81 IV 276
60. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Dezember 1955 i.S. X. gegen Firma Z. A.-G. und Staatsanwaltschaft des Kantons Y.
Regeste (de):
- Art. 159
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 159 - Der Arbeitgeber, der die Verpflichtung verletzt, einen Lohnabzug für Steuern, Abgaben, Versicherungsprämien und -beiträge oder in anderer Weise für Rechnung des Arbeitnehmers zu verwenden, und damit diesen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Begriff der Geschäftsführung (Erw. 2 lit. a) und des Vermögens (Erw. 2 lit. b).
Regeste (fr):
- Art. 159 CP.
- Définition des termes: "gestion" (consid. 2 lit. a) et "intérêts pécuniaires" (consid. 2 lit. b).
Regesto (it):
- Art. 159 CP.
- Nozione di "amministrazione" (consid. 2 lett. a) e di "patrimonio" (consid. 2 lett. b).
Sachverhalt ab Seite 276
BGE 81 IV 276 S. 276
A.- Die Firma Z. A.-G. übertrug dem X. im Jahre 1944 die Leitung einer Abteilung und 1946 - unter gleichzeitiger Ernennung zum Vizedirektor - die Leitung einer weiteren Abteilung ihres Werkes I. Unter Leitung des X. wurden in diesem Werk unter anderem gewisse Pressen hergestellt, deren Verkauf die von A. geleitete Firma B. übernahm. X. hatte der Werkdirektion vorgeschlagen, auch Zusatzmaschinen zu diesen Pressen herzustellen. Als die Direktion dies ablehnte, entschloss er sich, die Konstruktion und Fabrikation solcher Zusatzmaschinen auf eigene Rechnung zu betreiben. Zu diesem Zwecke verband er sich mit obgenanntem A. von der Firma B. Für die Konstruktion dieser Maschinen schuf er im Frühling /Sommer 1946 in der ihm unterstellten Abteilung eine besondere Arbeitsgruppe, die sich aus dem Konstrukteur M., zwei Zeichnern sowie einem Lehrling zusammensetzte. Diese Arbeitsgruppe, für die ein besonderes Büro eingerichtet worden war, arbeitete ungefähr während eines Jahres wenn nicht ausschliesslich so jedenfalls sehr weitgehend an der Konstruktion solcher Zusatzmaschinen. Die ausgearbeiteten Pläne gingen an die Firma B., welche die Fabrikation der Maschinen verschiedenen Unternehmungen übertrug. Die Korrespondenz mit den Fabrikanten sowie mit den Käufern der Maschinen wurden zum grössten Teil vom Büro M. besorgt. Wenn sich bei der Fabrikation Schwierigkeiten einstellten oder die verkauften Maschinen
BGE 81 IV 276 S. 277
Mängel aufwiesen, sorgten X. und seine Leute für deren Behebung. Dabei wirkte ausser der Gruppe M. auch noch P. mit, der zuerst als Zeichner und später als Konstruktionschef in der Abteilung des X. tätig war. P. fertigte unter anderem Skizzen für die Firma B. an, behob Konstruktionsfehler an den Plänen der Gruppe M. und war bei der Montage der Maschinen und der Behebung von Mängeln behilflich. M. betrieb zudem eine ausgedehnte Werbetätigkeit für die entwickelten Zusatzmaschinen. Die Tätigkeit der Gruppe M. dauerte im wesentlichen bis zum Austritt des M. aus dem Werk I der Firma Z. A.-G. am 31. Juli 1947. Die Tätigkeit namentlich des X. und des P. für das Geheimunternehmen dauerte jedoch noch fort und fand erst am 30. November 1950 mit dem Wegzug des X. aus dem Werk I. ein Ende. Die Werkleitung hatte von all diesen Vorgängen keine Kenntnis. Die Firma Z. A.-G. erhielt auch nie eine Entschädigung irgendwelcher Art für das von X. geleitete Zusatzmaschinengeschäft, obschon die Löhne der damit beschäftigten Angestellten zu ihren Lasten gingen und für die Konstruktionspläne ihr Zeichenmaterial verwendet wurde.
B.- Am 15. Oktober 1954 verurteilte das Obergericht des Kantons Y. den X. unter anderem wegen fortgesetzter und aus Gewinnsucht begangener ungetreuer Geschäftsführung zu neun Monaten Gefängnis, bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit von fünf Jahren, sowie zu einer bei gleicher Probezeit bedingt löschbaren Busse von Fr. 700.--.
