BGE-81-II-98
Urteilskopf
81 II 98
18. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. April 1955 i.S. Bünter-Tresch und Tresch gegen Frei und Kons.
Regeste (de):
- Verantwortlichkeit der vormundschaftlichen Organe (Art. 426 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann.
- Anwendungsbereich des Grundsatzes der stufenweisen Haftung nach Art. 429 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen.
Regeste (fr):
- Responsabilité des organes de la tutelle (art. 426 et suiv. CC).
- Champ d'application du principe de la responsabilité par échelons, selon l'art. 429 al. 1 CC.
Regesto (it):
- Responsabilità degli organi di tutela (art. 426 e sgg. CC).
- Campo d'applicazione del principio della responsabilità a scaglioni di cui all'art. 429 cp. 1 CC.
Sachverhalt ab Seite 98
BGE 81 II 98 S. 98
Aus dem Tatbestand:
Der am 22. April 1947 ausserehelich geborenen Marie Anna Tresch ernannte die Vormundschaftsbehörde am 8. Mai 1947 einen Beistand gemäss Art. 311

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 311 - 1 Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:431 |
Erwägungen
in Erwägung:
... Gewiss trifft auch die Vormundschaftsbehörde (mindestens deren Präsidenten und den Waisenvogt) ein Verschulden,
BGE 81 II 98 S. 99
indem sie sich mit der Ernennung des Beistandes begnügte und alsdann der Sache einfach den Lauf liess, ohne sich über die Tätigkeit des Beistandes Rechenschaft zu geben und namentlich die Klagefrist im Auge zu behalten. Allein dieses Verschulden ist entgegen der Ansicht der Klägerschaft nicht geeignet, abweichend von der Regel des Art. 429 Abs. 1

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 428 - 1 Für die Anordnung der Unterbringung und die Entlassung ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 311 - 1 Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:431 |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen. |
BGE 81 II 98 S. 100
subsidiär, hinter dem Beistand haften. Gewiss ist in der Literatur umstritten, wann der Fall der soeben erwähnten Bestimmung vorliege, dass Vormund und Vormundschaftsbehörde "zugleich haftbar sind" ("sont tenus ensemble du dommage", "sono insieme risponsabili"), was eben die stufenweise Haftung nach sich zieht. Nach der einen Ansicht genügt es hiefür, dass der gleiche Schaden als Folge des schuldhaften Verhaltens sowohl des Vormundes wie auch der Behörde eingetreten ist (so KAUFMANN, 2. Auflage, N. 4 zu Art. 429

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 421 - Das Amt des Beistands oder der Beiständin endet von Gesetzes wegen: |
BGE 81 II 98 S. 101
wie hier, den mit einer bestimmten Aufgabe betrauten Beistand nicht überwacht und die Angelegenheit aus den Augen verloren hat. Die von den Klägerinnen geltend gemachte unmittelbare Haftung der Behördemitglieder ist somit, wenigstens zur Zeit, zu verneinen. Sie kann nur in Frage kommen, wenn sich in dem neuen Prozess, wie er den Klägerinnen vorbehalten ist, der Beistand, anders als nach den heute vorliegenden Beweisergebnissen, als schuldlos erweisen sollte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes Uri vom 4. November 1954 bestätigt.
Gesetzesregister
ZGB 311
ZGB 421
ZGB 426
ZGB 428
ZGB 429
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 311 - 1 Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:431 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 421 - Das Amt des Beistands oder der Beiständin endet von Gesetzes wegen: |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 428 - 1 Für die Anordnung der Unterbringung und die Entlassung ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 429 - 1 Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen. |