95 I 350
52. Auszug aus dem Urteil vom 9. Juli 1969 i.S. Neuapostolische Kirche in der Schweiz gegen Evangelische Landeskirche, Katholische Landeskirche und Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau.
Regeste (de):
- Kultussteuer, Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. 2 Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. - Juristische Personen, die selber religiöse oder kirchliche Zwecke verfolgen, können nicht verpflichtet werden, an andere Religionsgemeinschaften, z.B. an die Landeskirchen, Kultus- oder Kirchensteuern zu entrichten.
Regeste (fr):
- Impôt du culte, art. 49 al. 6 Cst.
- Les personnes morales qui visent elles-mêmes des buts religieux ou ecclésiastiques ne peuvent être astreintes à verser l'impôt du culte ou l'impôt ecclésiastique à d'autres communautés religieuses, telles que les Eglises nationales.
Regesto (it):
- Imposta di culto, art. 49 cpv. 6 CF.
- Le persone morali che perseguono esse medesime fini religiosi o ecclesiastici non possono essere obbligate a versare imposte di culto o ecclesiastiche ad altre comunità religiose, quali le chiese nazionali.
Sachverhalt ab Seite 351
BGE 95 I 350 S. 351
Aus dem Tatbestand:
A.- Nach dem auf 1. Januar 1965 in Kraft getretenen thurg. Steuergesetz vom 9. Juli 1964 (StG) sind, wie schon nach dem StG vom 5. September 1950, die "Kirchgemeinden" befugt, zur Deckung ihrer Ausgaben Gemeindesteuern zu erheben (§ 132 StG). Gemeint sind die Gemeinden der evangelischen und der katholischen Landeskirche (§ 56 KV). Die Bestimmungen des StG über die Kirchensteuer lauten (in der Fassung gemäss § 38 Ziff. 3 des Gesetzes vom 20. Januar 1966 über die öffentliche Fürsorge):
"§ 135. Kirchensteuer für natürliche Personen. Steuerpflichtige, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören, haben derjenigen Landeskirche, aus der sie oder ihre Vorfahren ausgetreten sind, eine Steuer für die Kosten von Friedhof, Turm, Uhr und Geläute zu entrichten. § 136. Kirchensteuern für juristische Personen. Die juristischen Personen haben sowohl den evangelischen wie den katholischen Kirchgemeinden Kirchensteuern zu entrichten. Massgebend für den Umfang der Steuerpflicht ist das Verhältnis der Niedergelassenen und Aufenthalter der beiden Konfessionen der Munizipalgemeinde, in welcher die juristische Person steuerpflichtig ist." Nach dem StG sind von der Staatssteuerpflicht u.a. befreit die thurgauischen Kirchgemeinden (§ 13 lit. b) sowie juristische Personen, die sich religiösen Zwecken widmen (§ 13 lit. e), doch bleibt für die letzteren die Gemeindesteuerpflicht für ihr Grundeigentum vorbehalten (§ 134 Abs. 2). Die Steuerbefreiung gemäss § 13 lit. e erfolgt durch Beschluss des Regierungsrates.
B.- Die Beschwerdeführerin, die "Neuapostolische Kirche in der Schweiz", ist ein Verein im Sinne des Art. 60
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist. |
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1 | Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist. |
2 | Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben. |
BGE 95 I 350 S. 352
Mai 1968 auf dem Grundstück in Steckborn, während die beiden andern Parzellen noch unüberbaut sind. Am 12. Juni 1965 ersuchte die Beschwerdeführerin den Regierungsrat des Kantons Thurgau um Befreiung von den ordentlichen Kapital- und Ertragssteuern des Staates und der Gemeinden sowie von den Erbschafts- und Schenkungssteuern. Der Regierungsrat erklärte die Beschwerdeführerin am 19. April 1966 aufgrund von § 13 lit. e StG steuerfrei, behielt aber die Gemeindesteuerpflicht für ihr Grundeigentum gemäss § 134 Abs. 2 StG vor. Als die Beschwerdeführerin in der Folge von den Gemeindesteuerämtern Frauenfeld und Steckborn Steuerzettel erhielt, mit denen von ihrem Grundeigentum evangelische und katholische Kirchensteuern verlangt wurden, stellte sie bei der kantonalen Steuerverwaltung zuhanden der Kirchenräte der Evangelischen und der Katholischen Landeskirche das Gesuch um Befreiung von allen evangelischen und katholischen Kirchensteuern im Kanton Thurgau. Die Steuerverwaltung überwies das Gesuch der kantonalen Steuerrekurskommission, die es als Beschwerde gegen die der Beschwerdeführerin zugestellten Steuerrechnungen behandelte und diese Beschwerde am 23. Dezember 1968 abwies. C. - Gegen diesen Entscheid hat die Neuapostolische Kirche in der Schweiz staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beruft sich auf Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 95 I 350 S. 353
Personen zu erheben. Nach konstanter Praxis werde jedoch auf die Besteuerung verzichtet, sobald diese Grundstücke mit einem religiösen Zwecken dienenden Gebäude überbaut seien. So werde denn die Beschwerdeführerin in Steckborn, wo seit Mai 1968 eine Kapelle stehe, von diesem Zeitpunkt an keinerlei Gemeindesteuern mehr zu entrichten haben. Dagegen könne sie nicht verlangen, dass Land zum vorneherein von der Gemeindesteuerpflicht befreit werde, das möglicherweise später einmal überbaut werde. Die streitige Steuer werde von der Beschwerdeführerin, nicht von ihren Mitgliedern erhoben. Auch andere juristische Personen mit religiösem Zweck seien von der Kirchensteuer nicht befreit; so würden seit jeher die Klöster zur Kirchensteuer beider Landeskirchen herangezogen und ebenso alle Freikirchen für Liegenschaften, die nicht unmittelbar kirchlichen Zwecken dienten; sofern sie solche Liegenschaften besässen, die einen zum Teil erheblichen Ertrag abwürfen, wäre auch nicht einzusehen, weshalb eine Besteuerung nicht erfolgen dürfte. Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Ob es mit Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
BGE 95 I 350 S. 354
Zu einer Ueberprüfung dieser Rechtsprechung besteht heute kein Anlass, da die Beschwerdeführerin sich mit ihr nicht auseinandersetzt und nicht bestreitet, dass juristische Personen zu Kultussteuern herangezogen werden können; als mit Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
BGE 95 I 350 S. 355
Mittel zur Förderung eines anders gerichteten religiösen Lebens in Anspruch genommen werden (vgl. Urteil der zürch. Oberrekurskommission vom 14. Mai 1948, ZBl 49/1948 S. 341/42). Dadurch würden die Mitglieder und Anhänger der Freikirchen in einer Weise betroffen, die mit der in Art. 49 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
BGE 95 I 350 S. 356
über die Kirchensteuern; vgl. ferner die Zusammenstellung bei STIRNIMANN a.a.O. S. 294 ff.). Der angefochtene Entscheid ist daher wegen Verletzung des Art. 49 Abs. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
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1 | Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. |
2 | Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |