86 II 256
40. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. September 1960 i. S. Wertli gegen Weder.
Regeste (de):
- 1. Art. 43 , 63 Abs. 2 OG. Darf das Bundesgericht überprüfen, ob eine Uebung bestehe?
- 2. Art. 112 Abs. 2
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 112 - 1 Celui qui, agissant en son propre nom, a stipulé une obligation en faveur d'un tiers a le droit d'en exiger l'exécution au profit de ce tiers.
1 Celui qui, agissant en son propre nom, a stipulé une obligation en faveur d'un tiers a le droit d'en exiger l'exécution au profit de ce tiers. 2 Le tiers ou ses ayants droit peuvent aussi réclamer personnellement l'exécution, lorsque telle a été l'intention des parties ou que tel est l'usage. 3 Dans ce cas, et dès le moment où le tiers déclare au débiteur qu'il entend user de son droit, il ne dépend plus du créancier de libérer le débiteur.
Regeste (fr):
- 1. Art. 43 et 63 al. 2 OJ. Le Tribunal fédéral peut-il vérifier existence d'un usage?
- 2. Art. 112 al. 2 CO, stipulation pour autrui. Lorsque les contractants ont voulu exclure le droit de créance indépendant du tiers, cette volonté prime un usage différent.
Regesto (it):
- 1. Art. 43 e
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 112 - 1 Celui qui, agissant en son propre nom, a stipulé une obligation en faveur d'un tiers a le droit d'en exiger l'exécution au profit de ce tiers.
1 Celui qui, agissant en son propre nom, a stipulé une obligation en faveur d'un tiers a le droit d'en exiger l'exécution au profit de ce tiers. 2 Le tiers ou ses ayants droit peuvent aussi réclamer personnellement l'exécution, lorsque telle a été l'intention des parties ou que tel est l'usage. 3 Dans ce cas, et dès le moment où le tiers déclare au débiteur qu'il entend user de son droit, il ne dépend plus du créancier de libérer le débiteur. - 2. Art. 112 cp. 2 CO, contratto a favore di terzi. La volontà dei contraenti di escludere il diritto di credito indipendente del terzo, prevale su una diversa consuetudine.
Erwägungen ab Seite 257
BGE 86 II 256 S. 257
Die Übung ist nicht objektives Recht (Gewohnheitsrecht), sondern gilt als Inhalt des Vertrages, wenn die Parteien sich ihr ausdrücklich oder stillschweigend unterwerfen oder das Gesetz sie mangels abweichenden Parteiwillens als massgebend erklärt (BGE 34 II 640,BGE 37 II 410,BGE 47 II 164,BGE 53 II 310,BGE 76 II 50, BGE 83 II 523). Ob eine Übung bestehe oder nicht bestehe, ist daher nicht Rechtssondern Tatfrage. Der Entscheid des kantonalen Richters hierüber bindet das Bundesgericht (BGE 37 II 409,BGE 38 II 519f.,BGE 41 II 257,BGE 42 II 121,BGE 43 II 597,BGE 45 II 268,BGE 51 II 400). Vorbehalten bleibt der Fall, wo die Feststellung auf einer Verkennung des Rechtsbegriffs der Übung beruht (BGE 42 II 121). Auch steht dem Bundesgerichte zu, die als Übung festgestellten Regeln wie Willensäusserungen von Vertragschliessenden auszulegen (BGE 34 II 640).
Das Kantonsgericht führt aus, da im vorliegenden Falle die Übernahme des Auftrages unter ganz besonderen Umständen, in Verbindung mit einer unbestrittenermassen illegalen Ausfuhr aus Deutschland erfolgte und dem Beklagten in Konstanz keine Liste der beigepackten Kugellager übergeben werden konnte, liege keine Vertragsart vor, bei der kraft Übung ein selbständiges Forderungsrecht des Dritten bejaht werden könne. Der Kläger macht nicht geltend, das Kantonsgericht gehe von einem unzutreffenden Begriff der Übung aus. Die Feststellung, dass eine solche beim Abschluss von Verträgen der vorliegenden Art nicht bestehe, bindet daher das Bundesgericht. Der Kläger ficht sie auch nicht an. Er bringt nur vor, nach allgemeiner Übung stehe bei Frachtverträgen dem Empfänger ein Forderungsrecht gegen den Frachtführer zu,
BGE 86 II 256 S. 258
und diese Übung sei analog anzuwenden, weil der zwischen Nadich und dem Beklagten abgeschlossene Vertrag einem Frachtvertrag sehr ähnlich sei. Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob der Richter eine Übung, die sich nur in Fällen bestimmter Art durchgesetzt hat, sinngemäss auf andere Fälle anwenden darf. Auf diesem Wege könnte nur der Inhalt des Vertrages ermittelt werden, mit der Begründung, was in Fällen der einen Art Übung sei, habe von den Parteien nach Treu und Glauben auch in ähnlichen Fällen als Sinn der Willensäusserungen betrachtet werden dürfen bzw. betrachtet werden müssen. Für die Auslegung der Willensäusserungen ist jedoch im vorliegenden Falle kein Raum, da auf Grund der vorinstanzlichen Beweiswürdigung davon ausgegangen werden muss, die Vertragschliessenden hätten dem Kläger kein Forderungsrecht einräumen wollen. Dieser tatsächliche Wille geht der Übung als Quelle eines nur hypothetisch gewollten Vertragsinhaltes vor. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass zu entscheiden wäre, ob das Forderungsrecht des Klägers auch deshalb verneint werden müsste, weil der Beklagte die Liste, auf Grund der er die für den Kläger bestimmten Kugellager hätte ausscheiden sollen, weder unmittelbar von Nadich noch über Pelzl erhielt.