes geregelt ist, mit der Eigentumsgarantie und dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar ist. Gegen die Eigentumsgarantie verstösst das Gewinnbeteiligungsrecht nach dem in Erw. 4 Gesagten, wenn es nicht auf gesetzlicher Grundlage beruht, nicht im öffentlichen Interesse liegt oder den Anspruch des Eigentümers auf wertgleichen Realersatz verletzt. Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
6. Das streitige Gewinnbeteiligungsrecht beruht unbestritten auf einer gesetzlichen Grundlage, da es in Art. 43 MelG
BGE 95 I 366 S. 374
vorgesehen ist, die §§ 13 und 14 des Dekretes ihre Grundlage in Art. 43 Abs. 4 MelG haben und die vom Appellationshof vertretene Auslegung dieser Bestimmungen von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet wird. Dass das Gewinnbeteiligungsrecht im öffentlichen Interesse liegt, wird von der Beschwerdeführerin mit Recht nicht bestritten. Da die Güterzusammenlegung im öffentlichen Interesse liegt (MEIER-HAYOZ a.a.O. N. 223 d und dort zitierte Urteile des Bundesgerichts; vgl. auch BGE 94 I 608), gilt dies auch für das Gewinnbeteiligungsrecht; denn es ist geeignet, die Durchführung der Güterzusammenlegung zu erleichtern, werden doch zahlreiche Grundeigentümer, die - zu Recht oder Unrecht - glauben, ihr Altbesitz oder ein Teil desselben sei wegen der zu erwartenden baulichen Entwicklung mehr wert als das ihnen neu zugeteilte Land, sich mit der Neuzuteilung eher abfinden, wenn ihnen eine Beteiligung an dem bei der späteren Veräusserung ihres Altbesitzes erzielten Gewinn in Aussicht steht. Einer näheren Prüfung bedarf dagegen die Frage, ob das Gewinnbeteiligungsrecht, wie es im Kanton Bern geordnet ist, nicht den Grundsatz der Rechtsgleichheit oder den aus der Eigentumsgarantie folgenden Anspruch des Grundeigentümers auf wertgleichen Realersatz verletzt.
a) Die Beschwerdeführerin erklärt mit Recht, dass sie das Institut der Gewinnbeteiligung an sich nicht beanstande. Für dieses lassen sich in der Tat gute Gründe anführen. Durch die Güterzusammenlegung wird der vorher zerstreute Grundbesitz des einzelnen Grundeigentümers in eine einzige oder einige wenige Parzellen zusammengefasst. Nun kann es vorkommen, dass ein Teil des Zusammenlegungsgebietes infolge rechtlicher Massnahmen, wie z.B. den Erlass eines Zonenplans, oder einfach infolge der baulichen Entwicklung der Gemeinde bald nach der Beendigung des Zusammenlegungsverfahrens zu wertvollem Bauland wird, während für das übrige Gebiet auf lange Zeit nur die landwirtschaftliche Nutzung in Frage kommt. Es wäre stossend, wenn diejenigen Grundeigentümer, deren Grundbesitz im nunmehrigen Baugebiet zusammengefasst worden ist, durch Veräusserung ihres Landes grosse Gewinne erzielen könnten, während andere, die vor der Zuteilung im gleichen Gebiet Land besassen, leer ausgingen. Durch die Beteiligung der früheren Grundeigentümer am Gewinn soll dieses stossende Ergebnis gemildert und ein billiger Ausgleich geschaffen werden.
