Urteilskopf

84 IV 17

8. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 24. Februar 1958 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


BGE 84 IV 17 S. 17

Aus den Erwägungen:

2. Die Straftat des Art. 216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
StGB besteht in der Unterdrückung oder Fälschung des Personenstandes. Schutzobjekt dieser Bestimmung ist die durch Abstammung, Kindesannahme, Eheschliessung usw. begründete Zugehörigkeit einer Person zu einer bestimmten Familie. Durch die Unterdrückung wird die öffentliche Kenntnis des Personen- oder Familienstandes erschwert oder verunmöglicht, durch die Fälschung wird darüber hinaus anstelle des wahren Personenstandes ein falscher gesetzt, so dass für die Mitwelt nur der letztere erkennbar ist. In beiden Fällen führt der Täter einen Zustand herbei, der den Personenstand anders erscjeinen lässt, als er in Wirklichkeit ist. Dass dieser verbrecherische Erfolg seinem Wesen nach von gewisser Dauer ist, berechtigt keineswegs, das Vergehen des Art. 216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
StGB als Dauerdelikt anzusprechen. Ein solches liegt nur vor, wenn die Begründung des rechtswidrigen Zustandes mit den Handlungen, die zu seiner Aufrechterhaltung vorgenommen werden, bzw. mit der Unterlassung seiner Aufhebung eine Einheit bildet und das auf Perpetuierung des deliktischen Erfolges gerichtete Verhalten vom betreffenden Straftatbestand ausdrücklich (vgl. Art. 182
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige254 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...255
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
StGB) oder sinngemäss (vgl.BGE 75 IV 40) mitumfasst wird. Hiefür bietet Art. 216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
StGB keinen Anhaltspunkt. Vielmehr ist die Unterdrückung oder Fälschung des Personenstandes vollendet, sobald der Zustand herbeigeführt ist, der den Personenstand anders erscheinen lässt, als er in Wirklichkeit ist. Wird die Verletzung des durch Art. 216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
StGB geschützten
BGE 84 IV 17 S. 18

Rechtsgutes im Wege einer falschen Anmeldung beim Zivilstandsamt, insbesondere - wie hier - durch Ehelicherklärung (Art. 258
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 258 - 1 Ist der Ehemann vor Ablauf der Klagefrist gestorben oder urteilsunfähig geworden, so kann die Anfechtungsklage von seinem Vater oder seiner Mutter erhoben werden.
1    Ist der Ehemann vor Ablauf der Klagefrist gestorben oder urteilsunfähig geworden, so kann die Anfechtungsklage von seinem Vater oder seiner Mutter erhoben werden.
2    Die Bestimmungen über die Anfechtung durch den Ehemann finden entsprechende Anwendung.
3    Die einjährige Klagefrist beginnt frühestens mit der Kenntnis des Todes oder der Urteilsunfähigkeit des Ehemannes.
ZGB) eines Kindes, das durch einen andern als den der Kindsmutter angetrauten Mann gezeugt wurde, begangen, so ist die Tat mit der Bewirkung des falschen Eintrages in das Zivilstandregister abgeschlossen.
3. Die Verletzung des Personenstandes im Sinne von Art. 216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
StGB kann indessen durch fortgesetzte Handlung verübt werden und in diesem Falle die Form eines fortgesetzten Vergehens mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen (vgl. Art. 71
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 71 - 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
1    Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2    Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3    ...117
StGB) annehmen. Auch wiederholte Tatbegehung ist nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall ist weder geltend gemacht noch durch die Akten erstellt, dass die Verzeigte nach der Ehelicherklärung ihres Sohnes die Unterdrückung oder Fälschung des Personenstandes durch irgendwelche Handlungen fortgesetzt oder wiederholt habe. Es wird ihr lediglich vorgeworfen, sie habe die Legitimation des Kindes rechtswidrig aufrecht erhalten, indem sie nichts unternommen habe, um den von ihr verschuldeten widerrechtlichen Erfolg zu beseitigen. Allein diese behauptete Passivität der Beschuldigten stellt weder eine Fortsetzungshandlung noch eine neue Verletzung des Personenstandes dar.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 84 IV 17
Datum : 24. Februar 1958
Publiziert : 31. Dezember 1959
Quelle : Bundesgericht
Status : 84 IV 17
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Ist das Vergehen des Art. 216 StGB ein Dauerdelikt?


Gesetzesregister
StGB: 71 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 71 - 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
1    Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2    Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3    ...117
182 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 182 - 1 Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
1    Wer als Anbieter, Vermittler oder Abnehmer mit einem Menschen Handel treibt zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung seiner Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das Anwerben eines Menschen zu diesen Zwecken ist dem Handel gleichgestellt.
2    Handelt es sich beim Opfer um eine minderjährige254 Person oder handelt der Täter gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.
3    ...255
4    Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Die Artikel 5 und 6 sind anwendbar.
216
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 216
ZGB: 258
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 258 - 1 Ist der Ehemann vor Ablauf der Klagefrist gestorben oder urteilsunfähig geworden, so kann die Anfechtungsklage von seinem Vater oder seiner Mutter erhoben werden.
1    Ist der Ehemann vor Ablauf der Klagefrist gestorben oder urteilsunfähig geworden, so kann die Anfechtungsklage von seinem Vater oder seiner Mutter erhoben werden.
2    Die Bestimmungen über die Anfechtung durch den Ehemann finden entsprechende Anwendung.
3    Die einjährige Klagefrist beginnt frühestens mit der Kenntnis des Todes oder der Urteilsunfähigkeit des Ehemannes.
BGE Register
75-IV-37 • 84-IV-17
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anklagekammer • begründung des entscheids • beschuldigter • dauer • dauerdelikt • eheschliessung • familie • kenntnis • legitimation • mann • strafbare handlung • verhalten