C.- Gegen dieses Urteil führt X. Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 159 - Der Arbeitgeber, der die Verpflichtung verletzt, einen Lohnabzug für Steuern, Abgaben, Versicherungsprämien und -beiträge oder in anderer Weise für Rechnung des Arbeitnehmers zu verwenden, und damit diesen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. .....
2. Nach Art. 159
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 159 - Der Arbeitgeber, der die Verpflichtung verletzt, einen Lohnabzug für Steuern, Abgaben, Versicherungsprämien und -beiträge oder in anderer Weise für Rechnung des Arbeitnehmers zu verwenden, und damit diesen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 81 IV 276 S. 278
infolge einer gesetzlichen oder einer vertraglich übernommenen Pflicht zu sorgen hat. Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist die Strafe Gefängnis bis zu fünf Jahren und Busse. Die Vorinstanz nimmt an, dass sich der Beschwerdeführer der ungetreuen Geschäftsführung schuldig gemacht hat, indem er als Abteilungsleiter eine Anzahl Angestellte der Firma Z. A.-G. zum Teil während Jahren, vor allem vom Frühjahr 1946 bis Sommer 1947, für das von ihm als Geheimunternehmen gemeinsam mit der Firma B. aufgezogene Zusatzmaschinengeschäft arbeiten liess und dadurch die Firma Z. A.-G. um die für die entsprechenden Arbeitszeiten ausbezahlten Löhne sowie den Wert des verwendeten Zeichenmaterials schädigte. a) Der Kassationshof hat bis heute die Frage offen gelassen, ob eine Geschäftsführung im Sinne von Art. 159
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 159 - Der Arbeitgeber, der die Verpflichtung verletzt, einen Lohnabzug für Steuern, Abgaben, Versicherungsprämien und -beiträge oder in anderer Weise für Rechnung des Arbeitnehmers zu verwenden, und damit diesen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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BGE 81 IV 276 S. 279
Pflicht als Geschäftsführer zu sorgen hat. Unter diesem Gesichtspunkt kann es aber keinen Unterschied ausmachen, ob die Fürsorge für ein fremdes Vermögen tatsächlicher Natur ist oder durch den Abschluss von Rechtsgeschäften erfolgt. Wer nur tatsächlich für ein fremdes Vermögen zu sorgen hat, ist, wenn er den Eigentümer wissentlich und willentlich an diesem schädigt, ebenso strafwürdig wie derjenige, der auch zum Abschluss von Rechtsgeschäften befugt ist. Strafbar im Sinne von Art. 159
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BGE 81 IV 276 S. 280
in der Literatur als typisches Beispiel der ungetreuen Geschäftsführung genannt wird (vgl. Motive zum Vorentwurf, 1894, S. 171; HAFTER, Bes. Teil II, S. 319, THORMANN-OVERBECK, N. 2 zu Art. 159). Dabei kann hier die Frage offen gelassen werden, ob und unter welchen Voraussetzungen auch untergeordnete Angestellte als Geschäftsführer gemäss Art. 159
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 159 - Der Arbeitgeber, der die Verpflichtung verletzt, einen Lohnabzug für Steuern, Abgaben, Versicherungsprämien und -beiträge oder in anderer Weise für Rechnung des Arbeitnehmers zu verwenden, und damit diesen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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BGE 81 IV 276 S. 281
andere Angestellte, vor allem P., nach Auflösung des Büros M. für das Geheimunternehmen des Beschwerdeführers leisteten. Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, war dem Beschwerdeführer selbst jede Nebentätigkeit vertraglich untersagt. Unter diesen Umständen steht ausser Zweifel, dass die Arbeitgeberin noch viel weniger die ausgedehnte Tätigkeit der Gruppe M. oder diejenige der andern Angestellten für das Geheimunternehmen des Beschwerdeführers geduldet hätte, wenn ihr diese bekannt gewesen wäre. Dass die Firma Z. A.-G. auch durch die Verwendung ihres Zeichenmaterials für das Geheimunternehmen des Beschwerdeführers an ihrem Vermögen geschädigt worden ist, liegt auf der Hand. Ebenso dass der Beschwerdeführer aus Gewinnsucht gehandelt hat, was dieser zu Recht selbst nicht bestreitet. Angesichts der Zahlungen, die ihm aus dem Geheimunternehmen zuflossen und um derentwillen er dieses nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz aufzog, ist die Gewinnsucht offenkundig.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.