BGE 95 I 366 S. 375
b) Das Gewinnbeteiligungsrecht bezieht sich auf das gesamte neu zugeteilte Land, so dass jeder Grundeigentümer die gleiche Chance und das gleiche Risiko hat. Insofern verletzt es den Grundsatz der Rechtsgleichheit zweifellos nicht. Aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht unbedenklich erscheint es dagegen, dass nur derjenige einen Teil des Gewinns abzugeben hat, der neu zugeteiltes Land innert 15 Jahren veräussert und dazu vielleicht aus irgendeinem Grunde genötigt ist, während derjenige, der diese Zeit verstreichen lässt und erst später veräussert, den ganzen Gewinn für sich behalten kann. Hierin liegt indessen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin noch keine Verletzung des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 619 - Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991541 über das bäuerliche Bodenrecht. |
c) Als mit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 95 I 366 S. 376
solches Land eingeworfen haben (vgl. BGE 90 I 290 /91). Der Wert dieses Landes aber ist in der Regel beträchtlich höher als sein "landwirtschaftlicher Verkehrswert". Geht man bei der Gewinnberechnung gemäss § 14 des Dekretes vom letzteren aus, so hat dies zur Folge, dass der Veräusserer dem früheren Eigentümer nicht nur die seit der Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, die sich als "Gewinn" betrachten lässt, zu vergüten hat, sondern einen Teil des Wertes, den sein früheres wie auch das ihm neu zugeteilte Land schon zur Zeit der Neuzuteilung hatte. Damit wird dem Begriff "Gewinn" in Art. 43 MelG ein Sinn beigelegt, den er vernünftigerweise nicht haben kann. Ob man so weit gehen kann, § 14 Ziff. 1 lit. a erster Halbsatz des Dekretes als mit dem klaren Wortlaut und Sinn des Art. 43 MelG unvereinbar und deshalb gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 95 I 366 S. 377
Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, sondern darüber hinaus ein Teil des früheren Wertes des Landes als "Gewinn" behandelt, womit der Beschwerdeführerin ein Teil des Vermögens, das sie schon vor der Neuzuteilung besass, entschädigungslos entzogen wird. Darin liegt, wie sie mit Recht geltend macht, eine Verletzung der Eigentumsgarantie. d) Die in Art. 43 MelG und § 14 des Dekretes enthaltene Regelung des Gewinnbeteiligungsrechts ist aber noch aus einem weiteren Grunde verfassungswidrig. Wer neu zugeteiltes Land veräussert, hat den dabei erzielten "Gewinn" ganz oder teilweise an den früheren Eigentümer herauszugeben ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit auch das diesem neu zugeteilte Land an der Wertsteigerung teilgenommen hat, ob also der Gewinn auf Kosten des früheren Eigentümers gemacht wurde und dieser, im Verhältnis zum Veräusserer, infolge der Neuzuteilung eine Vermögenseinbusse erlitten hat. Das führt wiederum zu äusserst stossenden Ergebnissen, die mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und der Eigentumsgarantie unvereinbar sind. Handelt es sich bei dem Land, das dem nunmehrigen Veräusserer neu zugeteilt worden ist, um Bauland oder Bauerwartungsland, so wird, nach dem Gebot des wertgleichen Realersatzes, in der Regel auch dem früheren Eigentümer dieses Landes bei der Neuzuteilung wieder Bauland oder Bauerwartungsland zugeteilt worden sein, dessen Wert im gleichen oder ähnlichen Masse steigt wie der Wert seines früheren Landes. Wird diese Wertsteigerung bei der Berechnung des vom früheren Eigentümer beanspruchten Gewinnanteils ausser Betracht gelassen, so macht er, wenn sein früheres Land kurz nach der Neuzuteilung verkauft wird, während er das ihm neu zugeteilte Land erst nach Ablauf der 15-jährigen Frist veräussert, einen doppelten Gewinn; er erhält den Gewinn, der auf dem Verkauf seines früheren Landes erzielt wird, ganz oder teilweise, und kann überdies die Wertsteigerung des ihm selber neu zugeteilten Landes voll realisieren, während der Veräusserer seines früheren Landes nicht nur die seit der Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, sondern, wie unter lit. c hievor dargelegt, auch noch einen Teil seines früheren Vermögens verliert. Das ist so stossend, dass es als eine den Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 95 I 366 S. 378
auch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Gewinnbeteiligungsrecht bei der Güterzusammenlegung und dem Gewinnanteilsrecht der Miterben nach Art. 619 ff
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7. Da sich die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Regelung des Gewinnbeteiligungsrechts als verfassungswidrig erweist, ist dieser Entscheid aufzuheben, ohne dass der weitere Einwand der Beschwerdeführerin zu prüfen ist, der
BGE 95 I 366 S. 379
Appellationshof habe Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 5. November 1968 aufgehoben.